Nachdem deutliche Unterschiede in einzelnen Schulen und zwischen den Schulen bei der Leistungsbeurteilung auftraten, Ergebnisse internationaler Vergleichsstudien dem deutschen Bildungssystem mangelnde Qualität sowie fehlende Vergleichbarkeit schulischer Leistungsergebnisse aufzeigten, wurde der Ruf nach regelmäßiger zentraler Leistungsüberprüfung immer lauter. Bildungspolitische Maßnahmen sollen nun helfen, die aufgefallenen Missstände zu beheben. Gearbeitet wird dabei mit großflächigen Leistungsmessungen, die nicht mehr nur stichprobenartig angelegt sind, sondern einen mehr und mehr flächendeckenden Charakter bekommen und für alle Schülerinnen und Schüler (weiterhin: SuS) verbindlich sind. Zur Diskussion stehen vor allem folgende Formate: bundesdeutsche Schulen müssen sich in naher Zukunft nicht mehr nur mit schulintern praktizierten Parallelarbeiten auseinandersetzen, sondern ebenso mit sogenannten Vergleichsarbeiten bzw. Lernstandserhebungen sowie mit zentralen Abschlussprüfungen nach der Sekundarstufe I und II.
Gegenstand dieser Arbeit sind die als bildungspolitische Maßnahme auf die festgestellten Missstände in Deutschland eingeführten schullaufbahnabschließenden Evaluationsverfahren. Das erste Kapitel befasst sich zunächst mit den historischen und aktuellen Schubkräften für die Einführung von zentralen Abschlussprüfungen. Zunächst werden die chronologische Entwicklung bzw. deren Schubkräfte für die Einführung von zentralen Prüfungen erläutert, im Weiteren geklärt, wie es zur aktuellen Diskussion zur Einführung von zentralen Abschlussprüfungen gekommen ist und welche Faktoren dabei eine Rolle gespielt haben. Darüber hinaus wird zunächst allgemein und bundeslandübergreifend definiert, wie zentrale Abschlussprüfungen durchgeführt werden.
Das folgende Kapitel thematisiert exemplarisch an den vier Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen, Brandenburg und Schleswig-Holstein die Umsetzung des Zentralabiturs im jeweiligen Bundesland. Bei der Betrachtung der Praxis des Zentralabiturs in den einzelnen Bundesländern werden folgende Faktoren betrachtet: Welche Ziele setzen sich die einzelnen Bundesländer bei der Implementierung des Zentralabiturs?
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Historische und aktuelle Schubkräfte für die Einführung von zentralen
Abschlussprüfungen
3 Das Zentralabiturs im Bundesländervergleich
3.1 Nordrhein-Westfalen
3.2 Hessen
3.3 Brandenburg
3.4 Schleswig-Holstein
4 Resümee
5 Quellenverzeichnis
1 Einleitung
Nachdem deutliche Unterschiede in einzelnen Schulen und zwischen den Schulen bei der Leistungsbeurteilung auftraten, Ergebnisse internationaler Vergleichsstudien dem deutschen Bildungssystem mangelnde Qualität sowie fehlende Vergleichbarkeit schulischer Leistungsergebnisse aufzeigten, wurde der Ruf nach regelmäßiger zentraler Leistungsüberprüfung immer lauter. Bildungspolitische Maßnahmen sollen nun helfen, die aufgefallenen Missstände zu beheben. Gearbeitet wird dabei mit großflächigen Leistungsmessungen, die nicht mehr nur stichprobenartig angelegt sind, sondern einen mehr und mehr flächendeckenden Charakter bekommen und für alle Schülerinnen und Schüler (weiterhin: SuS) verbindlich sind. Zur Diskussion stehen vor allem folgende Formate: bundesdeutsche Schulen müssen sich in naher Zukunft nicht mehr nur mit schulintern praktizierten Parallelarbeiten auseinandersetzen, sondern ebenso mit sogenannten Vergleichsarbeiten bzw. Lernstandserhebungen sowie mit zentralen Abschlussprüfungen nach der Sekundarstufe I und II.
Gegenstand dieser Arbeit sind die als bildungspolitische Maßnahme auf die festgestellten Missstände in Deutschland eingeführten schullaufbahnabschließenden Evaluationsverfahren. Das erste Kapitel befasst sich zunächst mit den historischen und aktuellen Schubkräften für die Einführung von zentralen Abschlussprüfungen. Zunächst werden die chronologische Entwicklung bzw. deren Schubkräfte für die Einführung von zentralen Prüfungen erläutert, im Weiteren geklärt, wie es zur aktuellen Diskussion zur Einführung von zentralen Abschlussprüfungen gekommen ist und welche Faktoren dabei eine Rolle gespielt haben. Darüber hinaus wird zunächst allgemein und bundeslandübergreifend definiert, wie zentrale Abschlussprüfungen durchgeführt werden.
Das folgende Kapitel thematisiert exemplarisch an den vier Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen, Brandenburg und Schleswig-Holstein die Umsetzung des Zentralabiturs im jeweiligen Bundesland. Bei der Betrachtung der Praxis des Zentralabiturs in den einzelnen Bundesländern werden folgende Faktoren betrachtet: Welche Ziele setzen sich die einzelnen Bundesländer bei der Implementierung des Zentralabiturs? Wie sieht die Prüfungsvorbereitung und Durchführung in den verschiedenen Ländern aus? Wie bzw. wer konstruiert die Aufgaben? Wie werden die Leistungen bewertet und haben die Lehrkräfte Spielraum für individuelle Leistungen? Letztendlich wird beleuchtet, ob die Prüfung im Nachhinein noch analysiert und evaluiert wird. Außerdem werden die Informationsbereitschaft der einzelnen Homepages der Bundesländer und somit auch die Transparenz zur Öffentlichkeit in Augenschein genommen.
Zunächst werden nun die historischen und aktuellen Schubkräfte für die Einführung der zentralen Prüfungen näher betrachtet.
2 Historische und aktuelle Schubkräfte für die Einführung von zentralen Abschlussprüfungen
Zentrale Abschlussprüfungen stellen keine totale Neuerung in der deutschen Schullandschaft dar, sondern wurden schon bei der Etablierung des staatlichen Schulsystems im 19. Jahrhundert in Preußen angewendet. Nach Qualitätsklagen seitens der Universitäten führte Preußen als erster deutscher Staat das Abitur über drei Reglements zwischen 1788 und 1834 ein. Die SuS mussten demnach damals - so wie auch heute - ihre Schulbildung in einer staatlich kontrollierten Prüfung nachweisen. Das damit erworbene Zertifikat – sprich das Abitur – wurde zur notwendigen Voraussetzung akademischer Ausbildung und der staatlichen Beamtenkarriere. Das Abitur wurde bis 1834 immer verbindlicher und erforderlicher und galt letztendlich ausnahmslos als Voraussetzung für alle Studiengänge an den Universitäten. Die Verbindlichkeit des Abiturs als Zugangsvoraussetzung für eine akademische Ausbildung sicherte sich der Staat die Loyalität der Beamtenschaft, die Qualifikation der »führenden« Schichten sowie eine soziale Mobilität des Bürgertums durch die Teilhabe an höherer Bildung. Die Prüfungsorganisation oblag in Preußen der Einzelschule und war somit dezentral organisiert und kaum standardisiert. Die Vergleichbarkeit der vergebenen Zertifikate und die Qualität schulischer Bildung wurden zu dieser Zeit über den Lehrplan und die Stundentafeln gesichert.[1]
Im weiteren Verlauf des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts sowie in der Weimarer und der nationalsozialistischen Zeit sind keine wesentlichen strukturellen Neuerungen für die Art der Prüfungsorganisation des Abiturs zu verzeichnen. Erst 1945/46 änderte sich dies mit der Einführung des Zentralabiturs im Saarland, Bayern, in den Vorgängerstaaten des heutigen Baden-Württemberg sowie Rheinland-Pfalz (zentrale Prüfungen wurden hier jedoch nach der Besatzungszeit wieder abgeschafft). Die Implementierung der Prüfungen geschah unter dem Einfluss der französischen Besatzung und deren Schultradition heraus. Für das amerikanisch besetzte Bayern lässt sich vermuten, dass die Einführung des Zentralabiturs vor dem Hintergrund einer traditionell zentralistischen Orientierung zu verstehen ist. In den britisch besetzten Ländern (NRW, Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein) wurde hingegen kein zentral organisiertes Abitur eingeführt, obwohl es seit 1832 ein solches in England gibt. Gründe für den Verzicht auf das zentral organisierte Abitur in der britischen Besatzungszone vermutet van Ackern darin, „dass das Sendungsbewusstsein der Briten offensichtlich nicht so groß war wie dies der Franzosen.“[2]
Die damit gegebene ungleiche Ausgestaltung der Prüfungsorganisation bleibt auch nach der 1972 von der KMK beschlossenen »Vereinbarungen zur Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe« bestehen. Die Vergleichbarkeit der Abschlüsse zwischen den Bundesländern galt durch die 1972 verabschiedeten Beschlüsse zu den »Standards für den mittleren Schulabschluss« und die »Einheitlichen Prüfungsanforderungen«, an denen sich die Länder orientieren sollten, als gesichert.[3]
Zentrale Abschlussprüfungen stellen somit kein neues Element im deutschen Bildungssystem dar, sondern wurden schon im 19. Jahrhundert im preußischen Schulsystem eingeführt. Die zentralen Prüfungen des preußischen Schulsystems waren jedoch im Vergleich zu den heutigen zentralen Prüfungen dezentral organisiert und kaum standardisiert. Lehrplan und Stundentafeln sicherten zu dieser Zeit die Vergleichbarkeit zwischen den Abschlüssen. Nach dem zweiten Weltkrieg führten vor allem die französisch besetzten Bundesländer zentrale Abschlussprüfungen ein.
Die von der KMK beschlossenen »Vereinbarungen zur Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe« zielten auf eine Vergleichbarkeit der Abschlüsse sowie eine Sicherung der Qualität des deutschen Schulsystems ab. Diese erwünschten Ziele stellten sich jedoch spätestens nach der ersten PISA-Studie als falsch heraus. Nachdem internationale Vergleichsstudien deutliche Unterschiede in einzelnen Schulen und zwischen den Schulen bei der Leistungsbeurteilung aufzeigten und dem deutschen Bildungssystem mangelnde Qualität sowie fehlende Vergleichbarkeit schulischer Leistungsergebnisse nachgewiesen, ist der Ruf nach regelmäßiger zentraler Leistungsüberprüfung immer lauter geworden. Bildungspolitische Maßnahmen sollen nun helfen, die aufgefallenen Missstände zu beheben. Gearbeitet wird dabei mit großflächigen Leistungsmessungen, die nicht mehr nur stichprobenartig angelegt sind, sondern einen mehr und mehr flächendeckenden Charakter bekommen und für alle SuS verbindlich sind. Zur Diskussion stehen vor allem folgende Formate: bundesdeutsche Schulen müssen sich in naher Zukunft nicht mehr nur mit schulintern praktizierten Parallelarbeiten auseinandersetzen, sondern ebenso mit so genannten Vergleichsarbeiten bzw. Lernstandserhebungen sowie mit zentralen Abschlussprüfungen nach der Sekundarstufe I und II.
Die Organisation »Schule« befindet sich immer stärker im Wirkungskreis zweier grundlegender Steuerungskonzepte: Die Verbesserung schulischer Arbeitsergebnisse wird einerseits an die Stärkung der Einzelschule und andererseits an die Kontrolle ihrer Resultate geknüpft.[4] Dementsprechend sind die an der Organisation »Schule« ansetzenden Neuerungen zum einen an das Steuerungskonzept der Dezentralisierung geknüpft, aber zum anderen ist der Bedeutungszuwachs zentraler Kontrolle hervorzuheben. Bislang konzentrierte sich die schulische Qualitätsdebatte in Deutschland auf die so genannte Kontext- und Prozessqualität, welche sich einerseits auf Merkmale der schulischen und außerschulischen Umwelt einschließlich der materiellen und personellen Ausstattung befasst und andererseits mit Merkmalen des Unterrichts, der Klassenführung und der Lehrer-Schüler-Interaktion. Mittlerweile liegt der Schwerpunkt nationaler wie auch internationaler Diskussion mehr auf der fachlichen und überfachlichen Wirkung des Unterrichts und somit auf dessen Qualität.[5] So zeichnet sich ein Paradigmenwechsel in der deutschen Schullandschaft ab von einer bislang eher Input orientierten auf eine nunmehr Output orientierte Steuerung. Durch Vergleichsarbeiten bzw. Lernstandserhebungen und zentrale Prüfungen am Ende der Schullaufbahn soll der Nutzen und die erreichte Qualitätsstufe schulischen Unterrichts erfasst, analysiert und bewertet werden.[6]
Innerhalb Deutschlands herrscht jedoch keine einheitliche Prüfungspraxis. So findet man zum einen Bundesländer, in denen zentrale Abschlussprüfungen schon seit Jahren praktiziert werden und zum anderen Länder, in denen sie gerade erst eingeführt wurden. Wie die folgende Tabelle zeigt, sind zentrale Prüfungen mittlerweile jedoch in fast ganz Deutschland eingeführt worden bzw. sollen eingeführt werden. Einzig und allein Rheinland-Pfalz verzichtet auch weiterhin auf zentrale Abschlussprüfungen.
sAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
* Zentralabitur in der DDR seit 1959
** Unterschiede z. T. nur Kernfächer, z. T. alle Prüfungsfächer
Tabelle1: Zentrale Abschlussprüfungen in den Bundesländern
(vgl. Eikenbusch, G.: Lehrer und Schule in Zeiten der Zentralen Prüfungen. Gewinne – Verluste – Interessen. S. 7)
Die zentrale Abschlussprüfung hat im Gegensatz zu schullaufbahnbegleitenden Evaluationsformen eine summative Funktion, da sie sozusagen das Ergebnis der schulischen Lernzeit erfasst.[7] Zentrale Prüfungen verfolgen im Wesentlichen das Ziel, die Leistungen der einzelnen SuS in festgelegter Form zu überprüfen.[8] Die Richtlinien und Kernlehrpläne definieren dabei die Anforderungen, die an die SuS im jeweiligen Fach gestellt werden.[9] Zentrale Abschlussprüfungen sind so organisiert, dass alle SuS eines Landes am Ende der Pflichtschulzeit (Ende Klasse 10) bzw. zum Abschluss der Sekundarstufe II (Abitur) in bestimmten Schulformen und Fächern zur gleichen Zeit die gleichen Aufgabenstellungen bearbeiten.[10] Das Ergebnis dieser Prüfung geht dann in eine Gesamtqualifikation ein, auf deren Basis der jeweilige Schulabschluss vergeben wird. Demzufolge haben die zentralen Abschlussprüfungen einen deutlichen Einfluss auf die Bildungskarrieren der SuS.[11] Im deutschen Bildungssystem werden zentrale Abschlussprüfungen daher einerseits am Ende der Klasse 10 und andererseits zur Erreichung der allgemeinen Hochschulreife von den SuS geschrieben. Weiterhin werden nun die Prüfungsorganisation sowie die Bewertungsvorgaben des Zentralabiturs erläutert.
Gegenstand des folgenden Kapitels ist das als bildungspolitische Maßnahme auf die festgestellten Missstände eingeführte schullaufbahnabschließende Evaluationsverfahren nach der Sekundarstufe II, kurz: das Zentralabitur. Da innerhalb der Bundesrepublik keine einheitliche Prüfungspraxis,
-organisation und –evaluation vorzufinden ist, wird im Weiteren das Zentralabitur in NRW, Hessen, Brandenburg und Schleswig-Holstein intensiver betrachtet.
[...]
[1] Vgl. Ackeren, I. van (2007): Zentrale Abschlussprüfungen. Entstehung, Struktur und Steuerungsperspektiven. In: Pädagogik 3/2007, S. 12
[2] Ackeren, I. van: Zentrale Abschlussprüfungen. Entstehung, Struktur und Steuerungsperspektiven. S. 13
[3] Vgl. ebd. S. 13f
[4] Vgl. Ackeren, I. van/Bellenberg, G. (2004): Parallelarbeiten, Vergleichsarbeiten und Zentrale Abschlussprüfungen. Bestandsaufnahme und Perspektiven. In: Rolff, H.-G./Holtappels, H. G./Klemm, K./Pfeiffer, H./Schulz-Zander, R (Hrsg.): Jahrbuch der Schulentwicklung Bd. 13. Weinheim/München 2004. S. 127
[5] Vgl. Ackern, I. van: Zentrale Tests und Prüfungen im Dienste schulischer Entwicklung. Erfahrungen in Deutschland sowie Beobachtungen in England, Frankreich und den Niederlanden. In: Bildung und Erziehung. 55.2002. S. 60f
[6] Vgl. ebd. S. 61
[7] Vgl. Ackeren, I. van/Bellenberg, G.: Parallelarbeiten, Vergleichsarbeiten und Zentrale Abschlussprüfungen. Bestandsaufnahme und Perspektiven. a. a. O. S. 129
[8] Vgl. Bieber, G. (2007): Damit man auch die richtigen Schlüsse ziehen kann… Aufgabenkonstruktion und Rückmeldung bei zentralen Prüfungen. In: Pädagogik 03/2007. S. 21
[9] Vgl. Bentgens, W./Schreven, M. (2006): Zentrale Prüfungen in NRW. In: SchulVerwaltung NRW. 6.2006. S. 164
[10] Vgl. Ackeren, I. van/Bellenberg, G.: Parallelarbeiten, Vergleichsarbeiten und Zentrale Abschlussprüfungen. Bestandsaufnahme und Perspektiven. a. a. O. S. 134
[11] Vgl. Bieber, G.: Damit man auch die richtigen Schlüsse ziehen kann… Aufgabenkonstruktion und Rückmeldung bei zentralen Prüfungen. a.a.O. S. 21
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