Gesundheits- und Umweltpsychologie. Verhaltensänderung, umweltschützendes Verhalten und das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung nach E. Erikson


Devoir expédié, 2020

34 Pages, Note: 2,3

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Das transtheoretische Modell der Verhaltensänderung
1.1 Transtheoretisches Modell – Begriffsbestimmung
1.2 Stufen der Verhaltensänderung (stages of change)
1.3 Veränderungsstrategien (processes of change)
1.4 Bisherige Forschungsergebnisse zum TTM

2 Umweltschützendes Verhalten
2.1 Die Theorie des geplanten Verhaltens
2.2 TPB am Beispiel umweltrelevanten Verhaltens
2.2.1 Impact einer Flugreise und Impact der Bevorzugung regionaler Nahrungsmittel auf die CO2-Emission
2.2.2 Einstellungen, die subjektiven Normen und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle als Einflussgrößen der Intention

3 Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung
3.1 Freud und Erikson – Ein Vergleich
3.2 Bisherige Forschungsergebnisse zum psychosozialen Modell im Kontext der Gesundheit im Alter
3.3 Der Nutzen des Stufenmodells nach Erikson aus der Sicht eines Gesundheitspsychologen

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhang

1 Das transtheoretische Modell der Verhaltensänderung

Zweck dieses Kapitels ist es, das transtheoretische Modell am Beispiel Raucherentwöhnung in Verbindung mit körperlicher Aktivität zu veranschaulichen. Nach einer allgemeinen Beschreibung des Modells folgt die Veranschaulichung am Beispiel. Das Kapitel schließt mit dem aktuellen Forschungsstand zur Bedeutung der Veränderungsstrategien.

1.1 Transtheoretisches Modell – Begriffsbestimmung

Das Transtheoretische Modell (TTM), auch „Stages of Change“-Modell genannt, wurde Ende der 70er Jahre von Prochaska und Diclemente (2005) an der Universität Rhode Island entwickelt (Keller, 1999).

Das TTM ist ursprünglich im Rahmen der Raucherentwöhnung entstanden (Diclemente et al., 1991; Fava, Velicer & Prochaska, 1995; Prochaska, Velicer, Diclemente & Fava, 1988a; Prochaska, Velicer, Guadagnoli, Rossi & Diclemente, 1991; Prochaska, Diclemente, Velicer & Rossi, 1993a; Velicer, Hughes, Fava, Prochaska & Diclemente, 1995; Velicer, Fava et al., 1995), wird aber inzwischen auf verschiedenste Gesundheitsverhaltensweisen (Keller, 1999; Prochaska, 1979, 1994), wie z.B. körperliche Aktivität (Armstrong, Sallis, Hovell & Hofstetter, 1993; Marcus, Rakowski & Rossi, 1992; Marcus, Selby, Niaura & Rossi, 1992; Marcus, Rossi, Selby, Niaura & Abrams, 1992; Marcus, Eaton, Rossi & Harlow, 1994; Prochaska & Marcus, 1994), Alkohol- und Drogenabstinenz (Diclemente & Hughes, 1990; Rollnick, Heather, Gold & Hall, 1992), Gewichtsreduktion (Marcus, Banspach et al., 1992; Prochaska, Norcross, Fowler, Follick & Abrams, 1992; Rossi et al., 1994; Rossi, Rossi, Velicer & Prochaska, 1995), Kondomgebrauch (Galavotti et al., 1995; Grimley, Riley, Bellis & Prochaska, 1993; Grimley, Prochaska, Velicer & Prochaska, 1995; Grimley, Prochaska & Prochaska, 1996; Prochaska, Redding, Harlow, Rossi & Velicer, 1994) und UV-Schutz (Rossi, Blais, Redding & Weinstock, 1995), angewendet. Es ist ein Modell intentionaler Verhaltensänderung, d.h. bevor ein neues Verhalten gezeigt wird, muss eine Absicht (Intention) vorhanden sein (Hoffmann, 2010). Das Modell betrachtet die Veränderung gesundheitlicher Verhaltensabsichten und gesundheitlichen Handelns als Prozess, der sich durch die aktive zeitliche Durchführung qualitativ unterschiedlicher, aufeinanderfolgender Stufen beschreiben lässt. Das TTM gehört somit zu den dynamischen Stadienmodellen des Gesundheitsverhaltens1 (Schwarzer, 2004). Abbildung 1 zeigt das Modell mit seinen Stufen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die Stufen des transtheoretischen Modells

(Quelle: Georg Thieme Verlag KG, 2020)

Nach Prochaska und Diclemente (2005) sind Rückfälle nicht als Misserfolge, sondern als etwas Normales zu werten. Diese sind daher als fester Bestandteil im Modell integriert.

Das TTM stammt aus der Analyse und Integration der Wirkmechanismen verschiedener (psycho-)therapeutischer Ansätze. Es sind verschiedene, größtenteils kognitive Konstrukte integriert: Die Stufen der Verhaltensänderung (stages of change) bilden das wesentliche Element des TTM. Sie repräsentieren die zeitliche Dimension einer Verhaltensänderung. Die Veränderungsstrategien (processes of change) veranschaulichen, wie eine Veränderung stattfindet bzw. welche affektiven Strategien (positive oder negative Gefühle gegenüber dem Einstellungsobjekt), kognitiven Strategien (Meinungen über ein Einstellungsobjekt) und verhaltensorientierten Strategien (Verhaltensabsichten oder -tendenzen) entscheidend sind, um in die nächste Stufe zu gelangen. Mit den Konstrukten Entscheidungsbalance (decisional balance) und Selbstwirksamkeitserwartung (self-efficacy) lässt sich der Prozess der Verhaltensänderung bzw. das Fortschreiten innerhalb der Stufen noch differenzierter abbilden (Keller, Velicer & Prochaska, 1999; Keller, 2002).

Dem TTM liegen nach Prochaska, Redding und Evers (2015) folgende Kernannahmen zugrunde: Der Komplexität des menschlichen Verhaltens kann eine einzelne Theorie nicht gerecht werden. Ein umfassenderes und adäquateres Modell kann somit durch die Einbeziehung unterschiedlicher wichtiger Modelle geschaffen werden.

Die Mehrheit an Personen, die ein Risikoverhalten zeigen, sind nicht bereit, handlungsorientierte Strategien zur Verhaltensänderung anzuwenden. Durch die Anwendung stufenspezifischer Maßnahmen können auch relevante Gruppen gezielt angesprochen werden.

Eine Änderung des Verhaltens ist ein zeitlicher Prozess, der in seinem Verlauf mehrere Stufen durchläuft. Die einzelnen Stufen sind relativ stabil, wobei auch Veränderungen auftreten können. Jede Stufe erwartet passende Prozesse und Prinzipien. Je nach Stufe, auf der sich die Person befindet, muss eine Intervention anders aussehen. Für eine erfolgreiche Veränderung eines Problemverhaltens ist das Durchlaufen aller Stufen und das Umsetzten der jeweiligen relevanten Verhaltensprozesse essentiell. Die Zeiträume, die Personen in den einzelnen Stufen verbringen, können individuell sehr stark variieren.

Um ein Verhaltensmuster zu entwickeln und auch aufrecht zu erhalten, bedarf es einer Kombination von biologischer, sozialer und Selbstkontrolle. Die Veränderungsprozesse sollen insbesondere dazu dienen, die Selbstkontrolle zu verbessern.

Das TTM bietet somit die Möglichkeit, Erwachsene aller Altersstufen auf der für sie zutreffenden Motivationsstufe zur Verhaltensänderung individuell zu beraten (Burbank, Padula & Nigg, 2000; Cowan, Logue, Milo, Britton & Smucker, 1997). Für die empirische Zuordnung einer Person auf eine Stufe werden zumeist einfache Algorithmen miteinander ausschließenden Antwortmöglichkeiten verwendet. Der erste dieser Algorithmen wurde für den Bereich Rauchen entwickelt (Prochaska & Diclemente, 1992).

Im Folgenden sollen am Beispiel Raucherentwöhnung in Verbindung mit körperlicher Aktivität die Elemente zum einen der Verhaltensänderungsstufen und zum anderen der Veränderungsstrategien dargestellt werden. Keller (2002) merkt an, dass zwischen den Stufen (stages of change) und den Prozessen der Verhaltensänderung (processes of change) ein systematischer und reproduzierbarer Zusammenhang besteht.

1.2 Stufen der Verhaltensänderung (stages of change)

Bezüglich Tabakkonsum und Bewegungsmangel lassen sich die Veränderungsstufen folgendermaßen beschreiben:

Absichtslosigkeit Personen rauchen, bewegen sich nicht ausreichend und beabsichtigen nicht, innerhalb der nächsten sechs Monate mit dem Rauchen aufzuhören und mehr körperlich aktiv zu werden. Ein Grund für diese Absichtslosigkeit wäre, dass ein Mangel an relevanten Informationen und/oder ein Mangel an Problembewusstsein hinsichtlich der ungünstigen Konsequenzen des Risikoverhaltens vorliegt. Sogenannte Absichtslose vermeiden es, sich bewusst mit dem Thema ‚Rauchen’ und ‚Bewegung’ auseinanderzusetzen. Daher werden Menschen auf dieser Ebene auch als unmotiviert beschrieben (Prochaska, Johnson & Lee, 1998). Die Stufe der Absichtslosigkeit kann als die stabilste aller Stufen im Rahmen des Modells verstanden werden. Ohne aktive Intervention ist die Wahrscheinlichkeit relativ gering, dass Personen in die nächste Stufe gelangen (Keller, Kaluza & Basler, 2001; Keller, Weimer-Hablitzel, Kaluza & Basler, 2002; Marcus & Simkin, 1993).

Absichtsbildung: Personen bewegen sich weiterhin nicht und rauchen nach wie vor, setzen sich aber bewusst mit dem Thema „Rauchstopp“ sowie „Körperliche Gesundheit“ auseinander und planen, innerhalb der nächsten sechs Monate mit dem Rauchen aufzuhören und körperlich aktiv zu werden. Sie stehen der Verhaltensänderung ambivalent gegenüber. Es gibt immer noch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Vor- und Nachteilen des bisherigen Verhaltens und des Zielverhaltens. Die Stufe der Absichtsbildung ist ebenfalls eine sehr stabile Stufe in dem Sinne, dass Personen lange in ihr verharren können (Keller et al., 2001; Keller, Weimer-Hablitzel et al., 2002; Marcus & Simkin, 1993).

Vorbereitung: Die Personen sind hoch motiviert, sofort mit der Veränderung des problematischen Verhaltens zu beginnen. Sie bereiten sich auf das Nichtrauchen und vermehrte körperliche Aktivität vor. Damit eine Person in die Stufe der Vorbereitung eingeteilt wird, wird vorausgesetzt, dass die feste Absicht geäußert wird, innerhalb der nächsten 30 Tage das Zielverhalten zu erreichen, und dass bereits erste Schritte unternommen wurden, dieses in die Tat umzusetzen. Diese Stufe wird also definiert sowohl durch das Vorhandensein einer Handlungsintention als auch durch bereits gezeigtes Verhalten zur Veränderung. Im Vordergrund steht jedoch die intentionale Eigenschaft: das Treffen einer klaren Entscheidung für eine Verhaltensänderung. Da sich bei dieser Stufe um eine Durchgangsstufe von 30 Tagen handelt, wird diese Stufe als weniger stabil als die ersten beiden Stufen beschrieben. In der Regel befinden sich Personen in dieser Stufe, die von konkreten Angeboten zur Unterstützung einer Verhaltensänderung am ehesten angesprochen werden (Keller et al., 2001; Keller, Weimer-Hablitzel et al., 2002; Marcus & Simkin, 1993).

Handlung: Die Personen versuchen aktiv, das problematische Verhalten zu reduzieren bzw. das gewünschte Verhalten aufzunehmen und dafür ihr eigenes Erleben und ihre Umweltbedingungen zu verändern. In Bezug auf das Rauchen bedeutet dies, dass die Personen mit dem Rauchen aufgehört haben und sich in den ersten sechs Monaten der Abstinenz befinden, was die Abgrenzung zur Vorbereitungsstufe darstellt. Bezüglich der körperlichen Aktivität zeigen die Personen ein kontinuierliches Verhalten mit regelmäßiger Bewegung im Laufe von sechs Monaten. Im Vergleich zu den vorherigen Stufen stehen offene, beobachtbare Verhaltensweisen eher im Vordergrund als kognitiv-affektive Prozesse. In dieser Phase besteht die höchste Rückfallwahrscheinlichkeit (Keller et al., 2001; Keller, Weimer-Hablitzel et al., 2002; Marcus & Simkin, 1993).

Aufrechterhaltung: Die Personen konnten das gezielte Verhalten seit mehr als sechs Monaten stabil beibehalten, sind also abstinent und bewegen sich regelmäßig. Die Aufrechterhaltung ist eine aktive Phase, in der das Zielverhalten durch Beibehalten der Strategien, die in der Handlungsphase gezeigt wurden, weiter gefestigt wird und aktive Maßnahmen zur Rückfallprophylaxe getroffen werden (Keller et al., 2001; Keller, Weimer-Hablitzel et al., 2002; Marcus & Simkin, 1993).

Stabilisierung: Diese Stufe ist dadurch gekennzeichnet, dass 100-prozentige Zuversicht besteht, das Zielverhalten (hier Abstinenz/körperliche Tätigkeit) beizubehalten und keine Tendenz rückfällig zu werden, deutlich wird. Nach Keller (1999) werden nach 12-monatiger Rauchabstinenz ca. 37% der Personen rückfällig, nach fünf Jahren ca. 7%. Dies verdeutlicht, dass der Konsolidierungsprozess innerhalb der Aufrechterhaltungsstufe weiter voranschreitet, bis es schließlich zu einer Stabilisierung des Zielverhaltens kommt (Keller et al., 2001; Keller, Weimer-Hablitzel et al., 2002).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die zeitliche Dimension der Stufen der Verhaltensänderung

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Velicer, Prochaska, Fava, Norman & Redding, 1998, S. 218)

1.3 Veränderungsstrategien (processes of change)

Die Veränderungsstrategien kennzeichnen, wie die Veränderung stattfindet, bzw. welche Strategien angewandt werden müssen, um gesundheitsschädigende Verhaltensweisen aufzugeben, bzw. gesundheitsfördernde Verhaltensweisen aufzunehmen. Sie lassen sich in zwei übergeordnete Dimensionen einteilen: die kognitiv-affektiven Prozesse (experiental processes) und die verhaltensorientierten Prozesse (behavioral processes) (Keller, Velicer & Prochaska, 1999; Keller, 2002; Prochaska & Diclemente, 1992; Prochaska, Diclemente & Norcross, 2003). Kognitiv-affektive Strategien sind nach Prochaska et al. (2003) das Steigern des Problembewusstseins, das emotionale Erleben, die Wahrnehmung der persönlichen Umwelt, die Selbstbewertung und das Wahrnehmen förderlicher Umweltbedingungen. Zu den verhaltensorientierten Strategien zählen nach Prochaska et al. (2003) die Selbstverpflichtung, d.h. das Fassen eines festen Vorsatzes und die Kontrolle der Umwelt, um das Zielverhalten zu erleichtern. Zudem ist es wichtig, hilfreiche Beziehungen aktiv zu nutzen, die die Verhaltensänderung erleichtern können. Kognitiv-affektive Strategien beziehen sich nach Marks, Murray, Evans und Willig (2000) vorwiegend auf subjektive Bewertungsprozesse sowie das emotionale Erleben des Rauchens. Diese Strategieart ist insbesondere für Personen in den ersten drei Stufen entscheidend. Die verhaltensorientierten Strategien zeigen sich hingegen nach Keller (1999) meist im beobachtbaren Verhalten. Sie sind für die Stufen Vorbereitung bis Aufrechterhaltung relevant.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Prozesse und ihre theoretische Wirksamkeit in den Stadien

(Quelle: Lippke & Kalusche, 2007, S. 6)

Lippke und Kalusche (2007) merken an, dass die sozial-affektiven und verhaltensorientierten Prozesse als Prädiktoren von Stadienwechsel (Auslöser für Stadienwechsel) und die jeweiligen dazugehörigen Variablen als Indikatorvariablen für Stadien bzw. Stadienwechsel (an ihnen kann man Stadien oder erfolgreiche Stadienwechsel ablesen) zu betrachten sind. Die Tabelle 1 verdeutlicht zum einen, welche Prozesse, welche Stadienwechsel veranlassen und zum anderen, die stadienspezifische Wirksamkeit der Prozesse.

In der nächsten Tabelle werden die wesentlichen Veränderungsstrategien mit den jeweiligen Variablen am Beispiel Raucherentwöhnung mit körperlicher Betätigung skizziert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Veränderungsstrategien am Beispiel Raucherentwöhnung mit körperlicher Aktivität

(Quelle: Eigene Darstellung in Ahnlehnung an Prochaska, Norcross & Diclemente, 1994)

Neben den Veränderungsstrategien (processes of change) gibt es, wie bereits in Kapitel 1.1 erwähnt, zwei weitere Konstrukte, die den Prozess der Verhaltensänderung bzw. das Fortschreiten innerhalb der Stufen beschreiben: die Entscheidungsbalance und die Selbstwirksamkeitserwartung (Keller, 1999) . Generell geht es beim Konstrukt der Entscheidungsbalance um die Gewichtung der wahrgenommenen Vor- und Nachteile einer Verhaltensänderung. Der Nutzen (Pros) wird den Kosten (Cons) gegenübergestellt (Keller, 1999). Die Selbstwirksamkeitserwartung bezeichnet das Ausmaß der Zuversicht, ein Zielverhalten auch unter schwierigen Umständen in einer beabsichtigten Weise durchführen zu können oder ein gesundheitsschädigendes Verhalten zu unterlassen (Schumann, Rumpf, Meyer, Hapke & John, 2003). Im Rahmen dieser Arbeit wird nicht näher auf diese Prozesse eingegangen. Das letzte Unterkapitel gibt einen Überblick über den Forschungsstand zum TTM.

1.4 Bisherige Forschungsergebnisse zum TTM

Dieses Kapitel stellt einige Studienergebnisse zur Bedeutung der Veränderungsstrategien vor. Einige allgemeine Studien im Rahmen des TTMs wurden bereits in Kapitel 1.1 genannt. In diesem Kapitel soll jedoch ein Überblick über den derzeitigen Forschungsstand je nach Veränderungsstufe und Verhaltensweise (Raucherentwöhnung, Sporttreiben, Ernährungsverhalten) ermöglicht werden. Eine vollständige Darstellung der Veröffentlichungen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Es wird daher versucht, eine repräsentative Übersicht über den aktuellen Forschungsstand abzubilden.

In der von Prochaska und Diclemente (1983) durchgeführten Studie mit einer Stichprobe von N=872 Exrauchern wurde die differentielle Bedeutung der Veränderungsstrategien (processes of change) herausgestellt. Die Ergebnisse ähneln sich sehr stark den Ausarbeitungen aus der Tabelle 1. So zeigte sich, dass (a) während der Problemignorierung (1.Stufe) die wenigsten Probanden Veränderungsprozesse benutzten; (b) während der Kontemplationsphase (2.Stufe) die Bewusstseinsbildung vordergründig war; (c) sowohl in der Kontemplations- (3.Stufe) als auch in der Aktionsphase (4.Stufe) Probanden die Selbstbeurteilung betonten; (d) während der Aktionsphase (4.Stufe) Personen die Selbstbefreiung, eine helfende Beziehung und das Verstärkungsmanagement bevorzugten; und (e) sowohl in der Aktions- als auch in der Erhaltungsphase (5.Stufe) die Probanden am häufigsten Gegenkonditionierung und Stimuluskontrolle benutzten.

In einer weiteren Studie von Prochaska et al. (1988b) mit einer Stichprobengröße von N=970 wurde die differentielle Bedeutung der Veränderungsstrategien nochmals bestätigt. Hierbei wurden insbesondere die zwei Faktoren höherer Ordnung, kognitive und handlungsorientierte Strategien, voneinander isoliert.

Pallonen et al. (1994) zeigten in ihrer Studie mit insgesamt N=265 Rauchern, dass der Versand von Broschüren und Raucherentwöhnungshandbüchern in Abhängigkeit der Ausgangsstufe als Langzeitintervention nicht ausreicht. So blieben nach 12 bzw. 24 Monaten über 70% der Teilnehmer konstant auf der Stufe der Absichtslosigkeit und über 24% auf der Absichtsbildungsstufe.

In ihrer Metaanalyse betrachteten Marshall und Biddle (2001) Studien, welche das TTM für körperliche Aktivitäten verwendeten. Es wurden 91 unabhängige Stichproben von 71 Publikationen einbezogen, welche mindestens eines der TTM-Konstrukte (Stufeneinteilung, Prozesse, Selbstwirksamkeitserwartung, Entscheidungsbalance) beinhalteten. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die drei Konstrukte Prozesse, Selbstwirksamkeitserwartung und Entscheidungsbalance gemäß der theoriegeleiteten Voraussage über die fünf Stufen veränderten, zudem die Stufenzugehörigkeit mit einem bestimmten Umfang an körperlicher Aktivität übereinstimmt, wodurch die Konstruktvalidität des TTMs im Bereich der körperlichen Aktivität belegt werden konnte.

[...]


1 Andere häufig diskutierte dynamische Studienmodelle sind das sozial-kognitive Prozessmodell gesundheitlichen Handelns (HAPA) von Schwarzer (1992) oder das Prozessmodell präventiven Handelns (PAPM) von Weinstein und Sandman (1992).

Fin de l'extrait de 34 pages

Résumé des informations

Titre
Gesundheits- und Umweltpsychologie. Verhaltensänderung, umweltschützendes Verhalten und das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung nach E. Erikson
Université
SRH - Mobile University
Note
2,3
Année
2020
Pages
34
N° de catalogue
V1134672
ISBN (ebook)
9783346512994
ISBN (Livre)
9783346513007
Langue
allemand
Mots clés
Transtheoretisches Modell, Verhaltensänderung, Stages of Change, Veränderungsstrategien, Processes of change, TTM, Umweltschützendes Verhalten, Theorie des geplanten Verhaltens, TPB, Stufenmodell, Freud, Erikson, Psychosoziales Modell
Citation du texte
Anonyme, 2020, Gesundheits- und Umweltpsychologie. Verhaltensänderung, umweltschützendes Verhalten und das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung nach E. Erikson, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1134672

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