Familienexterne Unternehmensnachfolge im Mikrounternehmen. Die Unternehmensbewertung und -finanzierung im Transaktionsprozess am Beispiel Wild Wetzikon AG


Thèse de Master, 2021

96 Pages, Note: 1.9


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Management Summary

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Phänomen
1.2 Ausgangslage Wild Wetzikon AG
1.3 Relevanz
1.4 Ziel der Arbeit und Forschungsfrage
1.5 Abgrenzungen
1.6 Aufbau der Arbeit

2 Theorie
2.1 Unternehmensanalyse Nachfolgeprozess
2.1.1 Das Fallstudienunternehmen
2.1.2 Unternehmensstruktur
2.1.3 Unternehmenspolitik
2.1.4 Produkte, Markt und Wettbewerb
2.1.5 Eingebrachte Leistungen des Nachfolgers
2.1.6 Kritische Würdigung
2.2 Unternehmensbewertung
2.2.1 Grundlagen
2.2.2 Besonderheiten bei MU
2.2.3 Relevante Bewertungsmethoden
2.2.3.1 Substanzwertmethode
2.2.3.2 Ertragswertmethode
2.2.3.3 Multiplikatorenmethode
2.2.4 Kritische Würdigung
2.3 Berücksichtigung eingebrachter Leistungen
2.3.1 Intellektuelles Kapital
2.3.2 Kaufpreisfindung
2.3.3 Kritische Würdigung
2.4 Finanzierung
2.4.1 Grundlagen
2.4.2 Besonderheiten bei MU
2.4.3 Relevante Finanzierungsformen
2.4.3.1 Asset Deal
2.4.3.2 Share Deal
2.4.4 Kritische Würdigung

3 Methodik
3.1 Forschungsdesign
3.2 Primärforschung
3.2.1 Qualitative Inhaltsanalyse
3.2.2 Interviewpartner
3.2.3 Datenerhebung
3.2.4 Gütekriterien Primärforschung
3.3 Sekundärforschung
3.3.1 Quantitative Inhaltsanalyse
3.3.2 Datenerhebung
3.3.3 Gütekriterien Sekundärforschung
3.4 Datenaufbereitung und Analyse
3.5 Kritische Würdigung

4 Resultate Fallstudie
4.1 Unternehmensanalyse Nachfolgeprozess
4.2 Unternehmensbewertung
4.2.1 Substanzwertmethode
4.2.2 Ertragswertmethode
4.2.3 Multiplikatorenmethode
4.2.4 Zusammenfassung
4.3 Berücksichtigung eingebrachte Leistungen
4.3.1 Ansatz 1
4.3.2 Ansatz 2
4.4 Finanzierung

5 Diskussion
5.1 Unternehmensanalyse Nachfolgeprozess
5.2 Unternehmensbewertung
5.3 Berücksichtigung eingebrachter Leistung
5.4 Finanzierung
5.5 Beantwortung der Forschungsfrage
5.6 Bedeutung für die Praxis
5.7 Reflexion der empirischen Untersuchung

6 Konklusion
6.1 Fazit
6.2 Handlungsempfehlungen
6.3 Ausblick

7 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhang A – Interview Leitfaden

Anhang B – Interviews

Anhang C – Bilanzkennzahlen

Anhang D – Vermögensgegenstände

Management Summary

Die Unternehmensnachfolge in Schweizer KMU ist nach wie vor von hoher Relevanz, da rund 75’000 ebendieser Unternehmen ihre Nachfolge regeln müssen. Dabei nimmt die Bedeutung externer Nachfolgen zu. Erfolgreiche Nachfolgeregelungen zeichnen sich häufig dadurch aus, dass sie äusserst langfristig geplant und vorbereitet worden sind. Gescheiterte Nachfolgen sind eher auf eine unvollständige, zu wenig profunde Klärung der eigenen Ziele und Bedürfnisse des Übernehmers zurückzuführen als auf mangelnden Einsatzwillen.

Im Nachfolgeprozess ist die Finanzierung oft eine der Kernfragen. Vor diesem Hintergrund analysiert die vorliegende Masterarbeit am Fallstudienunternehmen Wild Wetzikon AG den Nachfolgeprozess in der Phase der Unternehmensbewertung, um eine tragfähige Finanzierung für Käufer und Verkäufer zu gestalten. Voraussetzungen dafür sind eine umfassende strategische Analyse des Fallstudienunternehmens samt der notwendigen Kennzahlen und das Ermitteln der Wünsche sowie Bedürfnisse von Käufer und Verkäufer.

Demnach wird untersucht, wie man einerseits den geschaffenen Mehrwert durch die eingebrachten Leistungen des Nachfolgers ermitteln und diese im Gegenzug bei der Unternehmensbewertung einfliessen lassen kann. Diese Vorgehensweise resultiert aus dem Umstand, dass der Nachfolger in der über vierjährigen Betriebszugehörigkeit keine Ziel- oder Bonusvereinbarungen vereinbart hat und diese demzufolge damit abgegolten werden sollen.

Mit den Erkenntnissen aus der Empirie ermöglicht sich die Erstellung einer spezifischen Unternehmensbewertung, mit der ein tragfähiges Finanzierungskonzept entsteht, das auf den Interessen von Käufer und Verkäufer basiert. Insbesondere die Bedürfnisse des Übergebers stehen im Vordergrund, da sie wegweisend für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge sind. Zudem wird in den Handlungsempfehlungen ein Bogen zu den Bedürfnissen des Nachfolgers gespannt, um eine erfolgsorientierte Lösung für beide Parteien zu entwickeln.

Die ausgearbeiteten Handlungsempfehlungen sind vielgestaltig und greifen die Merkmale der einzelnen Themengebiete auf. Zudem kristallisiert sich ein allgemeines Forschungsdesiderat im Bereich eingebrachter Leistungen heraus. Dieses Thema könnte für viele Mikrounternehmen interessant sein, die eine interne Nachfolgeregelung anstreben. Das Fallstudienunternehmen betrachtend, müssen weitere Abklärungen mit Experten oder Beratern der Unternehmensnachfolge getroffen werden, um die aufgestellten Handlungsempfehlungen weiter auszuführen.

Abkürzungsverzeichnis

AG Aktiengesellschaft

BFS Bundesamt für Statistik

CHF Schweizer Franken

CS Credit Suisse

DD Due Diligence (engl. für gebührende Sorgfalt)

DCF Discounted-Cashflow-Analyse

EBIT Earnings before interest and tax

EBITDA Earnings before interest, tax, depreciation and amortization

FBO Family-Buy-out

KMU Kleine und mittlere Unternehmen

M&A Mergers & Acquisitions (engl. für Unternehmensfusionen & Unternehmenskäufe)

MBO Management-Buy-out

MIO Millionen

MU Mikrounternehmen

SGF Strategisches Geschäftsfeld

WW Wild Wetzikon AG

1 Einführung

„Unternehmer wird man nicht in fünfzig oder fünfhundert Wochen. Um Unternehmer zu werden, braucht es eine Nacht, neun Monate und vierzig bis fünfzig Jahre Erfahrung.“ (Agitano, n.d.)

Helmut Schmidt (1918-2015, deutscher Bundeskanzler)

1.1 Phänomen

In der Nachfolgeregelung eines Unternehmens war es früher Usus, die vor Generationen gegründete Firma (vorzugsweise durch den Sohn) weiterführen zu lassen – immer mit der Perspektive, dass auch dessen Kinder eines Tages das Unternehmen leiten werden. Dabei galt noch das „Anciennitäts-Prinzip“, welches dem Älteren in der Nachfolge den Vorrang gegenüber dem Jüngeren gewährte (Fromm, 2017). Der gesellschaftliche Wertewandel hat sich in den letzten 50 bis 100 Jahren grundlegend verändert und erfordert neue Ansätze. Sowohl der technische Fortschritt als auch die Globalisierung haben aus einer Mangel- eine Überflussgesellschaft werden lassen. Diese Veränderungen spielen eine wesentliche Rolle in der heutigen Arbeitswelt. Der Wettbewerb ist härter geworden und eine zukunftsfähige Strategie hat an Bedeutung gewonnen (Hacker & Schönherr, 2007, S. 5-8). Fokussiert man nun die Unternehmen, denen eine Übergabe oder Nachfolgeregelung bevorsteht, stellt man fest, dass der gut ausgebildete Nachwuchs häufiger andere Ziele ausserhalb der eigenen Unternehmung verfolgt, weg vom operativen Geschäft hin zum visionären und zeitgemässen Denken und Handeln (Fromm, 2017). Die Nachfolgeregelung in den heutzutage in beträchtlicher Anzahl existenten familiengeführten KMU ist damit keinesfalls sichergestellt. Nach BFS (2019) sind über 99 % aller Unternehmen in der Schweiz KMU, also laut Definition marktwirtschaftliche Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten, die noch in weitere kleinere Grössenklassen unterteilt werden (siehe Abb. 1). Beachtlich sind hier vor allem die sogenannten Mikrounternehmen mit einer Anzahl von 530’000. Diese MU beschäftigen rund ein Viertel aller Beschäftigten in der Schweiz.

https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/industrie-dienstleistungen/unternehmen-beschaeftigte/wirtschaftsstruktur-unternehmen/kmu.html

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Abb. 1: Marktwirtschaftliche Unternehmen und Beschäftigte nach Grössenklassen (BFS, 2019)

Nach einer aktuellen Studie durch Bisnode D&B (2020) stehen rund 75‘000 Schweizer KMU – dies entspricht einem Anteil von 13.1 % – vor einem Nachfolgeproblem an die nächste Generation. Gemäss Zahlen des BFS (2020) beschäftigen die Aktiengesellschaften, zu denen auch die Wild Wetzikon AG gehört, mit knapp 1.6 Millionen Menschen rund die Hälfte aller in KMU tätigen Personen. In den kommenden 5 Jahren sind rund eine halbe Millionen Beschäftigte von dieser Problematik, wenn auch indirekt, tangiert.

Nimmt man die beachtliche Zahl von 30 % von Unternehmen, bei denen die Nachfolge scheitert, zur Kenntnis, wird der akute Handlungsbedarf deutlich (Bisnode D&B, 2020). Auf die Frage „Woran die Unternehmensnachfolgen scheitern?“ (Erdmann, 2019) werden anhand der praxisorientierten Wegleitung der Credit Suisse (2020, S.4) finanzielle Gesichtspunkte relevant, die für viele Unternehmer eine grosse Rolle bei einer Nachfolgeregelung spielen.

Folgt man der Meinung von Erdmann (2019), so sind insbesondere unterschiedliche Wertvorstellungen von Eigentümer und Nachfolger und daraus schliessend unzureichende finanzielle Mittel ein relevanter Faktor für ein mögliches Scheitern.

Nicht selten werden in diesem Kontext Unternehmenswert und Kaufpreis miteinander verwechselt und das Ziel aus den Augen verloren. Speziell bei mittelständischen Unternehmen, in denen keine familieninterne Nachfolge möglich ist, kann dies zu einer zusätzlichen Herausforderung werden (Vellante, 2017, S.9).

Statistisch betrachtet hängt der Kaufpreis bemerkenswerterweise in erheblichem Mass vom persönlichen Verhältnis von Übergeber und Nachfolger ab. Durchschnittlich erhalten Familienangehörige und Freunde einen Rabatt von 41 % des Marktpreises vom Unternehmen, wobei nur rund ein Drittel aller Übernehmer den vollen Marktpreis oder mehr bezahlen (Andric et al., 2016, S.29).

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Abb. 2: Durchschnittlicher Anteil am Marktpreis pro Übergabetyp (Andric et al., 2016, S.29)

Demzufolge steht die Unternehmensbewertung häufig in enger Verbindung mit der Frage nach der Finanzierung einer Unternehmensnachfolge. In der Schweiz muss man für ein KMU durchschnittlich rund 750’000 CHF bezahlen. In vielen Fällen ist nicht ausreichend Kapital vorhanden, um den kompletten Kaufpreis zu begleichen (NexOwn, n.d.a). Es sind demnach Bankkredite und oftmals Darlehen seitens der Übergeber nötig, die mit einem Risiko in Verbindung stehen und aus Sicht der Kapitalgeber zu einem Scheitern der Nachfolge führen können (Vermögenszentrum, n.d.a). In der Praxis werden fast alle Übernahmen mit Fremdmitteln finanziert, wobei Jungunternehmer es nicht leicht haben, Bankkredite in diesen Dimensionen zu erhalten. Oft werden für eine Tragfähigkeit bis zu 30 % Eigenmittel gefordert. Sie sind deshalb auf zusätzliche alternative Finanzierungsmöglichkeiten angewiesen (Vellante, 2017, S.12). Da normalerweise das gesamte Vermögen bei einem Unternehmenskauf eingesetzt wird, kann dies bei unzureichender Finanzplanung nicht nur für den Nachfolger, sondern auch für den Übergeber beträchtliche Folgen nach sich ziehen (Vermögenszentrum, n.d.a).

1.2 Ausgangslage Wild Wetzikon AG

Das KMU Wild Wetzikon AG, im Folgenden WW genannt, im Zürcher Oberland ist ein Lohnfertigungsunternehmen im Bereich Flach- und Profilschleifen, Flachhonen sowie damit verbundenen Dienstleistungen. Das Unternehmen beschäftigt derzeit 10 Mitarbeiter und entspricht somit gemäss Definition (BFS, 2019) einem Kleinunternehmen. Betrachtet man aber die genauen Anstellungsverhältnisse, so wird hier von einem Mikrounternehmen ausgegangen.

H.E. Wild gründete im Jahr 1969 als Einzelunternehmer die «Wild Manufaktur» und spezialisierte sich dabei auf die steigende Nachfrage nach präzisen Werkstücken in der mechanischen Bearbeitung, dem sogenannten Flach- und Profilschleifen. Im Jahre 1980 folgte die Umwandlung der Rechtsform in eine Aktiengesellschaft, worauf schliesslich der erste Generationenwechsel im Jahr 1998 durch den Sohn T. Wild erfolgreich umgesetzt wurde und dadurch neue Märkte erobert werden konnten.

Intern wird zwischen 2 Geschäftsfeldern unterschieden. Zum einen die Produktion von Rohlingen für die Uhrenindustrie mit einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil in der Art der Herstellung. Zum anderen die Produktion beziehungsweise Bearbeitung von Kundenteilen im Bereich Flach- und Profilschleifen. Die WW feierte 2019 ihr 50-jähriges Jubiläum und konnte sich bis anhin mit langjähriger Erfahrung und Know-how im Schleifen durchsetzen. Stets davon geleitet bestmögliche Qualität zu liefern und die Kundenbedürfnisse hundertprozentig zu erfüllen, war es nie im Sinne der Familie Wild, einen Grossbetrieb anzustreben. Vielmehr war und ist man davon getrieben einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen, indem man beispielsweise innovative technologische Möglichkeiten auskundschaftet und initiiert oder auch bei diversen Hochschulprojekten mitwirkt.

Dem alleinigen Inhaber T. Wild steht nun im Alter von 61 Jahren eine Pensionierung bevor. Nach zweimaligem Scheitern einer weiteren Unternehmensnachfolge – familienextern, aufgrund fehlender Nachkommen – wurde die Produktion bis zum Eintritt des Nachfolgers (Verfasser der Arbeit) als leitender Geschäftsführer im Jahr 2016 von einmal 13 Mitarbeitern auf lediglich 5 Mitarbeiter heruntergefahren. Zwischenzeitlich konnte jedoch wieder ein Wachstum generiert, Mitarbeiter eingestellt und das Know-how des Nachfolgers aufgebaut und gefestigt werden. Die berufliche Karriere des Nachfolgers begann in einem deutschen Grossbetrieb mit über 7’000 Mitarbeitern, ging über ein Schweizer KMU mit 150 Beschäftigten mit Führungserfahrung und erreichte schliesslich das MU im dritten Anlauf einer Unternehmensnachfolge. Erfahrungen im technischen und kaufmännischen Bereich sowie das Leiten der WW seit über 4 Jahren bilden die Grundlage für die bevorstehende Übergabe und den Fortbestand des Unternehmens. Die Finanzkraft des Nachfolgers ist mit seinem Alter von 32 Jahren und Familie mit 2 Kindern mässig. Das Verhältnis von Übergeber und Nachfolger kann man als freundschaftlich, beinahe familiär bezeichnen. Nach der abgeschlossenen Einarbeitungs- und Kennenlernphase steht das Unternehmen im Nachfolgeprozess nun einer unmittelbaren Übergabe bevor.

1.3 Relevanz

Allgemein

Der komplexe Nachfolgeprozess birgt durch die Menge an Interessensgruppen grosses Konfliktpotenzial. Fehlende oder unzureichende Planung rund um die Nachfolge in Kombination mit Kommunikationsschwierigkeiten und mangelnder Erfahrung erschweren den Prozess zusätzlich (Sigg et al., 2013, S.29). Die Bedeutung von Familienunternehmen im Kontext mit der Unternehmensnachfolge ist aus wirtschaftlicher Sicht enorm und bedarf eines strukturierten Vorgehens, um die Komplexität und Dynamik der Herausforderung meistern zu können (Halter & Schröder, 2017, S. 17). Um im Rahmen der Finanzierung eines Unternehmenskaufs einen realistischen Kaufpreis ermitteln zu können, orientieren sich die Beteiligten üblicherweise an einer zuvor durchgeführten Unternehmensbewertung. Oftmals weichen jedoch Wunsch und Realität weit voneinander ab. Der Wunsch, den eigenen Lebensunterhalt zu optimieren, steht bei Übergebern zumeist an vorderer Stelle, hingegen für die Nachfolger ein möglichst günstiger Preis, um Spielraum für notwendige Investitionen oder strukturelle Änderungen zu behalten. Also kann der richtige „Wert“ lediglich ein Kompromiss sein. Die Relevanz einer systematischen und transparenten Unternehmensbewertung ist demnach hoch, damit sie verlässliche Kriterien und plausible Argumente für die Beteiligten liefert. Sie ist zudem wenig hilfreich, wenn ein daraus abgeleiteter Kaufpreis nicht finanzierbar ist (Felden & Peyerl, n.d.). Die Herausforderung besteht dabei in der Wahl einer geeigneten Methode in Bezug auf das zu bewertende Unternehmen unter Einbezug preisrelevanter Indikatoren. Sie entspricht jedoch nicht dem Verkaufspreis, sondern bildet die Ausgangslage für den Verkauf (Oetiker, n.d.). Ein realistischer Kaufpreis berücksichtigt, dass die Finanzierung mittels ausschüttungsfähiger Erträge in einem angemessenen Zeitraum gedeckt werden kann (Felden & Peyerl, n.d.). Eine frühzeitige Finanzplanung – gerade bei Mikrounternehmen, die häufig stark an den Eigentümer gebunden und miteinander verflochten sind – kann helfen, die Finanzierung eines Unternehmenskaufs tragfähig zu gestalten und die Bedürfnisse von Übergeber und Nachfolger zu decken (NexOwn, n.d.b).

Spezifisch

Durch vorab unternehmensintern geführte Gespräche mit dem Inhaber und einem ersten gemeinsamen Beratungsgespräch mit Experten für KMU-Nachfolge durch die Hausbank des Unternehmens stehen für die WW die Bereiche Unternehmensbewertung, generierter Mehrwert durch den Nachfolger und Finanzierung im Fokus. Aus Sicht beider Parteien, Übergeber und Nachfolger, sind diverse Fragen zu diesen Bereichen aufgekommen, die generell in eine Richtung zeigten: Was ist das Unternehmen wert, mit welchem Anteil können eingebrachte Leistungen berücksichtigt werden und wie kann es letztlich finanziert werden? Eine Erkenntnis aus den ersten Recherchen der einschlägigen Fachliteratur der Unternehmensnachfolge wie beispielsweise des St. Galler Nachfolge-Modells (Halter & Schröder, 2017) oder der Unternehmensnachfolge von Dürr & Lardi (2014) sowie diversen Fachartikeln verschiedener Experten oder Beraterfirmen wie der Unternehmensnachfolge der CS (2020) hat ergeben, dass genau die vorher erwähnten Themengebiete des Unternehmenswerts mit ihren verschiedenen Berechnungsmethoden, der Finanzierung des Kaufpreises sowie dem Vertrauen auf den Nachfolger unter anderem häufig mit die grössten Schwierigkeiten innerhalb der Nachfolge von KMU darstellen.

Folglich ist die Relevanz zur Forschungsfrage in diesen Themengebieten abgebildet und muss einer intensiven Untersuchung vollzogen werden.

1.4 Ziel der Arbeit und Forschungsfrage

Mit der Arbeit werden Handlungsempfehlungen ausgestaltet, die für die erfolgreiche Unternehmensnachfolge des Fallstudienunternehmens kritischen Erfolgsfaktoren der Unternehmensbewertung und -finanzierung aus Sicht der theoretischen Ansätze sowie von Verkäufer und potenziellem Käufer erarbeitet und bewertet. Zusammenfassend ergibt sich daraus folgende Fragestellung:

Wie kann unter Berücksichtigung eingebrachter Leistungen des Nachfolgers die Unternehmensbewertung gestaltet werden, um eine tragfähige Finanzierung bei der Unternehmensnachfolge der Wild Wetzikon AG umsetzen zu können?

1.5 Abgrenzungen

Der Verfasser fokussiert sich infolgedessen auf die für ihn und den Übergeber relevanten kritischen Erfolgsfaktoren der Unternehmensbewertung sowie -finanzierung und beschränkt sich dabei auf Schweizer Mikrounternehmen. Die Erfassung der wichtigsten Determinanten für das Fallstudienunternehmen, welche methodisch explorativ in einem Mischverhältnis von (Experten-)Interviews und interner Datenanalyse ausgearbeitet werden sollen, folgt im Literaturteil, um die Forschungsfrage beantworten zu können und Handlungsempfehlungen abzuleiten.

Auf andere, für die Unternehmensnachfolge, relevante Themen wird in dieser Arbeit nicht explizit eingegangen.

1.6 Aufbau der Arbeit

Die Masterarbeit umfasst 6 Kapitel, auf die im Folgenden kurz eingegangen wird:

Kapitel 1 – Einführung: Beginnend wird auf das Phänomen der Unternehmensbewertung und -finanzierung innerhalb der Unternehmensnachfolgeregelung eingegangen. Nachfolgend wird ein kompakter geschichtlicher und situativer Überblick über die WW erarbeitet, um Unklarheiten zu vermeiden. Demnach wird die Aktualität der Thematik für die WW erörtert und das Ziel der Arbeit in Form einer Forschungsfrage abgeleitet, welche weiteren Abgrenzungen unterzogen wird und mittels Fallstudie bearbeitet werden soll. Abschliessend wird ein Ausblick auf die bevorstehenden Kapitel gegeben.

Kapitel 2 – Theorie: Einleitend folgt eine Darstellung der Fall-IST-Situation des Unternehmens, die als Grundlage zur Klärung der Begrifflichkeiten der vom Verfasser formulierten Forschungsfrage notwendig ist. Anhand der aktuellen Fachliteratur werden die Themengebiete mit Fokus auf Unternehmensanalyse, Unternehmensbewertung mit Berücksichtigung eingebrachter Leistungen und Finanzierung analysiert und zusätzlich Annahmen aufgestellt.

Kapitel 3 – Methodik: Im empirischen Teil werden das Forschungsdesign und die methodische Vorgehensweise anhand der empirischen Sozialforschung beschrieben. Aus den theoretischen Ansätzen und aufgestellten Annahmen werden Interviewleitfragen generiert, welche als Basis für die Experteninterviews fungieren. Zusätzlich wird die Auswahl der Experten, deren Eigenschaften und warum diese ausgewählt werden, beschrieben. Es schliesst sich die Erfassung von Zahlen und Fakten zum Fallstudienunternehmen an. Schliesslich folgt die spezifische Beschreibung der Datenerhebung und -auswertung.

Kapitel 4 – Resultate: Die erfassten Daten können nun in einem ersten Schritt strukturiert und in logische Zusammenhänge gebracht werden. Nach der Auswertung werden die wichtigsten Schlüsse aus den Daten und Kernaussagen gezogen und eine Diskussion eingeleitet.

Kapitel 5 – Diskussion: Anfangs erfolgt die Zusammenführung der Ergebnisse der Empirie und der theoretischen Ansätzen mittels einer Rückkopplung. Die aus den Theorieansätzen definierten Annahmen werden mit den Resultaten verglichen und auf Abweichungen sowie notwendige Anpassungen überprüft, um die ausgehende Forschungsfrage zu beantworten.

Kapitel 6 – Konklusion: Auf Grundlage der vorherigen Kapitel werden Implikationen für die Praxis ausgearbeitet. Zu diesem Zweck werden die wichtigsten Erkenntnisse reflektiert und in spezifische Handlungsempfehlungen umgewandelt. Diese sollen der WW dienen, die bevorstehende Nachfolgeregelung erfolgreich zu gestalten. Abschliessend wird ein Fazit gezogen und mögliche Schritte werden aufgezeigt.

In der folgenden Abbildung wird der mögliche Aufbau der vorliegenden Arbeit visualisiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Aufbau der Arbeit, eigene Darstellung in Anlehnung an (Neusser, 2019)

2 Theorie

„Ich bin davon überzeugt, dass reines Durchhaltevermögen schon die Hälfte von dem ausmacht, was erfolgreiche und nicht erfolgreiche Entrepreneure voneinander unterscheidet." (Agitano, n.d.)

Steve Jobs (1955-2011, Co-Gründer von Apple)

Einleitend zur Erarbeitung theoretischer Ansätze ist das vorgängige Zitat, wie der Verfasser findet, äusserst passend in Bezug auf das tägliche Geschäft und die in der vorliegenden Arbeit thematisierte Unternehmensnachfolge, was durch Halter & Schröder (2017, S.157) bestätigt wird. Die Unternehmensnachfolge ist vielschichtig und hat bei der WW signifikant an Bedeutung gewonnen, da für eine Übergabe genügend Zeit eingeplant werden sollte und der Nachfolger mittlerweile 4 Jahre Erfahrung als Geschäftsführer im Unternehmen sammeln konnte. Halter & Schröder (2017, S.17) sehen in der Entwicklung einer Nachfolgestrategie den zentralen Mittelpunkt für eine erfolgreiche Unternehmensübergabe. Wichtig ist demzufolge der Informationsaustausch aller tangierten Gruppen (Dürr & Lardi, 2014, S.3).

2.1 Unternehmensanalyse Nachfolgeprozess

Die klassische Unternehmensanalyse dient der strategischen Planung von Unternehmenszielen, indem Stärken und Schwächen sowie Entwicklungen und die gegenwärtige Situation des Unternehmens einbezogen werden. Demzufolge sollten alle relevanten Bereiche wie beispielsweise Ressourcen, Konkurrenz, Unternehmenspolitik und -kultur durchleuchtet werden (Thommen & Achleitner, 2009, S.1004). Dieser Ansatz ist insbesondere für MU eine grosse Herausforderung und meist schwer umsetzbar. Berens et al. (2019, S.811ff) schliesst dies auf mangelnde Datenpflege oder -ausarbeitung zurück, die im KMU-Umfeld oft keine oder niedrige Priorität haben oder keiner Zuständigkeit obliegen. Das St. Galler Nachfolge-Modell von Halter & Schröder (2017, S.74-78) unterscheidet im Nachfolgeprozess zwischen normativer, strategischer und operativer Ebene. Auf der normativen Ebene werden die Werte, Prinzipien und die Unternehmenskultur untersucht, Fragen gestellt und auf die individuellen Bedürfnisse von Übergeber und Nachfolger eingegangen. Die strategische Ebene bezieht sich auf die Eigentümer- und Unternehmensstrategie, indem die Zweckmässigkeit der Nachfolgeregelung betrachtet wird und Ziele mit den Anspruchsgruppen definiert werden. Zuletzt geht es in der operativen Ebene um die Umsetzung der Unternehmensnachfolge. Hierfür werden die definierten Ziele in rechtsverbindliche Lösungen übertragen. Halter & Schröder (2017) stellen über den gesamten Nachfolgeprozess zu sämtlichen Bereichen immer wieder Fragen auf, die sich Übergeber und Nachfolger im jeweiligen Prozess zur gegebenen Situation stellen sollten. Diese Leitfragen bieten eine gute Möglichkeit, die Interessen des Übergebers abzufragen und im Gegenzug eine Selbstreflexion durch den Nachfolger durchzuführen. Entlang des St. Galler-Nachfolgemodells werden die Ebenen der WW analysiert.

2.1.1 Das Fallstudienunternehmen

Die Wild Wetzikon AG ist ein kleines Familienunternehmen und befindet sich seit seiner Gründung in Wetzikon im Zürcher Oberland und ist in vollem Besitz der zweiten Generation durch T. Wild. Durch das 51-jährige Bestehen im Nischensegment Flach- und Profilschleifen geniesst das Unternehmen hohes Ansehen und steht für qualitativ hochwertige Dienstleistungen. Zu erwähnen ist, dass die Schleiftechnologie in vielen und vor allem unterschiedlichen Branchen ihre Daseinsberechtigung hat und daher äusserst vielfältig sein kann. Die WW versucht den Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden, indem individuelle Lösungsansätze ausgearbeitet werden (Wild Wetzikon AG, 2021a). Das Unternehmen verfolgt seit 2020 die auf KMU zugeschnittene EKS-Strategie und möchte damit langfristig ein gesundes und nachhaltiges Wachstum erzielen (Wild Wetzikon AG, 2020, S.11-12). Der Nachfolger hat mit seinen 32 Jahren auf seinen beruflichen Stationen bereits wertvolle Erfahrungen sammeln können. Die entwickelten Fähigkeiten decken einen Grossteil der nötigen Kompetenzen für ein Unternehmen dieses Zuschnitts. Es liegt indes auf der Hand, dass der potenzielle Nachfolger nicht ausreichend finanzielle Mittel mitbringt oder aufgebaut hat, um das Unternehmen zu erwerben. Es muss also eine Lösung gefunden werden, um den Transaktionsprozess tragfähig gestalten zu können. Dahingehend müssen alle Determinanten genauestens analysiert werden (Halter & Schröder, 2017, S.186-188).

2.1.2 Unternehmensstruktur

Die Unternehmensstruktur spiegelt den Aufbau und die Hierarchie inklusive der Zuständigkeiten von Mitarbeitenden eines Unternehmens wider (Liebler Unternehmensberatung, n.d.). Die personelle Situation, nachfolgend dargestellt, veranschaulicht sowohl die Wichtigkeit als auch die entstehende Abhängigkeit des Unternehmers und/oder Geschäftsführers speziell in einem MU (Wild Wetzikon AG, 2021b). So beschreiben Hacker & Schönherr (2007, S.41ff) die typische Charakteristik, dass der Chef nicht nur als Vorgesetzter, sondern auch als Mitarbeiter gesehen wird und dabei sämtliche Rollen und Funktionen einnimmt, wie sich auch im Fall der WW der folgenden Darstellung entnehmen lässt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Gesamthaftes Organigramm der WW (Wild Wetzikon AG, 2021b)

Das durchschnittliche Alter der Mitarbeiter auf Produktionsebene ist mit 38 Jahren niedrig und spricht für eine aussichtsreiche Zukunft, sofern die Mitarbeiter dem Betrieb erhalten bleiben. Das gesamte Team harmonisiert und unterstützt sich, wodurch die Leistungsbereitschaft jedes Einzelnen gesteigert wird. Der Handlungsbedarf auf Eigentümerseite in Bezug auf das Alter des Inhabers T. Wild (61) und seiner Lebensgefährtin I. Jehle (60) wird allerdings akut und liegt im Interesse aller Beteiligten (Wild Wetzikon AG, 2021b).

2.1.3 Unternehmenspolitik

Hinter diesem Begriff steht die Formulierung und Durchsetzung von Entscheidungen, die das Verhalten des Unternehmens gegen Innen und Aussen auf lange Frist prägen (Thommen & Achleitner, 2009, S.993). Die finanzielle Ausgangslage sowie das zukünftige Vorgehen bei einer Nachfolgeregelung müssen sowohl bei der Bewertung als auch der Due Diligence (sorgfältige Prüfung jeglicher Unternehmensbereiche innerhalb der Unternehmensnachfolge) und Finanzierung untersucht werden (Berens et al., 2019). Eine besondere Eigenschaft der WW ist die Innenfinanzierung des Unternehmens. Fremdkapital liegt weder in Form von Krediten noch Leasings in irgendeinem Bereich vor. Zu erwähnen ist ferner, dass der Maschinenpark hochwertig und zum grössten Teil abgeschrieben ist. Dieses Vorgehen sicherte auch in Krisenzeiten das Bestehen sowie die daran angebundenen Arbeitsplätze. Dennoch besteht keine Inventarliste mit dem Wert sämtlicher Betriebsmittel/Anlagevermögen. Ein weiterer Aspekt, den die Unternehmerfamilie bis heute pflegt, ist das «Wir-Gefühl» innerhalb der Belegschaft. Es war nie im Sinne der Inhaber einen Grossbetrieb zu schaffen, sondern ein harmonisches, überschaubares und motiviertes Team zu führen, dass dafür überdurchschnittlich entlohnt wird (Wild Wetzikon AG, 2021b).

2.1.4 Produkte, Markt und Wettbewerb

Der Hauptabsatzmarkt für die angebotenen Dienstleistungen sind die Schweiz sowie Deutschland – es verteilt sich auf die beiden strategischen Geschäftsfelder Uhrenindustrie und restliche Industrien. Im SGF der Uhrenindustrie zeichnet sich die WW durch ein Alleinstellungsmerkmal in der Art der Produktion von sogenannten «Barquettes» oder «Plaques» (Bezeichnung für Rohlinge, aus denen verschiedene Bauteile für Uhrwerke hergestellt werden) aus. Über Jahre wurde ein Know-how aufgebaut, welches die Qualität dieser Rohlinge von der Rohmaterialbeschaffung über den Prozess der thermischen Behandlung und Weiterverarbeitung bis zum Endprodukt entscheidend verbessert. Dieses Know-how gilt es zu wahren, auszubauen sowie noch weiter in die Tiefe zu differenzieren. Vorteilhaft in diesem Segment ist sicherlich das «swiss made»-Label der Schweizer Uhrenindustrie. Der kontinuierliche Austausch mit den Kunden sowie das Mitwirken bei einem Gremium mit namhaftesten Uhrenherstellern bestätigen die Einzigartigkeit in der Herstellung von Uhrenrohlingen. Weil es jedoch kein eigenes Produkt gibt, steht man der täglichen Herausforderung gegenüber, einwandfreie Qualität zu gewährleisten und somit Kunden zu halten sowie neue Kunden für sich zu gewinnen. Höchste Kundenorientierung im Sinne von Reaktions- und Lieferzeiten, Liefermengen und allgemeiner Flexibilität sind dabei unabdingbare Stärken (Wild Wetzikon AG, 2020, S.6-8).

2.1.5 Eingebrachte Leistungen des Nachfolgers

Mit dem Eintritt des Nachfolgers im Jahr 2016 konnten bereits einige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge geschaffen werden, die folgend aufgelistet werden:

- Zu Beginn wurde eine neue «Corporate Identity» eingeführt, um ein neues, frisches und einheitliches Bild intern sowie nach aussen zu präsentieren.
- In einem weiteren Anlauf folgten die ISO-Zertifizierungen 9001 (Qualitätsmanagement), um den heutigen Anforderungen gerecht zu werden, und 14001 (Umweltmanagement), um die Nachhaltigkeit des Unternehmens und das Umweltbewusstsein zu fördern.
- Der digitale Auftritt wurde mithilfe einer neuen Website überarbeitet und durch Mehrsprachigkeit zugleich den Anforderungen des Kundenstamms angepasst.
- Die betrieblichen Unterhaltsaufwendungen konnten durch die technischen Kenntnisse erheblich reduziert werden.
- Im Rahmen einer Semesterarbeit des Verfassers wurde die EKS-Strategie (Engpass-Konzentrierte-Strategie) für das Unternehmen WW erarbeitet, durch die ein stetiges und gesundes Wachstum generiert werden kann.
- Nicht zuletzt spiegeln personelle Aufstockungen wider, dass neue Projekte und produktionstechnische Innovationen grosse Verbesserungen mit sich brachten und somit Wachstum generierten.

2.1.6 Kritische Würdigung

Die Analyse ergibt einen präziseren Überblick über die WW, weist gleichwohl Schwachstellen auf. Sie stützt sich auf die subjektive Einschätzung des Nachfolgers zum aktuellen Zeitpunkt, spiegelt aber nicht die Interessen des Übergebers, seine Wünsche und Vorstellungen wider. Den Nachfolgeprozess betrachtend, ist es für den Verfasser ebenso wichtig zu wissen, wie der zeitliche Horizont zu gestalten ist und welche Bedingungen dafür gegeben sein sollten. Die Analyse soll letztlich ebenfalls die Meinung des Übergebers einbeziehen und mögliche Hürden aufdecken, um diese im Rahmen der Unternehmensbewertung und -finanzierung bewältigen zu können.

2.2 Unternehmensbewertung

Die Unternehmensbewertung wird als eine Methodik zur Ermittlung des Preises eines ganzheitlichen Unternehmens oder Unternehmensteilen verstanden (Gleissner, 2019). Die Berücksichtigung zukünftiger Erfolgspotenziale des Unternehmens und die darauf einwirkenden Einflüsse sind aussagekräftige Aspekte und für die Unternehmensbewertung essenziell (Peemöller, 2015, S.3). In der Praxis beschreibt Klein (2019, S.47) jedoch, dass sich der Wert mit finanzmathematischen Methoden kaum feststellen lässt, sondern eher das Herausfinden von Preislimits im Vordergrund stehen sollte. Die Aktualität der Unternehmensbewertung ergibt sich aus den vorab geführten Gesprächen mit dem Eigentümer. Sie bildet das Rückgrat für die Kaufpreisfindung und wird in der Praxis im Rahmen von FBO und MBO in Kleinunternehmen häufig unstrukturiert angegangen (Halter & Schröder, 2017, S.186).

2.2.1 Grundlagen

Wenn die Rede von Unternehmensbewertungen ist, tauchen immer wieder die Begriffe „Wert“ und „Preis“ auf. Unter dem Begriff „Preis“ ist das Entgelt zu verstehen, welches für ein Objekt wie beispielsweise ein Unternehmen für eine Eigentumsübertragung zu bezahlen ist. Der Begriff „Wert“ hingegen ist deutlich komplexer und definiert sich über subjektive Einschätzungen, die von Erwartungen und der IST-Situation geprägt sind. Dies lässt konkludieren, dass erhebliche Unterschiede zwischen dem berechneten/erwarteten Unternehmenswert, dem „effektiven Wert“ und dem letztlich bezahlten Preis bestehen können (Mücher, 2011).

Des Weiteren müssen die verschiedenen Werttheorien aufgefasst werden. So beschreiben Jansen (2016, S.317ff) und Peemöller (2015, S.4ff) die objektiven, subjektiven und funktionalen Werttheorien in vergleichbarer Weise. Demnach ist die objektive Herangehensweise losgelöst von Personen, betont stark die Verhältnisse zwischen Gegenwart sowie Vergangenheit und führt oft zu Meinungsverschiedenheiten. Da die Interessen von Inhaber und Nachfolger nicht berücksichtigt werden, kann keine Verhandlungsbasis entstehen – dies bedeutet für die WW ein K.O.-Kriterium. Auf subjektiver Basis wird der Nutzen betrachtet, die Güter erhalten demzufolge einen Gebrauchswert, der aus Sicht der Betrachter einen unterschiedlichen oder emotionalen Wert haben kann. Es wird also bei der Bewertung nicht das investierte Kapital berücksichtigt, sondern der Nutzen, der durch die Übernahme für den Nachfolger entsteht.

So kritisiert Peemöller (2015, S.7) den unfairen Interessenausgleich von Übergeber und Nachfolger. Auf der Suche nach einer erfolgsorientierten Lösung für die WW bietet die funktionale Werttheorie eine Möglichkeit, die an den Gegensätzen von objektiver und subjektiver Werttheorie anknüpft und versucht die Vorteile zusammenzuführen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Der «Wert» und «Preis» eines Unternehmens, eigene Darstellung in Anlehnung an (Mücher, 2011)

Die Abbildung veranschaulicht, dass sich der Preis der WW in Hinblick auf die Unternehmensbewertung unter Berücksichtigung der Interessen von Inhaber und Nachfolger ableiten lässt, indem eine Einigung innerhalb des Verhandlungsspielraums erfolgt.

Zwei Bedingungen sollten die Bewertung laut Jansen (2016, S.329) erfüllen:

- Ein methodisch korrekt angewendetes Bewertungsverfahren mit absoluter Nachvollziehbarkeit sämtlicher Berechnungen.
- Getroffene Annahmen müssen begründet und jegliche Kriterien bekannt sein.
- usätzliche Faktoren wie beispielsweise die Liquidität, Investitionsvolumina, Wertschöpfung oder etwaige Risikofaktoren wie Maschinenausfälle, Kundenabgänge oder krankheitsbedingte Ausfälle können eine nicht unwesentliche Rolle bei der Bewertung spielen (Klein, 2019, S.48). Vor einer Bewertung wird in der Regel der Zweck bestimmt, damit beigezogene Berater oder Experten die Wertkonzeption festlegen können, die sich nach Mücher (2011) wie folgt gliedert:
- Arbitriumwert: Das Ziel der Bewertung ist ein objektiver und fairer Wert für Übergeber und Nachfolger.
- Entscheidungswert: Er verfolgt jeweils die Interessen einer Partei und soll die Grenzen für einen Kauf oder Verkauf ermitteln.
- Argumentationswert: Der Wert dient als Grundlage bei Verhandlungen und stützt die jeweils eigene Position.

Eine Unternehmensbewertung berücksichtigt zumeist die Jahresabschlüsse der letzten 3 bis 5 Jahre. Die Abschlüsse sind jedoch oft steuerlich optimiert und eignen sich deshalb nur bedingt als Basis für die Bewertung. Im Fokus der Bewertung müssen sämtliche Finanzkennzahlen aus der Bilanz- und Erfolgsrechnung analysiert und für die ausgewählte Berechnungsmethode ausgewertet werden. Um die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu beurteilen, werden die Buchwerte der Bilanz durch realistische Werte ersetzt, was die stillen Reserven und damit die latenten Steuern darauf sichtbar macht. Sie liefert zudem Informationen zu Ertragserwartungen und kann in diesem Aufwand gleich bereinigt werden, sofern dies notwendig ist (Mücher, 2011). Während einer DD, erwähnt Berens et al. (2019, S.102-103), wird der Wert in den meisten Fällen mehrmals korrigiert.

2.2.2 Besonderheiten bei MU

Bevor eine Unternehmensbewertung durchgeführt werden kann, bedarf es einer Unternehmensanalyse, um ein klares Verständnis über das Unternehmen zu erlangen. Bei MU muss dafür oftmals ein enormer Aufwand betrieben werden, um für entsprechende Bewertungsmethoden eine realistische Risikoeinschätzung zu erhalten (Richter & Timmreck, 2004, S.198). Die Unternehmensbewertung bei MU ist durch verschiedene Charakteristika geprägt. Oftmals ist der Informationsfluss dürftig und Unternehmensunterlagen wie Jahresabschlüsse, Planungen oder Dokumentationen sind unzureichend vorhanden, was den Prozess einer Unternehmensbewertung erheblich erschweren kann (Peemöller, 2015). Weitere Eigenschaften bestehen in der Führung der Betriebs- und Finanzbuchhaltung nach Obligationenrecht, welches die Bildung von stillen Reserven erlaubt (Dürr & Lardi, 2014, S.215).

Je kleiner das Unternehmen, desto grösser ist die besonders enge Verbundenheit des Eigentümers mit dem Unternehmen. Dies bezieht sich auf die Vermögensstruktur, Finanzierung sowie die oft nur eingeschränkt übertragbare Ertragskraft und bedeutet, dass MU meist eigenfinanziert sind und die Trennung von privatem und betrieblichem Vermögen sowie die Beachtung möglicher stiller Reserven ein spezifisch zu betrachtendes Konstrukt für die Unternehmensbewertung bilden. Im Umkehrschluss sind solche Unternehmensbewertungen gegenüber kotierten Unternehmen häufig anspruchsvoller. Ein weiterer Aspekt ist das Verhältnis von Übergeber und Nachfolger, welches erfahrungsgemäss für den Nachfolger einen positiven Einfluss auf die Bewertung haben kann (Hüttche & Meier-Mazzucato, 2018, S.11-12).

Bei kleinen Unternehmen werden zur Erlangung eines ersten Eindrucks zu Beginn oft einfache Bewertungen mittels Multiplikatorenverfahren durchgeführt. Bei genaueren Analysen und weiteren Datenauswertungen finden in der Praxis dann fundiertere Methoden ihre Anwendung. Über den Bewertungsprozess hinaus werden letztlich die verschiedenen angewandten Methoden zur Plausibilisierung verglichen und können mittels «Football Field Graph» veranschaulicht werden (Berens et al., 2019, S.806-807).

https://www.wallstreetmojo.com/investment-banking-charts-pe-charts-pe-band-chart-football-field-scenario-graphs/

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Abb. 6: Übersicht der angewandten Methoden mittels «Football Field Graph» (Vaidya, n.d.)

Die Darstellung der Ergebnisse aus den verschiedenen Bewertungsmethoden bietet eine gute Möglichkeit, um einen visuellen Überblick der Wertspanne der einzelnen Ansätze zu erhalten. Die Überschneidungen der Bereiche auf dem Spielfeld können den Verhandlungsspielraum darstellen und als Hilfestellung bei der Bestimmung des Kaufpreises dienen (Berens et al., 2019, S.806-807).

2.2.3 Relevante Bewertungsmethoden

Die Wissenschaft bietet eine grosse Anzahl an Methoden zur Ermittlung des Unternehmenswerts, die grundsätzlich alle zu unterschiedlichen Resultaten führen. Demzufolge sollte die Wahl gut überlegt sein, um den Interessen der Beteiligten gerecht zu werden (Vermögenszentrum, 2021). Infolge des Nachfolgeprozesses zur Akquisition geht es vordergründig um die Ermittlung eines fairen Werts, der aus Sicht des Nachfolgers möglichst niedrig und aus Sicht des Inhabers möglichst hoch liegen sollte (Peemöller, 2015, S.55). Während der Wahl einer Bewertungsmethode müssen eine Kategorisierung und Unterscheidung durchgeführt werden, wonach es bei Jansen (2016, S.326) kein «richtig» oder «falsch» gibt, sondern vielmehr die Eignung der Methode im Vordergrund steht. Interessant ist die Aussage von Hüttche & Meier-Mazzucato (2018, S.11), dass keine besonderen Bewertungsmethoden für KMU vorliegen, sondern die Besonderheiten der KMU zu berücksichtigen sind. Jansen (2016, S.326) unterscheidet zwischen absoluten und relativen Methoden. Die absoluten spezialisieren sich auf das Unternehmen und werden auch als intrinsische oder direkte Verfahren definiert. Hierzu zählen

- Einzelbewertungsverfahren (Substanzwert, Liquidationswert),
- Mischverfahren (Mittelwert, Praktiker),
- Gesamtwertbewertungsverfahren (Ertragswert auf Gewinnbasis, Discounted-Cash-Flow auf Cashflow Basis).

Für die relativen Methoden werden hingegen

- Vergleichsverfahren (Multiplikatoren, Erfahrungssätze) angewandt, die sich auf Transaktionspreise von vergleichbaren Unternehmen innerhalb einer Branche beziehen.

Speziell für KMU lassen sich aber nur schwer Daten ermitteln, weshalb eine zukunftsorientierte Bewertung wie die DCF oder Ertragswertmethode häufig präferiert wird. Wenn allerdings branchentypische Multiplikatoren anhand von Erfahrungswerten vorhanden sind, kann es für Mikrounternehmen eine einfache und schnelle Möglichkeit für eine Bewertung bieten, insbesondere wenn keine planbaren Aussichten dargestellt werden können (Hüttche & Meier-Mazzucato, 2018). Nach all den Vor- und Nachteilen jeglicher Methoden gelangt Klein (2019) zu dem Ergebnis, dass mit keinem der vorhandenen Werkzeuge ein absolut genauer Preis zu bestimmen ist und sich besonders für kleine Unternehmen letztlich die Frage stellt, welche Methode mit geringem Aufwand ein annähernd zuverlässiges Ergebnis für eine Kaufpreisermittlung liefert.

Während Hüttche & Meier-Mazzucato (2018) gerade zukunftsorientierte Bewertungen wie die DCF oder das Ertragswertverfahren bei KMU als zeitgemäss empfinden, ist Klein (2019) zum Teil gegensätzlicher Ansicht und zieht insbesondere Verfahren in Betracht, die möglichst simpel anwend- und umsetzbar sind.

Für die Meinung von Klein (2019) spricht, dass in MU in der Regel keine Daten für aufwendige Zukunftsplanungen vorhanden sind und auch die Aufwendungen für teure Berechnungen nicht zielführend und nachhaltig sind. Dessen ungeachtet sind beide Thesen dahingehend kongruent, dass mittels Ertragswertverfahren eine Möglichkeit besteht, den Aufwand bei gleichzeitig hohem Nutzen überschaubar zu halten. Der Verfasser entscheidet sich infolgedessen, die anschliessenden Verfahren genauer zu überprüfen und verschiedene Berechnungsansätze für das Fallstudienunternehmen abzuleiten.

Das Vorgehen für die Unternehmensbewertung kann gemäss Richter & Timmreck (2004, S.198) nach folgendem Schema durchgeführt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Vorgehensweise Unternehmensbewertung MU, eigene Darstellung in Anlehnung an (Richter & Timmreck, 2004, S.198)

2.2.3.1 Substanzwertmethode

Die Substanzwertmethode ist ein schnelles sowie einfaches Verfahren und spiegelt den betriebswirtschaftlichen Fortführungswert des Unternehmens wider. Sie liegt einem Reproduktionswert des Unternehmens zugrunde und entspricht damit dem Wiederbeschaffungswert der Vermögensgegenstände zum aktuellen Zeitwert. Diese Methode berücksichtigt indes keine zukünftigen Erträge und sollte nie als alleinige und ausschlaggebende Grösse bei einer Bewertung gelten. Dennoch bildet sie für einige weitere Bewertungsmethoden eine Grundlage oder erste Einschätzungen (Mücher, 2011). Die Formel zur Berechnung gestaltet sich dementsprechend simpel:

Eigenkapital laut Bilanz (Aktienkapital + Reserven + Gewinnvortrag + aktueller Gewinn) + stille Reserven (Warenlager + Maschinen + Rückstellungen) – nicht verbuchte Schulden = Substanzwert

Zur Ermittlung des Substanzwerts muss die offizielle Bilanz um die stillen Reserven bereinigt werden. Demnach werden Bewertungsdifferenzen zwischen Buch- und Marktwerkt – wie im Fall der WW beispielsweise Warenlager, Maschinen oder Rückstellungen – zum Eigenkapital addiert. Mit der Entwicklung der Kapitalmärkte hat das substanzwertorientierte Verfahren zur Wertermittlung stetig abgenommen, gerade weil die künftige Ertragskraft ausgeblendet wird. Dennoch findet der Substanzwert zur Bestimmung einer Preisuntergrenze Anklang (Vermögenszentrum, 2021).

2.2.3.2 Ertragswertmethode

Die Ertragswertmethode ist eine für die Unternehmensbewertung anerkannte Methode und nach Hüttche & Meier-Mazzucato (2018) rechnerisch mit der DCF-Methode vergleichbar. Allerdings wird der Cashflow nicht aus dem EBIT, sondern dem Gewinn gebildet und entspricht damit dem Wert des Eigenkapitals. Bei gleichen Bewertungsannahmen sollten beide Methoden zum gleichen Ergebnis führen, was in der Praxis jedoch nur selten eintritt. Grund dafür sind laut Caumanns et al. (2018) unterschiedliche Annahmen hinsichtlich der Risikoeinschätzung, der Kapitalstruktur und weiterer Plandaten.

Die Ertragswertmethode basiert auf zukünftig zu erwartenden Überschüssen/Gewinne. Die Herausforderung besteht darin, genau diese sorgfältig zu planen, um sie letztlich realisieren zu können. Als Grundlage dienen die erzielten Ergebnisse der vergangenen Jahre. Damit lässt sich bestimmen, ob die künftigen Erträge dem Käufer ausreichen, um seine Investition zu amortisieren. Ausserordentliche Erträge oder Investitionen müssen berücksichtigt werden und die Resultate zum Bewertungszeitpunkt abgezinst werden. Zu diesem Zweck werden Kapitalisierungszinssätze verwendet, die sich aus den nachfolgend dargestellten Faktoren zusammensetzen (Klein, 2019). Bei der Ertragswertmethode kritisiert Dürr & Lardi (2014, S.140), dass die Abschreibungen den Investitionen entsprechen. Da bei wachsenden Unternehmen die Investitionen jedoch schwer planbar sind und aufgrund der Berechnungsgrundlage auf den Gewinnen eine Abstützung darauf fragwürdig ist, sollte darauf geachtet werden.

https://www.vermoegenszentrum.ch/ratgeber/wissensbeitrage/firmenkunden/unternehmensbewertung-ertragswert-methode.html

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Abb. 8: Beispiel für die Herleitung des Kapitalisierungssatzes (Vermögenszentrum, n.d.b)

Der Abbildung ist zu entnehmen, wie sich die einzelnen Risikofaktoren bei der Definierung des Kapitalisierungssatzes zusammensetzen. Die unternehmensspezifischen Risikofaktoren können – je nach subjektiver Einschätzung des Bewertenden – für den Übergeber oder Nachfolger unterschiedlich gross ausfallen und dementsprechend Einfluss auf den Unternehmenswert haben. Daraus lässt sich schliessen, dass der Unternehmenswert durch die Diskontierung mit steigendem Kapitalisierungssatz sinkt (Vermögenszentrum, n.d.b). Ein für Schweizer KMU realistischer Kapitalisierungssatz liegt in der Regel zwischen 12 und 17 % und stellt somit sicher, dass der Nachfolger seine Investition in 5 bis 7 Jahren amortisiert hat (Busenhart, 2020). Alternativ können, wenn diese verfügbar sind, Branchensätze gewählt werden. Wenn eine eigene Einschätzung mangels Know-how schwierig wird oder um beispielsweise Diskussionen der beteiligten Parteien zu vermeiden, kann dies sinnstiftend sein (Klein, 2019). Bei der reinen Ertragswertmethode berechnet sich der Unternehmenswert wie folgt:

Nachhaltiger, bereinigter Gewinn x 100 / Kapitalisierungssatz = Unternehmenswert

Dieser Berechnungsansatz wird angewandt, wenn kein nicht betriebsnotwendiges Vermögen vorhanden ist und von konstanten künftigen Erträgen ausgegangen wird. Dabei können vergangene Abschlüsse helfen, einen Mittelwert für künftige Erträge als Basis für die Berechnung zu bilden. Durch die Einschätzung der Risikofaktoren in Kombination mit den aus erzielten Ergebnissen vorhergesehenen künftigen Erträgen geht dieses Verfahren auf die individuellen Zielvorstellungen und Rahmenbedingungen des Unternehmens ein und bildet somit einen anerkannten Ansatz (Peemöller, 2015, S.57-58).

2.2.3.3 Multiplikatorenmethode

Die Bewertung mit Multiplikatoren ist eine einfache Möglichkeit, schnell auf einen mit dem Markt vergleichbaren Unternehmenswert zu gelangen. Zur Berechnung können diverse Finanzkennzahlen eines Jahresabschlusses herangezogen und mit einem branchenspezifischen Faktor multipliziert werden. Die gängigsten Kennzahlen sind hierfür das EBITDA, EBIT, Cashflow und der Umsatz. Der Umsatz sollte für diese Methode nach Klein (2019, S.125) aufgrund geringer Aussagekraft über die Rentabilität ausser Acht gelassen werden. So beschreibt er weiter die Möglichkeit mehrere Jahresabschlüsse in Kombination mit zukünftig geplanten Ergebnissen mit in die Bewertung einfliessen zu lassen, um ein präziseres Ergebnis zu erhalten (Klein, 2019, S.125-127). Bei dieser Methode wird besonders häufig der EBITDA eingesetzt, da er den operativen Cashflow vereinfacht darstellt und somit der Ausgestaltung der Erwerbsfinanzierung dienen kann (Caumanns et al., 2018, S.49). Mit folgender Formel kann der Unternehmenswert ermittelt werden:

(Durchschnitt des EBIT der Jahre x Branchen-Multiplikator) – zinstragende Verbindlichkeiten + flüssige Mittel = Unternehmenswert

Neben den Vorteilen der Einfachheit zur Ermittlung des Unternehmenswerts und den Bezug zu Marktpreisen betonen Caumann et al. (2018, S.28-30) die Schwierigkeit genaue Kennzahlen vergleichbarer Unternehmen zu ermitteln. So können Unternehmen, die in der gleichen Branche tätig sind, signifikante Unterschiede in den finanziellen Charakteristika aufweisen. Besonders die geringe Datenbasis stellt für Peemöller (2015, S.81) ein kaum lösbares Problem dar. Dennoch eignet sich die Multiplikatorenmethode zur Verifizierung von anderen Bewertungsverfahren und kann als Anhaltspunkt für einen etwaigen Verkaufspreis dienen, sofern Vergleichsdaten vorhanden sind (Vermögenszentrum, 2021).

2.2.4 Kritische Würdigung

In der Literatur gewichten die Autoren die diversen Bewertungsmethoden unterschiedlich hoch und legen sich nicht auf eine ideale Methode für MU fest. Das wird partiell mit der Ausgangslage des zu bewertenden Unternehmens und des vorhandenen Datenbestands begründet. Des Weiteren bemängeln einzelne Autoren die häufig subjektiven Wahrnehmungen der Bewerter und auch deren Präferenzen zur Anwendung bestimmter Methoden. Bei der Bewertung, in diesem Punkt sind sich die Autoren einig, muss darauf geachtet werden, dass sämtliche Daten sorgfältig aufbereitet und stille Reserven, sofern diese bestehen, bei der Bewertung berücksichtigt werden. Um einen der Literatur entnommenen Arbitriumwert zu erhalten, müssen die Interessen des Eigentümers abgefragt und ausgewertet werden. Der Verfasser nimmt an, dass das gute Verhältnis von Übergeber und Nachfolger bei der Bewertung unterstützend wirkt, damit für die WW ein Arbitriumwert ermittelt werden kann. Zudem intendiert der Verfasser herauszufinden, welche Methoden sich für MU in der Praxis bewährt haben, um Rückschlüsse ziehen zu können.

2.3 Berücksichtigung eingebrachter Leistungen

In diesem Kapitel sollen einerseits die eingebrachten Leistungen herausgearbeitet werden, die als Argumentationsgrundlage für die Kaufpreisverhandlungen verwendet werden können. Andererseits wird ein Ansatz oder eine Methode gesucht, mit welcher der generierte Mehrwert – seit dem Eintritt des Nachfolgers bei WW – bestimmt und fundiert dargelegt werden kann. Diesbezüglich möchte der Verfasser an den vorher erarbeiteten Bewertungsmethoden anknüpfen, um eine einfache und nachvollziehbare Methode herauszuarbeiten.

2.3.1 Intellektuelles Kapital

Unter dem Begriff intellektuelles Kapital wird der Besitz von Wissen, ausgeprägter Erfahrung, besonderen Kundenbeziehungen, technologischem Verstand und Professionalität verstanden, die dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen (Lukas, 2004, S.145). Die immateriellen Vermögenswerte befähigen ein Unternehmen zum Erhalt und Ausbau des Kundenstamms, Innovationen voranzutreiben, hohe Qualitätsstandards zu halten und sich selbst sowie deren Mitarbeiter kontinuierlich zu verbessern. Das intellektuelle Kapital kann den immateriellen Vermögenswerten eines Unternehmens gleichgesetzt werden (Lukas, 2004, S.145-146). Wird diese These nun auf die Aussage von Dürr & Lardi (2014, S153) übertragen, ist davon auszugehen, dass der unternehmerische Erfolg von den persönlichen Eigenschaften des Unternehmers oder Geschäftsführers abhängig ist. In der Regel sind dabei die Abhängigkeiten des Eigentümers zum Unternehmen – insbesondere bei MU – zu berücksichtigen.

Durch die engen Verbindungen in alle Unternehmensbereiche sowie zu Kunden und Lieferanten besteht für den Nachfolger ein gewisses Risiko, das somit einem Abschlag unterzogen werden kann. Die Bemessung ist angesichts fehlender Zahlen aus der Praxis jedoch schwierig. Hinzu kommt, dass der Anteil an implizitem Wissen meist nicht dokumentiert ist und dadurch schnell verloren gehen kann. Das hängt besonders mit der Involvierung in das Tagesgeschäft zusammen, wodurch die ganze Erfahrung zwar vorhanden, aber nicht als explizites Wissen erfasst ist (Dürr & Lardi, 2014, S.153-154). Lukas (2004, S,149) kritisiert die Vernachlässigung von immateriellen Vermögenswerten in der Bilanz, die zwar schwer zu erfassen sind, aber in neuen Geschäftsmodellen im Wirtschaftsumfeld immer mehr an Bedeutung gewinnen.

2.3.2 Kaufpreisfindung

Der Kaufpreis für das Unternehmen ist das Ergebnis aus den Verhandlungen zwischen Übergeber und Nachfolger und stützt sich in der Regel auf die zuvor durchgeführte Unternehmensbewertung. Da differente Bewertungsmethoden immens voneinander abweichen können, stellen sie für die Kaufpreisfindung je nach Partei, Übergeber oder Nachfolger die Preisober- und -untergrenzen dar. Besonders die DD kann bei den Verhandlungen als Argumentationsgrundlage dienen und die Interessen vertreten. Je nach Kenntnisstand des Käufers über das Unternehmen fallen DD äusserst unterschiedlich aus (Caumanns et al., 2018, S.46-47). So beschreibt Jansen (2016, S.317) die Problematik in der Kaufpreisermittlung mit der Kontroversität von realem und interessengeleiteten Kaufpreis.

Um bösen Überraschungen vorzubeugen, sollten nach Fischer (2010) jegliche finanziellen und bilanziellen Aspekte eingehend geprüft werden und deren Auswirkungen erkannt werden. Dürr & Lardi (Dürr & Lardi, 2014, S.214) verweisen bei der Festlegung des Kaufpreises auf die Determinanten Bewertung, emotionaler Wert und Finanzierung. Allesamt haben einen Einfluss und sollten demzufolge berücksichtigt werden. Die Abbildung soll das Verhältnis von Unternehmenswert und Preisvorstellung von Übergeber und Nachfolger bei der Kaufpreisfindung veranschaulichen.

https://hbr.org/

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Abb. 9: Abhängigkeit von Unternehmenswert und Kaufpreiseinigung, eigene Darstellung in Anlehnung an (Collis & Rukstad, 2008, S.7)

Die gegensätzlichen Preisvorstellungen überschneiden sich in einem Bereich über dem Unternehmenswert und bildet dadurch eine mögliche Preisspanne für die Kaufpreisfindung ab. Dieser Bereich kann unterschiedlich gross ausfallen, wenn Emotionen oder finanzielle Aspekte der Involvierten einfliessen. Die Preisvorstellungen können sowohl auseinander als auch zusammen driften (Collis & Rukstad, 2008).

2.3.3 Kritische Würdigung

Die Literatur hat dargestellt, dass insbesondere in MU neben den Abhängigkeiten des Eigentümers vor allem fehlende Know-how-Sicherung in Form von Prozessdokumentationen, sowie Abnahmevereinbarungen oder ISO-Zertifizierungen für ein erhöhtes Risiko aus Sicht des Nachfolgers sprechen. Ebendiese Situation bestand zum Zeitpunkt des Eintritts des Nachfolgers und konnte, wie in Kapitel 2.1.6 ausgeführt, zu grossen Teilen egalisiert werden. Im Fall der WW ist der Eigentümer nicht mehr operativ tätig und alle Kunden- sowie Lieferantenbeziehungen werden bereits durch den Nachfolger gepflegt.

Es stellt sich also die Frage, ob der Ansatz richtig ist, dass intellektuelles Kapital in Form des geschaffenen Mehrwerts für das Unternehmen aus Sicht des Nachfolgers in Abzug zum Unternehmenswert gebracht werden kann. Die Literatur liefert zu dieser Thematik keine fundierten Informationen, weshalb der Verfasser die Erfahrungen aus der Praxis erforschen möchte. Zusätzlich soll die Meinung des Übergebers einfliessen, um den Interessensausgleich zu gewährleisten und einen Handlungsspielraum definieren zu können. Der Verfasser nimmt an, dass eine rückwirkende Bewertung zum Eintrittszeitpunkt verglichen mit einer aktuellen Bewertung einen Eindruck über den eingebrachten Mehrwert bieten kann.

Da Dürr & Lardi den Bereich der Preisspanne eng mit der persönlichen Beziehung zwischen Übergeber und Nachfolger in Zusammenhang bringen, muss der Verfasser herausfinden, wo und in welchem Umfang der Übergeber bereit ist, mit seinen Preisvorstellungen entgegenzukommen. Eine spezifische Unternehmensbewertung könnte aus Sicht des Verfassers eine Variante darstellen, die der Kaufpreisfindung dienen kann.

2.4 Finanzierung

Anknüpfend an die vorherigen Kapitel soll nun neben den grundsätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten ein tragfähiges Finanzierungsmodell im gegenseitigen Interesse von Übergeber und Nachfolger aufgezeigt werden.

[...]

Fin de l'extrait de 96 pages

Résumé des informations

Titre
Familienexterne Unternehmensnachfolge im Mikrounternehmen. Die Unternehmensbewertung und -finanzierung im Transaktionsprozess am Beispiel Wild Wetzikon AG
Université
Kalaidos University of Applied Sciences Switzerland
Note
1.9
Auteur
Année
2021
Pages
96
N° de catalogue
V1133638
ISBN (ebook)
9783346519047
ISBN (Livre)
9783346519054
Langue
allemand
Mots clés
familienexterne, unternehmensnachfolge, mikrounternehmen, unternehmensbewertung, transaktionsprozess, beispiel, wild, wetzikon
Citation du texte
Christopher Barcys (Auteur), 2021, Familienexterne Unternehmensnachfolge im Mikrounternehmen. Die Unternehmensbewertung und -finanzierung im Transaktionsprozess am Beispiel Wild Wetzikon AG, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1133638

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