Was sind entscheidenden Faktoren für die Reproduktion sozialer Ungleichheit im deutschen Schulsystem und inwiefern trägt der unterschiedlich ausgeprägte Europaunterricht hierzu bei?
Um sich dieser Fragestellung anzunähern, sollte vorerst kurz die hierarchische Gliederung des deutschen Schulsystems beleuchtet werden. Um den reproduzierenden Einfluss der Schule zu verstehen, macht es Sinn, vorerst die Reproduktion von Ungleichheit durch familiäre Bedingungen zu beleuchten. Des Weiteren soll geprüft werden, wie Politikunterricht und im Fokus dessen auch der Europaunterricht an den verschiedenen Schulformen in den Lehrplan integriert wird und welche Wichtigkeit ihm beigemessen wird.
Die soziale Ungleichheit in der Gesellschaft ist uns allen präsent und sie könnte von niemandem plausibel geleugnet werden. Ob bezogen auf die finanziellen Möglichkeiten, den Wohnort oder mögliche Karrierechancen, zu einem gewissen Teil spielt hier der Stand der Bildung immer mit hinein. In einem Land wie Deutschland würde man, ohne sich genauer damit zu beschäftigen wohl meinen, dass die Bildungschancen für jeden die gleichen sein sollten. Doch dennoch gibt es die starken Bildungsunterschiede in der Gesellschaft.
Ein wichtiger Bestandteil der Bildung ist unter anderem das Wissen über politische Grundstrukturen und Zusammenhänge. Ausgehend davon, dass wir uns mit der deutschen Bildung befassen, sollte sich über die nationalen Zusammenhänge hinaus natürlich auch ein umfangreiches Wissen bezüglich Europas angeeignet werden. Hierzu sollte jeder Schüler, unabhängig von seiner sozialen Herkunft die gleiche Chance haben.
Einleitung
Die soziale Ungleichheit in der Gesellschaft ist uns allen präsent und sie könnte von niemandem plausibel geleugnet werden. Ob bezogen auf die finanziellen Möglichkeiten, den Wohnort oder mögliche Karrierechancen, zu einem gewissen Teil spielt hier der Stand der Bildung immer mit hinein. In einem Land wie Deutschland würde man, ohne sich genauer damit zu beschäftigen wohl meinen, dass die Bildungschancen für jeden die gleichen sein sollten. Doch dennoch gibt es die starken Bildungsunterschiede in der Gesellschaft.
Ein wichtiger Bestandteil der Bildung ist unter anderem das Wissen über politische Grundstrukturen und Zusammenhänge. Ausgehend davon, dass wir uns mit der deutschen Bildung befassen, sollte sich über die nationalen Zusammenhänge hinaus natürlich auch ein umfangreiches Wissen bezüglich Europas angeeignet werden. Hierzu sollte jeder Schüler, unabhängig von seiner sozialen Herkunft die gleiche Chance haben. Die Fragestellung, um die es in dieser Arbeit gehen wird, lautet:
Was sind entscheidenden Faktoren für die Reproduktion sozialer Ungleichheit im deutschen Schulsystem und inwiefern trägt der unterschiedlich ausgeprägte Europaunterricht hierzu bei?
Um sich dieser Fragestellung anzunähern, sollte vorerst kurz die hierarchische Gliederung des deutschen Schulsystems beleuchtet werden. Um den reproduzierenden Einfluss der Schule zu verstehen, macht es Sinn, vorerst die Reproduktion von Ungleichheit durch familiäre Bedingungen zu beleuchten. Des Weiteren soll geprüft werden, wie Politikunterricht und im Fokus dessen auch der Europaunterricht an den verschiedenen Schulformen in den Lehrplan integriert wird und welche Wichtigkeit ihm beigemessen wird.
Die hierarchische Gliederung des deutschen Schulsystems
Das Bildungswesen in Deutschland weist eine hierarchische Grundstruktur auf. Beginnen tut der Schüler in seiner Laufbahn mit dem Absolvieren der ersten vier Jahre an einer Grundschule. Je nach erbrachten Leistungen wird dann durch die Empfehlung der Lehrkraft und das Entscheiden der Eltern die Schulart für den weitere Bildungsweg bestimmt. Zur Auswahl stehen in Deutschland neben dem Gymnasium, welches die höchste Schulform ist, die Realschule, die Hauptschule oder die Gemeinschaftsschule, welche eine Schulart mit mehreren möglichen Bildungsgängen darstellt. Hierbei stellt die Hauptschule ein Auslaufmodell dar, der Trend geht zur Gemeinschaftsschule.
Nach dem erfolgreichen Beenden des neunten Schuljahrs erreicht der Schüler den ersten allgemeinbildenden Schulabschluss, auch Hauptschulabschluss genannt. Der Realschulabschluss ist nach der zehnten Klasse zu erreichen. Das Absolvieren der zwölften Klasse verleiht dem Schüler ohne eine extra Prüfung ablegen zu müssen die theoretische Fachhochschulreife, für das Bestehen des Abiturs müssen nach der dreizehnten Klasse verschiedene Prüfungen abgelegt werden.
Der Hintergrund der Aufteilung nach dem vierten Schuljahr ist die beabsichtigte Erstellung möglichst leistungshomogener Lerngruppen. Im Grunde genommen könnte man denken, dass jeder Schüler mit dem Eintritt in die erste Klasse die gleichen Chancen hätte. Wer in den ersten vier Jahren gute Leistungen zeigt, der sollte seine weitere Schullaufbahn auf dem Gymnasium antreten und somit beste Chancen haben, hier auch sein Abitur machen zu können. Auch eine Versetzung von der Grundschule auf eine Haupt- oder Realschule bedeuten laut dem theoretischen Gedanken des deutschen Bildungssystems keinesfalls, dass hier auch der endgültige Bildungsabschluss erfolgen muss. Bei guten Leistungen ist es kein Problem, beispielsweise von der Realschule auf ein Gymnasium oder eine Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe zu wechseln und hier sein Abitur zu machen. Dies ist jedoch je nach Bundesland an bestimmte Bedingungen geknüpft. Grundsätzlich für alle Bundesländer gilt, dass die Schüler nicht ohne Weiteres zum Eintritt in die Sekundarstufe II auf ein Gymnasium wechseln und ihre Schullaufbahn hier fortsetzen können. Dies ist nur den Gymnasiasten, die bereits in der Sekundarstufe I an dieser Schulform unterrichtet wurden, vorbehalten. Schüler einer bisher anderen Schulform müssen über den Abschluss der mittleren Reife hinaus noch andere Bedingungen erfüllen. Dies kann beispielsweise ein Mindestnotendurchschnitt oder das Bestehen einer speziellen Aufnahmeprüfung sein. Je nach Bundesland ist die Versetzung in die gymnasiale Oberstufe noch an zusätzliche Bedingungen geknüpft. Dies sind beispielsweise überdurchschnittliche Leistungen, die erbracht werden müssen. In einigen Bundesländern ist das Besuchen einer speziellen Klasse für die Versetzung notwendig (vgl. Schneider 2018:312). Hierdurch wird das Aufsteigen im schulischen Bildungsweg sicherlich nicht unmöglich gemacht, jedoch definitiv erschwert. Der Lehrer trägt entscheidend dazu bei, denn er muss die Begabung erkennen und fördern. Die wenigsten Schüler im Pubertätsalter würden wohl von sich aus den Wechsel in eine gesonderte Klasse mit Ausblick auf die gymnasiale Oberstufe in Erwägung ziehen und sich dafür einsetzen. Der theoretische Gedanke der Schulstruktur verleiht dennoch jedem Schüler vorerst die gleiche Ausganslage.
Reproduktion sozialer Ungleichheit durch familiäre Bedingungen
In der Praxis sehen die Fakten anders aus. Wo es in der Theorie scheint, als hätten alle Schüler dieselbe Ausgangslage und somit die gleichen Chancen, zeichnet sich in der Praxis ein erschreckend eindeutiges Bild der Reproduktion sozialer Ungleichheit ab. Pierre Bourdieu, ein französischer Professor für Soziologie beschäftigte sich unter anderem in seinem Werk Wie die Kultur zum Bauern kommt aus dem Jahr 2001 mit der Reproduktion der sozialen Ungleichheit durch das System Schule. Er stellte fest, dass die „Chancen, die Universität zu besuchen [...] für das Kind eines höheren Angestellten achtzigmal größer als für das Kind eines Landarbeiters“ seien (Bourdieu 2001: 25). Anstelle von Begabung scheint also viel mehr der kulturelle Stand von entscheidender Bedeutung zu sein. Bourdieu spricht in diesem Zusammenhand von einem kulturellen Kapital, welches die Kinder als kulturelles Erbe von ihren Eltern mitbekommen. Auch der finanzielle Faktor ordnet sich dem kulturellen unter. Denn wie Paul Clerc in seinen Untersuchungen zeigen konnte, ist der Abschluss der Eltern entscheidender als die Höhe der Bezahlung (vgl. Bourdieu 2001: 26). Bourdieu zeigt in seinem Werk auf, dass die Einstellung der Familie zur Schule eine ganz elementare Rolle für den Schulwerdegang des Kindes hat. In Familien, in den beide Elternteile Abitur haben, versteht es sich unbewusst als selbstverständlich, das Kind mit dem Ziel eines selbigen Abschlusses an einem Gymnasium anzumelden. In Familien, wo der Bildungsabschluss der Eltern ein niedrigerer ist, stellt sich wohl meist gar nicht die Frage, ob das Kind Abitur machen soll. Hierfür sorgt einerseits der Aspekt, dass die Eltern selbst keine Erfahrungen mit dem höheren Bildungsabschluss und schon gar nicht mit dem Studieren gemacht haben. Dies kann Unsicherheiten seitens der Eltern verursachen, wodurch sie sich eventuell dagegen entscheiden, bekanntes Terrain zu verlassen. Wo Eltern mit Abitur die Versetzung des Kindes auf eine Real- oder Hauptschule meist gar nicht in Erwägung ziehen, passiert Gegenteiliges bei Eltern mit niedrigerem Schulabschluss. Falls Kinder aus finanziell besser gestellten Familien mangelhafte schulische Leistungen zeigen und ihnen somit der Zutritt aufs Gymnasium nicht möglich ist, besuchen sie häufig Privatschulen (vgl. Bourdieu 2001: 36)
Ein anderer Aspekt könnte auch ein finanzieller sein, da die Eltern möglicherweise einen frühzeitigeren Schulabschluss beabsichtigen und somit Kosten für die Ausbildung sparen wollen.
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- Arbeit zitieren
- Romano Wieczorek (Autor:in), 2020, Faktoren für die Reproduktion sozialer Ungleichheit im deutschen Schulsystem, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1132220
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