Macht Besitz glücklich? Eine Untersuchung am Beispiel des Besitzlosen


Seminararbeit, 2019

19 Seiten, Note: 1

Anonym


Leseprobe


Inhalt

Inhalt

1. Einführung
1.1. Problemstellung
1.2. Untersuchung

2. Recherche
2.1. Haben vs. Sein
2.2. Glücksformel
2.3. Nutzen statt Besitzen

3. Forschung
3.1. Interviews
3.2. Ausstellungen
3.3. Selbstversuch
3.4. Umfragen
3.5. Modellbau

4. Schlussbetrachtung
4.1. Reflexion
4.2. Zusammenfassung
4.3. Ausblick
4.4. Klappentext
4.5. Ausstellertext

Literaturverzeichnis

1. Einführung

Die Menschen in der westlichen Welt besitzt1 im Durchschnitt 10.000 Gegenstände und die Tendenz steigt weiter an. Die Wohnung, das Milieu, die Gegenstände, mit denen sich der Mensch umgibt, verraten fast alles über ihn. Aus den neusten Entwicklungen der Gegenwart, aus den Eigenheiten und Zyklen der verschiedenen Moden sind die geheimen Wünsche der Zeitgenossen herauszulesen. Die Gegenstände demaskieren dich als Symbole, und die Symbole geben Aufschluss über das Unbewusste, über die geheimen Träume, die oft sorgfältig hinter Fassaden der Rationalität verborgen werden. Die Dinge des täglichen Gebrauchs vermehren sich rasant und ungebremst. Ihre ungeheure Fülle scheint in keine Systematik zu passen. Selbst ein Katalog oder ein Handbuch könnte sie nur nach willkürlichen Kriterien wie Größe, Handhabung oder Lebensdauer ordnen. Ein zusammenhängendes System lässt sich erst erkennen, wenn man die Alltagsdinge zu ihren Benutzern in Beziehung setzt: Für diese bilden sie ein Netz von ideellen, imaginären Bedeutungen, dass alle Lebensbereiche erfasst. Besonders aufschlussreich ist der Bereich des Wohnens, denn die Wohnungseinrichtung spiegelt die sozialen Strukturen und Werte einer Epoche wider.

1.1. Problemstellung

Der Mensch konsumiert obwohl seine Grundbedürfnisse längst befriedigt sind, denn die Konsumgüter versprechen ihm ein erfüllteres, glücklicheres, längeres Leben. Er kann sich mit ihnen identifizieren oder darstellen. Ob Zahnbürste, Rasierer oder Auto: Produkte werden auf Charaktermerkmale hin angelegt, die sich auch als Ausdruck menschlicher Eigenschaften interpretieren lassen und sie verheißen viele Möglichkeiten, große Freiheit, ewige Jugend, weshalb man kaum anders kann, als sie haben zu wollen. Es kommt zu einer völlig neuen, intimen Beziehung zwischen Ding und Mensch. Ein Konsumbürgertum ersetzt das traditionelle Bildungsbürgertum. Doch bei dem Versuch, die Welt in Reichweite zu bringen und droht sie stumm und fremd zu werden.

1.2. Untersuchung

Die Frage, die sich damit stellen sind: Wird sich die eigene Wohnung und der eigene Besitz in Zukunft auflösen? Wie würde eine Stadt ohne Besitz aussehen und welche Auswirkungen hätte das auf die Gemeinschaft? Dazu werden die Themen Besitz, Glück und Sharing näher betrachtet. Zudem werden Umfragen und Experimente durchgeführt, die das Gestalten im Ausnahmezustand, ohne Ernstfall-Konsequenzen spielerisch darstellen. Dazu wird die uns alltäglich umgebende Realität gewandelt, von den Spielregeln befreit und durch möglicherweise nur momentan nutzbare Muster ersetzt. Ziel ist es stets eine bekannte Sehgewohnheiten zu sprengen, um den Blick für Neues zu schärfen. Idealerweise rufen derartige Aktivitäten Reaktionen hervor, fordern zum Meinungstausch auf und eigenen sich daher, Tendenzen allgemeiner Sprachlosigkeit zu überwinden. Sie geben Impulse und schärfen unser Bewusstsein für Probleme. Dabei entstehen Orte kalkulierbarer Ausnahmezustände, resultierender Aufmerksamkeit, gemeinsamer Aktivität, Umwidmung und Revitalisierung, Partizipation und die Möglichkeit zur Simulation neuer Wirklichkeiten.

2. Recherche

2.1. Haben vs. Sein

Die Existenzweise des Habens

Unsere Gesellschaft beruht auf dem Privateigentum, gemäß dem Motto: „Es geht niemanden etwas an, wo und wie ich mein Eigentum erworben habe oder was ich damit tue.“ Dieses Prinzip erscheint uns heute natürlich, es ist aber in der Geschichte der Menschheit eher die Ausnahme. Alternativen zum Privateigentum sind zum Beispiel eingeschränktes Eigentum oder gemeinsames Eigentum. Die Normen einer Gesellschaft prägen den Charakter ihrer Mitglieder, und der westliche Gesellschaftscharakter ist darauf ausgerichtet, Eigentum zu erwerben und Profit zu machen. Das Besitzstreben bezieht sich auch auf Lebewesen: In der patriarchalischen Gesellschaft besitzt der Mann seine Frau und seine Kinder. Besitz kann man in vielerlei Hinsicht anhäufen: Freunde, Liebespartner, Gesundheit, Reisen, Kunst, Gott oder das eigene Ich können als Besitz empfunden werden. Oft ist das Besitzergreifen wichtiger als das Behalten: Heute kauft man ein Auto, ein Kleidungsstück oder ein technisches Gerät, um es dann wieder wegzuwerfen oder es erneut zu ersetzen. „In der Existenzweise des Habens wird die Zeit zu unserem Beherrscher. In der Existenzweise des Seins ist die Zeit entthront; sie ist nicht länger der Tyrann, der unser Leben beherrscht.“ Alles, was man hat, kann man auch wieder verlieren: Dinge können gestohlen werden oder ihren Wert verlieren, und am Ende verliert man sein Leben. In Wirklichkeit hat nicht der Mensch sein Besitztum, sondern dieses hat den Menschen, weil er so davon abhängig ist, es zu haben. Für Sigmund Freud ist der Mensch, der seine Energie nur auf Besitz, Sparen und Horten richtet, ein „analer Charakter “; er hat mehrfach auf den symbolischen Zusammenhang zwischen Kot und Geld hingewiesen. Die anale Phase ist eine Phase der Kindheit – der vorherrschende Gesellschaftscharakter wäre damit unreif. Das Gegenstück aber, Verzicht und Askese, ist nicht das Gegenteil der Haben-Orientierung, sondern nur die Kehrseite von Besitz und Konsum: Gerade indem der Asket um Verzicht und Entsagen kreist, beschäftigt er sich in Wahrheit meist mit den gegensätzlichen Impulsen. Es geht auch nicht darum, dass alle genau gleich viel haben sollen – denn auch diese Forderung entspringt noch der Existenzweise des Habens. Wichtig ist aber, dass Armut und Luxus verschwinden, also Einkommensunterschiede, die so groß sind, dass damit völlig verschiedene Lebenserfahrungen verbunden sind.

Der Begriff „Verbrauch“ muss in Bezug auf die moderne Gesellschaft neu definiert werden. Weil sich die Objekte in Zeichen verwandelt haben und nicht mehr rein materiell konsumiert werden, folgt dem heutigen Konsum keine Sättigung; die zugrunde liegenden Bedürfnisse werden nie ganz befriedigt. Die Bilder, Gefühle und Ideen, die verbraucht werden, erschaffen eine konsumfreundliche Schweinwelt, die – abgekapselt von der Realität – stets neue Wünsche weckt. Den Verbrauch einschränken zu wollen, ist deshalb naiv. Für die Konsumgesellschaft ist er ein Grund zum Leben, und das kann er nur bleiben, solange er sich ständig selbst erneuert. Durch den Konsum werden die Dinge zu beliebig verknüpf- und verwertbaren Zeichen. Konsumiert wird nicht mehr das Ding selbst, sondern die Idee, die es vermittelt. So autonom die neuen Geräte funktionieren, ihre symbolische Leistung bleibt ungenügend. Während die Arbeit früher menschliche Lust sublimierte, ist bei den heutigen Tätigkeiten nichts Derartiges mehr zu spüren. Dieser Verlust wird in anderen Bereichen kompensiert. Das Ding wird zum bloßen Zeichen, das Stimmungen, Wünsche oder sozialen Status ausdrückt. Design und Werbung befrachten Produkte mit Inhalten, die weit über ihren Gebrauchswert hinausgehen. Gleichzeitig sinkt der funktionelle Wert der Dinge: Qualitätseinbußen werden nicht nur in Kauf genommen, sondern sind sogar beabsichtigt, um den Verkauf weiterer Produkte anzukurbeln. Massenprodukte geben sich als Luxusgüter aus und täuschen über soziale wie qualitative Differenzen hinweg. Der Konsument befriedigt sich beim Kaufakt, doch die enorme Warenfülle weckt stets neue Wünsche. Die breite Verfügbarkeit der Massenware suggeriert, dass alle alles haben können. In Wahrheit verfestigen sich die sozialen Unterschiede. Maßgebend ist allerdings nicht mehr die Klassenzugehörigkeit, sondern das verfügbare Geld. Die klassenlose Gesellschaft ist ebenso eine Utopie wie die Freiheit der Marktwirtschaft.2 Die Unverfügbarkeit hat in der modernen Welt den „Wutbürger“ hervorgebracht. Er denkt er kann die Welt berechenbar und beherrschbar machen und damit auch kontrollierbar und steuerbar machen. Doch da diese Idee irgendwie nicht aufzugehen scheint, hat er ein Ohnmachtsgefühl oder eben eine Unverfügbarkeitserfahrung.3

Der Sammler befriedigt sich beim Sammeln selbst; was ihn beglückt, ist das Vermögen, den besonderen Wert seiner Stücke ermessen zu können. Der Sammelleidenschaft kommt allerdings immer wieder das serielle Wesen der Sammlung in die Quere: Indem sie sich beständig erweitern lässt, scheint ihr stets das letzte, das wichtigste Stück zu fehlen. In gewisser Hinsicht gleicht der Sammler dem Eigentümer: Auch er macht jedes Ding zu einem persönlichen. Gesammelte oder in Besitz genommene Dinge wachsen sich gerne zum Fetisch aus und ersetzen damit das menschliche Gegenüber. Soziale Beziehungen verlieren so an Bedeutung .

Die Existenzweise des Seins

Die Existenzweise des Seins zeichnet sich durch Unabhängigkeit, Freiheit und kritische Vernunft aus. Der Mensch im “Seinsmodus“ ist aktiv, aber nicht im Sinne von „geschäftig“, sondern im Sinne von „tätig“. Geschäftigkeit ist entfremdete, Tätigsein ist nichtentfremdete Aktivität. Bei nichtentfremdeter Aktivität erlebt man sich als handelndes Subjekt des eigenen Tätigseins, und die Beziehung zum Produkt bleibt lebendig. Das Sein sieht das Haben nicht als Status, sondern als Verpflichtung und Einschränkung der Freiheit an. Es steht jedoch nicht nur dem Haben gegenüber, sondern auch dem Schein: Man kann mutig erscheinen, ist aber tatsächlich nur sehr eitel oder lebensmüde. Das Sein ist dann die Demaskierung des Scheins. „Die sozioökonomische Struktur einer Gesellschaft formt den Gesellschaftscharakter ihrer Mitglieder dergestalt, dass sie tun wollen, was sie tun sollen.“ Eine gesellschaftliche Grundannahme besagt, dass die Existenzweise des Habens in der menschlichen Natur verwurzelt und deshalb unveränderbar sei. Auf der gleichen Grundannahme fußt das Dogma, der Mensch sei von Natur aus faul und nur durch materielle Anreize oder Androhung von Strafe zur Arbeit zu bewegen. Unsere Arbeits- und Erziehungsmethoden beruhen darauf. Doch wir Menschen haben ein angeborenes Verlangen, zu sein: tätig zu sein, auf andere bezogen zu sein. Man sieht das bei Kindern und Jugendlichen: Sie lernen ohne Druck oder Langeweile. Auch Experimente zum Arbeitsverhalten von Erwachsenen zeigen, dass diese zufriedener werden, sobald sie Gelegenheit haben, an ihrem Arbeitsplatz Eigeninitiative zu entfalten. Für das menschliche Bedürfnis, zu geben und zu teilen, gibt es zahlreiche Beispiele: Menschen, die soziale Berufe ausüben, die unentgeltlich Blut spenden oder die ihr Leben für andere riskieren.

Ziel einer neuen Gesellschaft müsste es sein, Menschen mit einer neuen Charakterstruktur hervorzubringen, die sich vom Haben weg und hin zum Sein orientieren. Wichtige Merkmale einer neuen Gesellschaft wären eine dezentrale wirtschaftliche Rahmenplanung und eine völlig andere Einstellung zur Arbeit, bei der nicht mehr der materielle Gewinn im Mittelpunkt steht. Die Existenz des Einzelnen sollte durch ein Mindesteinkommen gesichert sein. Die Produktion müsste auf einen gesunden und vernünftigen Konsum ausgerichtet werden, zum Beispiel durch Subventionen. Auch wäre das Recht der Konzernleitungen einzuschränken, nur vom Standpunkt des Profits her zu entscheiden. Die Verbraucher müssten sich besser organisieren. Es müsste eine Mitbestimmungsdemokratie auf allen Ebenen geben. Frauen sind von der patriarchalischen Herrschaft zu befreien. Schließlich gilt es, die wissenschaftliche Grundlagenforschung von der Frage der industriellen und militärischen Anwendung zu trennen. „Haben“ oder „Sein“ vermischt Ergebnisse soziologischer und psychologischer Forschung mit Überlegungen zur Religion und Ethik und gelangt so zu einer allumfassenden Gesellschaftskritik. Die heutige, vom Industriezeitalter hervorgebrachte Gesellschaft wird der Unmenschlichkeit bezichtigt: Sie produziert entfremdete, kranke Individuen und Völker, die sich bekriegen. Das System dient nur sich selbst, nicht dem Menschen. Den meisten ist das nicht bewusst: Sie halten die künstlich erzeugten Konsumwünsche für ihre ureigenen und die menschliche Natur für habgierig. Genau das ist nach Fromm der Trick des Systems, mit dem es sich erhält. Besitz und Askese sind gleichermaßen fragwürdig. Besitz ist für ihn nicht auf Materielles begrenzt: Es geht allgemein um ein hortendes Verhalten, das auch Menschen und Erlebnisse zum Besitzgegenstand machen kann. Das Gegenteil, die Askese, ist Fromm suspekt, weil sie um dieselben Themen kreist und sich lediglich gegenteilig verhält. Das lässt gemäß Fromm auf verdrängte Neidgefühle und damit auf heimliches Besitzstreben schließen, es ist verdächtig wie jeder Fanatismus. Frei ist demnach nur, wer sich nicht über Besitz definiert. Was Fromm dem entgegensetzt, ist Humanismus, und humanistisch ist auch die Haltung, die all die Denker und Lehrmeister verbindet, die er zitiert: Jesus, Buddha, Meister Eckehart und Karl Marx forderten in ihren Lehren eine radikale Menschlichkeit. Nach Fromm muss sich auch das westliche Gesellschaftssystem dahin verändern, dass es wieder das Wohl des Menschen im Blick hat, statt den Menschen zum Diener eines menschenfeindlichen Systems zu machen. Das Wohl des Menschen liegt nach Fromm im Sein, in der Entfaltung seiner Persönlichkeit, im Tätig sein. Wer sein Leben damit verbringt, zu horten, verpasstes. Nicht nur den westlichen Kapitalismus, sondern auch den Sowjetkommunismus entlarvt Fromm als antihumanistisch und im Kern materialistisch. Fromm nimmt Karl Marx, dem es immer um den Menschen und seine Entfaltung gegangen sei, entschieden in Schutz vor dem, was die sozialistischen Regimes aus seinen Gedanken gemacht haben.4

Wohnung

In der bürgerlichen Wohnung ist alles in ein festes patriarchales Gefüge gebunden. Genauso, wie sich die Familie um ihr Oberhaupt schart, gruppieren sich die Möbel um einen Mittelpunkt. Alles ist eindeutig, unverrückbar und hierarchisch angeordnet; jedes Möbelstück hat seinen Platz und seine Funktion. Der bürgerliche Wohnraum grenzt sich in seiner Einheitlichkeit nach außen ab und stiftet Identität. Anders richtet sich das moderne Individuum ein. Es sieht sich als emanzipiert und an keinerlei Konventionen gebunden. So frei, wie es in seinen Handlungen sein will, so flexibel und dezentral gestaltet es seine Wohnung: Ob Kippcouch, Regal oder Schiebetür, die Möbel sind beweglich und strikt funktional, ohne das theatralische Pathos von früher. Ein modernes Bett ist einfach nur ein Bett – so wie der moderne Einzelne nur ein Einzelner ist, der sich keiner Religion oder Bürgermoral verpflichtet fühlt. Er tritt nicht als Oberhaupt, sondern als Raumgestalter auf, der Wohnideen verwirklicht und die Möbel nach seinen Vorstellungen anordnet. Doch die Idee der Wohnraumbefreiung gibt es schon lange. Schon die Gestaltungsdiskussion der 1920er Jahre beschäftigten sich mit einem neuen Wohnen, dass das Leben erleichtern und seinen Besitzer aus der Versklavung befreien soll. Das Haus soll von nun an eine kürzere Lebensdauer als seine Besitzer haben, denn so wird jede Generation ihre eigene Stadt bauen müssen. Es muss daher entweder seine Struktur wandelbar sein oder das Nichtflexible dem Neuen radikal weichen.5 Als Beispielhafte Projekte gelten: Das Rucksack-House von Stefan Eberstadt im Jahr 2004, das Projekt „Maschinen zum Wohnen“ von Le Corbusier, die „Turmhäuser“ von Buckminster Fuller, die „Stadt auf Rädern“ von Ron Herrons, die „Inflatable Suit“ von David Greenes, die „It livin Unit“ von Stanislas Zimmermanns, die „Living Structure“ von Ken Isaac sowie die „Non Stop City“ von loude-Niclas Ledoux und Maiison de Plaisir6 und die aktuelle „Wohnmaschine“ von Van Bo Le-Mentzel.

Die Besitzlosen: Mit wie wenig kann man auskommen?

1. Nomaden: „Besitz ist Last aus der Sicht der Nomaden, dafür sorgen, hieße ja kostbare Lebenszeit mit dem Hüten der Dinge zubringen.“ Was sie benötigen, muss, wenig erstaunlich, mitnehm- und tragbar sein. Wichtig sind daher auch die tragbaren elektronischen Geräte und die Verbindung mit dem Internet. Nicht das Ding als materielles Objekt werde geschätzt, sondern der Zugang, den es ermöglicht. Das Verhältnis zu den Dingen werde "flüssig", es reiche, sie zeitweise zur Verfügung zu haben, man müsse sie nicht mehr über lange Zeit besitzen.
2. Beispiel: Der Verzicht auf Eigentum der Franziskaner Franziskus macht sich ein Leben ohne Eigentum zu eigen. Er fordert von den Brüdern, dass „die sie sich nichts aneignen, weder Haus noch Ort noch irgendeine Sache. Und gleichwie Pilger und Fremdlinge in dieser Welt sollen sie dem Herrn in Armut und Demut dienen“. Er sieht darin die Voraussetzung, um „der Demut und Armut unseres Herrn Jesus Christus nachzufolgen “. So „sollen sie beherzigen, dass wir … von der ganzen Welt nichts anderes nötig haben als Nahrung und Kleidung, damit sind wir zufrieden.“ Das Leben ohne Eigentum hebt die gesellschaftliche Trennung zwischen Besitzenden und den armen Besitzlosen, den Ausgegrenzten auf. Es ermöglicht nicht nur, in menschlicher Solidarität ihr Leben zu teilen. Jede Form von überflüssigem Eigentum der Brüder will Franziskus den noch Ärmeren geben, da er diesen Besitz als Eigentum der Armen betrachtet.

2.2. Glücksformel

Was bedeutet Glück?

Für die Philosophen ist das „Glück der Inbegriff jenes Zustandes, aus dem kein Streben mehr hinausweist." Das Streben nach Glück gilt als Grundphänomen menschlichen Lebens zu einem friedvollen bis zu ekstatischem Glücksgefühl. Es ist universell und jedem Menschen eigentümlich. Dabei sind die Zufälligkeit, die eigentümliche Finalität, die Bindung an das menschliche Endlichkeitsbewusstsein wesentliche Merkmale des Glücks. Das Glück ist seinem Wesen nach zufällig, da es sich weder erzwingen noch berechnen lässt. Glück ist keine momentane Emotion, sondern eine langfristige, über das ganze Leben sich aufbauende Lebensweise. Es ist an Glück ist an Kriterien für richtiges, tugendhaftes Leben gebunden. Die Bindung an das menschliche Endlichkeitsbewusstsein meint das Gespür, welches wir beim Erfahren von Glück dafür haben, dass dieses uns gegeben und nicht von uns gestaltet wurde. Durch diese Erfahrung fühlen wir uns eins mit uns selbst und der Weltordnung. Die Vernunft, als der geistige Einklang mit sich selbst und mit der Natur, steht dabei im Vordergrund. Ein ausgeglichenes, zufriedenes, harmonisches, ruhiges Lebensgefühl ist das Ergebnis solchen Glücks. Sowohl die Gesellschaft als auch der Einzelne können, müssen etwas für ihr Glück tun. Neben diesen allgemeinen Glücksbestimmungen ist aber das konkrete Glückserleben auch stark subjektiv, individuell unterschiedlich.“ In der Psychologie beschreibt Glück die Diagnostik von Gesichtsmuskelbewegungen im Zusammenhang mit Grundemotionen. Aus dieser Perspektive lässt sich Glück als Mundwinkel- und Backenanhebung, sowie Straffung der unteren Augenpartien definieren. Dabei besteht eine hohe interkulturelle Übereinstimmung, denn auf der ganzen Welt wird Glück nicht zuletzt über diesen speziellen Gesichtsausdruck identifiziert.7

Was macht Menschen glücklich?

Das Gehirn hat zwei Zustände, die unser Verhalten bestimmen. Entweder wir sind glücklich oder unglücklich. Unglücklich sind wir beispielsweise durch Krankheit, Einsamkeit oder Armut. Glücklich hingegen sind durch z.B. durch einen vertrauensvollen Umgang. Aus diesem Grund ist Dänemark das glücklichste Land. Hier herrscht ein höheres Vertrauensniveau. Das Vertrauen in den Staat und die Mitmenschen macht das Leben einfacher und bequemer. Es gibt weniger Sorgen, Stress oder Angst. Aber ausschlaggeben für ein glückliches Leben ist auch ein gutes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit. Darüber hinaus sind auch Freundlichkeit sowie die Qualität der Beziehungen ausschlaggebend für das glückliche Leben. Menschen die guten Beziehungen haben werden tendenziell weniger einsam sein. Sie haben immer jemanden mit dem sie sprechen oder interagieren können. Durch das gemeinsame Leben können sie nicht nur glücklicher werden, sondern auch gesünder. So glauben Psychologen, dass Einsamkeit ein größeres Gesundheitsrisiko darstellt als Fettleibigkeit oder Rauchen. Die Bekämpfung der sozialen Isolation könnte damit zu einem gemeinsamen, längeren, gesünderen und glücklicheren Leben verhelfen. Das Glück wird also von den Lebensumständen beeinflusst - etwa wo und wie wir arbeiten, ob wir Kinder haben und ob wir ein starkes Unterstützungsnetzwerk von Freunden und Familien haben. Die glücklichsten Menschen sind die, die den Alltag genießen. Glück ist Zeit für das Lieblingshobby. Einen Nachmittag ohne Uhr. Dankbarkeit. Freiheit. Klarheit darüber, was Begeisterung auslöst. Vor allem die Verbindung von Spaß und Sinn.8

[...]


1 Besitzen bedeutet sein Eigen nennen, als Eigentum haben (z.B. ein Haus, ein Auto, Vermögen, viele Bücher besitzen" oder haben (z.B. keine Eltern mehr besitzen).

2 Das System der Dinge. Über unser Verhältnis zu den alltäglichen Gegenständen – Jean, Baudrillard

3 Rosa, Hartmut. Unverfügbarkeit. Unruhe bewahren, Wien: Residenz Verlag, 2018.

4 Haben oder Sein Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft, Erich Fromm

5 Pechlaner, Harald, und Elisa Innerhofer Hrsg. Temporäre Konzepte. Coworking und Coliving als Perspektive
für die Regionalentwicklung, 1. Aufl., Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer, 2018, S. 99fff.

6 Stauffer, Marie Theres. „Streben nach dem Nullzustand. Über die Theoriearchitektur von Archizoom und Superstudio“, Zeitschrift für Ideengeschichte, Nr. 2 (2015) und Keats, Jonathon. „From Superstudio to Archizoom, These Radical Italian Architects Will Change Your Ideas About Cities“, Forbes (11. Januar 2018).

7 Koehler, Nicole. Die Glücksversprechen der Konsumgesellschaft von Nicole Koehler, Berlin: Springer, 2015.

8 Spassov, Maria. Happy living. Die besten Zutaten für mehr Wohnglück. Exklusive Hometours, 1. Aufl., München: Deutsche Verlags-Anstalt, 2015, S. 182.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Macht Besitz glücklich? Eine Untersuchung am Beispiel des Besitzlosen
Hochschule
Hochschule Pforzheim  (Fakultät für Gestaltung)
Veranstaltung
Future Making II
Note
1
Jahr
2019
Seiten
19
Katalognummer
V1133509
ISBN (eBook)
9783346541017
ISBN (Buch)
9783346541024
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Haben, Sein, Besitz
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Macht Besitz glücklich? Eine Untersuchung am Beispiel des Besitzlosen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1133509

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