Studenten und das Dritte Reich

Entfremdung von der Republik, nationalsozialistischer Enthusiasmus und Ernüchterung


Hausarbeit, 2007

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Anzahl, Zusammensetzung und Sozialstruktur der Studenten in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“

3. Studenten und der Nationalsozialismus Einstellung und Mentalität: Tendenzen und Wandel vor dem Hintergrund der NS-Hochschulpolitik
3.1 Studenten in der Weimarer Republik auf dem Weg in den Nationalsozialismus
3.2 Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB)
3.3 Studenten und Hochschulpolitik im „Dritten Reich“
3.4 Tendenzen in Einstellung und Mentalität der Studenten zum Nationalsozialismus

4. Schlussbetrachtung

5. Quellenund Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In dieser Arbeit soll den Fragen nachgegangen werden, wie Studenten in Deutschland in der Zeit der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“ zum Nationalsozialismus standen bzw. ob und inwiefern sich das Verhältnis der Studenten zum Nationalsozialismus im Laufe der Diktatur änderte. Etwaige Gründe hierfür sollen herausgestellt werden. Dabei wird auch auf die Anzahl, die Zusammensetzung und die soziale Lage der Studenten Rückbezug genommen, da sie für Mentalität und Einstellungen der Studierenden von Bedeutung sind. Hierzu folgen im zweiten Kapitel zunächst bündige Ausführungen, bevor im dritten Kapitel Tendenzen und der etwaige Wandel in der Einstellung sowie der Mentalität der Studenten bezüglich des NS-Regimes herausgestellt werden sollen. Dabei werden auch die NS-Hochschulpolitik sowie die Bedeutung und der Einfluss der Studenten auf diese angerissen, da sie als Hintergrund für das Verständnis von Veränderungen des studentischen Lebens maßgeblich sind. Hierbei werde ich mich auch mit dem „studentischen Flügel“ der NSDAP, dem NSDStB, in kurzen Ausführungen beschäftigen.

2. Anzahl, Zusammensetzung und Sozialstruktur der Studenten in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“

Student zu sein bedeutete in der Weimarer Republik mehr als im „Ausbildungsstadium“ bzw. im Übergang zu einem ordentlichen Beruf zu stehen. Student sein galt als akademischer Beruf, der gleichwertig neben den Berufen, die durch einen Hochschulabschluss erlangt werden konnten, stand. In diesem Sinne fühlten sich die Studenten auf der einen Seite als Angehörige des akademischen Bürgertums, auf der anderen Seite als eigener Stand innerhalb desselben.1 Diese Feststellungen sind für die folgenden Betrachtungen und vor allem auch für die Ausführungen im dritten Kapitel wichtig, wenn es um Einstellung und Mentalität der Studenten geht.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges stieg die Studentenzahl an deutschen Hochschulen zu Beginn der Weimarer Republik stark an. Dies ist vor allem auch darauf zurückzuführen, dass sich viele ehemalige Soldaten, insbesondere Ex-Offiziere, an Hochschulen immatrikulierten.2

Nach einer vorübergehenden Abnahme der Studierendenzahl Mitte der 1920er Jahre nahm die Zahl der Studenten in den letzten Jahren der Weimarer Republik erneut erheblich zu. Bedingt durch die Wirtschaftskrise war mit 138.010 Studierenden (davon 103.912 an Universitäten) im Jahr 1931 ein Höchststand erreicht, der in den folgenden Jahren unter der Diktatur des NS- Regimes nicht mehr erreicht werden sollte. Der Anstieg der Studierendenzahl zum Ende der Weimarer Republik kann jedoch nicht (rein) positiv bewertet werden: Denn die „Vermassung und Proletarisierung“3 der Universitäten und

Hochschulen, also der soziale Strukturwandel an den Hochschulen, trug zur politischen Radikalisierung der Studenten bei, wie Konrad H. Jarausch konstatiert.4 Die immens angewachsene Studentenzahl und die gleichzeitige Schrumpfung des akademischen Arbeitsmarktes bewirkten zudem das Bewusstsein einer „Überfüllungskrise“ der Universitäten und Hochschulen.5 Alle genannten Faktoren, die hohe Studentenzahl (Vermassung), vor allem durch das Einströmen des unteren Mittelstandes (nach Jarausch überzeichnend als Schlagwort der „Proletarisierung“ bezeichnet) und die damit einhergehende

„Überfüllungskrise“, verunsicherten viele Studenten und beflügelten die Entfremdung der Jungakademiker von der Weimarer Republik.6

Wie entwickelten sich die Studentenzahlen in der Zeit der NS-Diktatur?

Im Jahr vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs waren nur noch 40.717 Studenten im Gebiet des „alten Reiches“ an Universitäten immatrikuliert.

Grüttner führt die Verminderung der Studentenzahlen auf drei wesentliche Gründe zurück:

Erstens gab es eine Verringerung der Studienbereitschaft durch die perspektivlose Lage des akademischen Arbeitsmarktes. Zweitens schlug sich der Geburtenrückgang während des Ersten Weltkrieges in den Abiturientenzahlen und damit der Anzahl der potenziellen Studienanfänger nieder und drittens wuchs die Attraktivität anderer Berufsfelder – vor allem in der wieder erstarkten Wirtschaft und in der Wehrmacht (Offizierslaufbahn).7 Die „politische Säuberung“ der Studentenschaft verringerte die Studentenzahlen nicht wesentlich. Etwa fünf Prozent der 1933 immatrikulierten Studenten wurden aufgrund ihrer politischen Einstellung bzw. ihrer Religionszugehörigkeit exmatrikuliert.8

Nach Kriegsbeginn sank die Zahl der Studierenden zunächst weiter immens9, bevor ab 1941, vor allem durch die verstärkte Aufnahme eines Studiums durch Frauen, die Zahl der Studierenden wieder anwuchs.10

Wie veränderte sich die Sozialstruktur der Studierenden im Dritten Reich? Während sich die Studentenschaft in den 1920er Jahren und zu Beginn der 1930er Jahre vor allem aus jungen Menschen der mittelständischen Bevölkerung zusammensetzte11, wurde von den Nationalsozialisten die Öffnung der Universitäten für alle Schichten und Chancengleichheit propagiert.12 Wie Michael Grüttner vermerkt, wurde dieses „Ziel“ jedoch während der gesamten Zeit der NS-Diktatur nicht erreicht.13 Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich die Sozialstruktur der Studenten nach 1933 nicht grundlegend veränderte. Im Gegenteil lassen - allerdings teilweise ungenaue und unzureichende -

Statistiken den Schluss zu, dass die Zahl der Studierenden aus dem Groß- bürgertum prozentual wieder anstieg, während mittelständische Kinder wieder weniger häufig an Universitäten und technischen Hochschulen immatrikuliert waren. Für Kinder aus Arbeiterfamilien änderte sich kaum etwas – lediglich für junge Menschen mit bäuerlicher Herkunft war ein Anstieg der Studienanfängerzahlen zu verzeichnen.14

3. Studenten und der Nationalsozialismus – Einstellung und Mentalität: Tendenzen und Wandel vor dem Hintergrund der NS-Hochschulpolitik

3.1 Studenten in der Weimarer Republik auf dem Weg in den Nationalsozialismus

Die deutschen Hochschulen erhielten in der Weimarer Republik vor allem auch durch die, wie oben bereits ausgeführt, zahlreichen Studenten, die der ehemaligen Armee angehört hatten, den Charakter eines „antidemokratischen Refugiums“15. Michael H. Kater konstatiert, dass „für viele Studenten […] der Weg in den Nationalsozialismus als Ausweg aus der Katastrophe nach dem Ersten Weltkrieg [begann].“16 Die ehemaligen Soldaten lehnten zwar größtenteils restaurative Ideen ab wie den Gedanken an eine Rückkehr zu einem monarchischen System, jedoch standen sie gleichsam der den westlichen Alliierten nahe stehenden Weimarer Republik grundsätzlich negativ gegenüber – der Wille zum Erreichen einer vollkommen neuen, national orientierten gesellschaftlichen Ordnung war für viele dieser Studenten die politische Zielsetzung. Hitlers Ideologie wurde für sie zum Sinnbild aller Hoffnungen auf eine bessere Zukunft.17

Dennoch wäre es ein Trugschluss, würde man behaupten, dass „die Studenten von vornherein so antidemokratisch eingestellt waren, dass sie zwangsläufig auf Hitler hinsteuerten“18, so Jarausch. Er begründet seine These damit, dass „starke neuliberale Gegenkräfte der Freistudentenschaft […] in die entgegengesetzte Richtung [wiesen]“.

[...]


1 Vgl.: Anselm Faust: Der Nationalsozialistische Studentenbund. Studenten und Nationalsozialismus in der Weimarer Republik. Band 1, Düsseldorf 1973, S. 112.

2 Vgl.: Michael H. Kater: Die Studenten auf dem Weg in den Nationalsozialismus, In: Jörg Tröger (Hrsg.): Hochschule und Wissenschaft im Dritten Reich, Frankfurt am Main und New York 1984, S. 26.

3 Konrad H. Jarausch: Deutsche Studenten. 1800-1970. Neue Historische Bibliothek, Neue Folge Band 258, Frankfurt am Main 1984, S. 129.

4 Vgl.: Ebd., S. 129.

5 Vgl.: Ebd., S. 137.

6 Vgl.: Ebd., S. 138.

7 Vgl.: Grüttner 1995, S. 104f.

8 Im Gegensatz dazu wurden im Rahmen der „politischen Säuberung“ etwa 20 Prozent der Hochschullehrer entlassen. Von der „Säuberung“ der Studentenschaft waren vor allem Juden und Kommunisten betroffen. Vgl.: Grüttner 1995, S. 476.

9 Durch die Einberufung vieler junger Männer in den Kriegsdienst sowie die Flucht des Groß- teils der bis dato noch verbliebenen ausländischen Studenten aus dem deutschen Reichsgebiet. Vgl.: Michael Grüttner: Studenten im Dritten Reich, Paderborn u. a. 1995, S. 108f.

10 Vgl.: Grüttner 1995, S. 101.

11 Kinder aus großbürgerlichen Familien (vor allem des Besitzbürgertums) hatten ihren dominanten Status an den Universitäten eingebüßt – lediglich ein Drittel der Studenten war zu Beginn der 1930er Jahre dem Bürgertum zuzuordnen; Arbeiterkinder waren mit rund 3% der Gesamtstudierenden nach wie vor selten an Universitäten anzutreffen. Vgl.: Grüttner 1995, S. 136.

12 Vgl.: Grüttner 1995, S. 136f.

13 Vgl.: Ebd., S. 101.

14 Vgl.: Grüttner 1995, S. 137.

15 Kater 1984, S. 26.

16 Ebd., S. 26.

17 Vgl.: Ebd., S. 26f.

18 Jarausch 1984, S. 117.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Studenten und das Dritte Reich
Untertitel
Entfremdung von der Republik, nationalsozialistischer Enthusiasmus und Ernüchterung
Hochschule
Universität Kassel
Veranstaltung
Das „Dritte Reich“ Grundzüge des nationalsozialistischen Herrschaftssystems
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V113334
ISBN (eBook)
9783640149971
ISBN (Buch)
9783640150335
Dateigröße
409 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Studenten, Dritte, Reich, Reich“, Grundzüge, Herrschaftssystems
Arbeit zitieren
Peter Kapinus (Autor:in), 2007, Studenten und das Dritte Reich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113334

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