Während des Kalten Krieges standen die Beziehungen EU- bzw. EG-Europas zu
Russland im Schatten der Beziehungen zwischen den beiden Supermächten USA und
Sowjetunion, die innerhalb ihrer jeweiligen Einflusssphäre die außenpolitischen Agenden der europäischen Staaten diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs dominierten. „During the Cold War, there was no EU-Soviet relationship per se.”1 Die EG wurde in Moskau nicht als eigenständiger Akteur im internationalen System wahrgenommen, sondern mehr oder weniger als wirtschaftlicher Ableger des Antisowjetischen Blocks.2 Mit dem Ende des Systemkonfliktes, dem Zerfall der Sowjetunion und der Vertiefung des europäischen Integrationsprozesses aus dem 1992 in Maastricht die EU hervorging, wurden innerhalb weniger Jahre die Voraussetzungen für ein neues Kapitel in den europäisch-russischen Beziehungen geschaffen. Zu analytischen Zwecken wurde die Entwicklung der Beziehungen in drei größere Phasen eingeteilt. Die erste Phase reicht vom Ende des Ost-West Konfliktes bis zum Beginn des Kosovo-Krieges. Daran schließt die zweite Phase bis zur EUOsterweiterung im Mai 2004 an, die somit also den Schwerpunkt der Arbeit bildet. Diese zweite Phase wird dann in Kapitel 4 noch einmal in drei Einzelabschnitte untergliedert: die »Kosovo-Phase«, die »9/11-Phase« und die »Irak-Phase«. Die Beschäftigung mit dem letzten Kapitel der Beziehungen, das mit der EU-Osterweiterung aufgeschlagen wurde, bleibt weiteren Arbeiten vorbehalten. Es sollte aber auch nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem Gründungsakt der EU noch mehrere Jahre dauern, bevor eine gewisse Dynamik und sichtbare Fortschritte in diesen Beziehungen zu verzeichnen waren. Abzulesen ist dies an den erreichten Wegmarken in Form bedeutender Erklärungen und wichtiger bilateraler Verträge bis 1999 (Kap. 2.1). Das Studium dieser »ersten Phase« verdeutlicht, dass sowohl die EU als auch Russland in diesen Jahren in erster Linie mit sich selbst und ihren internen Entwicklungsprozessen beschäftigt waren. Diese Prozesse sind bei weitem noch nicht
abgeschlossen und werden auch in Zukunft noch einen erheblichen Einfluss auf die
Entwicklungen zwischen der EU und Russland ausüben (Kap. 2.2).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und Fragestellung
- Die Beziehungen zwischen der EU und Russland: »Komplexer Bilateralismus«
- Wegmarken der Entwicklung der EU-Russland Beziehungen
- Die EU und Russland - Zwei Akteure im Transformationsprozess.
- Die EU auf dem Weg zum eigenständigen außenpolitischen Akteur?
- Russland - Gefangen zwischen außenpolitischen Gestaltungsansprüchen einer Großmacht und innenpolitischem Modernisierungsdefizit?
- Chancen und Risiken in den EU-Russland Beziehungen: Ausbau zur strategischen Partnerschaft oder Entfremdung?
- Strukturelle Merkmale
- Sicherheitspolitik
- Wirtschaftspolitik
- Modernisierung ohne Demokratisierung? – Die Frage nach den gemeinsamen Werten Russlands und der EU
- Zwischenfazit: »Der Komplexe Bilateralismus« als Hintergrundfolie für die Konfliktperioden Kosovo - 9/11 – Irak
- Erklärungsansätze aus der Theorie der Internationalen Beziehungen
- Realistische und Neorealistische Erklärungsversuche
- Interdependenz und Neoinstitutionalismus
- Konstruktivismus
- Schlussfolgerungen für die Fragestellung
- Die Beziehungen zwischen der EU und Russland unter Druck
- Der Krieg im Kosovo
- Ereignischronologie und Eingrenzung des Betrachtungszeitraums
- Unmittelbare Folgen
- »Die Gemeinsame Strategie der EU für Russland« und die »Mittelfristige Strategie Russlands für die EU«
- Das »Nationale Sicherheitskonzept« und die »Nationale Militärdoktrin« Russlands
- Das »außenpolitische Konzept« Russlands.
- Die russische Antwort auf die NATO-Intervention im Kosovo: Tschetschenien und die Reaktion der EU
- Zusammenfassung: Strategische Neuausrichtung der Beziehungen?
- Mittel- bis langfristige Konsequenzen - Kosovo im Kontext
- Russland und der Kosovo - letztes Aufbäumen einer untergegangenen Großmacht?
- Kosovo: Die »Geburtsstunde« der EU als sicherheitspolitischer Akteur und die Folgen für den »Komplexen Bilateralismus«
- Zwischenbilanz I: Neue Klarheit und alte Probleme
- Der 11. September 2001
- Ereignischronologie und Eingrenzung des Betrachtungszeitraums
- Unmittelbare Folgen
- Mittel- bis langfristige Konsequenzen – 9/11 im Kontext
- Russlands Beitritt zur Antiterrorkoalition – Neue Strategie?
- Die EU und Russland nach 9/11: Neue Chancen für die strategische Partnerschaft?
- Zwischenbilanz II: Ein Jahr nach 9/11
- Irak-Krieg
- Ereignischronologie und Eingrenzung des Betrachtungszeitraums
- Unmittelbare Folgen
- Mittel- bis langfristige Konsequenzen - Irak im Kontext
- Zerbricht Putins Strategie am Riss im transatlantischen Bündnis?
- Die »Achse« Paris-Berlin-Moskau: Sprungbrett zur strategischen Partnerschaft EU-Russland?
- Alternative Entwicklungen für den »komplexen Bilateralismus« nach Irak
- Zusammenfassung: Kosovo – 9/11 – Irak
- Der »Komplexe Bilateralismus« - Ein schwieriger Kooperationsauftrag
- Abkürzungen
- Bibliographie und Quellenangaben
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit analysiert die Entwicklung der Beziehungen zwischen der EU und Russland im Zeitraum von 1999 bis 2003. Der Fokus liegt dabei auf den Auswirkungen von drei zentralen Krisen: dem Kosovo-Krieg, den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und dem Irak-Krieg. Die Arbeit untersucht, wie diese Ereignisse die Beziehungen zwischen den beiden Akteuren beeinflusst haben und welche Herausforderungen und Chancen sich daraus für die zukünftige Zusammenarbeit ergeben.
- Die Entwicklung des »Komplexen Bilateralismus« zwischen der EU und Russland
- Die Rolle von Krisen und Konflikten in der Gestaltung der EU-Russland Beziehungen
- Die Auswirkungen des Kosovo-Krieges, der Terroranschläge vom 11. September 2001 und des Irak-Krieges auf die Beziehungen zwischen der EU und Russland
- Die Herausforderungen und Chancen für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland
- Die Bedeutung von Sicherheitspolitik, Wirtschaftspolitik und gemeinsamen Werten für die Beziehungen zwischen der EU und Russland
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und erläutert den theoretischen Rahmen. Kapitel 2 beleuchtet die Entwicklung der Beziehungen zwischen der EU und Russland im Kontext des »Komplexen Bilateralismus«. Es werden die wichtigsten Wegmarken der Beziehungen, die Herausforderungen und Chancen sowie die strukturellen Merkmale der Zusammenarbeit dargestellt. Kapitel 3 analysiert verschiedene Erklärungsansätze aus der Theorie der Internationalen Beziehungen, die für das Verständnis der EU-Russland Beziehungen relevant sind. Kapitel 4 untersucht die Auswirkungen der drei Krisen (Kosovo-Krieg, 9/11, Irak-Krieg) auf die Beziehungen zwischen der EU und Russland. Es werden die unmittelbaren und mittel- bis langfristigen Folgen der Ereignisse analysiert und die Reaktionen der beiden Akteure beleuchtet. Kapitel 5 fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und diskutiert die Herausforderungen und Chancen für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die EU-Russland Beziehungen, den »Komplexen Bilateralismus«, die Sicherheitspolitik, die Wirtschaftspolitik, den Kosovo-Krieg, die Terroranschläge vom 11. September 2001, den Irak-Krieg, die Herausforderungen und Chancen der Zusammenarbeit, die Rolle von Krisen und Konflikten in der internationalen Politik sowie die Bedeutung von gemeinsamen Werten.
- Der Krieg im Kosovo
- Citation du texte
- Dipl.-Pol. Michael Pietsch (Auteur), 2004, Die Entwicklung der Beziehungen zwischen der EU und Russland unter verstärktem Krisendruck - Kosovo, Internationaler Terrorismus, Irak-Krieg (1999-2003), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113550