Determinanten der Zentralbankunabhängigkeit - eine kritische Analyse der europäischen Geldpolitik


Mémoire (de fin d'études), 2002

101 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Symbolverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Notwendigkeit der Zentralbankunabhängigkeit
2.1. Die Rechtfertigung des Ziels Preisniveaustabilität
2.1.1. Der Nutzen von Inflation
2.1.1.1. Die Phillipskurve als Beschäftigungsmotiv
2.1.1.2. Weitere Motive für Inflation
2.1.2. Die Kosten der Inflation
2.1.2.1. Bei korrekt antizipierter Inflation
2.1.2.2. Bei nicht korrekt antizipierter Inflation
2.2. Das Zeitinkonsistenzproblem
2.2.1. Das Ein-Perioden-Barro-Gordon Modell
2.2.2. Das mehrperiodige Spiel
2.2.3. Unvollständige Information
2.2.4. Die Lösungsmöglichkeiten des Zeitinkonsistenzproblems

3. Die Determinanten der Zentralbankunabhängigkeit
3.1. Die formale Unabhängigkeit der Zentralbank
3.1.1. Vorbemerkungen
3.1.2. Die funktionelle Unabhängigkeit
3.1.2.1. Die Zielformulierung
3.1.2.2. Die Unabhängigkeit von Weisungen und Beeinflussungen
3.1.3. Die personelle Unabhängigkeit
3.1.3.1. Die Ernennung der Zentralbankmitglieder
3.1.3.2. Die Amtszeiten der Zentralbankmitglieder
3.1.3.3. Die Verhinderung von Anreizen, sich politisch loyal 23 zu verhalten
3.1.4. Die instrumentelle Unabhängigkeit
3.1.5. Die institutionelle Unabhängigkeit
3.1.6. Die finanzielle Unabhängigkeit
3.1.7. Die Trennung der Bankenaufsicht von der Zentralbank
3.2. Die faktische Unabhängigkeit der Zentralbank
3.2.1. Das Verhältnis der Zentralbank zur Regierung
3.2.1.1. Die Bedeutung der Verschuldung
3.2.1.2. Die Häufigkeit der Regierungswechsel
3.2.1.3. Die Koordinierung im Fall von Schocks
3.2.2. Die Bedeutung der Lohnpolitik
3.2.3. Die Rolle der öffentlichen Meinung
3.2.3.1. Die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik in der 42 Öffentlichkeit
3.2.3.2. Die psychologische Wirkung des Wechselkurses
3.2.4. Weitere Determinanten

4. Kritische Analyse der Vereinbarkeit der Geldpolitik in Europa mit den Determinanten der Zentralbankunabhängigkeit
4.1. Die formale Unabhängigkeit der EZB
4.1.1. Vorbemerkungen
4.1.2. Die funktionelle Unabhängigkeit der EZB
4.1.2.1. Die Zielvorgabe nach Art. 105 EGV
4.1.2.2. Die Unabhängigkeit der EZB von Weisungen 50 und Beeinflussungen
4.1.3. Die Personelle Unabhängigkeit der EZB
4.1.3.1. Die Ernennung der EZB Mitglieder
4.1.3.2. Die Amtszeit der EZB Mitglieder
4.1.3.3. Die Verhinderung von Anreizen, sich politisch loyal 54 zu verhalten bei der EZB
4.1.3.4. Das Ve rhältnis von Direktorium und EZB-Rat
4.1.3.5. Die Personaldebatte um den EZB Präsidenten
4.1.4. Die instrumentelle Unabhängigkeit der EZB
4.1.5. Die institutionelle Unabhängigkeit der EZB
4.1.6. Die finanzielle Unabhängigkeit der EZB
4.1.7. Die Trennung der EZB von der Bankenaufsicht
4.2. Die faktische Unabhängigkeit der EZB
4.2.1. Das Verhältnis der EZB zu den Regierungen
4.2.1.1. Die Verschuldung in Europa
4.2.1.2. Der Einfluss nationaler Regierungswechsel auf 70 die Stabilität in Europa
4.2.1.3. Die Reaktion der EZB im Fall von Schocks
4.2.2. Die Lohnpolitik in Europa
4.2.3. Die Rolle der öffentlichen Meinung in Europa
4.2.3.1. Die Glaubwürdigkeit der bisherigen Geldpolitik der 76 EZB
4.2.3.1.1. Die Folgen der Abwertung des Euro für die 84 Glaubwürdigkeit der EZB

5.Schlussbetrachtungen

Literaturverzeichnis

Anhang

Eidesstattliche Erklärung

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Die kurzfristige und langfristige Phillipskurve.

Abbildung 2: Die Entwicklung des Euro in den letzten zwölf Monaten.

Abbildung 3: Die Entwicklung des Eurowechselkurses seit 01.01.1999.

Abbildung 4: Die für das Jahr 2001 geltenden Gewichte der IVX Hauptkomponenten des HVPI

Tabelle 1: Payoff-Matrix des Spiels zwischen Notenbank und Privaten.

Tabelle 2: Marktversagen bei der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit.

Tabelle 3: Haushaltsdisziplin und Schuldenstand im Euroraum.

Tabelle 4: Gegenüberstellung der Renditen europäischer und amerik- anischer Anleihen

Tabelle 5: Die Lohnpolitik in Europa.

Tabelle 6: Arbeitslosigkeit, Preise, Arbeitsproduktivität, neutraler Verteilungsspielraum, Lohnentwicklung und Verteilungs-bilanz 2001/2002

Tabelle 7: Inflationsraten im Euroraum von 1999-2002.

Tabelle 8: Die Zinsentscheidungen der EZB seit 1999

1. Einleitung

Die schlechte konjunkturelle Lage in Europa hat in jüngster Zeit den Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) verstärkt. Der Koalitionsvertrag der rot-grünen Bundesregierung enthält eine kaum verklausulierte Aufforderung an die EZB, die Zinsen zu senken.1 Auch der Stabilitätspakt, der die Mitgliedsstaaten im Euroraum zu soliden Staatsfinanzen verpflichtet, um politischen Druck auf die EZB zu verhindern, wird sowohl von den Mitgliedsstaaten, als auch von der EU-Kommission infrage gestellt. Inwieweit die Unabhängigkeit der EZB durch Gesetze und durch ihre bisherige Politik soweit gefestigt ist, dass sie derartigem Druck standhalten kann, soll in dieser Arbeit geklärt werden.

In Kapitel 2 wird zunächst darauf eingegangen, worin ein möglicher Nutzen einer expansiven Geldpolitik bestehen könnte. Dem gegenübergestellt werden die Kosten einer expansiven Geldpolitik, in Form von Inflation. Anschließend wird anhand des Zeitinkonsistenzmodells erläutert, warum nur eine von der Regierung unabhängige Zentralbank in der Lage ist, Preisniveaustabilität zu erreichen.

In Kapitel 3 wird aufgezeigt, welche Determinanten erfüllt sein müssen, um eine Zentralbank als unabhängig zu bezeichnen. In der Literatur wird der Begriff Zentralbankunabhängigkeit unterschiedlich verwendet. Debelle und Fischer unterscheiden zwischen Zielunabhängigkeit und Instrumentenunabhängigkeit. Von Zielunabhängigkeit spricht man, wenn die Zentralbank ihre Ziele frei wählen kann. Instrumentenunabhängigkeit bedeutet, die Zentralbank kann nur die geldpolitischen Instrumente zur Erreichung eines vorgegebenen Ziels frei wählen.2 Grilli Donato und Tabellini unterscheiden bei der Zentralbankunabhängigkeit hingegen zwischen politischer und ökonomischer Unabhängigkeit. Politische Unabhängigkeit meint, dass die Zentralbank das Ziel Preisniveaustabilität verfolgt, ohne dabei Weisungen der Regierung zu unterliegen. Ökonomische Unabhängigkeit liegt dann vor, wenn die Zentralbank ihre Geldpolitik allein kontrollieren kann und nicht zu Maßnahmen wie z.B. Devisenmarktinterventionen bei festen Wechselkursen gezwungen wird.3

Mangels einheitlicher Begriffsverwendung in der Literatur, werden in dieser Arbeit Determinanten herausgestellt, welche die Unabhängigkeit der Zentralbank bestimmen. Unterschieden wird dabei zwischen formaler Unabhängigkeit und faktischer Unabhängigkeit. Die formale Unabhängigkeit bezieht sich auf die Zentralbankverfassung, anhand derer überprüft wird, inwieweit die Unabhängigkeit gesetzlich verankert ist. Die faktische Unabhängigkeit wird durch das Verhältnis der Zentralbank zu wichtigen Akteuren wie der Regierung, den Tarifparteien und der Öffentlichkeit beeinflusst.

In Kapitel vier wird kritisch analysiert, inwieweit die im Kapitel drei untersuchten Determinanten der Zentralbankunabhängigkeit bei der EZB gegeben sind. Die formale Unabhängigkeit wird anhand der Bestimmungen der EZB-Satzung und des Vertrages zur Gründung der europäischen Gemeinschaft überprüft. Bei der faktischen Unabhängigkeit wird insbesondere auf die Diskussion um den Stabilitätspakt, die Auswirkungen der Lohnpolitik und die Rolle der öffentlichen Meinung in Europa eingegangen.

Im letzten Abschnitt erfolgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Arbeit.

2. Die Notwendigkeit der Zentralbankunabhängigkeit

2.1. Die Rechtfertigung des Ziels Preisniveaustabilität

2.1.1. Der Nutzen von Inflation

2.1.1.1. Die Phillipskurve als Beschäftigungsmotiv

Die Phillipskurve geht auf eine empirische Untersuchung von A.W. Phillips zurück, der den Zusammenhang zwischen Arbeitslosenquote und Nominallohnänderungen für den Zeitraum von 1861 bis 1957 in England untersuchte.4 Dabei entdeckte er eine überraschend stabile Beziehung zwischen beiden Größen. Bei steigender Arbeitslosigkeit nahmen die Steigerungsraten der Nominallöhne ab, bei sinkender Arbeitslosigkeit nahmen sie zu. Dieser Zusammenhang wird als originäre Phillipskurve bezeichnet.5 Die zentrale Aussage liegt in der Stabilität des Zusammenhangs von Lohnänderungen und Arbeitslosigkeit, welchen Phillips mit dem Gesetz von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt begründete.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die kurzfristige und langfristige Phillipskurve.6

Politische Brisanz erhielt die Phillipskurve jedoch erst durch Samuelson und Solow, welche die Änderungsraten der Nominallöhne durch die Inflationsrate ersetzten.7 Diese Änderung wird durch den Zusammenhang begründet, dass Lohnsteigerungen, die über den Produktivitätsfortschritt hinausgehen, zu Inflation führen.8 Die modifizierte Phillipskurve kann jetzt als ein Menü betrachtet werden, bei dem man nach belieben zwischen einer Kombination aus Arbeitslosigkeit und Inflation wählen kann.

Die Monetaristen Friedman und Phelbs bestritten diese Wahlmöglichkeit. Sie wiesen darauf hin, dass nicht die Nominallöhne auf dem Arbeitsmarkt interessieren, sondern die Reallöhne.9 Dies bedeutet, dass in die Lohnverhandlungen Erwartungen über die Entwicklung der Inflationsrate mit eingehen. Es kommt also auf die Erwartungsbildung an. Die Phillipskurve ist nur bei einer Inflationserwartung von Null stabil. Die Monetaristen gehen von adaptiven Erwartungen aus. Demnach passen die Arbeitnehmer ihre Erwartungen allmählich an die tatsächliche Inflationsrate an und verlangen entsprechend höhere Lohnzuschläge. Der „trade-off“ besteht nur kurzfristig, die langfristige Phillipskurve ist vertikal.10 Die Zentralbank kann durch Geldmengenexpansion kurzfristig Beschäftigungseffekte erzielen. Langfristig wird die Arbeitslosigkeit wieder auf ihr Ausgangsniveau zurückgehen, verbunden mit einer nun gestiegenen Inflationsrate. Die Zentralbank kann den kurzfristigen Beschäftigungseffekt wiederholen, jedoch nur durch eine Steigerung der Geldmengenexpansion. Langfristig ist eine Senkung der Arbeitslosigkeit durch die Geldpolitik nicht zu erreichen, sieht man von dem unrealistischen Fall ab, dass die Inflationsraten ständig steigen würden.

Die Kritik der Neuen Klassischen Makroökonomie bezieht sich auf die Erwartungsbildung. Adaptive Erwartungen sind unrealistisch, da die Arbeitnehmer nicht immer den selben Fehler begehen werden, sondern vielmehr vorab versuchen, diesen zu vermeiden. Sie nutzen alle verfügbaren Informationen und bilden rationale Erwartungen. Bei rationalen Erwartungen gibt es somit auch keinen kurzfristigen „trade-off“ mehr und eine expansive Geldpolitik ist wirkungslos. Nur durch nicht antizipierte Preissteigerungen kann es noch zu Beschäftigungseffekten kommen.11 Da sie jedoch nicht von der Zentralbank beeinflusst werden können und nur auf Schocks beruhen, soll dies hier nicht weiter thematisiert werden

Die Neo-Keynisianer kritisieren diese Sichtweise. Sie unterstellen ebenfalls rationale Erwartungen, behaupten aber, auch bei diesen kann es zu kurzfristigen Beschäftigungseffekten kommen. Sie begründen dies mit der Einbeziehung von Transaktionskosten. Eine ständige Änderung der Tarifverträge führt zu hohen Anbahnungs-, Abwicklungs- und Überwachungskosten. Es ist demnach rational, Tarifverträge für einen längeren Zeitraum abzuschließen und erst zu ändern, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden. Aufgrund dieser kurzfristigen Starrheit der Löhne kann es nach neo-keynesianischer Sichtweise zu Beschäftigungseffekten bei Inflation kommen.12

Neben der schon genannten Kritik ist darauf hinzuweisen, dass all diese Modelle eine perfekte Kontrollierbarkeit der Inflationsrate voraussetzen. Aufgrund der langen und variablen Wirkungsverzögerung der Geldpolitik ist diese nicht gegeben .13

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Phillipskurve - wenn überhaupt - nur einen kurzfristigen trade-off zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit bietet. Ob es sich lohnen könnte diesen auszunutzen, wird im Rahmen des Zeitinkonsistenzmodells diskutiert.

2.1.1.2. Weitere Motive für Inflation

Das in der Vergangenheit wichtigste Motiv für Inflation ist die Finanzierung von Staatsausgaben über die Seignorage. Letztlich hatten alle großen Inflationen in der Geschichte ihre Ursache in der Staatsfinanzierung durch eine weisungsabhängige Notenbank.14 Unter Seignorage versteht man die Einnahmen des Staates, welche durch die Differenz zwischen dem Nennwert staatlich emittierten Geldes und dessen vergleichsweise geringen Produktionskosten entstehen.15 Da die Wirtschaftssubjekte auch bei hohen Inflationsraten eine bestimmte reale Geldmenge für ihre laufenden Geschäfte halten müssen, sind sie nun gezwungen, einen höheren nominellen Geldbetrag zurückzulegen, welcher folglich nicht mehr für andere Ausgaben zu Verfügung steht. Die Wirkung entspricht einer Steuer, weshalb die Seignorage auch als Inflationssteuer bezeichnet wird.16

Der „grease-effect“ ist ein weiteres Motiv für Inflation. Bei zumindest kurzfristiger Geldillusion sind durch Inflation bei Nominallohnstarrheiten Reallohnsenkungen möglich, was sich nicht nur auf das Lohnniveau, sondern vor allem auf die Lohnstruktur auswirkt.17 Die veränderte Lohnstruktur zwischen den boomenden und den zurückbleibenden Branchen begünstigt einen rascheren Strukturwandel und hat damit wachstumsfördernde Wirkung.18

Ein weiterer Nutzen von Inflation ist die Gläubiger-Schuldner-Hypothese. Durch das Weginflationieren der Realschuld werden investierende Unternehmen begünstigt, während Haushalte und Banken verlieren. Bei einer Überraschungsinflation kommt es zumindest kurzfristig zu verstärkten Investitionen und stärkerem Wirtschaftswachstum, langfristig wird dieser Effekt durch Anpassung der Sollzinsen keinerlei Impulse bewirken.

2.1.2. Die Kosten von Inflation

2.1.2.1. Bei korrekt antizipierter Inflation

Von einer korrekt antizipierten Inflation spricht man, wenn alle Wirtschaftssubjekte jederzeit in der Lage sind, die tatsächliche Inflationsrate richtig vorherzusehen.19 Mit zunehmender Inflation steigen die Kosten der Geldhaltung. Die Wirtschaftssubjekte halten zu wenig Liquidität und sind nicht in der Lage, schnell auf relative Preisänderungen zu reagieren. Dieser Effekt wird als Kosten der suboptimalen Geldhaltung bezeichnet. Mit der zu geringen Geldhaltung ist auch die Zunahme der Bankbesuche verbunden, da jegliche Überschusskasse kurzfristig verzinslich angelegt wird. Man spricht in diesem Fall von „Schuhlederkosten“, die durch Inflation entstehen.20

Im Fall von Inflation müssen auch sämtliche nominelle Größen wie z.B. Preise und Löhne häufiger geändert werden. Die dadurch entstehenden Kosten werden als „Menu Costs“ bezeichnet. Bei sehr hohen Inflationsraten nehmen die Menu Costs stark zu und es wird möglicherweise auf eine andere Recheneinheit, z.B. eine ausländische Währung oder eine Zigarettenwährung, ausgewichen.

Weitere Kosten der Inflation ergeben sich durch das Steuersystem. Bei einer progressiven Einkommensbesteuerung führt Inflation dazu, dass die Steuerpflichtigen zunehmend in höhere Progressionsklassen eingestuft werden.21 Es findet eine Umverteilung von den Privaten zum Staat statt, die auch als kalte Progression bezeichnet wird. Auch die Sparer sind von der Inflation negativ betroffen. Sie müssen auch den Teil der Zinseinkünfte versteuern, der lediglich dem Ausgleich der Inflationsrate dient.22 Als Folge kommt es zu Steuerhinterziehungen oder Kapitalflucht.

Ein weiterer unerwünschter Effekt ist der Distributionseffekt von den Armen zu den Reichen. Reichere Bürger können der Inflation ausweichen, indem sie in Aktiva investieren, welche nicht durch Inflation entwertet werden. Bei Bürgern mit geringem Einkommen ist dies aufgrund von Transaktionskosten nicht lohnend. Damit wird auf der einen Seite eine Bevölkerungsschicht diskriminiert, auf der anderen Seite entstehen soziale Unruhen, da sich die benachteiligte Schicht dagegen auflehnen wird.23

Die Gewinnbesteuerung der Unternehmen bewirkt ebenfalls Verzerrungen. Die Abschreibungen orientieren sich an den Anschaffungskosten und nicht an den Wiederbeschaffungskosten. Somit spiegeln sie nur einen Teil des tatsächlichen Werteverlustes wider. Die Gewinne werden zu hoch ausgewiesen und die darauf zu zahlenden Steuern ebenfalls. Ein für den Staat negativer Effekt entsteht, wenn Veranlagungszeitraum und Zahlungszeitpunkt der Steuer nicht übereinstimmen. Bei sehr hohen Inflationsraten wird folglich der reale Wert der Steuerzahlung gering sein.24

2.1.2.2. Bei inkorrekt antizipierter Inflation

In der Realität ist es unwahrscheinlich, dass die künftige Inflationsrate von den Wirtschaftssubjekten korrekt vorhergesehen wird. Aufgrund dieser Unsicherheit kommt es zu verkürzten Laufzeiten bei Tarif- und Kreditverträgen. Dies verringert zwar die Wirkungen der Inflation, erhöht aber gleichzeitig auch die Transaktionskosten, da Verhandlungen häufiger geführt werden müssen.25 Für die Unternehmen sind daher die längerfristigen Lohn- und Fremdkapitalkosten schwer zu prognostizieren. Die Erwartungsunsicherheit verhindert die für die Volkswirtschaft wichtigen längerfristigen Investitionen.

Weiterhin wird auch die Funktionsfähigkeit der relativen Preise eingeschränkt. Wenn unterschiedliche Inflationserwartungen bestehen, werden unterschiedliche Preisaufschläge vorgenommen. Die Güterpreise spiegeln nun nicht mehr die relative Knappheit eines Gutes wider und verlieren infolgedessen ihre Steuerungsfunktion.26

Bei nicht erwarteter Inflation kommt es weiterhin zu nicht gewünschten Umverteilungswirkungen. Hier ist die oben schon erwähnte Gläubiger-Schuldner-Hypothese zu nennen, wo der Gläubiger aufgrund der gestiegenen Inflationsraten bei einem fest vereinbarten Zins verliert. Durch Inflation kommt es zu Fehlallokationen. Bestimmte Aktiva wie Geld und Bonds werden stärker entwertet und eine Flucht in Sachwerte wie Immobilien oder Gold findet statt. Im Immobilienbereich kommt es nun zu einer verstärkten Bautätigkeit und in der Folge zu Überkapazitäten, die volkswirtschaftlich schädlich sind.27

Die vorgenommene Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen der Inflation hat nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Es ist jedoch offensichtlich, dass die volkswirtschaftlichen Kosten der Inflation bei weitem höher sind, als ein eventueller Nutzen. Kosten der Disinflation und solche die aufgrund von marktinkonformen Maßnahmen entstehen, können aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit nicht erläutert werden, führen aber auch zu keinem anderem Ergebnis.28

2.2. Das Zeitinkonsistenzproblem

2.2.1. Das Ein-Perioden-Barro-Gordon Modell

Das Problem der Zeitinkonsistenz tritt immer dann auf, wenn ein Akteur ein bestimmtes Verhalten ankündigt, nach der Ankündigung jedoch keinen Anreiz mehr hat, sich an seine angekündigte Strategie zu halten.29 Das Modell von Barro Gordon30 zeigt das Dilemma, welches aus dieser Möglichkeit entsteht. Dem Modell liegt die Annahme zugrunde, dass die Notenbank den Wirtschaftsprozess perfekt steuern kann und sich an einer Wohlfahrtsfunktion orientiert, die mit den Präferenzen der Privaten übereinstimmt. Die Privaten bilden in diesem Modell lediglich ihre Inflationserwartungen, welche sie offen legen und an die sie, aufgrund von z.B. Tarifverträgen, bis zum Ende des Spiels gebunden sind. Die Zentralbank kann ihre Strategie hingegen jederzeit frei wählen. Sie kündigt eine Strategie an, woraufhin die Privaten ihre unveränderlichen Inflationserwartungen bilden. Für die Zentralbank ist ihre angekündigte Strategie nach Erwartungsbildung der Privaten nicht mehr optimal.31

Die soziale Wohlfahrtsfunktion der Notenbank und der Privaten lautet :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es handelt sich um eine Kostenfunktion. Kosten treten auf wenn die tatsächliche Arbeitslosenquote (U*) von einer Zielarbeitslosenquote abweicht. Bei einer zu hohen Arbeitslosenquote ist die Produktion in der Volkswirtschaft zu niedrig. Eine zu geringe Arbeitslosenquote kann nur durch Erwartungsirrtümer der Privaten erreicht werden, die ebenfalls negativ bewertet werden. Eine Abweichung der tatsächlichen Inflationsrate von einer hier mit null unterstellten Zielinflationsrate ist ebenso unerwünscht. Ob es zu negativen (Deflation) oder positiven (Inflation) Abweichungen kommt ist irrelevant. Die Quadrierung beider Zielabweichungen bewirkt, dass große Abweichungen stärker gewichtet werden als kleine.32

Wenn keine Abweichungen auftreten wird die Wohlfahrt maximiert. Sollte der Faktor b ≠ 1 sein, wird bei einem größeren b das Beschäftigungsziel, bei einem kleineren b das Stabilitätsziel höher gewichtet.33

Als Nebenbedingung wird nun die schon beschriebene, um Erwartungen erweiterte, modifizierte Phillipskurve unterstellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die tatsächliche Arbeitslosenquote weicht nur von der natürlichen Arbeitslosenquote ab, wenn Erwartungsfehler ( [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ) auftreten. Die für das Modell entscheidende Größe ist der Faktor k in Gleichung III.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die obere Grenze des Parameters k von eins bedeutet, dass die Privaten eine tatsächliche Arbeitslosigkeit anstreben, welche kleiner als die Natürliche ist. Eine zu hohe natürliche Arbeitslosigkeit entsteht nach Barro Gordon durch Einkommensteuererhebungen auf der einen Seite und durch Arbeitslosenunterstützung auf der anderen Seite. Dadurch wird es attraktiver Freizeit zu konsumieren, als Arbeit anzubieten. Eine weitere Annahme des Modells ist das Vorliegen vollständiger Information. Bei vollständiger Information bilden die Privaten rationale Erwartungen und unvorhergesehene Schocks treten nicht auf34.

Die Gleichungen 2 und 3 in die soziale Wohlfahrtsfunktion eingesetzt, ergeben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die optimale Inflationsrate ergibt sich nun durch Ableitung der Funktion nach π .

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da laut Annahme die Parameter a und b und die natürliche Arbeitslosigkeit positiv sind, kann der erste Term niemals null werden und die optimale Inflationsrate wird stets positiv sein. Die Zentralbank wird also in jedem Fall versuchen, durch Inflation positive Beschäftigungseffekte zu erzielen, wobei die Höhe der Inflation entscheidend von den Inflationserwartungen im zweiten Term abhängt. Sehen die Privaten die Ankündigung der Zentralbank als glaubhaft an (πe = 0), wird der zweite Term null und die Inflationsrate im Falle der Überraschungsinflation beträgt:35

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieses eingesetzt in die Wohlfahrtsfunktion ergibt soziale Kosten von:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine Überraschungsinflation würde jedoch der oben getroffenen Annahme rationaler Erwartungen widersprechen. Sie kennen das Modell und erwarten die tatsächlich eintreffende Inflationsrate. Die optimale Inflationsrate lautet dann:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die optimale Inflation ist in diesem Fall also höher als bei der Überraschungsinflation. Aufgrund der vollständig antizipierten Inflation gelingt es nach Gleichung II hier auch nicht mehr, die Arbeitslosenquote zu senken. Die sozialen Kosten betragen jetzt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Zentralbank wird durch ihren diskretionären Spielraum bestraft, da sie versuchen könnte die natürliche Arbeitslosigkeit mittels Inflation zu senken. Die Ankündigung einer Inflation von null ist bei rationalen Erwartungen nicht glaubwürdig. Barro und Gordon schlagen deshalb vor, die Zentralbank an eine Regel zu binden, wodurch sie zwar ihren diskretionären Spielraum verliert, jedoch glaubwürdig eine Inflation von null ankündigen kann.36

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die sozialen Kosten bei der Regelbindung betragen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vergleicht man die jeweiligen sozialen Kosten miteinander, ergibt sich folgende Hierarchie:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Politik der Überraschungsinflation wäre die optimale Lösung, ist jedoch bei rationalen Erwartungen niemals zu erreichen. Durch die Regelbindung schränkt die Zentralbank zwar ihren diskretionären Spielraum ein, ihre Ankündigung keine Inflation zu erzeugen, wäre jedoch glaubwürdig. Ohne Regelbindung stellt sich in diesem Modell die schlechteste aller Lösungen ein.37

Realisiert die Zentralbank trotz Inflationserwartungen der Privaten eine Nullinflationspolitik, sind die sozialen Kosten der sogenannten Disinflation am höchsten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese hohen sozialen Kosten sind darin begründet, dass in die vereinbarten Nominallöhne die zu hohen Inflationserwartungen eingegangen sind. Infolgedessen sind die Reallöhne bei einer Inflation von null zu hoch und es kommt zu Entlassungen.38

Die unterschiedlichen sozialen Kosten sollen durch folgende Matrix verdeutlicht werden:

Die vereinfachte soziale Wohlfahrtsfunktion lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Payoff-Matrix des Spiels zwischen Notenbank und Privaten.39

Die Matrix illustriert, dass die geringsten sozialen Kosten bei der Überraschungsinflation anfallen. Diese ist aufgrund rationaler Erwartungen nicht erreichbar, wodurch nur die Regelbindung der Geldpolitik als Lösung sinnvoll erscheint.40

2.2.2. Das mehrperiodige Spiel

Das Grundmodell von Barro Gordon bezieht sich nur auf eine Periode. Für die Realität ist es sinnvoll, intertemporale Auswirkungen von Entscheidungen zu betrachten, da die Notenbank nicht nach jeder Periode ausgewechselt wird.41 Werden mehrere Perioden betrachtet, wird der Aufbau von Reputation durch stabilitätsorientiertes Verhalten möglich.42 Die Zentralbank muss in diesem Fall abwägen, ob es sinnvoll ist, kurzfristige Gewinne durch eine Überraschungsinflation mit langfristigen Nachteilen für die Glaubwürdigkeit zu erkaufen. Bei einer aufgrund niedriger Inflationserwartungen der Privaten durchgeführten Überraschungsinflation, verliert die Zentralbank für einen bestimmten Zeitraum ihre Reputation. Hier ist entscheidend , für welchen Zeitraum die Privaten, zum Schutz vor einer weiteren Überraschungsinflation, ihre Inflationserwartungen nach oben setzen. Ist der Zeitraum lang genug, wird die Zentralbank aufgrund der sozialen Kosten von vornherein auf eine Überraschungsinflation verzichten. Die Reputationslösung ist nur bei einem unendlichen Spielzeitraum erreichbar. Bei einem endlichen Zeitraum ist es für die Zentralbank in der letzten Periode nicht mehr sinnvoll, Reputation aufzubauen, da sie nicht mehr durch die Privaten sanktioniert werden kann. Sie wird folglich eine Überraschungsinflation durchführen.43 Die Privaten antizipieren dies und werden in der letzten Periode ihre Inflationserwartungen hoch setzen. Damit lohnt es sich auch in der vorletzten Periode für die Zentralbank nicht mehr, Reputation aufzubauen. Durch Rückwärtsinduktion lässt sich die Argumentation (das sogenannte Handelskettenparadoxon) bis zur ersten Periode fortsetzen, wodurch es für die Zentralbank bei endlichem Zeithorizont niemals sinnvoll sein kann in Reputation zu investieren.44

Bei unendlichem Zeithorizont betrachten Barro Gordon als Vergeltungsmechanismus sogenannte Triggerstrategien. Die Ausgestaltung dieses Mechanismus bestimmt, wie stark die Privaten auf eine Abweichung der angekündigten Politik reagieren. Zu beachten ist, wie schnell die Privaten ihre Inflationserwartungen reduzieren. Bei einer langsamen Reduktion sind die sozialen Kosten in der Zukunft höher und bewirken einen Abschreckungseffekt für die Zentralbank. Bei einem unendlichen Zeithorizont kann die zweitbeste Lösung so eigenem Interesse und ohne Regelbindung der Zentralbank erreicht werden.45

2.2.3. Unvollständige Information

Durch die Annahme vollständiger Information wurde bislang weder die genaue Kenntnis der Zielfunktion der Notenbank durch die Privaten infrage gestellt, noch wurden die in der Realität auftretenden Schocks betrachtet. Die Unkenntnis der Zielfunktion führt dazu, dass die Privaten nicht wissen ob sie es mit einer starken oder einer schwachen Notenbank zu tun haben. Eine starke Notenbank verfolgt ausschließlich das Ziel Preisniveaustabilität, während eine schwache Notenbank auch das Beschäftigungsziel verfolgt und dafür auch eine Überraschungsinflation verursacht. Die Privaten wissen nicht, welchem Typ die Notenbank zuzuordnen ist und bilden eine subjektive Wahrscheinlichkeit (p) darüber, dass sie es mit einer starken Notenbank zu tun haben. Je höher diese Wahrscheinlichkeit ist, desto niedriger wird die erwartete Inflationsrate sein.46 Die Wahrscheinlichkeit ist im Zeitablauf jedoch nicht konstant, sondern hängt vor allem von der Glaubwürdigkeit und damit der Politik der Zentralbank in der Vergangenheit ab. Eine stabilitätsorientierte Politik lässt die Wahrscheinlichkeit für eine starke Notenbank ansteigen. Hierdurch bietet sich jedoch die Möglichkeit, für eine schwache Notenbank zuerst durch eine stabilitätsorientierte Politik Reputation aufzubauen und wenn die Inflationserwartungen hinreichend reduziert worden sind, eine Überraschungsinflation durchzuführen.47 Das (p) wird aus diesem Grund sehr langsam ansteigen und sofort für immer auf null zurückgehen, sollte sich die Zentralbank einmal als schwache Notenbank enttarnt haben.

Bei Unkenntnis über die Zielfunktion wäre es somit sinnvoll, die Zentralbank an eine Regel zu binden. Bei einer starken Notenbank würden sofort die niedrigeren Inflationsraten erreicht und einer schwachen wird von vornherein die Möglichkeit genommen, ein anderes Ziel als Preisniveaustabilität zu verfolgen.48

Gegen die Regelbindung spricht die Einbeziehung von stochastischen Schocks.49 Diese können als Nachfrage- und Angebotsschocks auftreten. Als Nachfrageschock sei hier ein starker Rückgang der Exportnachfrage und als Angebotsschock ein starker Anstieg des Ölpreises angenommen. Bei einem Nachfrageschock sinkt die Produktion und infolgedessen die Beschäftigung zusammen mit dem Preisniveau. Die Zentralbank kann in diesem Fall durch eine expansive Geldpolitik den Nachfrageschock konterkarieren und Produktion und Beschäftigung wieder auf das Ausgangsniveau bringen. Ein Konflikt zwischen Preisniveaustabilität und dem Beschäftigungsziel besteht nicht, da das Preisniveau vorher unter dem Zielwert lag. Im Fall eines Angebotschocks, wie er zu Zeiten der Ölkrise auftrat, ist die Situation für die Zentralbank komplexer. Bei einem Angebotsschock sinken Produktion und Beschäftigung bei einem gleichzeitigen Anstieg der Preise. Die Zentralbank hat in diesem Fall 3 Möglichkeiten:50

1. Durch expansive Geldpolitik versuchen die Produktion stabil zu halten und dafür einen weiteren Anstieg des Preisniveaus in Kauf zu nehmen.
2. Durch restriktive Geldpolitik die Produktion weiter fallen zu lassen, aber dafür das Preisniveau stabil zu halten.
3. Die Geldmenge stabil zu halten, wodurch sich der Effekt auf Produktion und Beschäftigung verteilt.

Welche Möglichkeit die Zentralbank im Falle eines Angebotsschocks wählt, hängt von verschiedenen Faktoren wie ihrer konkreten Zielformulierung, dem Verhältnis zu den Gewerkschaften und der Inflationsaversion der Bevölkerung ab. Auf die Faktoren wird später noch ausführlich eingegangen. Es lässt sich jedoch feststellen, dass unter Einbeziehung von Schocks eine diskretionäre Geldpolitik einer starren Regelbindung überlegen ist.

2.2.3. Die Lösungsmöglichkeiten des Zeitinkonsistenzproblems

Die bisherige Diskussion des Zeitinkonsistenzproblems hat gezeigt, dass ein trade-off besteht, zwischen einer starren Regelbindung und einer diskretionären Geldpolitik der Zentralbank. Während eine starre Regelbindung glaubwürdiger ist und damit die Inflationserwartungen senkt, kommt es Im Fall Schocks durch die Inflexibilität zu höherer Arbeitslosigkeit. Bei der diskretionären Geldpolitik muss zwar mit höheren Inflationserwartungen gerechnet werden, sie ist jedoch flexibel genug, Schocks auszugleichen. Welche Geldpolitik optimal ist, hängt davon ab, wie häufig und wie stark die Schocks, und wie stark jeweils das Ziel Preisniveaustabilität und Beschäftigung gewichtet wird.51 In der Literatur werden verschiedene Modelle zur Lösung des Zeitinkonsistenzproblems diskutiert, welche im folgenden vorgestellt werden.

Eine starre Regelbindung der Geldpolitik ist eng mit dem Monetaristen Milton Friedman verbunden. Dieser befürwortete ein konstantes Geldmengenwachstum. Durch die passive Geldpolitik erfolgt eine Reduktion der Erwartungsunsicherheit und somit eine Stabilisierung der Wirtschaft.52 Gegen diese Regel spricht zum einen, dass sie voraussetzt, dass Schocks kaum oder nur in sehr schwacher Form auftreten. Zum anderen ist zu beachten, dass sie nur in Zeiten von Preisniveaustabilität implementierbar ist. Herrscht schon Inflation sind die Kosten der Disinflation in Form von Arbeitslosigkeit zu hoch, um eine solche Regel politisch durchzusetzen.53 Ein weiteres Argument gegen die Regel ist, dass Politiker häufig weniger Gemeinwohlmaximierer sind, als vielmehr persönliche Ziele wie Macht, Einkommen und Prestige verfolgen. Eine starre Regelanwendung wird nun kaum in der Öffentlichkeit besonders gewürdigt werden.54 Ein letzter Kritikpunkt hinsichtlich der friendmanschen Regel ist, dass sich weder die Geldmenge noch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes genau steuern lassen. Die Zentralbankgeldmenge ist nur ein kleiner Teil des Geldmenge. Die gesamte Geldmenge wird vielmehr durch das Verhalten der Kreditinstitute und Nichtbanken bestimmt. Auch die Geldumlaufgeschwindigkeit ist nicht konstant, wodurch trotz konstanten Geldmengenwachstums die anderen Größen der Quantitätsgleichung, Inflation und Wirtschaftswachstum, entweder beide oder zumindest eine instabil wären.55

In der Literatur wird auch die Möglichkeit der flexiblen Regelbindung diskutiert. Durch eine flexible Regel wäre es möglich, auf Schocks angemessen zu reagieren. Dagegen lässt sich anführen, dass es keine Regel gibt, die auf sämtliche Arten von Schocks reagieren kann und selbst wenn sie entwickelt werden würde, wäre sie so komplex, dass sie aufgrund der mangelnden Transparenz ebenfalls keine Glaubwürdigkeit zu erzeugen vermöge.56

Eine weitere Lösung, welche auch in der Praxis angewendet wird, ist der Prinzipal Agenten Ansatz. Diese in Neuseeland angewendete Lösung, gibt der Zentralbank ein konkretes Inflationsziel vor. Bei Nichterreichung des Inflationsziels haben die Notenbanker persönlich mit Sanktionen in Form von Gehaltskürzungen und im schlimmsten Fall der Entlassung zu rechnen. Durch die Sanktionen werden die Notenbanker Preisniveaustabilität aus Eigeninteresse anstreben.57 Diese Lösung weist ein hohes Maßan Transparenz auf, indem die Inflationsrate von jedem beobachtet werden kann und demzufolge zu einer hohen Glaubwürdigkeit der Zentralbank führt. Bestimmte Abweichungen vom vorgegebenen Inflationsziel werden als gerechtfertigt angesehen, sofern sie auf unvorhersehbaren Schocks beruhen.58 Durch diese im Sinne der Verantwortlichkeit sinnvolle Regelung, können sich leicht gewisse Spielräume ergeben, da sich die Wirkungen des Schocks und der Zentralbankpolitik im Ergebnis vermischen. Ein schlechtes Ergebnis wird von der Zentralbank immer mit dem Einfluss von Schocks begründet, während ein gutes Ergebnis für den Erfolg der Zentralbank steht. Das bei diesem Ansatz größte Problem ist jedoch die Glaubwürdigkeit der Durchsetzung der Sanktionen. Gerader die Politiker haben vor Wahlen ein hohes Interesse an niedriger Arbeitslosigkeit und werden insofern selbst die Zentralbank bedrängen, durch Aufgabe der Stabilitätspolitik die Arbeitslosigkeit kurzfristig zu senken. Eine Sanktionierung durch die Politiker wäre somit für die Privaten nicht glaubwürdig. Die Sanktionierung durch die Privaten selbst wäre die beste Lösung, nur wird dies für die Praxis schwer zu regeln sein.59

Kenneth Rogoff hat zur Lösung des Zeitinkonsistenzproblems die Ernennung eines konservativen Zentralbankers vorgeschlagen. Hierunter ist eine Person zu verstehen, die dem Ziel der Preisniveaustabilität ein höheres Gewicht beimisst als der Rest der Gesellschaft und somit die Inflationserwartungen glaubwürdig reduzieren kann. Rogoff selbst setzt für diese Lösung die Unabhängigkeit der Zentralbank voraus.60 Ein weisungsabhängiger Zentralbankchef würde seine Stabilitätspolitik niemals durchsetzen können, wenn er massivem Druck der Regierung ausgesetzt wäre. Er hätte dann die Wahl, seine Politik zu ändern oder von seinem Amt zurückzutreten, um seiner Entlassung vorzubeugen.61 Das Zeitinkonsistenzproblem und die damit verbundenen Inflationsgefahren lassen sich demnach nur über eine von der Regierung unabhängige Zentralbank lösen. Welche formalen Voraussetzungen für eine unabhängige Zentralbank in der Notenbankverfassung erforderlich sind und wie die Zentralbank durch ihre Politik auch faktische Unabhängigkeit erlangt, wird im weiteren Thema dieser Arbeit sein.

3.Die Determinanten der Zentralbankunabhängigkeit

3.1. Die formale Unabhängigkeit

3.1.1. Vorbemerkungen

Die Determinanten der formalen Unabhängigkeit werden in der Literatur nicht einheitlich voneinander abgegrenzt. Insbesondere die instrumentelle Unabhängigkeit wird häufig als Bestandteil der funktionellen Unabhängigkeit gesehen.62 Unter funktioneller Unabhängigkeit wird in dieser Arbeit jedoch die Bedeutung einer konkreten Zielformulierung und die Unabhängigkeit von Weisungen durch die Regierung verstanden. Im Rahmen der instrumentellen Unabhängigkeit wird hingegen auf die freie Wahl der geldpolitischen Instrumente eingegangen. Mit der Zielformulierung wird in diesem Punkt nur die gesetzliche Formulierung behandelt. Die Erreichung dieser Zielvorgabe, insbesondere durch die Strategie der Zentralbank, wird später bei der faktischen Unabhängigkeit diskutiert.

3.1.2. Die funktionelle Unabhängigkeit

3.1.2.1. Die Zielformulierung

Aufgrund der volkswirtschaftlich hohen Kosten von Inflation und zur Überwindung des Zeitinkonsistenzproblems ist es sinnvoll, die Zentralbank im Statut auf die Sicherung der Preisniveaustabilität zu verpflichten. Die Zielformulierung sollte eindeutig sein, um den Ermessensspielraum der Zentralbank zu beschränken.63 Werden neben der Preisniveaustabilität noch weitere Ziele festgeschrieben, führt dies zu Unsicherheit bei den Privaten, da sie nicht wissen, welches Ziel die Zentralbank am stärksten gewichtet. Ziele wie die Förderung des Wirtschaftswachstums oder die Senkung der Arbeitslosigkeit konfligieren kurzfristig mit der Preisniveaustabilität, wodurch sich die Zentralbank ständig in einer Dilemmasituation befände. Ein konkretes Ziel wie Preisniveaustabilität bietet den Privaten einen Orientierungspunkt bei ihren wirtschaftlichen Entscheidungen. Die Zielfestlegung erleichtert es den Privaten, die Zentralbank im Nachhinein zu kontrollieren.64 Bei Erreichung des vorgegebenen Zieles wird sie eine Reputation aufbauen, durch welche ihre Inflationsankündigen glaubwürdiger werden.65

3.1.2.2. Die Unabhängigkeit von Weisungen und Beeinflussungen

Die Unabhängigkeit einer Zentralbank wird im Gesetz dadurch definiert, dass sie keinen direkten Weisungen Dritter unterliegt.66 Unter Dritten sind sämtliche Personen oder Organe zu verstehen, die ein Interesse an einer inflationären Politik haben könnten. Insbesondere die Regierung hat aufgrund von kurzfristigen Beschäftigungseffekten und der Finanzierung von Ausgaben ein Interesse, eine inflationäre Politik zu betreiben67 Weisung bedeutet hier, dass der Zentralbank keine verbindlichen Regelungen von Dritten aufoktroyiert werden dürfen.68

Neben den Weisungen gibt es auch die Möglichkeit von Beeinflussungen durch Dritte. Beeinflussungen durch Dritte sind zwar nicht rechtsverbindlich, können jedoch ebenfalls die Unabhängigkeit der Zentralbank gefährden, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, die Zentralbank führe ihre Geldpolitik nicht mehr eigenständig durch. Dies bewirkt eine Reduktion der Glaubwürdigkeit der Zentralbank. Die Beeinflussung ist eher der faktischen Unabhängigkeit zuzurechnen, soll aber aufgrund einer stringenten Argumentationskette schon an dieser Stelle abgehandelt werden. Mit politischen Druck durch die Regierung ist vor allem dann zu rechnen, wenn in wirtschaftlichen Krisenzeiten der Zentralbank vorgeworfen wird, eine im Statut häufig vorgesehene Unterstützung der Wirtschaftspolitik unzureichend zu leisten. Die Zentralbank kann von der Regierung für die schlechte wirtschaftliche Lage zum „Sündenbock“ erklärt werden. Insofern ist es wichtig, dass die Zentralbank ihre Geldpolitik unabhängig von Weisungen und Beeinflussungen durchführen kann. Sollte die Regierung versuchen, trotz gesetzlicher Unabhängigkeit, die Zentralbank unter Druck zu setzen, gibt es verschiedene Möglichkeiten für die Zentralbank sich zur Wehr zu setzen. Sie könnte vor Gericht dahingehend eine Klage anstreben, dass sie sich aufgrund des politischen Drucks, in ihrem Unabhängigkeitsstatus beschränkt sehe. Allerdings dürfte diese Möglichkeit, aufgrund der Langwierigkeit des Verfahrens und der schwierigen Beweislage, eher selten in Anspruch genommen werden. Viel einfacher wäre es für die Zentralbank, den Konflikt in der Öffentlichkeit auszutragen. Besteht in der Öffentlichkeit ein großes Interesse an Preisniveaustabilität und genießt die Zentralbank bei der Verfolgung dieses Ziels hohe Glaubwürdigkeit, wird es für die Regierung schwer, Inflationsinteressen durchzusetzen.69 Hier wird der Zusammenhang zwischen einer klaren Zielformulierung und der Festschreibung der Unabhängigkeit im Gesetz deutlich.70 Folglich ist Unabhängigkeit von Weisungen und Beeinflussungen eine Voraussetzung, damit die Zentralbank ihr vorgegebenes Ziel erreichen kann.

3.1.3. Die personelle Unabhängigkeit

3.1.3.1. Die Ernennung der Zentralbankmitglieder

Trotz funktioneller Unabhängigkeit kann die Regierung möglicherweise indirekt Einfluss auf die Zentralbank ausüben. Zur Vermeidung dessen ist es notwendig, dass im Gesetz auch die personelle Unabhängigkeit der Zentralbankmitglieder gewährleistet wird. Die personelle Unabhängigkeit wird unter anderem von dem Ernennungsverfahren der Zentralbankmitglieder bestimmt. Bestimmt die Regierung die Zentralbankmitglieder, wird sie Personen berufen, von denen eine regierungskonforme Geldpolitik zu erwarten ist. Dagegen könnte allerdings der Beckett Effekt sprechen.71 Dieser führt zu einer Verhaltensänderung nach Amtsübernahme der jeweiligen Person und damit zu einer Politik entgegen den vorherigen Erwartungen. Davon ausgehend, dass dieser Effekt nicht immer eintreten wird, ergibt sich durch die alleinige Ernennungskompetenz der Regierung eine Gefahr für die Zentralbankunabhängigkeit. Mithin ist es sinnvoll, mehrere Institutionen an der Ernennung zu beteiligen.72 Ob die Auswahlkriterien, der in Frage kommenden Kandidaten, gesetzlich festgeschrieben sind, sollte ebenfalls beachtet werden. Für die Glaubwürdigkeit ist es bedeutsam, kompetente Mitglieder zu berufen, da diese über die Fähigkeit verfügen, eine preisstabile Geldpolitik durchzuführen.73 Wenn die Mitglieder eine bestimmte Reputation in geldpolitischen Fragen besitzen, wird es für die Regierung auch schwieriger, die Zentralbank in ihren Entscheidungen unter Druck zu setzen.74

3.1.3.2. Die Amtszeiten der Zentralbankmitglieder

Um die Mitglieder vor politischem Druck zu bewahren und die Glaubwürdigkeit der Zentralbank zu erhöhen, sollten im Gesetz lange Amtszeiten fixiert sein.75 Durch lange Amtszeiten ist eine kontinuierliche und damit glaubwürdigere Geldpolitik möglich. Häufige Neuernennungen indes führen zu Unsicherheit über die geldpolitische Einstellung der Mitglieder und infolgedessen zu einer Zurückhaltung der wirtschaftlichen Aktivität. Eine Amtszeit sollte so bemessen sein, dass diese deutlich länger als eine Legislaturperiode der Regierung ist. Hierdurch wird verhindert, dass jede neue Regierung die Zentralbankmitglieder in ihrem Sinne austauschen kann.76 Ein ähnliches Ziel verfolgt auch die Forderung nach einer zeitlichen Überlappung der Amtszeiten. Eine Überlappung verhindert zum einen die komplette Auswechslung durch regierungskonforme Mitglieder zu einem bestimmten Zeitpunkt. Zum anderen ergibt sich auch nicht das Problem der letzten Periode,77 in der die Zentralbank keinen Anreiz mehr für eine stabilitätsorientierte Geldpolitik hat. Kritisch zu sehen sind lange Amtszeiten, wenn die Mitglieder keine stabilitätsorientierte Politik betreiben und die Privaten die Glaubwürdigkeit der Zentralbank anzweifeln. Um dies zu vermeiden sind neben den genannten Voraussetzungen noch weitere Anreize für die Zentralbankmitglieder erforderlich.

3.1.3.3. Die Verhinderung von Anreizen, sich politisch loyal zu verhalten

Ein loyales Verhalten könnte beispielsweise mit dem Versprechen auf Wiederernennung durch die Regierung erreicht werden. Durch die Möglichkeit der Wiederernennung könnte ein Mitglied versuchen, seine Chancen durch Wohlverhalten gegenüber der Regierung zu verbessern.78 Die Wiederernennung sollte daher zur Erhöhung der personellen Unabhängigkeit durch die Notenbankverfassung ausgeschlossen werden.

Die Abberufung von Notenbankmitgliedern sollte nur in Ausnahmefällen zugelassen werden, z.B. bei schweren Verfehlungen, und von der Zustimmung mehrerer Organe abhängen. Anderenfalls ergäbe sich die Möglichkeit für die Regierung, bei Notenbankmitgliedern politischen Druck durch Androhung der Abberufung zu erzeugen und im Falle des Widerstandes, die Abberufung durchzusetzen.79

Personelle Unabhängigkeit erfordert weiterhin ein gesetzliches Verbot, während der Amtszeit andere Tätigkeiten auszuüben. Insbesondere sind hiermit politische Nebentätigkeiten gemeint. Aus diesem Grund wird auch die Bezahlung der Notenbanker über allen anderen im öffentlichen Dienst liegen. Wäre dies nicht der Fall, könnte die Regierung die Zentralbanker dadurch beeinflussen, dass sie ihnen Karrierechancen in der Politik verspricht.80 Auch nach Ablauf der Amtszeit sollten Ämter in der Politik verboten sein, um auch diesen Anreiz zu vermeiden. Durch das Verbot politische Ämter während und nach der Notenbanktätigkeit zu bekleiden, besteht ein Anreiz für Notenbanker, in den Geschäftsbankensektor zu wechseln. Hier zahlt es sich besonders aus, wenn ein Notenbanker als stabilitätsorientiert gilt.81

Festzustellen ist, dass die personelle Unabhängigkeit eine Reihe von Regelungen erfordert, welche gesetzlich fixiert werden sollten. Eine Notenbankverfassung, die diese Anforderungen erfüllt, trägt zur Unabhängigkeit der Zentralbank bei.

Ein weiterer Anreiz für Zentralbanker, eine stabilitätsorientierte Politik zu betreiben, ist der damit verbundene Prestigegewinn. Das Prestige wird durch das Ansehen der Notenbanker in der Öffentlichkeit und nicht durch Gesetze bestimmt. Somit gehört es eigentlich zur faktischen Unabhängigkeit. Da es allerdings auch politische Loyalität verhindert, wird es an dieser Stelle behandelt. Geht man davon aus, dass Zentralbanker versuchen, ihren eigenen Nutzen zu maximieren, verfolgen sie neben der Einkommensmaximierung auch das Ziel, ihr Ansehen in der Öffentlichkeit zu steigern.82 Besteht in der Öffentlichkeit großes Interesse an Preisniveaustabilität, wird der Zentralbanker bei Erreichung ein hohes Maßan Prestige erlangen. Aber auch für den Fall, dass wenig Interesse an Preisniveaustabilität besteht, wird der Zentralbanker sein Ansehen nicht durch eine inflationäre Politik maximieren können.83 Dieses setzt allerdings eine diesbezügliche Zielformulierung in der Notenbankverfassung voraus. Der Zentralbanker würde sich ständig mit dem Bruch dieser konfrontiert sehen, mit negativen Folgen für sein Prestige.

Die Persönlichkeit der Notenbanker spielt ebenfalls eine Rolle für die faktische Unabhängigkeit. Eine schwache Persönlichkeit könnte möglicherweise eine formal unabhängige Notenbank faktisch abhängig werden lassen.84 Für die Regierung wäre es eine ständige Herausforderung, die Schwäche für ihre eigenen Interessen zu nutzen. Ein starke Persönlichkeit könnte hingegen über die Kompetenzen der Notenbank hinaus, Druck auf die Regierung ausüben. Die genaue Quantifizierung der Persönlichkeit dürfte in der Realität schwer sein, da sie auch zu einem Teil von der Stärke der Gegenseite, in diesem Fall der Regierung, abhängt.85

3.1.4. Die instrumentelle Unabhängigkeit

Eine Notenbank muss bei den Bemühungen um Preisniveaustabilität über die dafür wichtigen Instrumente verfügen und diese auch frei einsetzen können.86 Insbesondere darf die Festlegung von Zinssätzen als geldpolitisches Steuerungsinstrument nur durch die Notenbank selbst erfolgen.

Die instrumentelle Unabhängigkeit verlangt ebenfalls ein Verbot der Staatsfinanzierung durch die Notenbank. Sämtliche großen Inflationen des letzten Jahrhunderts sind durch den Einsatz der Notenpresse verursacht worden.87 Man könnte sich vorstellen, es würde ausreichen, wenn die Zentralbank autonom über die Kreditvergabe an den Staat entscheiden kann. In diesem Fall bleibt jedoch immer noch die Gefahr, politischem Druck nachzugeben und eine inflationäre Staatsfinanzierung zu ermöglichen. Ein generelles Verbot lässt diese Möglichkeit gar nicht erst aufkommen.88

Man unterscheidet zwischen direkter und indirekter Kreditfinanzierung des Staates durch die Notenbank. Direkte Kreditfinanzierung umfasst die Gewährung von Buchkrediten an den Staat und den Erstankauf von Staatspapieren, wodurch die Zentralbank von Beginn an als Gläubiger auftritt.89 Bei der indirekten Kreditfinanzierung wird hingegen erst eine Geschäftsbank zwischengeschaltet. Im Rahmen von Offenmarktgeschäften kauft die Zentralbank Staatspapiere von den Geschäftsbanken. In der Literatur ist strittig, ob die Zentralbank durch diese Art von Geschäften in ihrer Unabhängigkeit beschränkt wird. Frenkel/Klein führen an, dass sämtliche Offenmarktgeschäfte zur Finanzierung von Staatsdefiziten beitragen.90 Werden im Rahmen von Offenmarktgeschäften Staatspapiere gekauft, erhöhen sich die Forderungen an den Staat und führen somit zu einer monetären Expansion. Verzichtet die Zentralbank bei diesen Geschäften auf Staatspapiere und kauft Anleihen erstklassiger privater Emittenten, kommt es zu einem Substitutionseffekt. Die Zentralbank kauft die Papiere von Privaten auf und schafft somit Platz für die Aufnahme zusätzlicher Staatspapiere am Markt, was ebenfalls zu einer indirekten Finanzierung von Staatsdefiziten führt.91 Für die Unabhängigkeit der Zentralbank ist allerdings von größerer Bedeutung, inwieweit die Zentralbank autonom über diese Geschäfte entscheiden kann. Durch die Offenmarktgeschäfte könnte politischer Druck auf die Zentralbank ausgeübt werden mit dem Ziel, diese auszuweiten. Dies ist allerdings kein spezielles Problem der Offenmarktgeschäfte, sondern betrifft die gesamte Geldpolitik der Zentralbank. Die Steuerung der Geldmenge durch Offenmarktgeschäfte führt daher nicht zu einer Beschränkung der Unabhängigkeit.92

Für die volle instrumentelle Unabhängigkeit ist es nötig, dass sie auch die Wechselkurspolitik bestimmt.93 Hier soll zunächst das Wechselkurssystem behandelt werden. In einem System vollkommen flexibler Wechselkurse kommt es zu keinerlei Veränderungen der heimischen Geldmenge, da die Kursbildung ausschließlich am Markt erfolgt und Interventionen durch die Zentralbank nicht stattfinden. Beim sogenannten „managed floating“ gibt es zwar keine vertraglich fixierten Interventionspunkte, ab einem bestimmten Wechselkurs kommt es jedoch zu Interventionen. Diese haben Auswirkungen auf die Geldmenge des Landes. Im Fall von Devisenankäufen durch die Zentralbank kommt es zu einer Ausweitung der Geldmenge und damit inflationären Tendenzen, während Devisenverkäufe zu einer Reduzierung der Geldmenge und deflationären Tendenzen führen.94 Wird die Intervention von der Zentralbank selbst bestimmt, geht hiervon keine Gefährdung der Unabhängigkeit aus. Sollte die Regierung jedoch das Ausmaßund den Zeitpunkt der Intervention bestimmen, ergibt sich hier eine erhebliche Gefahr für die Preisniveaustabilität.

In einem Festkurssystem ist die Zentralbank aufgrund vertraglicher Vereinbarungen ebenfalls gezwungen, bei Kursabweichungen zu intervenieren. Es kommt in diesem Fall auf die Starrheit des Festkurssystems an. Bei sehr engen Bandbreiten und im Extremfall eines bestimmten Wechselkurses wird eine unabhängige Geldpolitik, aufgrund der häufigen Interventionsverpflichtungen, nur schwer möglich sein. Von Bedeutung ist vor allem, inwiefern die Zentralbank bei der Änderung der Paritäten miteinbezogen wird. Entscheidet die Zentralbank selbst, wann Interventionen gestoppt werden und eine Änderung der Paritäten notwendig ist, führt dies zu einer höheren Unabhängigkeit als wenn diese Kompetenz der Regierung obliegt. Zwischen Preisniveaustabilitätspolitik und einer gleichzeitigen Verpflichtung zur Stabilität der Wechselkurse besteht demnach ein Zielkonflikt. Dieser wird umso stärker sein, desto unelastischer das Wechselkurssystem ist.95

Fraglich ist, durch welche Instanz das Wechselkurssystem festgelegt wird. Sofern die Entscheidung darüber allein bei der Regierung liegt, ist dieses problematisch, da sie selbst nicht der Preisniveaustabilität verpflichtet ist, die Folgen indes von der Zentralbank getragen werden müssen. Daher sollte die Zentralbank in die Entscheidung über ein Wechselkurssystem zumindest miteinbezogen werden, denn sie kann am besten beurteilen, ob dieses Wechselkurssystem mit dem für sie vorrangigen Ziel der Preisniveaustabilität vereinbar ist.96 Für die Unabhängigkeit der Zentralbank ist demnach eine freie Wahl der geldpolitischen Instrumente, ein Verbot der staatlichen Kreditfinanzierung sowie die Kompetenz bei der Wechselkurspolitik förderlich.

3.1.5. Die institutionelle Unabhängigkeit

Das Kriterium der institutionellen Unabhängigkeit stellt die Frage nach dem rechtlichen Rang der Zentralbanksatzung. Je schwieriger die Satzung änderbar ist, desto effektiver ist die Unabhängigkeit der Zentralbank geschützt.97 Sollte die Satzung nur durch eine parlamentarische Mehrheit zu ändern sein, ergibt sich daraus ein glaubwürdiges Drohpotential seitens der Regierung. Durch die Androhung der Satzungsänderung, beispielsweise der Aufhebung ihres Unabhängigkeitsstatus, könnte die Zentralbank zu einer regierungskonformen Geldpolitik gezwungen werden. Die institutionelle Unabhängigkeit wird umso größer sein, je höher der Aufwand für eine Regierung ist, die Satzung zu ändern. Sollte hierfür eine qualifizierte Mehrheit oder die Einbeziehung föderaler Institutionen notwendig sein, wird eine Regierung eine Satzungsänderung nur in Ausnahmefällen anstreben.98

Am Beispiel der Bundesbank lässt sich verdeutlichen, dass unter bestimmten Umständen ein kompliziertes Änderungsverfahren gar nicht notwendig ist. Die Bundesbank war durch ein einfaches Gesetz geschützt, welches mittels einer parlamentarischen Mehrheit änderbar gewesen wäre. Da die Bundesbank jedoch ein sehr hohes Ansehen in der Bevölkerung hatte, wäre eine Änderung für die Regierung kaum möglich gewesen. Eine Zentralbank, welche eine derartige Reputation noch nicht aufgebaut hat, ist allerdings durch die institutionelle Unabhängigkeit weitreichender vor politischem Druck geschützt.

3.1.6. Die finanzielle Unabhängigkeit

Die finanzielle Selbständigkeit ist eine weitere Voraussetzung für die Unabhängigkeit einer Zentralbank.99 Um die finanzielle Selbständigkeit zu gewährleisten, ist zunächst zu prüfen, in wessen Eigentum die Zentralbank steht. Die Eigentümer könnten Einfluss auf die Geldpolitik der Zentralbank nehmen.100 Ein an Gewinnmaximierung interessierter Eigentümer wird die Zentralbank gegen ihren Willen zu einer solchen Politik zwingen. Weiterhin ist zu prüfen, ob die Zentralbank ihren Haushalt selbst finanzieren kann oder ob sie von Zuschüssen z.B. von der Regierung abhängig ist. Die finanzielle Unabhängigkeit ist gewährleistet, wenn die Zentralbank ihr Budget aus dem Notenbankgewinn oder aus dem bestehenden Eigenkapital selbst finanzieren kann.

3.1.7. Die Trennung von Bankenaufsicht und Zentralbank

Eine letzte häufig angeführte Bedingung für die formale Unabhängigkeit ist die Trennung von Bankenaufsicht und Geldpolitik. Die Trennung ist erwünscht, da es anderenfalls zu einem Zielkonflikt zwischen Stabilität des Finanzsystems und Preisniveaustabilität kommen kann. Ist die Zentralbank für die Durchführung der Bankenprüfungen zuständig, könnte sie versuchen, Nachlässigkeiten bei der Prüfung durch eine lockere Geldpolitik wieder auszugleichen. Banken, die bei ordentlicher Prüfung schon mit Sanktionen der Bankenaufsicht bestraft worden wären, werden nun auf Kosten der Preisniveaustabilität gerettet.

Ein weiterer Grund für die Trennung betrifft die Reputation der Zentralbank. Geraten Banken in Schwierigkeiten, kann dies zu einer geringeren Glaubwürdigkeit der Zentralbank führen. Bankenkrisen haben jedoch sehr unterschiedliche Ursachen und sind aus Gründen entstanden, welche die Zentralbank auch bei ordnungsgemäßer Aufsicht nicht beeinflussen kann. Dadurch das dies nur schwer für die Öffentlichkeit nachprüfbar ist, wird hier ein Versagen der Zentralbank vermutet. Dieses wirkt sich negativ auf die Reputation aus, eine stabile Geldpolitik betreiben zu können.101

Gegen eine Trennung von Bankenaufsicht und Zentralbank spricht die Kontrolle der Geldmenge und die dafür nötige Regulierung von Innovationen im Zahlungsverkehr. Innovationen wie z.B. die Mondex-Karte102 in England führen dazu, dass die Geldmengenentwicklung für die künftige Preisniveaustabilität weniger aussagekräftig, mithin eine Geldmengensteuerung obsolet wird. Die Rolle der Zentralbank als „lender of last resort“ spricht ebenfalls gegen eine Trennung von Bankenaufsicht. Der lender of last resort stützt die Banken in Krisen durch Bereitstellung von Liquidität und verhindert somit einen „Bank-run“. Aufgrund ihres Notenmonopols ist die Zentralbank die einzige Institution, die diese Aufgabe durchführen kann. Eine Trennung dieser Aufgabe von der Bankenaufsicht führt dazu, dass die Zentralbank im Falle einer Bankenkrise einspringen muss, nicht aber die Möglichkeit hat, diese durch ordnungsgemäße Prüfung selbst zu verhindern.

Fraglich ist, ob die Trennung von Bankenaufsicht und Geldpolitik wirklich eine Determinante für die Zentralbankunabhängigkeit ist. Da diese jedoch in einigen empirischen Studien über die Zentralbankunabhängigkeit mit einfließt, wurde sie an dieser Stelle diskutiert.103

3.2. Die Faktische Unabhängigkeit

3.2.1. Das Verhältnis von Zentralbank und Regierung

3.2.1.1. Die Bedeutung der Verschuldung

Zwischen Geldpolitik und Wirtschaftspolitik bestehen eine Reihe von Abhängigkeiten. Durch eine mangelhafte Koordinierung von beiden, kann es zu einer Gefährdung für die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik kommen. Die Zentralbank beeinflusst durch ihre Geldpolitik für die Wirtschaftspolitik wichtige Größen wie das Inflations- und Zinsniveau. Der Staat hingegen bestimmt durch seine Ausgaben- und Steuerpolitik ebenfalls das Inflations- und Zinsniveau. Wie schon bei der funktionellen Unabhängigkeit angesprochen, wird die Zentralbank aus diesem Grund häufig zur Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik verpflichtet.104 Die Koordinierung wird durch unterschiedliche Ziele beider verstärkt. Die Zentralbank strebt vorrangig Preisniveaustabilität an. Die Regierung hingegen ist vor allem an einer hohen Beschäftigung interessiert. Auch wenn Preisniveaustabilität langfristig die beste Voraussetzung für eine hohe Beschäftigung ist, ergibt sich für den Staat ein Anreiz, kurzfristige Erfolge ohne Berücksichtigung hoher langfristiger Kosten zu realisieren. Mittels Überraschungsinflation kann er durch den grease-Effekt kurzfristig das Wirtschaftswachstum fördern, durch den Phillipskurven- Effekt die Beschäftigung erhöhen und durch Umverteilung von Gläubigern zu Schuldnern seine Schulden entwerten.

Die Staatsverschuldung ist ein wichtiger Einflussfaktor für die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik. In der Literatur existieren unterschiedliche Begründungen für den Zusammenhang von Staatsverschuldung und Preisniveaustabilität. Eine höhere Staatsverschuldung wird durch Budgetdefizite des Staates verursacht. Eine Finanzierung über die „Notenpresse“ würde automatisch zu einer Ausweitung des Geldangebots führen und somit inflationär wirken. Diese auch als Seignorage bezeichneten Einnahmen sind in fast allen Industriestaaten gesetzlich verboten und werden deshalb im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter betrachtet.105 Ein unmittelbarer Einfluss von Budgetdefiziten auf die Geldmenge ist somit nicht gegeben.

Das bedeutet allerdings nicht, dass von der Staatsverschuldung keine Gefahren für die Geldpolitik ausgehen würden. Im Falle eines Anstieges der Staatsausgaben kommt es auf die Kapazitätsauslastung der Wirtschaft an, ob durch die erhöhte Nachfrage Inflationsgefahren auftreten. In einer Rezession mit niedriger Kapazitätsauslastung entsteht durch die zusätzliche Nachfrage keine Inflationsgefahr. Anders sieht es in Zeiten des Booms aus, wo es bei ausgelasteten Kapazitäten durch die gestiegene Nachfrage zu inflationärem Druck kommt.106

Die Deckung eines Budgetdefizits über den Kapitalmarkt führt dort zu einer erhöhten Nachfrage, infolgedessen die Realzinsen steigen.107 Sofern durch die Neuverschuldung eine Bonitätsverschlechterung ausgelöst wird, muss zusätzlich noch eine Risikoprämie vom Staat auf den Zins gezahlt werden. Die höheren Realzinsen auf dem Kapitalmarkt führen zu Opportunitätskosten der Geldhaltung, was eine Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit bewirkt. Bei konstanter realer Produktion und Geldmenge kommt es nach der Quantitätsgleichung zu einem Anstieg der Inflationsraten.

Bei privaten Unternehmen würde erwartet, dass der Zinsanstieg aufgrund von Rentabilitätsüberlegungen zu einem Rückgang der Investitionen führt. Der Staat berücksichtigt Rentabilitätsaspekte bei seinen Investitionsentscheidungen jedoch kaum und wird weiter Geld für unproduktive Investitionen am Kapitalmarkt aufnehmen. Der zinsinduzierte Rückgang privater Investitionen führt zu negativen Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung, was den Staat zu weiteren Budgetdefiziten veranlasst, um den Investitionsrückgang durch zusätzliche Staatsausgaben auszugleichen.108 Der Druck auf die Zentralbank, zur Beschäftigungssicherung eine expansive Geldpolitik109 durchzuführen oder zumindest ihre stabilitätsorientierte Politik aufzugeben, dürfte in dieser Situation zunehmen. Im Extremfall führt ein unentwegter Anstieg der Verschuldung zur Zahlungsunfähigkeit des Staates. In einer solchen Situation wird es für die Zentralbank schwer, sich auf ihr Ziel Preisniveaustabilität zu berufen und nötige restriktive geldpolitische Maßnahmen zur Sicherung des Zieles durchzusetzen. Die gesamtwirtschaftliche Verantwortung wird sie zwingen, den Staat durch Gewährung von Krediten inflationär zu finanzieren oder durch expansive Geldpolitik die Zinsen für die staatliche Kreditaufnahme am Kapitalmarkt zu senken.110 Die Geldpolitik ist im Fall hoher Budgetdefizite keineswegs unabhängig von der Haushaltspolitik des Staates.

Zu beachten ist, wie die Privaten auf eine stärkere Staatsverschuldung reagieren. Beobachten sie eine verstärkte Zunahme der Staatsverschuldung, werden sie die Möglichkeit einer zukünftigen expansiven Geldpolitik in ihren Inflationserwartungen berücksichtigen. Analog zum Zeitinkonsistenzproblem ist die Ankündigung einer Null-Inflation durch die Zentralbank nun nicht mehr glaubwürdig. Die Privaten antizipieren mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, dass die Zentralbank dem Druck der Regierung beizustehen nicht standhalten wird, und werden ihre Inflationserwartungen erhöhen. Aufgrund der hohen Disinflationskosten wird die Zentralbank eine Null- Inflationspolitik nun auch tatsächlich nicht mehr durchführen können. Die Höhe der Inflationserwartungen wird durch die bestehende und erwartete Staatsverschuldung sowie durch die Reputation der Zentralbank bestimmt. Hat sich die Zentralbank in der Vergangenheit trotz politischen Drucks als Verfechter einer stabilitätsorientierten Geldpolitik erwiesen, werden die Privaten ihre Inflationserwartungen kaum oder zumindest sehr langsam anheben.

Ob sich durch Verschuldung die Nachfrage tatsächlich steigern lässt, hängt ebenfalls vom Verhalten der Privaten ab. Sind sich die Privaten bewusst, dass höhere Kredite heute zu einer Anhebung der Steuern in der Zukunft führen werden, verpufft der Effekt sehr schnell. Die Privaten bilden in diesem Fall heute schon Ersparnisse in Höhe des Kredites einschließlich der Zinsen und es kommt zu keiner Nachfragesteigerung.111

Bei bestehenden Schulden ergibt sich für den Staat der Anreiz, diese durch Inflation zu entwerten.112 Je größer der Schuldenbestand ist, desto eher wird der Staat Druck auf die Zentralbank ausüben, eine inflationäre Politik zu betreiben. Hier ist allerdings anzumerken, dass in der Realität ein großer Teil der Staatsschulden fortlaufend prolongiert wird.113 Durch Inflationierung würden die bestehenden Schulden zwar entwertet, für die Aufnahme neuer Schulden muss jetzt allerdings eine erhöhte Risikoprämie auf den Zins gezahlt werden. Längerfristig überwiegen damit die Nachteile. Die Sanktionierung in Form höherer Risikoaufschläge wird umso disziplinierender wirken, desto besser die Ausweichmöglichkeiten für die Anleger sind. Bei offenen Finanzmärkten können die Anleger sehr schnell ihr Kapital ins Ausland transferieren.114 Um die Risikoaufschläge gering zu halten, ist der Staat sehr wohl an einer unabhängigen Zentralbank mit hoher Glaubwürdigkeit interessiert.

Die Verschuldungsstruktur des Staates ist in diesem Kontext ebenfalls zu beachten. Da die kurzfristigen Zinssätze hauptsächlich durch die Zentralbank bestimmt werden, ist es möglich, dass sie wie beschrieben, von einer Zinsanhebung absieht, um die Solvenz des Staates nicht zu gefährden. Die langfristigen Zinssätze werden die Inflationsgefahren jedoch widerspiegeln. Zur Disziplinierung der Staatsverschuldung und um Druck von der Zentralbank zu nehmen, ist es sinnvoll, dass der Staat sich nur bis zu einer gewissen Quote kurzfristig finanzieren darf.115

Der Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Zentralbankunabhängigkeit ist recht vielschichtig. Auf der einen Seite gehen von einer hohen Staatsverschuldung Gefahren für die Unabhängigkeit der Zentralbank aus. Auf der anderen Seite hat der Staat wegen der damit verbundenen niedrigeren Zinsen auch ein Eigeninteresse an einer unabhängigen Zentralbank. Bis zu einem gewissen Grad ist eine Verschuldung wohl als unbedenklich für die Preisniveaustabilität einzustufen. Gefahren entstehen erst, bei einer höheren Verschuldung. Durch den politischen Druck und die Erwartungsunsicherheit der Privaten wird die Zentralbank bei ihrer stabilitätsorientierten Geldpolitik behindert. Eine hohe Staatsverschuldung ist somit eine Gefahr für die Zentralbankunabhängigkeit. Ein genaue Quantifizierung, ab welchem Grad die Verschuldung zu hoch ist, erfolgt im Rahmen dieser Arbeit nicht.

3.2.1.2. Die Häufigkeit der Regierungswechsel

Die Häufigkeit der Regierungswechsel ist ebenfalls für das Verhältnis von Zentralbank und Regierung von Bedeutung. Eine These ist, dass Regierungswechsel zu einer größeren Zentralbankunabhängigkeit führen. Hier wird argumentiert, dass eine Regierung, die mit einer Abwahl rechnet, ein Interesse daran hat, Autorität an die Zentralbank zu delegieren, um den Handlungsrahmen für die nächste Regierung - und damit deren Möglichkeit eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik zu betreiben - zu begrenzen.116 Diese Argumentation ist allerdings kritisch zu sehen, da sie, um die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der Regierung zu erhalten, sicherlich nur begrenzt häufig durchführbar ist. Fraglich ist auch, ob die an die Zentralbank delegierten Kompetenzen nicht von der neuen Regierung genauso schnell wieder in ihren Zuständigkeitsbereich integriert werden würden, wodurch die Unabhängigkeit der Zentralbank insgesamt schlechter beurteilt werden müsste.

Die Zentralbankunabhängigkeit wird vielmehr dadurch bestimmt, inwieweit die Regierung in der Öffentlichkeit Druck auf die Zentralbank ausübt oder von ihrer Wirtschaftspolitik Gefahren für die Preisniveaustabilität ausgehen. Dies hängt maßgeblich von der Nähe zum Wahltermin ab. Liegt der Wahltermin noch weit in der Zukunft, wird eine Regierung kaum Interesse an einer kurzfristigen Beschäftigungssteigerung durch expansive Geld- und Fiskalpolitik haben. Die damit verbundenen Kosten würden die wirtschaftliche Lage in der Zukunft verschlechtern und ihre Wiederwahlchancen mindern.117 Anders verhält es sich kurz vor dem Wahltermin. Zur Sicherung ihrer Wiederwahl wird die Regierung versuchen, kurzfristige Beschäftigungserfolge zu realisieren, auch wenn die Disinflationskosten höher sind als der Nutzen. Im Falle einer Wahlniederlage müssen diese Kosten von der neuen Regierung getragen werden und erschweren deren Start. Im Falle eines Wahlsieges besteht die Annahme118, dass die Wähler nur ein kurzes Erinnerungsvermögen besitzen und sie beim nächsten Wahltermin keine Sanktionen für dieses Täuschungsmanöver vornehmen. Ob eine solche Annahme realistisch ist, hängt sicherlich davon ab, wie häufig und wie subtil eine derartige Politik durchgeführt wird.

Politische Stabilität als Folge von seltenen Regierungswechseln trägt dazu bei, dass die Wirtschaftspolitik weniger auf kurzfristige Effekte und mehr auf langfristige Wohlfahrtseffekte ausgerichtet ist. Durch Kontinuität werden die Erwartungen der Privaten stabilisiert, was sich wiederum positiv auf Preisniveaustabilität, Glaubwürdigkeit, mithin auf die Unabhängigkeit der Zentralbank auswirkt.

3.2.1.3. Die Koordinierung im Fall von Schocks

Die unterschiedlichen Ziele werden vor allem bei den schon angesprochenen stochastischen Schocks deutlich. Zuerst soll von einer Situation ausgegangen werden, in der die Inflationsrate hoch ist, die Arbeitslosenquote aber niedrig. Hier dürften beide ein Interesse an einer restriktiveren Geldpolitik haben. Eine Senkung der Inflationsrate stärkt die Reputation der Zentralbank und hebt gleichzeitig die Wiederwahlchancen der Regierung.119 Anders sieht es aus im Fall eines Angebotsschocks.120 Hier wird die an Preisniveaustabilität orientierte Zentralbank versuchen, durch restriktive Geldpolitik die Inflation zu senken, während die Regierung auf eine expansive Geldpolitik drängt, um die Beschäftigung möglichst stabil zu halten. Wie unabhängig eine Zentralbank tatsächlich ist, zeigt sich in solchen Krisenzeiten, wenn die Regierung versucht, politischen Druck auf die Geldpolitik auszuüben. Erweist sich die Zentralbank in derartigen Situationen als unabhängig, wird sie an Glaubwürdigkeit hinzugewinnen. Gibt sie jedoch nach, wird die Glaubwürdigkeit in hohem Maße beschädigt. Um die Koordination zwischen Zentralbank und Regierung zu erhöhen, sollten beide von vornherein in einem konstruktiven Dialog stehen.121 Die Zentralbank muss der Regierung verdeutlichen, dass Preisniveaustabilität eine Voraussetzung für eine niedrige Arbeitslosenquote ist.

3.2.2. Die Bedeutung der Lohnpolitik

Ein weiterer Bereich, der Auswirkungen auf die Geldpolitik der Zentralbank hat, ist die Lohnpolitik. Die Lohnpolitik wird durch die Gewerkschaften, die Arbeitgeberverbände und die Regierung bestimmt. Die Akteure verfolgen jeweils andere Interessen.

Die Regierung ist vornehmlich an einem hohen Beschäftigungsgrad interessiert.122 Unmittelbar vor Wahlen gewinnt dieses Ziel besonders an Bedeutung, da die Regierung an der Zielerreichung gemessen wird. Aus der Sicht des Einzelnen ist es durchaus rational, die Verantwortung vornehmlich beim Staat zu suchen, als eine Reallohnsenkung oder eine größere Flexibilität bei der Arbeitsplatzsuche in Kauf zu nehmen.123 Ausgehend von Tarifautonomie kann die Regierung nur die Verhandlungen mit den staatlichen Beschäftigten führen. Die Signalwirkung dieser Verhandlungen für andere Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Darüber hinaus setzt der Staat wichtige Rahmenbedingungen für die Tarifparteien, wie z.B. Mitbestimmungsgesetze, Regelungen des Kündigungsschutzes und die Organisation der Arbeitsämter.

Ziel der Gewerkschaften ist vor allem eine Steigerung des Reallohns. Diesem Umverteilungsziel geben sie meist Vorrang vor dem Beschäftigungsziel. Die Begründung liegt darin, dass der einzelne Arbeitnehmer, so lange sein Arbeitsplatz nicht gefährdet ist, einen möglichst hohen Lohn verfolgen wird. Nur bei hoher Arbeitslosigkeit, wird das Beschäftigungsziel wichtiger.124

Die Arbeitgeberverbände sind hingegen bestrebt ihre Verteilungsposition am Sozialprodukt zu erhalten.125 Die Nominallohnforderungen der Gewerkschaften orientieren sich an der erwarteten Inflationsrate, einem erwarteten Produktivitätsfortschritt und einer Umverteilungskomponente.126 Zusätzlicher Inflationsdruck entsteht, wenn die Löhne über die Summe aus Produktivitätsfortschritt und tatsächlicher Inflationsrate hinaus steigen. Dies tritt aufgrund des Umverteilungsanspruches, eines zu hoch eingeschätzten Produktivitätsfortschrittes oder einer zu hoch erwarteten Inflationsrate, ein. Die zu stark gestiegenen Löhne werden von den Unternehmen in Form höherer Preise an die Verbraucher weitergegeben, wodurch es zu einer sogenannten Lohnkosteninflation kommen kann. Durch Inflation vermindern sich wiederum die Reallöhne, was in der Folge zu höheren Lohnforderungen bei den Gewerkschaften führt. Werden diese auch weitergegeben, kommt es zur sogenannten Lohn-Preisspirale.127 Auf jede Preiserhöhung folgt eine Lohnerhöhung und umgekehrt. Als Auslöser eines solchen Prozesses wurde in diesem Fall überhöhte Lohnforderungen der Gewerkschaften angenommen. Denkbar wäre auch, dass die Preissetzung der Unternehmen dafür verantwortlich ist. In diesem Fall würde man von einer Preis-Lohnspirale sprechen.

Eine an Preisniveaustabilität interessierte Zentralbank wird an einer Lohnpolitik interessiert sein, welche nicht über den Produktivitätsfortschritt hinausgeht. Sie steht bei den Lohnverhandlungen also eher auf der Seite der Arbeitgeber. Sollten sich die Gewerkschaften mit ihren Umverteilungswünschen durchsetzen, müsste die Zentralbank durch stabilitätsorientierte Maßnahmen die Lohnkosteninflation kompensieren. Hier ist fraglich, ob die Zentralbank eine solche restriktive Geldpolitik wirklich durchsetzen kann, da diese zu Zinssteigerungen führt und infolgedessen einen Rückgang von Investitionen und Beschäftigung bewirkt. Der Staat wird in einer solchen Situation zur Lockerung der Geldpolitik entweder sehr großen Druck auf die Zentralbank ausüben oder aber versuchen, durch staatliche Investitionen die Beschäftigung zu steigern. Damit wird das eigentlich beschäftigungswidrige Handeln der Gewerkschaften gebilligt und lädt sie zur nächsten Umverteilungsrunde ein.128 Neben der Lohn-Preisspirale kommt es somit zusätzlich noch zu Budgetdefiziten und den damit schon angesprochenen Folgen.129 Sinnvoller wäre es, von vornherein eine Politik zu verfolgen, welche die Ziele der beteiligten Akteure koordiniert. Derartige Ansätze werden im weiteren angesprochen.

Bei der Festlegung neuer Lohnabschlüsse besteht eine Informationsasymmetrie zwischen den über die Ertragslage besser informierten Unternehmern130 und den Gewerkschaften. Besteht wenig Vertrauen zwischen beiden Parteien, wird die Gewerkschaft davon ausgehen, die Ertragslage werde bewusst schlecht dargestellt und es wären viel höhere Lohnabschlüsse möglich. Zur Überbrückung dieser Informationsasymmetrie dienen den Gewerkschaften Streiks. Bei einer guten Geschäftslage sind die Unternehmen schnell bereit auf die gewerkschaftlichen Forderungen einzugehen, um die Gewinneinbußen durch den Streik möglichst gering zu halten. Zu längeren Streiks mit niedrigeren Lohnabschlüssen kommt es hingegen bei schlechter Geschäftslage.131 Die Streikaktivität zeigt, welches Maßan gegenseitigem Vertrauen bzw. sozialem Konsens in einem Land vorherrscht. Sozialer Konsens dient auch der Abfederung von Schocks. Bei Angebotsschocks, wie z.B. einer Ölkrise, kommt es zu einem Anstieg der Preise bei gleichzeitigem Beschäftigungsrückgang. Die zur Inflationsbekämpfung notwendige restriktive Geldpolitik wirkt sich weniger stark auf die Beschäftigung aus, wenn die Gewerkschaften zu Reallohnsenkungen bereit sind. Auch ein Angebotsschock, wie er durch die Lohn-Preisspirale verursacht wird, wird bei sozialem Konsens von vornherein verhindert. Ein hohes Maßan sozialem Konsens verringert politischen Druck auf die Zentralbank und erleichtert ihr die Verfolgung des Preisniveaustabilitätsziels.132

Korporatismus ist ebenfalls eine Möglichkeit, eine stabilitätsorientierte Geldpolitik zu unterstützen. Unter Korporatismus wird hier die Abstimmung von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und der Regierung bei der Lohnbildung und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verstanden.133 Die Einbeziehung der Regierung ist nötig, da es ohne Anreize seitens des Staates zu einem Gefangenendilemma der Tarifpartner kommt. Im Falle zurückhaltender Lohnpolitik können durch verstärkte Investitionen langfristig sowohl Beschäftigung und Wirtschaftswachstum, als auch das Einkommen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern steigen. Das es nicht zu dieser für alle Beteiligten besten Lösung kommt, wird durch folgendes Schema deutlich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Marktversagen bei der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit.134

Binden sich die Gewerkschaften durch niedrige Lohnabschlüsse, haben die Arbeitgeber einen Anreiz, entgegen der vorherigen Ankündigung, die höheren Gewinne statt zu investieren, für Ausschüttungen zu verwenden.135 Die Gewerkschaften antizipieren dieses Verhalten und verfolgen von vornherein keine zurückhaltende Lohnpolitik. Als Ergebnis stellt sich das gesamtwirtschaftlich schlechteste Ergebnis ein. Analog zum Zeitinkonsistenzproblem sind Institutionen gefordert, die für beide Parteien Anreize schaffen, sich glaubwürdig an eine Strategie zu binden. Derartige Anreize kann der Staat durch Einbindung in die Verhandlungen schaffen.136 Anreize können beispielsweise in einer niedrigeren Besteuerung einbehaltener Gewinne für die Arbeitgeberseite oder einer Senkung der Sozialabgaben, welche beiden Tarifpartnern zu Gute kommt, liegen. Hier zeigt sich allerdings auch eine Gefahr des Korporatismus. Die Tarifpartner geraten in die Versuchung eigene Anstrengungen zur Lösung des Dilemma zu unterlassen und die Verantwortung auf den Staat zu schieben. Dieser muss nun massive Ausgaben in Form von Subventionen, Steuervergünstigungen und staatlichen Beschäftigungsmaßnahmen tätigen. Es kommt zu hohen Budgetdefiziten, die eigentlichen Ursachen zu hoher Arbeitslosigkeit- als Folge von zu hohen Löhnen und der Gewinnverwendungspolitik- werden nicht behoben. Für eine stabilitätsorientierte Geldpolitik ist Korporatismus förderlich, wenn durch die Verfolgung gesamtwirtschaftlicher Ziele politischer Druck von der Zentralbank genommen wird, eine expansive Geldpolitik zu betreiben. Durch Korporatismus wird weiterhin eine Lohn-Preisspirale verhindert. Probleme ergeben sich, wenn der Staat nur durch höhere Ausgaben versucht die Beschäftigung zu steigern. Die steigende Verschuldung verursacht die schon erwähnten negativen Auswirkungen auf Investitionen, Beschäftigung und Inflationserwartungen, wodurch eine Lohnzurückhaltung der Gewerkschaften ergebnislos bliebe.

Der Zentralisierungsgrad der Lohnverhandlungen wird von Bofinger auch unter dem Aspekt Korporatismus diskutiert.137 Da in der obigen Definition von Korporatismus der Zentralisierungsgrad unerwähnt bleibt, wird in dieser Arbeit zwischen beiden unterschieden. Der Zentralisierungsgrad legt fest, auf welcher Ebene Lohnverhandlungen geführt werden. Es gibt dezentrale Systeme (Lohnvereinbarung auf der Ebene der einzelnen Betriebe), zentrale Systeme (Lohnvereinbarung auf nationaler Ebene) oder Zwischenformen (Lohnvereinbarung auf Branchenebene).138 Welcher Zentralisierungsgrad für eine stabilitätsorientierte Geldpolitik förderlich ist, ist in der Literatur umstritten. Eine Meinung ist, je dezentraler die Lohnverhandlungen, desto niedriger sind die Lohnsteigerungsraten.139 Die Begründung liegt in der Konkurrenzsituation zwischen einzelnen Betrieben um die Erhaltung der Arbeitsplätze, welche Lohnsteigerungen kaum zulässt. Diese Argumentation ist zutreffend, falls die Erhaltung der Arbeitsplätze das vornehmliche Ziel der Gewerkschaften ist. Betonen sie hingegen das Umverteilungsziel stärker, werden hohe Lohnsteigerungen trotz der dadurch erzeugten Arbeitslosigkeit durchgesetzt. Gegen dezentrale Lohnverhandlungen spricht, dass die einzelne Gewerkschaft in ihre eigene Forderung auch eine Schätzung über das Verhalten aller anderen Gewerkschaften einbeziehen muss. Falls alle anderen Gewerkschaften höhere Lohnforderungen stellen, wird die tatsächliche Inflationsrate unerwartet hoch sein. Um dies zu vermeiden, wird die eigene Lohnforderung eine Risikoprämie beinhalten. Da alle Gewerkschaften mit diesem Problem konfrontiert sind, kommt es bei dezentralen Lohnverhandlungen zu überhöhten Lohnabschlüssen.140 Zentrale Lohnabschlüsse sind somit aus Sicht der Zentralbank wünschenswert. Bofinger argumentiert, dass bei mangelnder Zentralisierung der Lohnverhandlungen eine unabhängige stabilitätsorientierte Zentralbank sozusagen ein Substitut darstellt. Die Zentralbank bietet durch ihre glaubwürdige Geldpolitik einen fokalen Punkt, an dem sich die jeweilige Gewerkschaft bei der Schätzung der Inflationsrate orientieren kann mithin keine Risikoprämie nicht mehr nötig ist.141 Es besteht somit eine Interdependenz von Notenbank und Gewerkschaften. Die Notenbank bietet den Gewerkschaften einen fokalen Punkt und ist andererseits wiederum auf moderate Lohnsteigerungen zur Erreichung von Preisniveaustabilität angewiesen. Um die Glaubwürdigkeit der Zentralbank zu sichern, sollte die Zentralbank stabilitätswidriges Verhalten der Akteure sanktionieren und deutlich machen, dass sie nur Maßnahmen, die nicht ihrem Ziel Preisniveaustabilität widersprechen, unterstützt. Maßgeblich für die Beurteilung des aus Sicht der Zentralbank optimalen Zentralisierungsgrades ist die Kenntnis, des Zieles, welches die Gewerkschaft verfolgt. Bei hoher Arbeitslosigkeit ist weder von zentralen noch von dezentralen Lohnverhandlungen Inflationsdruck zu erwarten. Bei hohem Konkurrenzdruck könnte es bei Dezentralisierung sogar zu deflationären Tendenzen kommen, welche ebenso schädlich sind. Bei niedrigerer Arbeitslosigkeit hängt es davon ab, wie stark die Gewerkschaften das Umverteilungsziel verfolgen und inwieweit sie auch zur Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Interessen bereit sind. Dadurch dass bei zentralen Lohnverhandlungen von einer höheren Interaktion der Akteure auszugehen ist, lässt sich schließen, dass hier tendenziell eher gesamtwirtschaftliche Ziele im Vordergrund stehen. Zentrale Lohnverhandlungen wären für die Zielerreichung und damit die Unabhängigkeit der Zentralbank vorteilhaft.

3.2.3. Die Rolle der öffentlichen Meinung

3.2.3.1. Die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik in der Öffentlichkeit

Glaubwürdigkeit der Geldpolitik bedeutet, dass die Zentralbank eine Politik ankündigt und die Privaten bei ihren zukünftigen wirtschaftlichen Entscheidungen von niedrigen Inflationsraten ausgehen. Die Glaubwürdigkeit ist deshalb so wichtig, da höhere Inflationserwartungen z.B. durch Tarif- oder Kreditverträge einen direkten Einfluss auf die tatsächliche Inflationsrate haben. Eine glaubwürdige Notenbank hat den Vorteil, dass die Inflationsrate quasi von selbst niedrig gehalten wird.142 Ist die Glaubwürdigkeit erreicht, kann die Zentralbank im Falle von Schocks von einer stark restriktiven Geldpolitik absehen, um die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt etwas abzufedern. Die Öffentlichkeit geht in diesem Fall nicht von dem Versuch einer Überraschungsinflation aus. Die Frage ist, wodurch die Glaubwürdigkeit der Zentralbank bestimmt wird. Hier sind auf der einen Seite die schon erwähnten formalen Anforderungen an die Notenbankverfassung zu nennen. Genießt die Zentralbank formale Unabhängigkeit, sind ihre Inflationsankündigungen glaubwürdiger. Auf der anderen Seite hängt die Glaubwürdigkeit aber auch maßgeblich von der tatsächlich verfolgten Politik ab. Durch eine kontinuierliche stabile Geldpolitik baut die Zentralbank mit der Zeit Reputation auf, die ihre Ankündigungen glaubhaft macht und die sie vor politischem Druck schützt. Da im nächsten Teil die noch sehr junge Europäische Zentralbank betrachtet wird, soll an dieser Stelle weniger der langjährige Reputationsaufbau behandelt werden. Vielmehr soll analysiert werden, wodurch Glaubwürdigkeit möglichst schnell erreicht werden kann. Die Lösung ist hier die Transparenz der Geldpolitik. Durch eine transparente Geldpolitik bringt die Zentralbank ihr Desinteresse, an einer Politik der Überraschungsinflation zum Ausdruck.143

Für eine transparente Geldpolitik sollte eine langfristig angelegte Strategie144 veröffentlicht und eine intensive Kommunikation mit der Öffentlichkeit geführt werden. Die Strategie hat für die Beschlussfähigkeit der Zentralbank den Vorteil, dass sie die interne Willensbildung vereinfacht.145 Sie bietet bei Entscheidungen einen Rahmen, an dem sich die Mitglieder der Zentralbank orientieren müssen und vermindert somit Interessenkonflikte. Durch die Festlegung einer Strategie kann sie weiterhin geldpolitische Entscheidungen nach außen besser vertreten und ihre Politik wird antizipierbar. Wird Kritik an einzelnen Entscheidungen geübt, kann die Zentralbank auf die Konsistenz dieser Entscheidung mit ihrer Strategie verweisen. Hierfür ist es wichtig, dass die Strategie verständlich ist und in der Öffentlichkeit hinreichend kommuniziert wird. Fraglich ist, welche Anforderungen nun an eine diesbezügliche Strategie zu stellen sind. Eine wesentliche Anforderung ist die Konkretisierung der im Rahmen der Zielformulierung schon diskutierten Verpflichtung auf Preisniveaustabilität. Je genauer das Ziel auf eine bestimmte Zahl oder einen engen Korridor quantifiziert wird, desto leichter wird es für die Privaten ihre wirtschaftlichen Entscheidungen zu treffen.146 Wenn die Zentralbank vorgibt, was sie unter Preisniveaustabilität versteht, kann sie an der Zielerreichung gemessen werden und auf Dauer Reputation aufbauen. Die Messung erfolgt durch Vergleich eines Preisindizes mit dem Inflationsziel. Zur Erhöhung der Transparenz sollte der verwendete Preisindex so beschaffen sein, dass er für die Privaten leicht nachvollziehbar ist und deren tatsächliches Konsumverhalten berücksichtigt.147 Für die Akzeptanz des Ziels Preisniveaustabilität ist es wichtig, der Öffentlichkeit die Kosten der Inflation deutlich zu machen sowie warum Preisniveaustabilität auch die beste Voraussetzung für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung ist.148 Weiterhin muss das eingesetzte geldpolitische Instrumentarium klar definiert und zur Erreichung der Preisniveaustabilität auch geeignet und kontrollierbar sein.149 Die Gründe für Zielverfehlungen sollten der Öffentlichkeit erläutert werden. Zu klären ist, ob die Zielverfehlung durch Wirkungsverzögerungen der Geldpolitik150 oder durch die Verwendung eines nicht geeigneten Instrumentariums begründet ist. Im zweiten Fall ergibt sich für die Zentralbank das Problem, dass ein Wechsel der geldpolitischen Instrumente immer Zweifel an der Fähigkeit und dem Willen, Preisniveaustabilität zu gewährleisten, aufkommen lässt.151 Um die Glaubwürdigkeit nicht zu gefährden, ist aus diesem Grund eine sehr genaue Analyse der Wirksamkeit nötig. Im Hinblick auf Zielverfehlungen ist es für die Zentralbank auch wichtig, die Rahmenregeln der Geldpolitik zu analysieren.152 Wie bereits erwähnt, können von einer hohen Staatsverschuldung, zu hohen Tarifabschlüssen und aufgrund von Schocks Gefahren für die Preisniveaustabilität ausgehen. Die Zentralbank sollte daher in der Öffentlichkeit auf derartige Gefahren hinweisen, um von vornherein solche Entwicklungen zu verhindern und falls dieses nicht möglich ist, nicht die „Sündenbockfunktion“ einzunehmen. Eine intensive ehrliche Kommunikation mit der Öffentlichkeit mindert den politischen Druck und fördert die Glaubwürdigkeit. An dieser Stelle sei kurz auf die in der Literatur häufig zu findende Auffassung eingegangen, negative Erfahrungen mit Inflation würden die Unabhängigkeit der Zentralbank fördern. Diese Auffassung wird mit dem Verweis auf Deutschland und die Bundesbank begründet. Es ist sicherlich richtig, dass durch negative Inflationserfahrungen ein öffentliches Interesse an Preisniveaustabilität schneller erzielt werden kann, allerdings hat sich dieses auch in Ländern durchgesetzt, die nie von Inflation betroffen waren. Weiterhin würde das Argument bedeuten, dass eine Gefahr drohe, wenn die Generation, welche direkt von der Inflation betroffen war, einmal ausstürbe. Die Bundesbank hat ihre erfolgreiche Politik sicherlich auch der hohen Akzeptanz in der Bevölkerung zu verdanken, jedoch hat sie sich auch selbst erfolgreich darum bemüht.153 Eine gute Kommunikationspolitik erfordert neben einer klaren und gut vermittelbaren Strategie auch häufige Reden, Presseveröffentlichungen, die Veröffentlichung von statistischen Daten sowie Berichte über die Entwicklung von geldpolitisch wichtigen Daten.154 Eine derartige Kommunikationspolitik führt zu einer guten Antizipierbarkeit zukünftiger geldpolitischer Entscheidungen. Gute Informationspolitik muss jedoch nicht bedeuten, sämtliche Informationen zu veröffentlichen. Einige Maßnahmen machen nur Sinn, wenn sie überraschend kommen. Ferner können auch zu viele Informationen unter Umständen mehr Verwirrung stiften, als dass sie Nutzen bringen würden.155

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die öffentliche Meinung für die Unabhängigkeit der Zentralbank von großer Bedeutung ist. Eine auf Preisniveaustabilität ausgerichtete transparente Geldpolitik beeinflusst sowohl die Inflationspräferenzen, als auch die Inflationserwartungen. Somit wird eine stabilitätsorientierte Geldpolitik als Grundlage für positive Beschäftigungs- und Wachstumseffekte möglich. Das gesteigerte Ansehen der Zentralbank in der Öffentlichkeit macht sie resistenter gegen politischen Druck. Genießt die Zentralbank keinen Rückhalt in der Öffentlichkeit, ist die tatsächliche Unabhängigkeit, trotz hoher formaler Unabhängigkeit, gefährdet. Gesetze sind langfristig immer änderbar und wie Eiffinger und de Haan es ausdrücken, „bekommt letztlich jede Gesellschaft die Zentralbank, die sie verdient“.156

3.2.3.2. Die psychologische Wirkung des Wechselkurses

Bei der instrumentellen Unabhängigkeit wurden unterschiedliche Wechselkurssysteme und deren Folgen auf die Zentralbankunabhängigkeit diskutiert. Im Rahmen dieser Arbeit soll nur die psychologische Wirkung von Wechselkursänderungen in einem System flexibler Wechselkurse betrachtet werden. Diese Eingrenzung wird dadurch begründet, dass in Europa mit den wichtigen Währungen (US-Dollar, Yen) keine Wechselkursabkommen bestehen und es generell bei Festkursabkommen, von Paritätsanpassungen abgesehen, wenig Veränderungen der Wechselkurse gibt. Der Wechselkurs wird durch Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkt bestimmt.157 Eine Zentralbank sollte nur auf die innere Geldwertstabilität verpflichtet werden, da nur diese für die Kaufkraft der Bürger wirklich relevant ist. Langfristig wird der Wechselkurs aufgrund des Kaufkraftparitätentheorems158 durch den Vergleich des inländischen mit dem ausländischen Preisniveau bestimmt. Kurzfristig kann es zu Abweichungen vom fundamental richtigen Wechselkurs kommen. Abweichungen entstehen aufgrund vieler Faktoren (z.B. Wirtschaftswachstum, Zinsniveau, Spekulation u.a.), auf welche die Zentralbank nur teilweise einen Einfluss hat. Gefahren für die Glaubwürdigkeit der Zentralbank können durch eine starke Abwertung der heimischen Währung auftreten. Bei einer kleinen Volkswirtschaft mit hohem Offenheitsgrad,159 ergeben sich Gefahren für die Preisniveaustabilität im Inland durch gestiegene Importpreise und durch Preiserhöhungen bei Exportgütern aufgrund der gestiegenen Auslandsnachfrage.160 Bei einer großen Volkswirtschaft ist es eher ein psychologischer Effekt, der Gefahren für die Preisniveaustabilität auslöst. Ein gesunkener Außenwert erzeugt Ängste, auch der Binnenwert der Währung wäre instabil. Um negative Folgen für die Preisniveaustabilität zu vermeiden, sollte die Zentralbank die Öffentlichkeit über die Bedeutung des Wechselkurses aufklären. Zur Unterstützung der Zentralbank sind allerdings auch die Regierung und die Medien gefordert. Gelingt die Aufklärungsarbeit nicht, kann ein gesunkener Außenwert die Inflationserwartungen negativ beeinflussen. Dies würde eine Gefährdung der Preisniveaustabilität bedeuten.

3.2.4. Weitere Determinanten

In der Literatur werden noch weitere Determinanten für die Zentralbankunabhängigkeit diskutiert. Die Varianz und Stärke der exogenen Schocks bestimmen den Grad der Zentralbankunabhängigkeit.161 Im Fall von Schocks ist eine diskretionäre Stabilisierungspolitik notwendig. Eine unabhängige Zentralbank wird am ehesten in der Lage sein, eine derartige Politik glaubwürdig zu betreiben. Einer abhängigen Zentralbank wird möglicherweise unterstellt, sie betreibe eine Überraschungsinflation, wodurch die Inflationserwartungen ansteigen würden.

Die Häufigkeit des Wechsels der Zentralbankpräsidenten kann ein weiteres Indiz für eine größere Abhängigkeit sein. Bei häufigen Wechseln könnte vermutet werden, der Zentralbankpräsident werde von der Regierung unter Druck gesetzt und trete daraufhin zurück. Allerdings kann wiederum bei sehr geringen Wechselhäufigkeiten vermutet werden, der Präsident stelle für die Regierung kein Problem dar, da er die Verfolgung der Preisniveaustabilität, der Unterstützung der Regierung unterordnet.162

Eine letzte Determinante, welche die faktische Unabhängigkeit bestimmt, ist die Stärke des Finanzsektors in einem Land. Banken und Versicherungen sind Gläubiger langfristiger Schuldtitel.163 Um die Entwertung durch Inflation zu verhindern, wird der Finanzsektor seinen Einfluss in der Gesellschaft geltend machen und für eine stabile Geldpolitik eintreten.164

4. Kritische Analyse der Vereinbarkeit der Geldpolitik in Europa mit den Determinanten der Zentralbankunabhängigkeit

4.1. Die formale Unabhängigkeit der EZB

4.1.1. Vorbemerkungen

Um das Verständnis der nachfolgenden Ausführungen zu erleichtern, soll an dieser Stelle kurz der Aufbau der EZB165 erläutert werden. Am 1.1.1999 übernahm die EZB die Verantwortung für die Geldpolitik im Euroraum. Es gibt zwei Beschlussorgane der EZB, die für die einheitliche Geldpolitik verantwortlich sind: den EZB-Rat und das EZB-Direktorium. Der EZB-Rat besteht aus den sechs Mitgliedern des Direktoriums und den Präsidenten der nationaler Zentralbanken (NZBen) des Euroraumes. Sowohl dem EZB-Rat als auch dem Direktorium steht der EZB-Präsident vor. Hauptaufgabe des EZB-Rates ist es, die grundlegenden Leitlinien und Entscheidungen für die Geldpolitik der EZB festzulegen.166 Dies impliziert Entscheidungen über Leitzinssätze, geldpolitische Zwischenziele und die Bereitstellung von Zentralbankgeld. Beschlüsse des EZB-Rates werden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst, wobei jedes Mitglied nur eine Stimme hat.167 Das Direktorium setzt sich aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der EZB, sowie vier weiteren Mitgliedern zusammen. Das Direktorium führt die laufenden Geschäfte der EZB entsprechend der Leitlinien des EZB-Rates aus.

4.1.2. Die funktionelle Unabhängigkeit

4.1.2.1. Die Zielformulierung für die EZB nach Art. 105 EGV

Nach Art. 105.Satz 1 EGV ist es das vorrangige Ziel der EZB, Preisniveaustabilität zu gewährleisten. Die Verwendung des Begriffs Ziel deutet daraufhin, dass die EZB nicht gewährleisten kann, im gesamten Euroraum sofort und dauerhaft Preisniveaustabilität zu erreichen. Diese hängt, wie geschrieben, auch von anderen durch die EZB nicht beeinflussbare Faktoren - wie der Tarif- und Wirtschaftspolitik - ab. Das Ziel bedeutet vielmehr eine Verpflichtung der EZB, sämtliche Maßnahmen, die diesem Ziel zuwiderlaufen, zu unterlassen und alle Maßnahmen, die zur Verwirklichung geeignet sind, durchzuführen.168 Die Formulierung des Art.105.1 gibt der EZB weder einen konkreten Zielwert vor, noch wird deutlich, ob diese kurz-, mittel- oder langfristig erreicht werden soll. In Ermangelung dessen könnte sich ein Ermessensspielraum für die EZB ergeben, der zu Erwartungsunsicherheit bei den Privaten führt. Um den Mangel zu beheben, sollte die Strategie der EZB konkrete Ziel- und Zeitvorgaben beinhalten.169

Eine Einschränkung der Unabhängigkeit könnte durch die Aufgabe der Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft nach Art. 2 EZB Satzung vorliegen. Bei der Formulierung wurde jedoch ausdrücklich festgelegt, dass die Unterstützung nur ohne Beeinträchtigung der Preisniveaustabilität erfolgen darf. Die Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft verfolgt mehrere Ziele. Zu diesen gehören beispielsweise: Wirtschaftswachstum, Preisniveaustabilität, ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maßan sozialem Schutz.170 Da keine Zielhierarchie besteht, kann auch der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Vorrang vor der Preisniveaustabilität eingeräumt werden. Die EZB würde jedoch gegen das Gesetz verstoßen, wenn sie eine inflationäre Politik unterstützen würde. Sie hat zur Unterstützung ausschließlich Maßnahmen auszuwählen, welche die Preisniveaustabilität nicht beeinflussen.171 Politischer Druck kann somit durch die klare Verpflichtung der EZB entschärft werden, da sie jederzeit auf ihre gesetzliche Verpflichtung verweisen kann. Die Unterstützungspflicht ist dennoch sinnvoll, weil sie zur Koordination zwischen Geld- und Wirtschaftspolitik beiträgt. Eine völlige Unabhängigkeit beider, könnte zu einer Gefahr für die Glaubwürdigkeit werden.172 Solange die Unterstützung zweitrangig hinter der Gewährleistung von Preisniveaustabilität bleibt, ist eine Gefährdung des Unabhängigkeitsstatus nicht gegeben.173

4.1.2.2. Die Unabhängigkeit der EZB von Weisungen und Beeinflussungen

Zentrale Regelung der formalen Unabhängigkeit ist der Art. 108 EGV. Diese Bestimmung verbietet der EZB und den NZBen, von Institutionen der Gemeinschaft oder den Mitgliedsstaaten Weisungen entgegenzunehmen. Weiterhin verpflichtet er die Gemeinschaft und Mitgliedsstaaten, diesen Grundsatz zu beachten und darüber hinaus die Zentralbanken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht zu beeinflussen. Damit wird sowohl aktiv als auch passiv die Möglichkeit zur Beeinflussung der Geldpolitik ausgeschlossen. Weisungsverbot bedeutet, dass durch die oben genannten Institutionen keine für die Zentralbank rechtsverbindlichen Entscheidungen getroffen werden können. Das Weisungsverbot ist im Gegensatz zum Beeinflussungsverbot klar abgrenzbar. Wird das Beeinflussungsverbot zu eng ausgelegt, ist ein Dialog zwischen beiden, sowie die Koordinierung der Unterstützung der Wirtschaftspolitik kaum mehr möglich.174 Das Beeinflussungsverbot sollte nur dann greifen, wenn der Dialog nicht mehr sachlich geführt, sondern mit unzulässigen Manipulationen gearbeitet wird. Da die Grenzen fließend sind, muss von Fall zu Fall geprüft werden, um was es sich handelt. Zu klären ist, inwieweit in der Öffentlichkeit Kritik an der Zentralbank geübt werden darf. In der Presse geäußerte Kritik kann die EZB unter Druck setzen, ungeachtet dessen ob überhaupt eine Manipulation beabsichtigt wurde. Die Kritik könnte in der Öffentlichkeit Zustimmung finden und somit die Zentralbank massiv unter Druck setzen. Aus diesem Grund sämtliche Kritik zu verbieten, würde sowohl gegen die verfassungsrechtlich garantierte Meinungsfreiheit verstoßen als auch nicht gerade zur Vertrauensbildung beitragen. Sachliche Kritik muss zulässig sein, nur sollte die EZB die Möglichkeit haben und diese auch nutzen, ihr Handeln öffentlich zu begründen. Um den Begriff der Beeinflussung nicht zu eng auszulegen, sollte nur dann davon gesprochen werden, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, die EZB entscheide nicht mehr allein über die Geldpolitik.175 Dieses würde über die Inflationserwartungen zu Gefahren für die Preisniveaustabilität führen. Die Unabhängigkeit der Zentralbank wäre damit direkt über die Einflussnahme, als auch indirekt über die fehlende Glaubwürdigkeit beschränkt. Um sich gegen vertragswidrige Beeinträchtigungen zur Wehr zu setzen, bieten sich zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit besteht in der Erhebung einer Nichtigkeitsklage nach Art. 173 EGV vor dem Europäischen Gerichtshof (EUGH). Nach Art. 189 EGV ist eine derartige Klage jedoch nur bei rechtsverbindlichen Maßnahmen, also Weisungen, möglich. Beeinflussungen sind nicht rechtsverbindlich und damit nicht vor dem EUGH einklagbar.176 Demgemäss bleibt also nur die schon angesprochene zweite Möglichkeit und zwar die Dramatisierung des Konfliktes in der Öffentlichkeit. Um ihre Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit zu bewahren, muss die EZB deutlich machen, dass sie dem Druck nicht nachgeben wird und Preisniveaustabilität für sie oberste Priorität hat.

4.1.3. Die personelle Unabhängigkeit

4.1.3.1. Die Ernennung der EZB Mitglieder

Die Ernennung der sechs Mitglieder des Direktoriums erfolgt durch eine Beteiligung mehrerer Institutionen.177 Der Europäische Rat (ER) schlägt einen Kandidaten vor und der EZB-Rat sowie das Europäische Parlament (EP) werden dazu angehört. Sie können zwar Empfehlungen abgeben, welche für den ER jedoch nicht bindend sind. Die Mitglieder werden folglich von den Staats- und Regierungschefs einvernehmlich ernannt. Durch die Einvernehmlichkeit ist nicht davon auszugehen, dass es einem Staat gelingen kann, mehr als ein Mitglied zu besetzen und dadurch nationale Interessen zu verfolgen. Zu beachten ist jedoch, dass ein einzelner Staat durch fehlende Zustimmung das gesamte Bestellungsverfahren dominieren kann. Um die Handlungsfähigkeit des Direktoriums zu gewährleisten, sind dann für die Zustimmung Kompromisse notwendig, in denen die Interessen des Mitgliedsstaates wahrscheinlich verstärkt berücksichtigt werden.178 Es könnte weiterhin sein, dass Staaten durch Stimmenaustausch für eine wechselseitige Kandidatenunterstützung versuchen, regierungsfreundliche Personen durchzusetzen. Diese Möglichkeit kann nicht ausgeschlossen werden, wird aber insofern erschwert, dass die stabilitätsorientierten Mitglieder von der Eignung der Person zu überzeugen sind. Vor Gründung der EZB gab es von wissenschaftlicher Seite Vorschläge, das gesamte Direktorium179 oder den Präsidenten180 durch den EZB-Rat zu bestimmen, um damit politischen Einfluss zu mindern. Das Anhörungsrecht des EZB-Rates bleibt hinter derartigen Vorschlägen zurück, es sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Der EZB-Rat kann Kandidaten zwar nicht verhindern, jedoch wird es schwierig, der Öffentlichkeit eine Ernennung zu verkaufen, die vom Rat als Gefährdung der Preisniveaustabilität gesehen wird.181 Ein weiterer Schutzmechanismus ist die Vorschrift, dass die Direktoriumsmitglieder aus dem Kreis der in Währungs- oder Bankfragen anerkannten und erfahrenen Persönlichkeiten stammen müssen. Besitzen die Mitglieder eine derartige Reputation, wird sie auf die EZB übertragen und erhöht somit ihre Glaubwürdigkeit.

Für die Ernennung der Mitglieder des EZB-Rates gibt es keine gemeinschaftlichen Vorschriften. Entsprechend unterschiedlich sind die in den nationalen Zentralbankgesetzen vorgesehenen Ernennungsverfahren. In Ländern wie Italien und den Niederlanden haben die Zentralbankorgane einen großen Einfluss auf ihren Präsidenten, in Deutschland existiert ein Anhörungsrecht der Zentralbank und in den meisten anderen Staaten wird der Präsident allein durch die Regierung bestimmt. Die Möglichkeiten der Regierungen, einen loyalen Vertreter in den EZB-Rat zu schicken, stellen eine Gefahr für die personelle Unabhängigkeit und somit der Glaubwürdigkeit der EZB dar.182 Vor dem Hintergrund der Stimmenverteilung im EZB-Rat (zwölf Präsidenten nationaler Zentralbanken und sechs Direktoriumsmitglieder) wäre es sinnvoll, den Mitgliedsstaaten in diesem Punkt gewisse Vorgaben zu geben, um eine zu starke Vertretung nationaler Interessen zu vermeiden.

Das Ernennungsverfahren des Direktoriums gewährleistet durch die Anforderungen an die Mitglieder und die beteiligten Instanzen personelle Unabhängigkeit, solange die einzelnen Staaten zur Zurückstellung nationaler Interessen bereit sind. Ob einige der angesprochenen Probleme bei der Ernennung der EZB- Mitglieder tatsächlich aufgetreten sind, soll im Punkt 4.1.3.5. zusammen mit den anderen Anforderungen an die personelle Unabhängigkeit geprüft werden.

4.1.3.2. Die Amtszeit der EZB Mitglieder

Die Amtszeit der Mitglieder des Direktoriums beträgt acht Jahre.183 Sie ist somit länger als sämtliche Legislaturperioden in den Mitgliedsstaaten und bietet die Möglichkeit für eine kontinuierliche, unabhängige Geldpolitik.184 Vor dem Hintergrund des vorher beschriebenen aufwendigen Ernennungsprozesses könnte es schwierig sein, bei kürzeren Amtszeiten immer wieder einen Konsens zu finden. Die Überlappung der Amtszeiten zur Reduzierung der Einflussnahme durch die ernennenden Regierungen ist ebenfalls gewährleistet, da die Amtszeiten jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnen. Für die erste Konstituierung des Direktoriums wurde aus diesem Grund der Präsident für acht, der Vizepräsident für vier und die übrigen Mitglieder für einen Zeitraum zwischen fünf und acht Jahren ernannt.

Die Mitglieder des EZB-Rates müssen mindestens für fünf Jahre ernannt werden.185 Diese, gegenüber dem Direktorium vergleichsweise kurze Amtszeit, ist das Ergebnis eines Kompromisses. Denn ursprünglich wollten einige Staaten auch für die Direktoriumsmitglieder eine fünfjährige Amtszeit. Es sind demnach die jeweiligen Satzungen der nationalen Zentralbanken zu prüfen, ob die Amtszeit länger als eine Legislaturperiode ist. Für die Mitglieder des Direktoriums ist bezüglich der Amtszeiten keine Gefahr für die Glaubwürdigkeit zu erkennen. Hingegen wäre beim EZB-Rat zur Erhöhung der Unabhängigkeit eine gemeinschaftliche Vorgabe sinnvoll, diese an die Amtszeit des Direktoriums anzupassen.

4.1.3.3. Die Verhinderung von Anreizen, sich politisch loyal zu verhalten bei der EZB

Die Möglichkeit politische Loyalität eines Direktoriumsmitgliedes durch das Versprechen auf Wiederernennung zu erreichen, besteht nicht.186 Das Verbot schließt allerdings nicht aus, dass das Mitglied nach Ablauf der Amtszeit, Zentralbankpräsident in seinem Heimatland wird und in dieser Funktion wiederum in den EZB-Rat einziehen würde. Eine solche Ernennung per Gesetz zu verbieten, wäre zur Erhöhung der personellen Unabhängigkeit sinnvoll. Die Wiederernennung der Mitglieder des EZB-Rates wird durch die jeweiligen nationalen Zentralbankgesetze geregelt. Keines dieser Gesetze schließt die Wiederernennung aus, was unter dem Gesichtspunkt politischer Loyalität kritisch zu sehen ist.187

Während der Amtszeit als Direktoriumsmitglied ist es nicht gestattet, neben dieser Tätigkeit weitere Posten zu übernehmen.188 Allerdings ist es ihnen nicht untersagt, nach Ablauf der Amtszeit ein anderes politisches Amt zu übernehmen. Um jeglichen Anreiz politischer Loyalität zu vermeiden, wäre es konsequent, die Übernahme zumindest für einen gewissen Zeitraum zu untersagen.189 Aus diesem Grund wird auch teilweise ein Mindestalter gefordert, so dass die Mitglieder nach Beendigung ihrer Amtszeit in Pension gehen. Ebenfalls existieren für die Mitglieder des EZB-Rates in den nationalen Zentralbankgesetzen keine Beschränkungen für die spätere Übernahme politischer Ämter.

Um die finanzielle Unabhängigkeit der Direktoriumsmitglieder zu gewährleisten, werden die Gehälter vom EZB-Rat und vom ER in einem Ausschuss gemeinsam festgelegt. Die Höhe wird nicht veröffentlicht, jedoch ist davon auszugehen, dass sie die politischer Ämter übersteigt. Die Gehälter für die EZB-Ratsmitglieder sind wieder auf nationaler Ebene geregelt.

Durch die Androhung der Abberufung kann kein politischer Druck auf die Direktoriumsmitglieder ausgeübt werden. Eine Abberufung ist nur möglich, wenn ein Mitglied die Voraussetzungen für ein Amt nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat.190 Entscheidend ist, dass dieser Antrag nur vom EZB-Rat oder Direktorium gestellt werden kann und letztendlich durch den EUGH entschieden wird. Die Abberufung der EZB-Ratsmitglieder kann nur mit der gleichen Begründung erfolgen. Hier besteht allerdings der wesentliche Unterschied, dass auch die Regierung eine Entlassung aussprechen kann und der Präsident der nationalen Zentralbank gegen diese vor dem EUHG Klage erheben kann. Die Vorschriften für den EZB-Rat sind also auch hier weit weniger in der Lage, personelle Unabhängigkeit zu gewährleisten, als beim Direktorium.

4.1.3.4. Das Verhältnis von Direktorium und EZB-Rat

Bei der personellen Unabhängigkeit wurde deutlich, dass die Mitglieder der nationalen Zentralbanken durch die Gesetzgebung weniger vor politischer Einflussnahme geschützt werden, als die Mitglieder des Direktoriums. Um dadurch eventuell entstehende Gefahren für die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik beurteilen zu können, soll nunmehr auf die Machtverhältnisse innerhalb der EZB eingegangen werden. Betrachtet man allein die Repräsentanten des EZB-Rates so ergibt sich ein deutliches Übergewicht von zwölf zu sechs zugunsten der nationalen Zentralbank Präsidenten. Zu beachten ist jedoch, dass die Ausführung der vom EZB-Rat getroffenen geldpolitischen Entscheidungen ausschließlich beim Direktorium liegt. Die geringe Mindestzahl an Sitzungen des EZB-Rates verdeutlicht, dass hier nur die Rahmenbedingungen festgelegt werden können, das Direktorium in der Umsetzung indes flexibel agieren kann.191 Geldpolitische Instrumente, wie die von der EZB verwendeten Offenmarktgeschäfte, sind kurzfristig angelegt und erfordern eine flexible, operative Entscheidungsfindung. Dem Direktorium kommt damit ein geldpolitischer Entscheidungsspielraum zu, durch den seine Macht innerhalb der EZB gestärkt wird.192 Das Übergewicht der nationalen Zentralbankpräsidenten im EZB-Rat könnte auch dadurch ausgeglichen werden, dass sich die Mitglieder des Direktoriums leichter untereinander abstimmen und eine Koalition bilden können. Da davon auszugehen ist, dass sie über die grundlegenden Daten der europäischen Geldpolitik besser informiert sind, gewinnen Entscheidungen der Direktoriumsmitglieder auch eine höhere Autorität, als die ihrer Kollegen.193 Die starke Position des Direktoriums innerhalb der EZB fördert also die Unabhängigkeit und verringert die Gefahren politischer Einflussnahme über die Präsidenten der nationalen Zentralbanken.

4.1.3.5. Die Personaldebatte um den EZB-Präsidenten

Die Auseinandersetzungen um das Amt des EZB-Präsidenten haben bislang Zweifel an der Bereitschaft erkennen lassen, nationale Interessen zugunsten der fachlichen Qualifikation der Mitglieder zurückzustellen.194 Diese Auseinandersetzungen betreffen zwar mehr die faktische Unabhängigkeit, da sie allerdings als Folge der Ausgestaltung der personellen Unabhängigkeit zu bezeichnen sind, werden sie bereits an dieser Stelle angesprochen.

Auf dem Brüsseler Gipfel 1998 wurde der Niederländer Wim Duisenberg zum EZB-Präsidenten für acht Jahre ernannt. Der Einigung ging allerdings eine harte Diskussion voraus, da Frankreich sein Veto einlegte, um den eigenen Kandidaten Trichet auf diesen Posten zu befördern. Als offizielle Begründung Frankreichs wurde vor allem auf das hohe Alter, welches Duisenberg im Gegensatz zu Trichet bei Beendigung einer achtjährigen Amtszeit haben werde, hingewiesen.195 Die Folge dieses Disputs war ein Kompromiss, der kaum mit den geltenden Gesetzen vereinbar ist. Danach sollte Wim Duisenberg nach ungefähr der Hälfte der Amtszeit zurücktreten, um den Weg für Trichet freizumachen. Dieser Kompromiss wurde zwar nicht schriftlich fixiert und von Duisenberg in dieser Form so auch nie bestätigt, die Diskussion deutet jedoch schon daraufhin, dass es sich um eine rein politische Entscheidung handelte.196 Auch Trichet gilt als stabilitätsorientierter Zentralbanker, so dass es Frankreich nicht um einen regierungskonformen Zentralbanker ging, sondern mehr um das Prestige, diesen Posten durch einen Franzosen zu besetzen. Im Februar 2002 schließlich verkündete Duisenberg seinen Rücktritt für Juli 2003. Dieser Schritt kam für die Märkte nicht überraschend, wird vor dem Hintergrund der vorherigen Diskussion jedoch kritisch gesehen. Für den Reputationsaufbau der EZB ist es mit Sicherheit nicht förderlich, dass die Besetzung des wichtigsten Postens politisch geprägt ist und wird möglicherweise auf Dauer Schäden für die Glaubwürdigkeit der EZB verursachen.

Die Ernennung des künftigen EZB-Präsidenten dürfte ebenfalls mit Problemen verbunden sein. Der von Frankreich favorisierte Kandidat Trichet wird momentan beschuldigt, für Bilanzmanipulationen der Credit Lyonnais Anfang der 90er Jahre mitverantwortlich gewesen zu sein. Solange dies nicht geklärt ist, ist seine EZB-Präsidentschaft aufgrund des zu befürchtenden Reputationsverlustes nicht möglich. Eine andere Variante, den ehemaligen EZB-Vizepräsidenten Christian Noyer zum künftigen Präsidenten zu küren, würde an dem Wiederernennungsverbot scheitern.197 Würde in diesem Fall versucht werden, das Gesetz zu umgehen, wäre die Glaubwürdigkeit schwer beschädigt. Es bleibt zu hoffen, dass die künftige Debatte weniger von nationalen Interessen, sondern mehr vom Streben nach einem stabilitätsorientierten Kandidaten geprägt sein wird. Für das Vertrauen in die Unabhängigkeit der EZB und die Glaubwürdigkeit der europäischen Geldpolitik, wäre dies wünschenswert.

4.1.4. Die instrumentelle Unabhängigkeit für die EZB

Die EZB verfügt über die geeigneten geldpolitischen Instrumente und kann diese zur Erreichung der Preisniveaustabilität autonom einsetzen.198 Die Zinsfestlegung erfolgt allein durch die EZB. Als Instrumente stehen ihr Offenmarktgeschäfte, ständige Fazilitäten und Mindestreserven zur Verfügung.199 Sie kann nach Art. 20 der EZB-Satzung jedoch auch andere als die ausdrücklich genannten Instrumente verwenden.

Das bisherige Instrumentarium ist ähnlich dem der deutschen Bundesbank.200 Das Notenmonopol obliegt der EZB201, so dass eine Staatsfinanzierung über die Notenpresse nicht möglich ist. Die direkte Kreditfinanzierung durch Kreditvergabe an den Staat oder durch den Erstankauf von Staatspapieren ist nach Art. 101 EGV ebenfalls nicht möglich. Infolge dieser eindeutigen Vorschrift kann die EZB gar nicht in den Konflikt kommen, politischem Druck nachgeben zu müssen. Der Kauf von staatlichen Schuldverschreibungen, wie er im Rahmen von Offenmarktgeschäften erfolgt, wird durch Art.101 EGV nicht untersagt. Wie bereits festgestellt202, entstehen durch die Verwendung dieses Instruments keine über die generelle Möglichkeit politischen Drucks hinausgehenden Gefahren.

Im Rahmen der instrumentellen Unabhängigkeit bleibt noch zu begutachten, inwieweit die Wechselkurspolitik durch die EZB autonom bestimmt wird. Hier ist zuerst zu prüfen, durch wen das Wechselkurssystem festlegt wird. Nach Art. 1 EGV hat der Europäische Rat einstimmig über das Wechselkurssystem203 zu entscheiden. Die Regelung ist dadurch begründet, dass damit eine Grundsatzentscheidung für eine weitere wirtschaftliche Integration getroffen wird, welche nur zwischen den betroffenen Regierungen vereinbart werden kann.204 Von der Einstimmigkeit geht jedoch ein Schutz für die Preisniveaustabilität aus, da jeder Staat seine Zustimmung verweigern kann, falls er dadurch Inflationstendenzen befürchtet. Vor der Entscheidung hat der Rat die EZB anzuhören, ob das Wechselkurssystem mit dem Ziel der Preisniveaustabilität vereinbar ist. Der Rat kann, nachdem er seiner Anhörungspflicht nachgekommen ist, jedoch das Wechselkurssystem auch gegen den Willen der EZB verabschieden. Die Kompetenz zur Festlegung oder Änderung der Wechselkurse liegt ebenfalls beim Rat. Um eine größere Handlungsfähigkeit zu gewährleisten, ist hier jedoch nur eine qualifizierte (2/3)-Mehrheit notwendig.205 Die Rechte der EZB beschränken sich wiederum nur auf Anhörungsrechte. Von dieser Regelung kann eine große Gefahr für die Preisniveaustabilität ausgehen. Ist die Inflation im anderen Land höher als in Europa, fehlt der Wechselkurs als Anpassungsparameter. Durch den ständigen Ankauf von Devisen kommt es zu einer Geldmengenerhöhung und damit inflationären Tendenzen.

Ungeachtet dieser Gefahren wurde die Wechselkurskompetenz zugunsten des Rates mit großer Übereinstimmung verabschiedet. Da die bislang besprochenen Regelungen ein deutliches Bemühen zur Sicherung der Preisniveaustabilität zeigen, ist die große Übereinstimmung etwas überraschend. Ein Grund für den Rat könnte sein, dass auch bisher in allen Mitgliedsstaaten die Regierungen über Paritätsänderungen bestimmten. Dieses ist jedoch vor dem Hintergrund zu sehen, dass in der Vergangenheit einige Regierungen versuchten, durch Abwertungen ihre internationale Wettbewerbssituation zu verbessern und dafür auch Gefahren für die Stabilität in Kauf nahmen.206 Im Kontext der gesamten Stabilitätsbemühungen sind derartige Motive nicht zu erwarten.

Der Sachverständigenrat hat im wesentlichen zwei Argumente für die Wechselkurskompetenz des Rates ausgearbeitet.207 Das erste Argument ist, dass die EZB aus Stabilitätsgründen tendenziell eine Überbewertung des Euros anstrebt, ohne Berücksichtigung der Folgen für Beschäftigung und Wirtschaftswachstum. Diesem ist grundsätzlich zuzustimmen. Es begründet allerdings nicht, warum in den meisten anderen Regelungen versucht wird, den Einfluss der Regierung möglichst gering zu halten und in dieser Zuständigkeit, mit möglicherweise negativen Konsequenzen für die Preisniveaustabilität, davon abgewichen wird. Das zweite Argument des Sachverständigenrates ist, dass die EZB die festen Wechselkurse durch häufige Paritätsänderungen faktisch unterlaufen könne. Hiergegen spricht jedoch, dass Paritätsänderungen aufgrund von wirtschaftlichen Daten durchgeführt werden und nicht willkürlich durch die EZB erfolgen können. Der Sachverständigenrat hat weiter ausgeführt, dass es zu häufigen Streitigkeiten zwischen EZB und ER über Paritätsänderungen kommen könnte, wobei die Unabhängigkeit der EZB insgesamt in Frage gestellt wird. Um diese zu schützen, ist es sinnvoll, die Kompetenz von Anfang an beim Rat zu lassen.

Politischer Druck ist jedoch kein spezielles Problem der Wechselkurskompetenz, sondern kann bei sämtlichen geldpolitischen Entscheidungen auftreten, wodurch auch dieses Argument entkräftet wird. Sollte der Rat tatsächlich ein Wechselkurssystem beschließen, welches für die EZB mit dem Stabilitätsziel nicht vereinbar ist, besteht für sie die Möglichkeit einer Nichtigkeitsklage vor dem EUGH.208 Falls der EUGH dieses bestätigt, wird das System innerhalb der Gemeinschaft zwar für nichtig erklärt, nach außen bleibt es jedoch gültig. Der Rat ist in diesem Fall angehalten, Nachverhandlungen anzustreben. Für die EZB bleibt die Interventionspflicht vorerst bestehen.209

Geht man nun von einem System flexibler Wechselkurse aus, wie es momentan mit den wichtigsten Währungen besteht, stellt sich die Frage, inwieweit hier instrumentelle Unabhängigkeit besteht. In diesem System hat der Rat ebenfalls gewisse Kompetenzen. Diese beschränken sich jedoch auf die Aufstellung allgemeiner Orientierungen, welche mit qualifizierter Mehrheit durch den Rat vorgegeben werden.210 Der Begriff allgemeine Orientierungen deutet daraufhin, dass die EZB zwar mit dem Rat kooperieren muss, sich aber im Konfliktfall durch die Berufung auf das Ziel Preisniveaustabilität über diesen hinwegsetzen kann.211 Die instrumentelle Unabhängigkeit wird demnach nur bei einem System fester Wechselkurse beschränkt. Durch die erforderliche Einstimmigkeit bei der Vereinbarung und das bislang geringe Interesse - sowohl von Seiten der Europäer als auch der Amerikaner und Japaner - ist in absehbarer Zeit nicht mit einem Festkurssystem zu rechnen.212 Sollte es dennoch eingeführt werden, ist zu beachten, dass der Rat unter anderem auch Preisniveaustabilität zu seinem Ziel erklärt hat und daher nicht generell von einer Gefährdung ausgegangen werden kann.213 Die instrumentelle Unabhängigkeit der EZB erscheint damit, trotz der angesprochenen Probleme, gewährleistet und stellt eine Erhöhung der Glaubwürdigkeit dar.

4.1.5. Die institutionelle Unabhängigkeit der EZB

Die Bestimmungen über die Unabhängigkeit der EZB sind entweder in dem EG - Vertrag oder in der EZB - Satzung niedergelegt. Die Änderung dieser Bestimmungen erfordert ein aufwendiges Verfahren nach Art. N. EUV. Danach muss ein Mitgliedsstaat oder die Kommission dem Rat eine Änderung vorschlagen. Nach Anhörung der EZB beschließt der Rat mit einfacher Mehrheit, ob eine Regierungskonferenz einberufen werden soll. Bei Ablehnung erfolgt keine Änderung. Auf einer einberufenen Regierungskonferenz kommt es zu einer erneuten Anhörung der EZB. Eine Gesetzesänderung ist nur bei Einstimmigkeit im Rat möglich. Durch dieses Verfahren ist die EZB umfangreicher geschützt, als es jede der nationalen Zentralbanken bislang war. Die Androhung eines Mitgliedsstaates, die Unabhängigkeit aufzuheben, ist damit wenig glaubwürdig.

Eine Ausnahme von diesem Verfahren ist allerdings in Art. 107 Abs.5 EGV normiert. Danach können bestimmte Artikel der EZB- Satzung nach Anhörung der EZB und bei Einstimmigkeit durch den Rat geändert werden. Von dieser vereinfachten Regelung sind besonders die geldpolitischen Instrumente betroffen. Infolgedessen könnte es zu einer Gefährdung der Unabhängigkeit kommen, indem der Rat den Einsatz von seiner Zustimmung abhängig macht. Mit der Festschreibung der Unabhängigkeit nach Art. 108 wird es allerdings nicht vereinbar sein, sollte der Rat versuchen, seinen Einfluss auf sämtliche geldpolitische Instrumente auszudehnen.214 Im Ergebnis ist die institutionelle Unabhängigkeit durch die bestehenden Regelungen ausreichend gesichert und trägt zur Glaubwürdigkeit der EZB bei.

4.1.6. Die finanzielle Unabhängigkeit der EZB

Die beiden Bedingungen für finanzielle Unabhängigkeit sind bei der EZB erfüllt. Eigentümer der EZB dürfen lediglich die unabhängigen, nationalen Zentralbanken sein.215 Die EZB finanziert ihre Tätigkeit weiterhin aus dem Notenbankgewinn bzw. aus dem von den nationalen Zentralbanken zur Verfügung gestellten Kapital.216

4.1.7. Die Trennung der EZB von der Bankenaufsicht

Ob die Trennung von Bankenaufsicht und EZB wirklich eine Determinante für die Zentralbankunabhängigkeit ist, konnte nicht eindeutig festgestellt werden.217 Deshalb soll hier nur kurz, auf die Zuständigkeitsverteilung im Euroraum eingegangen werden. Die EZB nimmt nach Art. 25.Abs. 2. EZB Satzung innerhalb der Bankenaufsicht nur besondere Aufgaben wahr. Die generelle Organisation und die Durchführung bleibt Sache der Mitgliedsstaaten.218 Die Rolle des lenders of last resort ist durch das Gesetz nicht eindeutig geregelt. Sie wird von den nationalen Zentralbanken durchgeführt, welche dabei allerdings den Weisungen der EZB unterliegen. Die Verantwortlichkeit liegt damit faktisch bei der EZB.219

4.2. Die faktische Unabhängigkeit der EZB

4.2.1. Das Verhältnis der EZB zu den Regierungen

4.2.1.1. Die Verschuldung in Europa

Der Maastrichter Vertrag verlangte für die Teilnahme am Euro unter anderem eine Neuverschuldung von unter drei Prozent des BIP und gleichzeitig einen Schuldenbestand von höchstens sechzig Prozent des BIP (wobei es ausreichend war, wenn sich die Quote rückläufig entwickelte). Ein starker Anreiz, wie die Teilnahme am Euro, besteht nach Einführung nicht mehr, weshalb neue Anreize für eine stabilitätsorientierte Finanzpolitik erforderlich sind.

Generell kann eine Disziplinierung der nationalen Haushaltspolitiken nach Einführung des Euro auch durch die Finanzmärkte erfolgen. Eine hohe Neuverschuldung wird zu einer Sanktionierung in Form höherer Risikoaufschläge auf den Zins führen.220 Diese Sanktionierung erfolgt jedoch nicht, wenn andere Mitgliedsstaaten bei drohender Zahlungsunfähigkeit zur Unterstützung verpflichtet sind. Eine übermäßige Verschuldung des einzelnen Staates führt aufgrund der insgesamt schlechteren Bonität zu einer verminderten Zinserhöhung in sämtlichen Mitgliedsstaaten. Der Anreiz, eine solide Finanzpolitik zu betreiben sinkt damit. Ein starker Anstieg der Schuldenquote mit den schon beschriebenen Folgen für die EZB ist die Folge.221 Um derartige Entwicklungen zu verhindern, wurde die Solidarhaftung durch die „no bail-out“ Klausel ausgeschlossen.222 Danach haftet weder die Gemeinschaft noch ein anderer Mitgliedsstaat für die Verbindlichkeiten. Es ist fraglich, ob es bei drohender Zahlungsunfähigkeit nicht doch zu finanziellem Beistand durch andere Staaten kommt. Die Unsicherheit darüber würde durch die Kapitalmärkte in Form höherer Risikoprämien für alle Staaten sanktioniert , so dass auch die no bail out Klausel das Problem nicht vollständig zu beseitigen vermag.

Die Mitgliedsstaaten sind sich dieses Problems durchaus bewusst und verabschiedeten zur Disziplinierung der Haushaltspolitik den sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspakt. Der Pakt prüft die Einhaltung der Haushaltsdisziplin anhand von zwei Referenzwerten. Die Haushaltsdefizit darf nicht mehr als drei Prozent des BIP betragen und der Bestand an Schulden darf nicht mehr als sechzig Prozent des BIP betragen. Wird eines der beiden Kriterien verletzt, ist die Kommission verpflichtet, einen Bericht zu erstellen, in dem sie die Finanzlage des Mitgliedsstaates beurteilt. Bei der Beurteilung sind bestimmte Aspekte zu berücksichtigen, die einen Ausnahmetatbestand begründen. Das Schuldenbestandskriterium gilt demnach bereits als erfüllt, wenn sich der Wert rückläufig entwickelt und sich sechzig Prozent annähert. Bezüglich des Schuldenbestands ist jedoch zu beachten, dass die Buchungsvorschriften der Mitgliedsstaaten erheblich voneinander abweichen. In einigen Ländern beinhaltet der Schuldenbestand die Pensionsverpflichtungen in anderen Ländern wie z.B. Deutschland werden diese nicht in die Berechnung einbezogen.223 Einheitliche Buchungsvorschriften würden hier zur Glaubwürdigkeit des Paktes beitragen. Das Ausnahmekriterium für die Defizitquote erlaubt eine Neuverschuldung über drei Prozent, für den Fall außergewöhnlicher Ereignisse, wie einer verheerenden Naturkatastrophe oder einer schweren Rezession, welche bei einem Rückgang des BIP von über zwei Prozent vorliegt.224 Entwickelt sich das BIP um maximal 0,75 Prozent zurück, wird bei einer Überschreitung des Defizitkriteriums der Rat verpflichtet, das Sanktionsverfahren einzuleiten. Bei einem Rückgang zwischen 0,75 Prozent und 2 Prozent kommt es hingegen auf die Rechtfertigung des Mitgliedsstaates an, über die der Rat unter Ausschluss des Betroffenen mit qualifizierter Mehrheit abstimmt.

Nach Einleitung des Sanktionsverfahrens muss der Mitgliedsstaat zunächst eine Einlage von bis zu 0,5 Prozent des BIP unverzinslich für zehn Monate hinterlegen. Sollte das übermäßige Defizit nicht innerhalb von zwei Jahren beseitigt sein, wird die Einlage in eine Geldbuße umgewandelt.225

Um die Einleitung des Sanktionsverfahrens möglichst zu verhindern, wurde darüber hinaus ein Frühwarnsystem entwickelt. Als mittelfristiges Ziel ist den Mitgliedsstaaten ein nahezu ausgeglichener Haushalt oder sogar ein Haushaltsüberschuss vorgegeben. Der Mitgliedsstaat hat daraufhin einen Plan zu veröffentlichen, wie und unter welchen ökonomischen Rahmenbedingungen, dieses Ziel erreicht werden soll. Der Rat überprüft und gibt eine Stellungnahme ab, inwieweit die zugrundegelegten Rahmenbedingungen realistisch sind und die Maßnahmen mit den von der Gemeinschaft aufgestellten Grundzügen der Wirtschaftspolitik übereinstimmen. Sollte in der Folgezeit die Zielerreichung aufgrund eines zu hohen Defizits gefährdet sein, gibt der Rat eine Empfehlung ab, Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen. Verbessert sich die Lage daraufhin nicht, richtet der Rat eine weitere Empfehlung an den Mitgliedsstaat Korrekturmaßnahmen, durchzuführen. Diese Empfehlung kann durch den Rat veröffentlicht werden, falls dies nicht schon durch den Mitgliedsstaat selbst geschehen ist. Rechtliche Verbindlichkeit haben jedoch weder die Stellungnahme noch die Empfehlung durch den Rat. Nach der Veröffentlichung kommt es jedoch zu dem beschriebenen Sanktionsverfahren, falls der Mitgliedsstaat keine geeigneten Maßnahmen durchführt.226

Ob durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt wirklich eine dauerhafte Disziplinierung der Finanzpolitik erfolgt, ist zweifelhaft. Ein hochverschuldetes Land wird durch die Strafzahlung in seinem Handlungsspielraum zusätzlich eingeschränkt, was die notwendige Konsolidierung noch erschweren dürfte. Die Formulierung „außergewöhnliche Ereignisse“ bedeutet einen Ermessensspielraum, da neben den erwähnten Naturkatastrophen auch weitere Ereignisse denkbar sind. Auch die Verpflichtung des Rates, bei einem Rückgang des BIP um maximal 0,75 Prozent Sanktionen einzuleiten, kommt nicht einem Automatismus gleich und wird im Ernstfall dehnbar sein. Die Sanktionen sehen auch nur in der Regel die angesprochene unverzinsliche Einlage vor, mildere Strafen sind demnach ebenso möglich.227 Kritisch zu betrachten ist auch die Tatsache, dass die Überwachung und Durchsetzung des Stabilitätspaktes letztlich allein beim Rat liegt. Der Rat besteht aus gleichberechtigten und souveränen Staaten, so dass es als nationaler Affront empfunden werden könnte, falls ein Mitgliedsstaat wegen seiner Finanzpolitik an den Pranger gestellt würde. Eine anti-europäische Politik des Mitgliedsstaates könnte die Folge sein, wovor die anderen im Rat vertretenen Staaten möglicherweise zurückschrecken könnten. Fraglich ist weiterhin, wie Sanktionen durchgesetzt werden können, falls ein Mitglied sich weigert, sie zu akzeptieren. Letztlich hängt es vom Integrationswillen des jeweiligen Staates ab, das gemeinschaftliche Recht zu befolgen.228 Die geforderte Einhaltung einer vorgeschriebenen Verschuldungsstruktur229, wird durch den Stabilitätspakt nicht festgelegt. Der Druck auf die EZB, die durch sie beeinflussbaren kurzfristigen Zinssätze niedrig zu halten, könnte dadurch in Krisenzeiten zunehmen.230

Das die genannten Kritikpunkte am Stabilitätspakt nicht nur theoretischer Natur sind, zeigen die jüngsten Diskussionen um die Aufweichung des Stabilitätspaktes. Schon im April dieses Jahres verhinderte die Bundesregierung durch massiven politischen Druck und unhaltbare Versprechungen bezüglich Wirtschaftswachstum und Haushaltspolitik eine Empfehlung (den sogenannten „blauen Brief“) aus Brüssel. Bezüglich des blauen Briefes wurde auch die Meinung vertreten, dass die Diskussion darüber den Pakt noch gestärkt habe, da die Folgen einer starken Verschuldung erst ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt seien.231 Das Argument bezieht sich auf die Transparenz des Verfahrens, wodurch Verfehlungen für die Öffentlichkeit leicht nachvollziehbar sind und dadurch Druck auf die Regierung zur Disziplinierung der Finanzpolitik ausgeübt wird. Die Entscheidung in diesem Fall, den blauen Brief nicht zu versenden, schwächte jedoch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Durchsetzbarkeit ähnlicher Entscheidungen in der Zukunft. Damit wurde die Schwäche des Paktes ebenso transparent deutlich.

Anfang September wurde offensichtlich, dass ein ausgeglichener Haushalt wie er von den Mitgliedsstaaten für 2004 angestrebt wurde, von großen Ländern wie Frankreich, Italien und Deutschland nicht mehr erreichbar sein wird. Um den Stabilitätspakt bezüglich dieses Kriteriums zu wahren, wurde das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts auf 2006 verschoben. Eine viel größere Gefahr für den Stabilitätspakt geht momentan von der Zielverfehlung des Defizitkriteriums aus.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Haushaltsdisziplin und Schuldenstand im Euroraum

Quelle für 2001: Eurostat, Quelle für 2002: Schätzungen Deutsche Bank

Defizit und Schuldenstand jeweils in % zum BIP

Die Tabelle zeigt, dass sowohl Deutschland als auch Portugal die Defizitkriterien für 2002 verfehlen und Frankreich und Italien zumindest knapp an der Obergrenze liegen werden.232 In dieser Bewährungsprobe für den Stabilitätspakt wurde er Mitte Oktober von zwei Seiten infrage gestellt. Statt einer Unterrichtung Brüssels, verkündete Finanzminister Eichel in einer Talkshow, dass Deutschland in diesem Jahr das Defizitkriterium nicht erreichen werde. Vermutlich war dies im Finanzministerium schon vor der Bundestagswahl bekannt, wurde aus wahltaktischen Motiven aber erst jetzt geäußert. Die jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung wiesen auch schon vor dieser Verkündung darauf hin, dass der Konsolidierungskurs in den nächsten Jahren zugunsten der Beschäftigungspolitik aufgegeben werde.233 Bundeskanzler Schröder forderte kurz darauf zwar nicht die Aufgabe, aber doch eine Lockerung des Stabilitätspaktes. Angesichts der schlechten Konjunktur sei es wichtig, sich jetzt höher verschulden zu können und dieses später entsprechend auszugleichen.234 Wie ernstgemeint diesbezügliche Versprechen hinsichtlich einer dann erneut anstehenden Bundestagswahl 2006 sind, ist fraglich. Kritisch ist auch die Signalwirkung, die von der Deutschen Politik für andere Länder ausgeht. Wenn Deutschland sich als größte Volkswirtschaft in Europa und Initiator des Stabilitätspaktes nicht zum Stabilitätspakt bekennt, sehen sich auch andere Länder diesem nicht verpflichtet. So sind von Frankreich und Italien Vorschläge zu hören, Militär- oder Infrastrukturausgaben gesondert zu behandeln.235 Sollten sich die größten Länder nicht zum Stabilitätspakt bekennen und eine eventuelle Strafe akzeptieren, wird dieser sämtliche Glaubwürdigkeit verlieren.

Statt einer scharfen Kritik der nationalen Haushaltspolitik seitens der EU, wurden die Mitgliedsstaaten durch die Äußerungen von Kommissionspräsident Prodi, in ihrem Verhalten noch bestärkt. Dieser bezeichnete den Stabilitätspakt als „dumm“, da er nicht flexibel genug sei.236 Die Aussage ist umso erstaunlicher, da Prodi als früherer Ministerpräsident Italiens die negativen Auswirkungen einer hohen Verschuldung in Form höherer Zinszahlungen eigentlich kennen müsste.

Der Ruf nach größerer Flexibilität ist nur schwer nachvollziehbar. Wie bereits beschrieben, kommt es vorerst nur zu einer Geldeinlage, welche erst in eine Strafe umgewandelt wird, sollte sich die Haushaltssituation nicht innerhalb von 2 Jahren verbessern. Die Argumentation, den Pakt an die jetzige konjunkturelle Lage anpassen zu müssen, zeigt, dass die betroffenen Länder die guten Jahre (1998,1999 und 2000) nicht zur Konsolidierung genutzt haben. Länder, wie Spanien und Finnland mit ausgeglichenem Haushalt, kritisieren auch die jüngsten Beschlüsse. Kleine Länder weisen daraufhin, dass hier eine Ungleichbehandlung stattfände, da sie sich bei Problemen an die Regeln zu halten haben, während sie bei größeren Ländern geändert würden.

An den Finanzmärkten sind bislang noch kaum negative Folgen der Diskussion zu erkennen, wie nachstehend anhand der Entwicklung des Euros und des Vergleichs langfristiger US- und Eurorenditen gezeigt wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die Entwicklung des Euro in den letzten 12 Monaten

Quelle: Europäische Zentralbank, www. ecb.int Zugriff am 23.10.2002

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Gegenüberstellung der Renditen europäischer und amerikanischer Anleihen

Quelle: www.maxblue.de Zugriff am 23.10.2002

Im Hinblick auf die Stabilitätspaktdiskussion überrascht das Ergebnis. Erwartet worden wäre ein stärkerer Rückgang des Euro. Auch die langfristigen Zinsen müssten aufgrund einer Risikoprämie höher sein. Dass dies nicht der Fall ist, kann mehrere Gründe haben. Möglicherweise bestehen auch in den USA Inflationsgefahren oder aber die Märkte haben schon sehr früh eine mögliche Diskussion über den Stabilitätspakt antizipiert, so dass es hier zu keiner Überraschung kam. Durch die Diskussion könnte demnach ein stärkerer Anstieg des Euro im Sommer 2002 verhindert worden sein. Ein weiterer Grund könnte das eindeutige Bekenntnis der EZB zur Preisniveaustabilität sein. Im neuen Koalitionsvertrag befindet sich eine deutliche Aufforderung, die Zinsen zu senken und damit zur Verringerung des Defizits beizutragen, was die EZB aus diesem Grund allerdings entschieden ablehnt.237 Die Entwicklung von Euro und Zinsen wäre vor diesem Grund ein eindeutiger Vertrauensbeweis der Märkte in die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der EZB. Sollte sich die Entwicklung der Haushaltsdefizite allerdings verschärfen und der Stabilitätspakt tatsächlich aufgeweicht werden, werden die Märkte dies sanktionieren. Die hohen Zinsen werden die zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit benötigten Investitionen verhindern und somit das Wirtschaftswachstum hemmen. Die Folge ist eine hohe Arbeitslosigkeit bei gleichzeitiger Überschuldung der Haushalte. Verschärft wird die Situation noch durch die zu erwartende ungünstige demographische Entwicklung im Euroraum. Sinkenden Einnahmen bei Steuern und Sozialabgaben stehen steigende Ausgaben gegenüber.238 Um die Zahlungsunfähigkeit, als „worst-case“ Szenario zu verhindern, ist deshalb ein eindeutiges Bekenntnis zu einer restriktiven Fiskalpolitik notwendig. Eine expansive Fiskalpolitik wird auf Dauer die Glaubwürdigkeit der EZB, Preisniveaustabilität zu gewährleisten, gefährden und den politischen Druck auf die EZB erhöhen.239

4.2.1.2. Die Einfluss nationaler Regierungswechsel auf die Stabilität in Europa

Die europäische Politik wird weitgehend durch die einzelnen Mitgliedsstaaten bestimmt. In dieser Arbeit soll der Einfluss von Regierungswechseln am Beispiel des Machtwechsels im Jahr 1998 aufgezeigt werden. Deutschland ist zwar in den letzten 50 Jahren kein Land mit häufigen Regierungswechseln gewesen, jedoch lässt sich an diesem Beispiel zeigen, welche Auswirkungen ein Wechsel auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik haben kann. Die Forderungen betrafen damals hauptsächlich die Bundesbank. Vor dem Hintergrund der kurz bevorstehenden Währungsunion ist aber davon auszugehen, dass sie vielmehr auf die EZB gerichtet waren. Lafontaine forderte, die Geldpolitik stärker an Wachstum und Beschäftigung auszurichten und das Stabilitätsziel als nachrangig anzusehen. Er begründetet diese Forderung mit der Unterstützungspflicht der Zentralbank gegenüber der Regierung, deren Hauptziel die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sei.240 Die Unabhängigkeit der Geldpolitik wollte er durch die Vereinbarung von Wechselkursabkommen zwischen Yen, Dollar und Euro weiter beschränken. Lafontaine konnte sich letztlich mit keiner seiner Forderungen durchsetzen. Die Bundesbank machte in der Öffentlichkeit die Gefahren eines solchen Abkommens deutlich, vor allem aber scheiterte es an dem geringen Interesse der Amerikaner.241 Der Druck auf die Zentralbank war sehr gefährlich, da Deutschland bis dahin als Vorbild und Initiator für die Unabhängigkeit der EZB gesehen wurde. Durch den politischen Druck hätte nun auch in anderen Mitgliedsstaaten eine erneute Diskussion über die Notwendigkeit einer unabhängigen Zentralbank aufkommen können. Sowohl die Bundesbank als auch die EZB blieben bis zum Rücktritt von Lafontaine im März 1999 immun gegen den politischen Druck. Der Druck hat vermutlich auch das Gegenteil von dem eigentlich Bezweckten bewirkt. Um nicht als politisch abhängig und unglaubwürdig zu gelten, konnte die Zentralbank gar nicht die Zinsen senken, selbst wenn es mit der Preisniveaustabilität vereinbar gewesen wäre. Die Tatsache, dass kurz nach dem Rücktritt im April 1999 die Zinsen deutlich gesenkt wurden, bestärkt diese Vermutung.242

Es ist nicht davon auszugehen, dass Regierungswechsel generell eine derartig starke Kurskorrektur in der Wirtschaftspolitik wie in diesem Fall verursachen. Änderungen der Wirtschaftspolitik wirken jedoch immer direkt oder indirekt auch auf die Geldpolitik, weshalb hier eine kontinuierliche Stabilitätsorientierung wünschenswert ist.

4.2.1.3. Die Reaktion der EZB im Fall von Schocks

Der größte wirtschaftliche Schock, welchen die EZB in ihrer bisherigen Tätigkeit kompensieren musste, waren die Anschläge vom 11. September 2001. Die Kompensation des Schocks ist weniger aufgrund des theoretisch schon beschriebenen Konfliktes zwischen Wirtschafts- und Geldpolitik für das Thema interessant, sondern vor dem Hintergrund der damals unabsehbaren Folgen für die Wirtschaft zu sehen. Die EZB bewies in dieser Situation Handlungsfähigkeit und setzte mit einer Zinssenkung um 50 Basispunkte, ein deutliches Zeichen. Das Geldmengenwachstum der ersten Säule sprach zu diesem Zeitpunkt gegen eine Zinssenkung. Durch die Zinssenkung zeigte die EZB, dass sie sich im Falle derartiger Schocks nicht zum „Sklaven der eigenen Strategie“ macht, sondern in Ausnahmesituationen auch diskretionäre Maßnahmen ergreifen wird. Durch die Transmissionswege ist eine Auswirkung auf die Realwirtschaft in der Regel erst in einem Jahr zu erwarten, so dass es bei dieser Zinssenkung um die Aussendung eines Signals ging. Dadurch sollte Vertrauen bei den Privaten geschaffen und ein starker Rückgang von Konsum und Investitionen verhindert werden. Die EZB hat deutlich gemacht, dass sie sehr wohl zur Unterstützung der Wirtschaftspolitik bereit ist und hierfür auch kurzfristige Abweichungen von ihrer geldpolitischen Strategie in Kauf nimmt. Kritische Stimmen, dass die EZB durch diese Abweichung unglaubwürdig geworden sei, gab es hinsichtlich dieser Entscheidung nur sehr wenige, was für die allgemein empfundene Bedrohung durch diesen Schock und die Zustimmung, hier ein deutliches Zeichen zu setzen, spricht .243

4.2.2. Die Lohnpolitik in Europa

Einen Überblick der wichtigsten genannten Faktoren244 für die Lohnpolitik im Euroraum gibt nachfolgende Tabelle:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 5: Die Lohnpolitik in Europa.

Die Daten für Luxemburg waren in untenstehender Quelle nicht aufgeführt, dürften aufgrund der geringen Bedeutung Luxemburgs für die europäische Wirtschaft jedoch auch vernachlässigbar sein.

Quelle für Zentralisierungsgrad: Europäisches Gewerkschaftsinstitut, Quelle für soziale Pakte Streikaktivität und Lohnstückkosten :Freitag (2000), S.32, LSK= durchschnittlicher jährlicher Anstieg der Lohnstückkosten in nationaler Währung. Die Streikaktivität berechnet sich als durchschnittlich ausgefallene Arbeitstage pro 1000 Erwerbspersonen.

Die Tabelle zeigt, dass die Lohnpolitik, im wesentlichen eine nationale Angelegenheit geblieben ist. Ob eher die Dezentralisierung der Lohnverhandlungen für die Preisniveaustabilität förderlich oder eine Zentralisierung anzustreben ist, wurde bereits diskutiert. In Europa existieren Institutionen, welche die Tarifverhandlungen auf europäischer Ebene führen könnten. Auf Gewerkschaftsseite ist dies der europäische Gewerkschaftsbund und auf Arbeitgeberseite der Verband der europäischen Privatindustrie. Diese sind von ihren Mitgliedern jedoch nicht mit der nötigen Kompetenz ausgestattet worden, Verhandlungen zu führen und beschränken sich weitgehend auf den Austausch von Informationen245. Die Gewerkschaften zeigen sich aufgrund des Konkurrenzdrucks weitaus interessierter an der Aufnahme zentraler Tarifverhandlungen, als die Arbeitgeber. Es ist davon auszugehen, dass die Lohnkostenkonkurrenz in Europa zugenommen hat. Die geringe Mobilität der Arbeitskräfte im Euroraum führt dazu, dass Löhne flexibler sein müssen, andernfalls steigt die Arbeitslosigkeit. Vor Einführung des Euro konnte eine Abwertung der Währung eine Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit durch zu hohe Löhne ausgleichen. Weiterhin wird der Euro Investitionen durch Wegfall des Wechselkursrisikos in anderen Ländern erleichtern. Unterschiedlicher Organisationsgrad und weit voneinander entfernte Ideologien haben eine europäische Gewerkschaftsbewegung jedoch bislang verhindert und lassen diese auch in Zukunft unwahrscheinlich erscheinen. Das Fehlen einheitlicher Tarifverhandlungen erleichtert damit die Zielerreichung der EZB.246

Fraglich ist allerdings, was geschieht, wenn die nötige Lohnflexibilität nicht gegeben ist. Die Folge wäre ein starker Anstieg der Arbeitslosigkeit, durch den die EZB von Seiten der Politik indirekt unter Druck gesetzt werden kann. Als Beispiel für zentral geführte Lohnverhandlungen ohne inflationärem Druck lässt sich Deutschland anführen. Die unabhängige deutsche Bundesbank bot den Gewerkschaften durch ihre stabilitätsorientierte Geldpolitik einen fokalen Punkt. Durch den DGB, vor allem durch IG Metall innerhalb des DGB, wurde dieser aufgenommen und ging in die Tarifverhandlungen mit den ebenfalls gut organisierten Arbeitgeberverbänden ein.247 Durch die Währungsunion wird die Interaktion zwischen der Zentralbank und den Tarifparteien erschwert. Die EZB wird aufgrund differierender Wirtschaftslagen in den einzelnen Ländern nicht einen einheitlichen fokalen Punkt bieten können. Sie muss die Gesamtinflation im Euroraum beachten, wodurch einzelne Länder über oder unter der Zielinflation liegen. Die Gewerkschaften könnten weiterhin befürchten, dass Gewerkschaften anderer Länder überhöhte Forderungen stellen, wodurch ihre eigene Lohnzurückhaltung ergebnislos bliebe, wenn die EZB restriktivere Maßnahmen ergreifen muss. Diese Unsicherheit könnte zu überhöhten Lohnabschlüssen führen, mit negativen Folgen für Inflation und Arbeitslosigkeit. Eine Zentralisierung der Lohnpolitik in Europa wäre positiv zu beurteilen, solange die stärkere Position nicht für überzogene Lohnforderungen genutzt wird und der Interaktion von EZB und den Tarifpartnern dient.

Um eine Lohn-Preisspirale zu vermeiden, ist Vertrauen oder sogenannter sozialer Konsens zwischen den Tarifpartnern wichtig. Die obige Tabelle zeigt, dass die Streikaktivität im Euroraum stark rückläufig ist. Damit ist von einem gestiegenen Maßan sozialem Konsens zwischen den Tarifpartnern auszugehen. Die Entwicklung der Lohnstückkosten zeigt ebenfalls, dass die Gewerkschaften eine weniger aggressive Umverteilungspolitik verfolgen, als dies noch in den 80er Jahren der Fall war. Das Umdenken bei den Gewerkschaften hängt mit der Zunahme der Globalisierung zusammen, welche die Konkurrenzsituation zwischen Ländern, Branchen und Unternehmen erhöht hat. Der Strukturwandel, der eine Abwanderung vom produzierenden Gewerbe hin zum Dienstleistungsbereich bewirkte, ist ein weiterer Grund für diese Entwicklung. Im Dienstleistungsbereich sind überwiegend Angestellte beschäftigt, die eine viel geringere Streikbereitschaft aufweisen, als Arbeiter. Hinzu kommt noch, dass der Anteil der Gewerkschaftsmitglieder unter den Beschäftigten rückläufig ist.248

Die Initiierung sogenannter sozialer Pakte in den Mitgliedsstaaten zeigt die Zunahme von Korporatismus in den Mitgliedsstaaten. Die Vereinbarungen zwischen den Tarifparteien und der Regierung über eine moderate Lohnentwicklung soll die nationale Wettbewerbsfähigkeit verbessern und die Arbeitslosigkeit senken. Die Initiierung sozialer Pakte bedeutet, dass auf Seiten der Gewerkschaften ein Umdenkungsprozess stattgefunden hat. Um die eigene Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden, werden die nationalen Gewerkschaften keine Lohnsteigerungen fordern, die deutlich über den Abschlüssen der europäischen Konkurrenz liegen. Vor diesem Hintergrund sind trotz fehlender Koordination der Lohnverhandlungen keine überhöhten Lohnabschlüsse und damit Inflationsdruck zu erwarten.249 Im folgenden ist anhand aktueller Daten zu untersuchen, inwieweit in jüngster Zeit von den Lohnabschlüssen, Gefahren für die Preisniveaustabilität ausgingen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 6 : Arbeitslosigkeit, Preise, Arbeitsproduktivität, neutraler Verteilungsspielraum, Lohnentwicklung und Verteilungsbilanz im Euroraum 2001/2002

Quelle Europäische Kommission (2002), eigene Berechnung

Angaben für 2001 = Schätzung der Europäischen Kommission

Angaben für 2002 = Frühjahrsprognose 2002 der Europäischen Kommission

Arbeitslosenquote (ALQ)= Anzahl der Arbeitslosen in % der zivilen Erwerbsbevölkerung

Preise = Veränderung in % gegenüber dem Vorjahr

Arbeitsproduktivität (Prod.) = Veränderung in % gegenüber dem Vorjahr

Neutraler Verteilungsspielraum (NV)=Summe aus Preis- und Arbeitsproduktivitätsentwicklung

Nominallöhne (Nlohn) = Nominaleinkommen aus unselbständiger Arbeit, Veränderung in % gegenüber Vorjahr

Reallöhne (Rlohn) = Nominaleinkommen aus unselbständiger Arbeit pro Kopf abzüglich Preisentwicklung, Veränderung gegenüber dem Vorjahr

Verteilungsbilanz (Vbilanz) = Saldo des jährlichen Nominallohnzuwachses und dem neutralen Verteilungsspielraum

Anhand der Tabelle wird deutlich, dass es in den letzten beiden Jahren zu moderaten Tarifabschlüssen bei niedriger Inflation kam. Die Gewerkschaften beschränkten sich in ihren Lohnforderungen auf den Produktivitätszuwachs und Preissteigerungen. Sie strebten weniger Umverteilung als vielmehr die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit an. Die dargelegte Zieländerung der Gewerkschaften lässt sich auf die hohe Arbeitslosigkeit, den gestiegenen Grad an Korporatismus und sozialem Konsens sowie das Vertrauen in die EZB, Preisniveaustabilität zu gewährleisten, zurückführen. Die EZB hatte demnach nicht inflationären Lohndruck zu bekämpfen und bot den Gewerkschaften durch ihre glaubwürdige Geldpolitik Schutz vor Überraschungsinflation. Die deutschen Gewerkschaften als Vertreter der größten Volkswirtschaft zeigten sogar Bereitschaft für Reallohnsenkungen. Möglicherweise haben Gewerkschaften anderer Länder dies als Signal für ihre eigenen Lohnforderungen verstanden und sich daran orientiert . In Analogie zur IG- Metall in Deutschland könnten die deutschen Gewerkschaften die Lohnführerschaft im Euroraum übernehmen. Die Interaktion zwischen EZB und Gewerkschaften würde durch eine solche Koordinierung erleichtert.

Abschließend lässt sich feststellen, dass auch in Zukunft von der Lohnpolitik im Euroraum wenig Gefahren für die Unabhängigkeit der EZB ausgehen. Der Konkurrenzdruck zur Erhaltung der Arbeitsplätze wird anhalten. Weiterhin haben sowohl Korporatismus als auch sozialer Konsens an Bedeutung gewonnen. Die höhere Betonung des Beschäftigungsziels und die Einsicht, dass dieses Ziel am ehesten im Fall von Preisniveaustabilität zu erreichen ist, werden auch zukünftig die Zielerreichung der EZB erleichtern.

4.2.3. Die Rolle der öffentlichen Meinung in Europa

4.2.3.1. Die Glaubwürdigkeit der bisherigen Geldpolitik der EZB

Ziel der EZB als neue Institution ist es, möglichst schnell Glaubwürdigkeit zu erlangen. In diesem Abschnitt soll geprüft werden, inwieweit die EZB durch ihre Geldpolitik schon Reputation aufbauen konnte und ob die Strategie und die Kommunikation mit der Öffentlichkeit grundsätzlich geeignet ist, eine glaubwürdige Geldpolitik zu betreiben. Zunächst soll untersucht werden, ob die Strategie der EZB die geforderten Anforderungen erfüllt.250 Die EZB definiert in ihrer Strategie die durch den EG-Vertrag vorgeschriebene Preisniveaustabilität als Inflationsrate unter 2%. Die 2% beziehen sich auf den Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für den Euroraum. Preisniveaustabilität muss mittelfristig beibehalten werden, womit deutlich gemacht wird, dass die Geldpolitik kurzfristig nicht sämtlichen unerwarteten Störungen entgegenwirken kann.251 Die Verwendung des Wortes „Anstieg“ macht deutlich, dass Deflation genauso unerwünscht ist. Der HVPI zeigt der Öffentlichkeit die Änderung der Verbrauchsausgaben und ist damit als Indikator für Preisniveaustabilität geeignet.252 Die EZB berücksichtigt mit ihrer Definition von Preisniveaustabilität mögliche Messfehler des HVPI. Diese resultieren hauptsächlich aus einem veränderten Ausgabeverhalten der Verbraucher sowie Qualitätsverbesserungen bei den in den Index eingegangen Waren und Dienstleistungen.253 Die EZB verdeutlicht in ihrer Strategie, dass eine stabilitätsorientierte Geldpolitik der beste Beitrag ist, den sie für Wachstum und Beschäftigung leisten kann.254 Weiterhin trägt das transparente Ziel dazu bei, dass die Öffentlichkeit die EZB an der Zielerreichung messen kann, die Erwartungen der Privaten stabilisiert werden und bei Zielerreichung Reputation aufgebaut wird.255

Das geldpolitische Instrumentarium der Strategie besteht aus der sogenannten „Zwei Säulen Strategie“. Die zwei Säulen sind Instrumente an deren Analyse sich die geldpolitischen Beschlüsse bei der Zielerreichung orientieren. Eine genaue Analyse der zwei Säulen Strategie und möglicher alternativer Strategien würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, weshalb diese nur kurz für das weitere Verständnis erläutert werden.256 Die erste Säule analysiert das Geldmengenwachstum (M3) im Euroraum. Der Zusammenhang von Geldmengenwachstum und Preisniveau beruht auf der Quantitätsgleichung. Die Geldmengensteuerung hat sich in der Vergangenheit bei der Bundesbank als guter Indikator für die künftige Inflationsentwicklung erwiesen.

Die Geldmenge kann durch die Zentralbank besser gesteuert werden kann, als die Inflationsrate .257 Parallel zu der Analyse des Geldmengenwachstums werden durch die EZB innerhalb der zweiten Säule andere ökonomische Größen (wie z.B. Wechselkurse, Rohstoffpreise, Arbeitsmarktdaten, Finanzmarktpreise u.a.) untersucht, welche Einfluss auf die Preisniveaustabilität haben können. Durch die Verwendung der beiden Säulen verringert sich die Gefahr geldpolitischer Fehlentscheidungen. Insbesondere die Unsicherheit über die Stabilität der Geldnachfrage in Europa sprach für die Errichtung der zweiten Säule.

Die EZB legt bei ihrer Politik ein hohes Gewicht auf die Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Sie veröffentlicht einen Monatsbericht der eine Analyse der geldpolitischen Beschlüsse enthält, erstellt einen Jahresbericht über ihre Tätigkeit im vergangenen und laufenden Jahr und gibt eine Pressekonferenz nach der ersten Sitzung des EZB-Rates im Monat. Darüber hinaus führt sie einen offenen Dialog mit der Wissenschaft, veröffentlicht statistische Daten. Die Reden der Mitglieder des EZB-Rates werden ebenso publik gemacht. Den Anforderungen hinsichtlich der Erklärung von Zielverfehlungen und der Analyse der Rahmenregeln der Geldpolitik kann die EZB durch ihre Öffentlichkeitsarbeit - was die Quantität der Informationen betrifft - sicherlich gerecht werden. Ob auch die Qualität der Informationen ausreichend ist, soll später bei der Beurteilung der bisherigen Politik untersucht werden.

Die Strategie und die Kommunikationspolitik ist in der Literatur auch kritisiert worden. Auf die grundsätzliche Diskussion, ob ein reines Monetary Targeting oder Inflation Targeting sinnvoller gewesen wäre, kann hier nicht eingegangen werden. Beide Verfahren werden in der Praxis erfolgreich angewandt. Da sich die EZB für eine Mischform258 beider Strategien entschieden hat, wird erst die Zukunft zeigen, welches Verfahren für den Euroraum am sinnvollsten ist. Hier setzt auch die erste Kritik an, dass die zwei Säulen- Strategie intransparent ist, da nicht klar ist, auf der Basis welcher Säule Entscheidungen getroffen werden. Entscheidungen sind dadurch für die Märkte nur schwer antizipierbar. Zur Verbesserung der Antizipierbarkeit ist demnach eine gute Kommunikationspolitik wichtig, wodurch die Erwartungen schon in eine bestimmte Richtung gelenkt werden können. Die Entscheidung für eine zwei Säulen Strategie ist trotz der damit verbundenen Intransparenz begründet. Gerade in der Anfangszeit ist es wichtig, Fehlentscheidungen zu vermeiden. Eine nicht geeignete Strategie und ein damit verbundener Strategiewechsel hätte Zweifel an der Fähigkeit und dem Willen, Preisniveaustabilität zu gewährleisten aufkommen lassen und langfristig die Glaubwürdigkeit beschädigt. Kritik wurde auch an der Ausgestaltung der jeweiligen Säule geäußert. An der ersten Säule bemängeln die EZB Observer, dass die Preislücke als Indikator für den Geldmengenüberhang, welcher noch nicht über Mengen und Preise abgebaut wurde, noch nicht ausreichend angewandt werde. Gerade dieser Indikator zeige jedoch das Inflationspotenzial in der Zukunft.259 Die zweite Säule ist aufgrund der Anzahl der verwandten Größen intransparent und ist ebenfalls wenig auf die Zukunft gerichtet. Kritik wurde auch daran geäußert, dass das Inflationsziel der EZB nicht klar genug definiert sei. Man wisse nicht, ob der angestrebte Zielwert in der Mitte von 0% und 2% liege oder anderswo. Dagegen ist allerdings einzuwenden, dass im Vergleich zu anderen Zentralbanken dieses Band sehr eng gefasst ist und sicherlich nicht zu Erwartungsunsicherheit führen wird.

In Bezug auf die Kommunikationspolitik der EZB ist umstritten, ob die EZB die Protokolle der Sitzungen des EZB-Rates veröffentlichen sollte.

Die Befürworter sehen in der Nichtveröffentlichung einen Mangel an Transparenz. Eine Veröffentlichung der Sitzungsprotokolle würde dazu beitragen, dass die Öffentlichkeit in Kenntnis gesetzt würde, welche Alternativen zur Diskussion standen und aufgrund welcher Abwägungen Beschlüsse gefasst worden sind260. Dagegen steht allerdings, dass bei Veröffentlichung, die Diskussionen im EZB- Rat wenig kontrovers geführt würden und die „echten“ Beratungen schon im Vorfeld stattfänden. Issing argumentiert weiter, dass die EZB durch Monatsberichte und Pressekonferenzen, schon genau das bietet, was von den Kritikern als „summary minutes“ gefordert werde.261 Eng mit der gerade besprochenen Forderung verbunden ist jene der Publikation des Abstimmungsverhaltens der Mitglieder des EZB-Rates in den Ratsentscheidungen. Auch hier hat sich die EZB gegen eine Veröffentlichung ausgesprochen.262 Das Argument für die Veröffentlichung ist eine höhere Verantwortlichkeit des einzelnen Mitglieds bei seinen Entscheidungen. Wird diese publik gemacht, besteht ein höherer Anreiz, eine qualitativ bessere Entscheidung zu treffen, als wenn diese beim Kollektiv liegt.263 Kritik kann so nur am Kollektiv geäußert werden, für dessen Entscheidung sich niemand wirklich verantwortlich fühlen muss. Die Argumentation ist zwar nachvollziehbar, indes hat auch das Kollektivprinzip Vorteile. Für die Glaubwürdigkeit der EZB ist von Bedeutung, dass alle Mitglieder eine einmal getroffene Entscheidung nach außen vertreten. Die Bekanntgabe könnte weiterhin dazu führen, dass aufgrund politischen Drucks von Seiten der Regierungen, nationale Überlegungen in den Vordergrund gestellt werden. Die Veröffentlichung von Sitzungsprotokollen und Abstimmungsverhalten würde demnach zwar mehr Informationen bedeuten, die Öffentlichkeit würde bei der Bildung ihrer Inflationserwartungen jedoch eher verunsichert.

Wie schon erwähnt, war es das Ziel der EZB, möglichst schnell Glaubwürdigkeit zu erlangen. Neben der gerade beschriebenen Transparenz der Geldpolitik konnte die EZB dies durch einen Reputationstransfer erreichen. Die deutsche Bundesbank hatte durch ihre über Jahrzehnte betriebene stabilitätsorientierte Geldpolitik eine sehr hohe Reputation bzw. Glaubwürdigkeit erreicht. Um diese Reputation nun zumindest teilweise auf die neue Institution EZB zu übertragen, war es sinnvoll, sich an der Bundesbank zu orientieren. Als Beispiele für die Orientierung an der Bundesbank sind zu nennen: der Aufbau mit Direktorium und Zentralbankrat, die gesetzliche Festschreibung der Unabhängigkeit, der Sitz der EZB in Frankfurt, die Berufung des ehemaligen Chefvolkswirtes der Bundesbank Otmar Issing zum Chefvolkswirt der EZB. Nicht zuletzt die Entscheidung für die erste Säule einer Geldmengensteuerung, könnte vor dem Hintergrund der abgeleiteten Reputation erfolgt sein.

Abschließend soll beurteilt werden, wie erfolgreich die EZB seit ihrer Einführung agiert hat. Der dafür aussagefähigste Indikator ist die Preisentwicklung im Euroraum.

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Tabelle 7: Inflationsraten im Euroraum von 1999 – 2002.

Quelle: 1999 – 2001 Eurostat, für 2002 Schätzung deutscher Bankenverband.

Die Inflationsrate 1999 blieb unter dem von der EZB festgelegten Zielwert von 2%. Für 2000, 2001 und 2002 wird der Zielwert leicht überschritten. Damit hat die EZB ihre primäre Aufgabe, Preisniveaustabilität zu gewährleisten, weitestgehend erfüllt. Auch wenn das Ergebnis zufriedenstellend ist, wurde die EZB für die Durchführung der Geldpolitik gerade in der Anfangszeit häufig kritisiert. Kritik wurde vor allem im Hinblick auf die Konsistenz der geldpolitischen Entscheidungen, mit der von ihr verwendeten Strategie geäußert. Das Bekenntnis der EZB, sich bei ihren Zinsentscheidungen264 an der Geldmengenentwicklung und nicht an der aktuellen Inflation zu orientieren, war für die Märkte nicht immer nachvollziehbar. Weiterhin wurde bemängelt, die Mitglieder der EZB hätten durch ihre Äußerungen die Erwartungen der Märkte in eine andere Richtung gelenkt.265 Damit ergibt sich ein Widerspruch zwischen der von der EZB selbst auferlegten Transparenz und den tatsächlichen geldpolitischen Entscheidungen. Bezieht die EZB die Marktteilnehmer in ihre Entscheidungen ein, müssen diese auch anhand der Datenlage nachvollziehbar sein oder Abweichungen plausibel begründet werden. Auch die Häufigkeit der Zinsentscheidungen in 2000 sorgte für Unsicherheit. Deutlichere Zinsschritte wären möglicherweise ein Signal für die Märkte gewesen, dass die Phase der Zinserhöhungen vorbei sei. So blieb nach jeder Zinserhöhung die Befürchtung eine weitere könnte demnächst folgen. Bei der Kritik ist zu beachten, dass die EZB als neue Institution unter besonders starker Beobachtung der Markteilnehmer stand. Hätte die Bundesbank diese geldpolitischen Entscheidungen getroffen, wäre sie aufgrund ihrer langjährigen Reputation womöglich weniger stark kritisiert worden. Das Zusammenspiel von Marktteilnehmern und EZB braucht erfahrungsgemäßauch eine gewisse Zeit bis es reibungslos funktionierte. Das amerikanische FED beeinflusst die Märkte mittels Kommentare im Vorfeld häufig insofern, als konkrete geldpolitische Maßnahmen nicht mehr nötig oder sehr gut antizipierbar sind. Für eine derartige Kommunikation zwischen Marktteilnehmern und EZB war ein beiderseitiger Lernprozess notwendig, in dem die EZB die richtigen Signale aussendet und diese auch so verstanden werden. Auch wenn das FED und die EZB aufgrund ihrer Notenbankverfassung und ihrer Zielsetzung nicht wirklich vergleichbar sind,266 wäre für die Erwartungsbildung eine Verbesserung der Kommunikationspolitik der EZB vorteilhaft.

In jüngster Zeit wurde die Geldpolitik der EZB auch weitaus positiver bewertet als in der Anfangszeit. Die EZB hat durch ihre kontinuierliche Geldpolitik Reputation aufgebaut. Forderungen seitens der Politik, angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage sowie der hohen Arbeitslosigkeit, die Zinsen zu senken, gab sie nicht nach. Sie wies vielmehr daraufhin, dass die Probleme nicht durch zusätzliche Liquidität gelöst werden können, sondern politische Reformen notwendig machen würden.267 Durch den im Gegensatz zu den amerikanischen Zinsen, noch höheren Zins, hat die EZB auch in Zukunft Spielraum nach unten und kann eine Zinssenkung durch ihre Kommentare besser antizipierbar machen. Eine schlecht vorbereitete Zinssenkung könnte vielmehr Panik an den Märkten auslösen und folglich das Gegenteil von dem eigentlich Gewollten.

Eine mögliche Gefahr für die EZB geht von der Diskrepanz zwischen tatsächlicher Inflation und gefühlter Inflation im Euroraum aus. Vornehmlich in Deutschland haben viele Konsumenten den Eindruck, durch die Einführung des Euro seien die Preise stark gestiegen. Dieses Phänomen lässt sich darauf zurückführen, dass insbesondere auf die Preise von Gütern und Dienstleistungen geachtet wird, welche vom Verbraucher besonders häufig nachgefragt werden.268 Preiserhöhungen bei Produkten wie Energie, Fleisch und Gemüse sind allerdings weniger auf die Einführung des Euro, als auf Tierseuchen, teueres Öl und kalte Witterung zurückzuführen. Durch die hohe gefühlte Inflation kann es zu zwei Effekten kommen.

Die Konsumzurückhaltung der Verbraucher, ausgelöst durch die „Teuro“- Diskussion und die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung, zwingt die Unternehmen zu Preissenkungen. Preissenkungen führen zu Gewinnrückgängen der Unternehmen, und können deflationäre Tendenzen auslösen. Die daraus resultierenden Unternehmenspleiten gefährden die Banken und bewirken infolgedessen eine Kreditverknappung. Die schlechte Kreditversorgung wiederum verschärft die Krise und könnte im schlimmsten Fall in eine Deflationsspirale münden.269

Der zweite Effekt wäre überzogene Lohnforderungen der Gewerkschaften, welche über die im Kapitel 3.2.2. beschriebenen Effekte Inflationsgefahren auslösen.

Bislang ist nicht davon auszugehen, dass es durch die zu hoch empfundene Inflation zu einem worst-case Szenario kommen wird. Die EZB sollte die weitere Entwicklung allerdings sorgfältig beobachten und nötigenfalls entschlossen handeln. Vor allem ist es wichtig, der Öffentlichkeit deutlich zu machen, dass die EZB sehr wohl Preisstabilität im Euroraum garantiert. In diesem Zusammenhang muss versucht werden, die Medien zu überzeugen, nicht durch „Teuro-Kampagnen“ zur Verunsicherung beizutragen, sondern vielmehr objektiv über die bisher erfolgreiche Geldpolitik der EZB zu berichten.

4.2.3.2. Die Folgen der Abwertung des Euro für die Glaubwürdigkeit der EZB

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Grafik 3 : Die Entwicklung des Euro- Wechselkurses seit Einführung.

Quelle: Europäische Zentralbank, www.ecb.int Zugriff am 22.10.2002.

Die Grafik zeigt den starken Verfall des Euro seit Einführung. Die EZB betonte immer, Preisniveaustabilität nur auf den Innenwert des Euro zu verfolgen, da nur dieser von ihr wirksam kontrolliert werden könne. Der Euroraum als großer Binnenmarkt ist weit weniger vom Import abhängig, als es die einzelnen Länder waren. Durch die Abwertung des Euro und dem zusätzlichen Anstieg des Ölpreises kam es jedoch zu einer Konstellation, in der auch die Preisniveaustabilität im Euroraum gefährdet war. Die Folge waren Interventionen im Herbst 2000. Anhand der Grafik wird das geschickte Timing der EZB deutlich, die genau auf dem Tiefpunkt ein Signal270 an die Märkte sendete, Gefahren für die Preisniveaustabilität zu bekämpfen. Auch wenn sich die geldpolitische Maßnahme als richtig erwiesen hat, wurde die EZB für die Kommunikationspolitik bezüglich der Bedeutung des Wechselkurses stark kritisiert. Die stärkste Kritik erfuhr die EZB nach einem Interview Duisenbergs mit der Zeitung „The Times“. Hier äußerte er, dass er den Euro unter bestimmen Voraussetzungen auch noch tiefer fallen lassen würde, womit er weiteren Interventionsdruck von der EZB nehmen wollte.271 Diese Äußerungen führten zu Rücktrittsforderungen in den Medien,272 welche allerdings vom EZB-Rat und Duisenberg selbst abgelehnt wurden. Die starke Beachtung des Eurowechselkurses durch die Öffentlichkeit ist weniger durch davon ausgehende Gefahren für die Preisniveaustabilität zu erklären, sondern vielmehr durch einen psychologischen Effekt. Die Schwankungen des Euro sind denen im Vergleich der DM gegenüber dem Dollar nichts außergewöhnliches, weshalb die „Aufregung“ in der Öffentlichkeit nur durch die Verunsicherung bezüglich des Euro erklärbar ist. Die Verunsicherung rührte daher, dass der Euro bis zur Bargeldeinführung eine reine Recheneinheit war. Medienberichte über die Schwäche des Euro ließen in einer durchschnittlich eher schlecht informierten Öffentlichkeit den Verdacht aufkommen, der Euro werde eine schwache Währung. Zur weiteren Verunsicherung trugen auch die Politiker bei. Auf der einen Seite gab es in Deutschland von Kanzler Schröder Äußerungen, dass der schwache Euro nicht unbedingt negativ für die Wirtschaft sei, da er dem Export helfe. Andererseits gingen der deutsche und französische Finanzminister auf Werbetour für den Euro.273 Beides ließin der Öffentlichkeit Zweifel an der Unabhängigkeit der EZB aufkommen. Vertrauen in die eigene Währung ist jedoch eine fundamentale Voraussetzung für Preisniveaustabilität. Besteht kein Vertrauen, wird es aufgrund der Inflationserwartungen für die Zentralbank auch tatsächlich nicht möglich sein, Preisniveaustabilität zu erreichen. Seit Jahresbeginn ebbte die Diskussion um den Wechselkurs ab. Dies lässt sich erstens durch den Anstieg des Euro seit Jahresbeginn und zweitens durch die Bargeldeinführung begründen.

5. Schlussbetrachtungen

In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass die Kosten der Inflation einen möglichen Nutzen bei weitem übersteigen. Ein möglicher Nutzen besteht nur für den Fall einer Überraschungsinflation. Anhand des Zeitinkonsistenzmodells wurde dargestellt, dass schon die Möglichkeit, eine Überraschungsinflation durchzuführen, durch die Erwartungsbildung sanktioniert wird. Dieser Spielraum hat zur Folge, dass die Zentralbank tatsächlich keine Preisniveaustabilität mehr erreichen kann und eine Regelbindung der Zentralbank nötig ist. Eine solche Bindung stellte sich unter Berücksichtigung von Schocks jedoch als zu unflexibel dar, weshalb die Lösung des Zeitinkonsistenzmodells nur über eine von der Regierung unabhängige Zentralbank erfolgen kann.

Im weiteren wurde untersucht, welche Determinanten einen Einfluss auf die Unabhängigkeit einer Zentralbank haben. Im Rahmen der formalen Unabhängigkeit wurden Anforderungen an die Notenbankverfassung gestellt, welche die Zentralbankunabhängigkeit bestimmen. Für die Zentralbankunabhängigkeit ist die Verpflichtung auf das alleinige Ziel Preisniveaustabilität sowie der Schutz vor direktem Einfluss der Regierung, mittels Weisungen und Beeinflussungen, notwendig. Vor indirektem Einfluss ist die Zentralbank geschützt, wenn personelle Unabhängigkeit gegeben ist. Die personelle Unabhängigkeit wiederum wird mittels Beteiligung verschiedener Institutionen an der Ernennung, mittels möglichst langer sich überlappender Amtszeiten sowie der Verhinderung von Anreizen, sich politisch loyal zu verhalten, erreicht. Die instrumentelle Unabhängigkeit fordert: eine gesetzliche Fixierung des Verbotes der staatlichen Kreditfinanzierung, die freie Wahl der geldpolitischen Instrumente und die alleinige Kompetenz bei der Wechselkurspolitik. Damit die bisher genannten Anforderungen dauerhaft Bestand haben und nicht durch Androhung einer Gesetzesänderung politischer Einfluss ausgeübt wird, ist die institutionelle Unabhängigkeit unerlässlich. Institutionelle Unabhängigkeit verlangt ein aufwendiges Verfahren bei Notenbankverfassungsänderungen. Finanzielle Unabhängigkeit ist gewährleistet, wenn sich die Zentralbank selbst finanzieren kann. Ob die Trennung von Bankenaufsicht und Zentralbank für die Unabhängigkeit förderlich ist, konnte nicht festgestellt werden. Sowohl für als auch gegen die Trennung von beidem gibt es Argumente.

Neben der formalen Unabhängigkeit. wurde in dieser Arbeit auch die faktische Unabhängigkeit anhand des Verhältnisses von Zentralbank zu wichtigen Akteuren - wie der Regierung, den Tarifparteien und der Öffentlichkeit - untersucht. Dabei wurde gezeigt, dass eine expansive Fiskalpolitik den politischen Druck auf die Zentralbank erhöht, ebenfalls eine expansive Geldpolitik zu betreiben. Genießt die Zentralbank in dieser Situation nicht die nötige Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung, entsteht über die Inflationserwartungen zusätzlicher Druck auf die Zentralbank. Weiterhin können sowohl Regierungswechsel als auch das Auftreten von Schocks politischen Druck auf die Zentralbank auslösen und die Unabhängigkeit gefährden.

Das Verhältnis von Zentralbank und Gewerkschaften ist von gegenseitiger Abhängigkeit geprägt. Die Zentralbank ist zur Verhinderung einer Lohn-Preis-Spirale an moderaten Lohnabschlüssen interessiert, während die Gewerkschaften für ihre Lohnverhandlungen einen fokalen Punkt benötigen. Moderate Lohnabschlüsse werden durch ein hohes Maßan sozialem Konsens und Korporatismus sowie durch die Zentralisierung der Lohnverhandlungen begünstigt.

Die öffentliche Meinung ist die wichtigste Determinante der Zentralbankunabhängigkeit. Eine Zentralbank mit hoher Reputation wird weniger unter politischem Druck stehen und ist, sollte ein solcher entstehen, diesem gegenüber resistenter. Reputationsaufbau ist ein langwieriger Prozess, der mittels einer transparenten Geldpolitik beschleunigt werden kann. Eine transparente Geldpolitik setzt eine langfristige, nachvollziehbare und geeignete Strategie sowie eine intensive Kommunikation mit der Öffentlichkeit voraus.

In Kapitel vier wurde kritisch überprüft, inwieweit die genannten Anforderungen, an die formale und faktische Unabhängigkeit, bei der EZB erfüllt sind. Bezüglich der funktionellen Unabhängigkeit konnte festgestellt werden, dass sowohl die eindeutige Verpflichtung auf Preisniveaustabilität als auch die Unabhängigkeit von Weisungen und Beeinflussungen gesetzlich fixiert ist. Personelle Unabhängigkeit ist für die Direktoriumsmitglieder aufgrund der gemeinschaftlichen Gesetze ausgeprägter als für die Präsidenten der nationalen Zentralbanken. Der starke Einfluss der Direktoriumsmitglieder innerhalb des EZB- Rates deutet jedoch daraufhin, dass die Geldpolitik im wesentlichen durch das Direktorium bestimmt wird. Anhand der Personaldebatte um den EZB- Präsidenten wurde deutlich, dass einzelne Staaten nationalen Interessen den Vorrang vor gemeinschaftlichen Interessen geben. Bei der instrumentellen Unabhängigkeit wurde vor allem der Einfluss der Regierungen bei der Währungspolitik kritisiert. Beschließen diese ein Festkurssystem, so wird eine unabhängige Geldpolitik schwer durchführbar. Bei flexiblen Wechselkursen obliegt die Wechselkurspolitik der EZB und trägt neben der freien Wahl der geldpolitischen Instrumente sowie des Verbotes der staatlichen Kreditfinanzierung zur instrumentellen Unabhängigkeit bei. Sowohl die institutionelle als auch die finanzielle Unabhängigkeit ist bei der EZB gegeben.

Bezüglich der Verschuldung in Europa ist zu beachten, dass hiervon eine Gefahr für die Unabhängigkeit der EZB ausgeht. Der zur Disziplinierung der Mitgliedsstaaten vereinbarte Stabilitätspakt ist aus theoretischer Sicht in einigen Punkten zu kritisieren. Die aktuelle Diskussion um die Aufweichung der Stabilitätskriterien zeigt, dass nach Einführung des Euro der Beschäftigungsorientierung Vorrang vor der Haushaltsdisziplinierung gegeben wurde. Auch der Druck auf die EZB, eine derartige Politik monetär zu alimentieren, hat in jüngster Zeit zugenommen.

Von den Gewerkschaften ist in der nächsten Zeit kein Inflationsdruck zu erwarten. Der gestiegene Konkurrenzdruck in Europa, der Rückgang der Streikaktivität und die Vereinbarung sozialer Pakte zeigen, dass ein Umdenkungsprozess zugunsten der Verfolgung gesamtwirtschaftlicher Ziele stattgefunden hat.

Zum Schluss wurde untersucht, ob die Strategie und Kommunikationspolitik der EZB geeignet ist, Reputation aufzubauen und inwieweit ihr dieses durch ihre bisherige Geldpolitik gelungen ist. Durch die zwei Säulen Strategie hat die EZB die Gefahr einer Fehlstrategie auf Kosten der Transparenz vermindert. Um geldpolitische Entscheidungen antizipierbar und nachvollziehbar zu machen, ist deshalb eine intensive Kommunikation mit der Öffentlichkeit unerlässlich. Gelingt der EZB dieses, wird sie eine Reputation als stabilitätsorientierte Zentralbank aufbauen können. Es wurde festgestellt, dass die EZB in den knapp vier Jahren seit Übernahme der geldpolitischen Verantwortung schon eine Reputation aufgebaut hat. Sowohl ihre an der Zielerreichung gemessen erfolgreiche Politik als auch die enge Anlehnung an die deutsche Bundesbank ermöglichten dies. Die in der Anfangszeit geäußerte Kritik, ihre geldpolitischen Entscheidungen wären nicht nachvollziehbar, verstummte in jüngster Zeit.

Abschließend lässt sich feststellen, dass die EZB die formalen Voraussetzungen besitzt und durch ihre bisherige Geldpolitik gezeigt hat, dass sie stark genug ist, politischem Druck entgegenzutreten. Die aktuelle Diskussion um den Stabilitätspakt könnte gleichzeitig auch eine Chance für die EZB sein. Wenn sie dem politischen Druck standhält, wird ihre Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit erhöht und ihre Unabhängigkeit gefestigt.

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Anhang

Darstellung I

Komponenten des HVPI 2001:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Die für das Jahr 2001 geltenden Gewichte der Hauptkomponenten des HVPI.

Quelle: Eurostat.

Darstellung II

Überblick über die Zinsentscheidungen der EZB:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 8: Die Zinsentscheidungen der EZB seit 1999.

Quelle: Europäische Zentralbank, www.ecb.int, Stand 05.11.2002.

[...]


1 Vgl. Koalitionsvertrag 2002 S.15: „ Konsolidierung erlaubt das konjunktur-gerechte Wirkenlassen der automatischen Stabilisatoren im Abschwung und sichert die finanzpolitische Flanke der Geldpolitik. Diese Politik bedarf auf europäischer Ebene allerdings einer geldpolitischen Ergänzung, die zu mehr Investitionen und damit zu mehr Wachstum führt“.

2 Vgl. Debelle, G/ Fischer, S., (1994), S.195- 221.

3 Vgl. Grilli, V./ Donato, M/ Tabellini, G. (1991), S.341- 392.

4 Vgl. Phillips (1958), S. 283-295.

5 Vgl. Endler (1997), S. 160.

6 Vgl. Landmann /Jerger (1999), S.93.

7 Vgl. Samuelson/ Solow (1960), S.177-194.

8 Vgl. Leschke (1999), S. 8.

9 Vgl. Phelps (1967), S.254-281.

10 Vgl. Landmann, Jerger (1999), S.96.

11 Vgl. Felderer, Homburg (1999), S.276.

12 Vgl. Leschke (1999), S.13.

13 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.47.

14 Vgl. Botzenhardt (2001), S. 5.

15 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.48.

16 Vgl. Endler (1997), S. 207.

17 Vgl. Leschke (2000), S.5.

18 Vgl. Ströbele (1995), S.29.

19 Vgl. Bofinger et.al, (1996), S.77.

20 Vgl. Leschke (2000), S.6.

21 Vgl. Berlemann (1999), S.55.

22 Vgl. Ströble (1995), S.22: Am Beispiel einer Inflationsrate von 8& wird dieser Effekt verdeutlicht

23 Vgl. Leschke (2000), S.7.

24 Vgl. Illing (1997) S. 28.

25 Vgl. Issing (2001), S. 254.

26 Vgl. Leschke (1999), S. 18.

27 Vgl. Leschke (1999), S.19.

28 Vgl. Leschke (1999), S.19-20: Erläuterung der Kosten der Disinflation und marktinkonformer Maßnahmen.

29 Vgl. Leschke (2000), S.9.

30 Vgl. Barro/Gordon (1983), S.589-610.

31 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.140.

32 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.141.

33 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.142.

34 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.143-144.

35 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.145.

36 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.146.

37 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.147.

38 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.148.

39 Vgl. Bofinger/Frenkel (1991), S.173.

40 Vgl. Bofinger/Frenkel (1991), S. 173.

41 Vgl. Borchert (2001), S.220.

42 Vgl. Illing (1997), S.174.

43 Vgl. Jarchow (1993), S.145.

44 Vgl. Holler/Illing (2000), S.166.

45 Vgl. Bofinger (1996), S.160.

46 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.162.

47 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.162.

48 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.163.

49 Vgl. Illing (1997), S.180.

50 Vgl. Bofinger (1999), S. 5.

51 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.164.

52 Vgl. Wagner (2000), S.161.

53 Vgl. Wagner (2000), S.162.

54 Vgl. Wagner (2000), S.164.

55 Die Quantitätsgleichung lautet: ΔM*ΔV= ΔP*ΔY.

56 Vgl. Berlemann (1997), S.169.

57 Vgl. Illing/ Fechter (1998), S. 89.

58 Vgl. Endler (1997), S.241.

59 Vgl. Leschke (2000), S.14.

60 Vgl Rogoff (1985), S.1169- 1190.

61 Vgl. Leschke (2000), S.14.

62 Vgl. Liebler (1996), S.55.

63 Vgl. Liebler (1996), S. 56.

64 Vgl. Endler (1997), S.227.

65 Vgl. Punkt 2.2.2.: Das mehrperiodige Spiel.

66 Vgl. Solveen (1998), S.7.

67 Vgl. Punkt 2.2.1.: Der Nutzen von Inflation.

68 Vgl. Dernedde (2001), S.38.

69 Vgl. Endler (1997), S.419.

70 Vgl. Endler (1997), S. 407.

71 Der Beckett Effekt geht auf die Ernennung von Thomas Beckett zum Erzbischof von Canterbury durch den König von England zurück. Der vorher regierungstreue Lordkanzler wurde nach seiner Ernennung ein unbeugsamer Vertreter der Kirche. Diese Unbeugsamkeit führte schließlich sogar zu seiner Ermordung im Auftrag des Königs.

72 Vgl. Liebler (1996), S.30.

73 Vgl Liebler (1996), S. 32.

74 Vgl. Endler (1997), S. 429.

75 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.192.

76 Vgl. Neumann (1991) S.103ff.

77 Vgl. Punkt 2.2.2.: Das mehrperiodige Spiel.

78 Vgl. Liebler (1996), S.40.

79 Vgl. Endler (1997), S. 437.

80 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S. 195.

81 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S. 195.

82 Vgl. Wagener (2001), S.148

83 Vgl. Endler (1997), S.511

84 Vgl. Liebler (1996), S.13

85 Vgl. Liebler (1996), S.14

86 Vgl. Punkt 2.1.1.2.: weitere Motive für Inflation.

87 Vgl. Neumann (1991) S.99.

88 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.198.

89 Vgl. Liebler (1996), S.74.

90 Vgl. Frenkel/Klein (1991), S.139.

91 Vgl. Frenkel/Klein (1991), S. 139.

92 Vgl. Endler (1997), S.454.

93 Vgl. Solveen (1998), S.8.

94 Vgl. Dieckheuer (1997), S.312.

95 Vgl. Wagner (2000), S.111.

96 Vgl. Endler (1997), S. 458.

97 Vgl. Liebscher (1999), S. 80.

98 Vgl. Berger (1997), S. 8.

99 Vgl. Tilch (2000), S. 58.

100 Vgl. Reumann (2001), S. 21.

101 Vgl. Eiffinger/de Haan (1996), S. 46-49.

102 Vgl. Borchert (2001), S.334.

103 Auf die empirischen Studien kann in dieser Arbeit aufgrund des begrenzten Rahmens nicht weiter eingegangen werden. Ein Großteil der Studien beschränkt sich bei der Messung der Zentralbankunabhängigkeit auch auf die formalen Determinanten. Ausführlich beschäftigt sich Botzenhardt (2001) mit verschiedenen Konzepten zur Messung der Zentralbankunabhängigkeit.

104 Endler (1997), S.416.

105 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.99.

106 Vgl. Europäische Zentralbank (2001), S.20.

107 Vgl. Solveen (1998), S.117.

108 Vgl. Wagener (2001), S.128.

109 Die Zentralbank könnte beispielsweise Staatsanleihen kaufen, um das Zinsniveau zu senken und würde dadurch zusätzliches Geld in Umlauf bringen.

110 Vgl. Wagener (2001), S. 128.

111 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.102.

112 Vgl. Punkt: 2.1.1.2.:Die Gläubiger- Schuldner -Hypothese.

113 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S. 99.

114 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.102.

115 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.106.

116 Vgl. Schnelting (1998), S.132.

117 Vgl. Bofinger et.al. (1997, S.68.

118 Diese Annahme geht auf Nordhaus und den sogenannten politischen Konjunkturzyklus zurück. Zum politischen Konjunkturzyklus, vgl. Bofinger et.al. (1997), S.154- 156.

119 Vgl. Kirchgässner (1996), S. 29.

120 Vgl. Punkt 2.2.3.:Unvollständige Information.

121 Vgl. Liebscher (1999), S. 88.

122 Vgl. Liebscher (1999), S. 198.

123 Vgl. Berlemann (1999), S.124.

124 Vgl. Berlemann (1999), S. 78.

125 Vgl. Wagener (2001), S.139.

126 Vgl. Hein (2000), S.7.

127 Vgl. Wagener (2001), S.140.

128 Vgl. Teichmann (1999), S.205.

129 Vgl. Punkt 3.2.1.1.:Die Bedeutung der Verschuldung.

130 In der Literatur wird an dieser Stelle ebenfalls der Begriff „Unternehmer“ und nicht „Arbeitgeber“ verwandt. Vgl. Teichmann (1999).

131 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.81.

132 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.84.

133 Vgl. Fröhling (2001), S.233.

134 Vgl. Fröhling (2001), S.234.

135 Vgl. Fröhling (2001), S. 234.

136 Vgl. Fröhling (2001), S.235.

137 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.85 ff.

138 Vgl. Liebscher (1999), S.90.

139 Vgl. Wagener (2001), S.140ff., Liebscher (1999), S.90ff.

140 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.85.

141 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.89.

142 Vgl. Bofinger (1998), S.3

143 Vgl. Bofinger (1998), S.3

144 Die Begriffe Strategie und Konzeption werden in der Literatur von manchen Autoren synonym verwandt. Andere Autoren wie z.B. Leschke (1999) sehen die Strategie als Teil der Konzeption. Die EZB (2001) verwendet in ihrer Veröffentlichung „Die Geldpolitik der EZB“ nur den Begriff der Strategie, weshalb in dieser Arbeit ebenfalls nur von Strategie gesprochen wird.

145 Vgl. Pies (2001), S.325.

146 EZB Observer (4/2001), S.13.

147 Vgl. Rempsberger (1999), S.127.

148 Vgl. EZB Observer (4/2001), S.13.

149 Vgl. Loef (1998), S.334.

150 Vgl. Bofinger et.al. (1996), S.241-243.Die unterschiedlichen Time-Lags werden in Übersicht dargestellt.

151 Vgl. Schnelting (1998), S.144.

152 Vgl. EZB Observer (4/2001), S.14.

153 Vgl. Berger (1997), S.14.

154 Vgl. EZB (2001), S. 64.

155 Vgl. Baltensberger (2000), S.64.

156 Vgl. Eiffinger/de Haan (1996), S.53

157 Vgl. Borchert (2001), S.27.

158 Vgl. Göcke/Köhler (2002), S. 168.

159 Unter Offenheitsgrad wird hier die Bedeutung der Importe und Exporte für die Volkswirtschaft verstanden.

160 Vgl. EZB (2001), S.49.

161 Vgl. Eiffinger/de Haan (1996), S.53.

162 Vgl. Schnelting (1998), S.127.

163 Vgl. Eiffinger/de Haan (1996), S.49 – 51.

164 Die genannten weiteren Determinanten werden bei den Ausführungen über die Geldpolitik der EZB nicht explizit geprüft. Sowohl für die Varianz der exogenen Schocks als auch für die Häufigkeit der Zentralbankpräsidentenwechsel ist der zugrunde liegende Zeitraum seit Gründung der EZB zu kurz, um eindeutige Aussagen zu treffen. Wie in der Gliederung ersichtlich, wird die Debatte um den EZB- Präsidenten und der Schock vom 11. September an anderer Stelle abgehandelt. Über die Stärke des Finanzsektors in Europa und die Folgen für die EZB gibt es bislang keine Untersuchungen.Da der Einfluss auf die Unabhängigkeit, im Gegensatz zu anderen Determinanten gering ist, wird dieser Punkt im weiteren nicht überprüft.

165 In den weiteren Ausführungen wird aus Gründen der Übersichtlichkeit zwischen Europäischer Zentralbank (EZB) und dem Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) nur dann unterschieden, wenn es zu einem besseren Verständnis beiträgt. Das ESZB setzt sich aus der EZB und den nationalen Zentralbanken aller EU-Mitgliedstaaten (also auch solche die den Euro nicht eingeführt haben) zusammen. Nur EU- Mitgliedsstaaten, welche den Euro eingeführt haben, sind an die Beschlüsse der EZB gebunden.

166 Vgl. Art. 12.1. ESZB Satzung.

167 Vgl. Plewka (1999), S.61.

168 Vgl. Reumann (2001), S.59.

169 An dieser Stelle soll nur der Mangel im Gesetz angesprochen werden! Auf die Strategie wird im Punkt 3.2.3.1. noch eingegangen.

170 Vgl. Artikel 2 EGV.

171 Vgl. Reumann (2001), S.72.

172 Vgl. Punkt 3.2.1.:Das Verhältnis von Zentralbank und Regierung.

173 Vgl. Reumann (2001), S.81.

174 Vgl. Reumann (2001), S.39-40.

175 Vgl. Endler (1997), S.413.

176 Vgl. Endler (1997), S.422.

177 Geregelt ist die Ernennung durch den Artikel 112 EGV.

178 Vgl. Wagener (2001), S.79.

179 Vgl. Vaubel (1993), S.69ff.

180 Vgl. Neumann (1991), S.104ff.

181 Vgl.Endler (1997), S.429.

182 Vgl.Endler (1997), S.439.

183 Vgl. Art. 112 Abs.2b EGV.

184 Vgl. Endler (1997), S.430.

185 Vgl Art. 14.2. EZB-Satzung.

186 Vgl. Art. 112 Abs.2b EGV.

187 Vgl. Endler (1997), S.434.

188 Vgl. Art. 11Abs.1 EZB-Satzung.

189 Vgl. Endler (1997), S.436.

190 Vgl. EZB - Satzung Art. 11 Abs. 4.

191 Vgl. Wagener (2001), S.86.

192 Vgl. Wagener (2001), S.87.

193 Vgl. Endler (1997), S.493.

194 Vgl. Tilch (2000), S.53.

195 Vgl. o.V. in: Die Welt vom 4.5.1998.

196 Vgl. o.V. in: Die Welt vom 8.5.1998.

197 Vgl. o.V. in: Die Welt vom 18.7.2002.

198 Vgl. Issing (1999), S.109

199 Vgl. Schröder (1999), S.161

200 Eine genauere Erläuterung der geldpolitischen Instrumente soll an dieser Stelle nicht erfolgen, da diese in bezug auf die Zentralbankunabhängigkeit nicht relevant sind.Ein guter Überblick befindet sich bei Issing (1999) S. 109 – 113! Die Veränderungen gegenüber der Bundesbank finden sich bei Schröder (1999) S.160 – 167.

201 Vgl. Art. 106 EGV.

202 Vgl. Punkt 3.1.4.: Die instrumentelle Unabhängigkeit.

203 An dieser Stelle wird nur auf Wechselkursabkommen mit Drittstaaten und nicht auf das WKM II, welches die Wechselkurse innerhalb der EU regelt, eingegangen.

204 Vgl. Endler (1997), S.455.

205 Vgl. Endler (1997), S.464.

206 Vgl. Endler (1997), S.467.

207 Vgl. Jahresgutachten des Sachverständigenrates 1991/1992 S.430ff.

208 Vgl. Art. 230. Abs.3 EGV

209 Vgl. Wagener (2001), S.113

210 Vgl. Art 111 Abs.1 EGV

211 Vgl. Endler (1997), S.473

212 Vgl. Wagener (2001), S.124

213 Vgl. Reumann (2001), S.156

214 Vgl. Endler (1997), S.507.

215 Vgl. Art. 28.Abs.2 EZB- Satzung.

216 Vgl. EZB- Observer 04/2001 S.7.

217 Vgl. Kapitel 3.1.7.

218 Vgl. Welteke (1999), S.151.

219 Vgl. Baltensberger (2000), S.71.

220 Vgl. Endler (1997), S.543.

221 Vgl. Wagener (2001), S.129.

222 Vgl. Art. 103 EGV.

223 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.102.

224 Vgl. Wagener (2001), S.132.

225 Vgl. Schnelting (1998), S.132.

226 Vgl. Wagener (2001), S. 135.

227 Vgl. Wagener (2001), S.136.

228 Vgl. Wagener (2001), S.137.

229 Vgl. Kapitel 3.2.1.1.

230 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.106.

231 Vgl. o.V. in: Die Welt vom 9.9.2002.

232 Auf das Schuldenbestandskriterium soll an dieser nicht weiter eingegangen werden, da es implizit durch das Defizitkriterium bestimmt wird.

233 Vgl. o.V. in: SZ vom 14.10.2002., S.4.

234 Vgl. o.V. in: Die Welt vom 21.10.2002.

235 Vgl. o.V. in: SZ vom 26.9.2002, S.4.

236 Vgl. o.V. in: SZ vom 19./20.10.02.

237 Vgl. o.V., in: FAZ. Vom 17.10.2002.,S.10.

238 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.104.

239 Vgl. EZB Observer (11/2001), S.28

240 Vgl. o.V., in: FAZ vom 4.11.1998, S.19.

241 Vgl. o.V., in: FAZ vom 7.12.1998, S17.

242 Vgl. Wagener (2001), S.106.

243 Vgl. o.V., in: Die Welt vom 19.9.2001 und o.V., in: FAZ vom 24.9.2001.

244 Vgl. Punkt 3.2.2.

245 Vgl. Europäisches Gewerkschaftsinstitut (1999) S.1.

246 Vgl. Wagener (2001), S.145.

247 Vgl. Hein (2000), S.19.

248 Vgl. Bofinger et.al. (1997), S.93.

249 Vgl. Freitag (2000), S.31.

250 Vgl. Punkt 3.2.3.1.

251 EZB (2001), S.42.

252 Eine Übersicht der Komponenten des HVPI befindet sich im Anhang.

253 Einen guten Überblick über die Probleme bei der Erstellung eines Verbraucherpreisindizes gibt Rempsberger (1999), S.119-143.

254 Vgl. EZB (2001), S.45ff.

255 Vgl. EZB Observer (04/2001), S.13.

256 Detaillierte Ausführungen zu diesem Thema befinden sich in: EZB(2001), S.41-63.

257 Die positiven Erfahrungen der deutschen Bundesbank sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass in Deutschland der Großteil der Investitionen durch Banken finanziert wird. Werden diese hingegen über Kapitalmärkte finanziert, ist eine Geldmengen-steuerung schwieriger. Eine Übersicht über die Finanzierung von Investitionen in ausgewählten Ländern findet sich bei Borchert (2001)S.88.

258 Vgl. Baltensberger (2000), S.53.

259 Vgl. EZB Observer (11/2001), S.31-40

260 Vgl. Baltensberger (2000) S.63.

261 Vgl. Baltensberger (2000). S.63.

262 Vgl. Issing (2001), S.139.

263 Vgl. Wagener (2001), S.170.

264 Eine Übersicht über die Zinsentscheidungen der EZB befindet sich im Anhang.

265 Vgl. o.V., in: Die Welt vom 12.4.99/ Die Welt vom 17.3.2000/ FAZ vom 11.5.2001.

266 Vgl. EZB Observer (06/2002), S.5-10.

267 Vgl. o.V., in: FAZ vom 11.10.2002.

268 Vgl. o.V., in: Die Welt vom 12.07.2002.

269 Vgl. o.V., in: SZ vom 21.10.2002.

270 Aufgrund der hohen Volumina im Devisenhandel sind Interventionen auf Dauer kaum gegen die Erwartungen des Marktes zur Wechselkursstabilisierung geeignet. Zum richtigen Zeitpunkt können sie die Erwartungen jedoch beeinflussen.

271 Vgl. o.V.,in: Die Welt vom 18.10.2000

272 Vgl. o.V. in: Die Welt vom 19.10.2000 (Pressestimmen zu den Äußerungen von Wim Duisenberg)

273 Vgl. o.V., in: Die Welt vom 31.8.2000

Fin de l'extrait de 101 pages

Résumé des informations

Titre
Determinanten der Zentralbankunabhängigkeit - eine kritische Analyse der europäischen Geldpolitik
Université
University of Münster  (Lehrstuhl für Geld und Währung)
Note
2,0
Auteur
Année
2002
Pages
101
N° de catalogue
V11367
ISBN (ebook)
9783638175463
ISBN (Livre)
9783640352197
Taille d'un fichier
717 KB
Langue
allemand
Mots clés
EZB-Geldpolitik-Zentralbankunabhängigkeit
Citation du texte
Alexander Wichmann (Auteur), 2002, Determinanten der Zentralbankunabhängigkeit - eine kritische Analyse der europäischen Geldpolitik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11367

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