Hart-Fuller-Debatte. Einführung in das Problem von Recht und Moral in der Rechtsphilosophie


Hausarbeit, 2021

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Vorbemerkungen

II. Die Hart-Fuller-Debatte
II.1. Der Positivismus ist ein Formalismus?
II.1.A. Fuller: Was ist Rechtsauslegung?
II.1.B. Hart: Die schöpferische Rolle des Richters
II.2. Die inhärente Moral des Rechts
II.2.A. Fuller: Ordnung vs. gute Ordnung
II.2.B. Hart: Für einen weiteren Begriff der Moral

III. Der Minimalinhalt des Rechts
III.1. Fünf natürliche Banalitäten
III.2. Der „weiche“ Rechtspositivismus als Synthese mit dem Naturrecht?

IV. Abschließende Bemerkungen

V. Literaturverzeichnis

I. Vorbemerkungen

Es gibt nicht wenige namhafte Philosophen, die das Ziel und gleichzeitig die Vorgehensweise in ihrem Sujet als gänzlich auf die Analyse von Begriffen reduziert betrachten. Dass das Vorhaben, Konsens über die angemessene Bedeutung zu erlangen, im philosophischen Diskurs eigentlich nie ein realistisches darstellt, ist hinreichend bekannt. Noch schlimmer wird das Durcheinander jedoch, wenn man nicht nur einen, sondern gar zwei Begriffe zu klären versucht und diese dann auch noch in befriedigender Weise zueinander in Beziehung setzen will. So auch in der gegenwärtigen anglophonen Debatte um die Verbindung der beiden Relata „Recht” und „Moral” in der Rechtsphilosophie mit den beiden einander diametral gegenüberstehenden Denkschulen des Rechtspositivismus und der Naturrechtslehre.

Die Bestrebung der vorliegenden Arbeit ist die Darstellung der für diesen Diskurs paradigmatischen Debatte zwischen Herbert Lionel Adolphus Hart (1907-1992) als Vertreter der ersten und Lon Luvois Fuller (1902-1978) als der letzteren Tradition verschriebenem Denker. Wir gehen in weiten Teilen rekonstruktiv vor und setzen uns zum Ziel, einige Aspekte der These von der nicht notwendigen Verbindung von Recht und Moral – der Trennungsthese – aufzuzeigen, welche den kleinsten gemeinsamen Nenner aller rechtspositivistischen Theorien darstellt. Diese stehen in direkter Nachkommenschaft utilitaristischer Denker, vor allem in der Jeremy Benthams und John Austins.1 Wir müssen den zeitgenössischen Rechtspositivismus allerdings immer aus einer fundamentalen Abgrenzung zu ihren Vordenkern heraus begreifen, nämlich der, dass sie das Recht in all seinen konstitutiven Merkmalen nicht als bloßen Katalog von Befehlen verstanden wissen wollen, sondern den Blick auf die Genese des Rechts als einer sozialen Tatsache richten. Darüber allerdings, welche dies im Genauen sind und in welcher Weise sie das Recht „machen”, herrscht innerhalb divergierender Spielarten von Rechtspositivismen keineswegs Einigkeit.2 Naturrechtstheoretiker teilen die Zurückweisung einer solchen Befehlstheorie mit den Positivisten, widersprechen ihnen allerdings dahingehend, dass sie die das Recht begründenden Faktoren untrennbar als – in den verschiedensten Begriffsverwendungen hervorgebracht – moralische auffassen.3 Hart als der wohl schillerndste Name auf Seiten der Rechtspositivisten grenzt seine Theorie durch vielfältige für unsere Darstellung interessante Zugeständnisse ein und gesteht durchaus eine notwendige Konformität des Rechts mit moralischen Kriterien ein, ohne jedoch den positivistischen Grundsatz zu verraten: „Gesetzliche Normen, die Rechte verleihen, müssen, obwohl sie sie sich von Befehlen unterscheiden, weder moralische Regeln sein noch mit solchen übereinstimmen.”4 Wie er dies mittels seines „inklusiven”, oder wie er ihn nennt: „weichen“ Rechtspositivismus zu erlangen sucht, wollen wir in den von uns behandelten Topoi der Debatte sowie anschließend in Harts Anmerkungen über den Minimalinhalt des Rechts nachvollziehen, wobei wir uns ob der enormen Vielfalt an zu berücksichtigenden Facetten des Problems von Recht und Moral den Anspruch auf Vollständigkeit verwehren müssen. Wir bemühen uns auch nicht um eine für bestimmte Zwecke, wie z.B. denen der Rechtskritik oder der Gesetzestreue, pragmatische Bewertung von Positivismus und Naturrecht, welche zuvorderst Theorien über die angemessene Redeweise über die Natur des Rechts bezeichnen.

Auf der Bühne der internationalen Politik sind wir stets gezwungen, über Anerkennung und Ablehnung gegenwärtiger (Un-)Rechtssysteme zu entscheiden. Deshalb fragen wir hier ganz konkret: Welche Charakteristika muss ein System aufweisen, um als Recht zu gelten, und wie können wir Harts Diktum über die Verschiedenheit rechtlichen Seins und Sollens im Lichte einer derart normativen Fragestellung überhaupt noch nachvollziehen?

II. Die Hart-Fuller-Debatte

Hart ergänzt die Trennungsthese in seiner Theorie des Rechts als eines Systems primärer und sekundärer Regeln hinsichtlich dessen Anerkennung gegenüber den Formulierungen der Utilitaristen um einen soziologischen wie psychologischen Aspekt, um ein der revisionsbedürftigen Befehlstheorie gegenüber realistischeres Bild des Rechts zu entwerfen, indem er das Aufkommen sowie die Geltung von Gesetzen an diese beiden Faktoren knüpft.5 Sich damit bereits tief in den Wirren des Begriffs der Moral befindend, könnte man Hart schnell verdächtigen, er habe seine eigene Tradition hiermit längst hinter sich gelassen und unter der Hand das Naturrecht mit dem Etikett einer rechtspositivistischen Theorie versehen. Mit dem Aufzeigen vermeintlicher Widersprüche in Harts Theorie nimmt auch Lon Fullers Kritik seinen Anfang, deren zentrale Behauptung vorsieht, dass Recht nicht auf Recht gebaut sein könne.

Sie beinhaltet zwei voneinander zu trennende Feststellungen: während die erste auf das gesamte Rechtssystem als solches abzielt, dessen Geltung die moralische Akzeptanz der Rechtssubjekte voraussetze und damit intrinsisch an die Moral gebunden sei, kritisiert Fuller in einem zweiten Schritt die formalistische Konzeption der Rolle des Richters in der rechtspositivistischen Theorie, welche ebenfalls die untrennbare Verquickung ethischen Erwägens und der Rechtsprechung unrechtmäßig missachte. Entgegen Fullers Aufsatz gehen wir in umgekehrter Reihenfolge vor und betrachten zunächst seine Diskussion der richterlichen Arbeitsweise mit der unumwundenen Antwort H.L.A. Harts, ehe wir uns dem widmen, was Fuller „die inhärente Moral des Rechts“ nennt.

II.1. Der Positivismus ist ein Formalismus?

II.1.A. Fuller: Was ist Rechtsauslegung?

Der folgende Abschnitt tangiert die positivistische These von Kern- & Randbereich („ penumbra of uncertainty“) in der Gesetzesinterpretation, jedoch bietet uns dieser Rahmen nicht die Möglichkeit, sie in ihrer Gänze abzuhandeln. Wir prüfen hier daher lediglich die Frage nach der vermeintlich inhärenten Normativität in der Rechtsauslegung.

In direkter Auseinandersetzung mit Harts Bemerkungen über das Problem mehrdeutiger Fälle wirft ihm Fuller vor, sie würden an der Realität der Jurisdiktion schlicht vorbeiführen. Er interpretiert Hart hierbei folgendermaßen: „Die Aufgabe der Auslegung besteht normalerweise darin, die Bedeutung einzelner Wörter innerhalb einer Rechtsregel zu bestimmen [...]. Genauer gesprochen, ist es die Aufgabe der Auslegung, den Bedeutungsumfang des Wortes zu bestimmen, also die Summe der Dinge, auf die es sich bezieht. [...] Wenn der Richter nun das Wort auf seinen ‚Standardfall‘ anwendet, dann ist er in keiner Weise schöpferisch tätig. Er wendet das Recht einfach so an, ‚wie es ist‘“6 Das Handeln des Richters käme dem eines Bibliothekars gleich, den man nach der richtigen Abteilung für einen bestimmten Buchtitel fragt.7

Da der Kernbereich der Anwendungsmodalitäten eines Gesetzes allerdings beileibe nicht immer eindeutig feststellbar ist, folgt für Fuller, dass der Richter den entsprechenden Artikel in schwierigen Fällen mit Rücksicht auf das bei der Schaffung des Gesetzes angestrebten Ziels interpretiert – und dies geschehe innerhalb eines intrinsisch normativen Prozesses: „Beim Beantworten dieser Art von Frage gibt es zumindest eine Schnittfläche von ‚sein‘ und ‚sollen‘, denn wenn der Richter darüber entscheidet, was die Regel ‚ist‘, tut er das im Lichte seiner Auffassung davon, ‚was sie sein sollte‘, damit sie ihren Zweck erfüllt“.8 Der Fehler in Harts Argumentation über die Entscheidungsfindung in nicht eindeutigen Fällen sei demnach, dass sie Schwierigkeiten der Auslegung lediglich auf ein semantisches Problem reduziere.9 Vielmehr seien doch die entscheidenden Fragen: „‘Was soll diese Regel? Welche Übel soll sie verhindern? Welches Gut soll befördert werden?‘“10 Richter müssten sich, um dem ihrem Beruf zugedachten Auftrag beizukommen, in die Lage derer versetzen, deren Überlegungen das entsprechende Gesetz entstammt: „Im Lichte dieses ‚Sollens‘ entscheiden wir dann, welches die Regel ‚ist‘.“11

II.1.B. Hart: Die schöpferische Rolle des Richters

Harts Antwort vermag wohl nicht wenige zu überraschen, leugnet er doch keinesfalls einen weitreichenden Ermessensspielraum im Richterspruch. So habe die festgeschriebene Gesetzgebung auch in den Augen eines realistischen Rechtspositivismus eine „offene Struktur“ inne, welche die schöpferische Rolle des Richters nicht nur ermögliche, sondern notwendig impliziere:12

Er habe es bei der Entscheidungsfindung nämlich keineswegs mit einer strikt mechanischen Deduktion gemäß begrifflich-logischer Beziehungen zwischen Gesetzesartikeln zutun, genauso wenig jedoch mit der simplen Anwendung des jeweils eindeutig angemessenen moralischen Prüfsteins: „Die judizielle Entscheidung, besonders bei Fällen hoher verfassungsmäßiger Bedeutung, verlangt oft eine Wahl zwischen moralischen Werten und nicht bloß die Anwendung eines einzigen herausragenden moralischen Prinzips. Denn es ist verrückt zu glauben, daß da, wo der Sinn eines Gesetzes in Zweifel steht, die Moral stets eine klare Antwort anzubieten habe.“13 Erst durch diese Unsicherheit ergäben sich diejenigen Charakteristika im Wirken eines Richters, die sich mit Fug und Recht als juristische „Tugenden“ bezeichnen ließen, darunter die Unparteilichkeit, die gleichermaßen anzuhörenden und zu behandelnden Interessen aller sowie das Schaffen einer möglichst vernünftigen Basis für zukünftige Entscheidungen.14 Der Rechtspositivist störe sich nicht daran, würde man diese Tugenden mit dem Prädikat „moralisch“ versehen, „[w]enn jedoch diese Tatsachen als der Beweis für die notwendige Verbindung von Recht und Moral genommen werden, müssen wir daran erinnern, daß dieselben Prinzipien ebenso häufig gebrochen wie eingehalten wurden.“15

Harts Einwand bezüglich des unzulässigen Überstiegs vom gesetzlichen Sein auf das zweckhafte Sollen bleibt aber nicht bei der bloßen Feststellung stehen, eine solche Rechtsanwendung werde lediglich oftmals unterlassen, sondern verweist eben darauf, dass es im juristischen Sprachspiel vielerlei verschiedene Spielarten des Sollens gäbe, auch außerhalb eines im ethischen Sinne normativen Kalküls, denn „wir sollten bedenken, daß ein erfolgloser Giftmörder ebenso sagen könnte ‚Ich hätte ihr eine weitere Dosis geben sollen.‘“16

Zudem könne der Rechtspositivist eine notwendige Korrelation von Recht und Moral auch aus einem weiteren Grunde in vielen Argumentationskontexten gelassen hinnehmen, denn, wie jede Theorie des Normativen, leide auch die Rechtskritik unter der Abwesenheit eindeutiger ethischer Standards zur Beurteilung von Gesetzen und Systemen: Bezeichnet der Faktor Moral in der Gleichung der Identitätsthese die tatsächliche ethische Gültigkeit festgelegter Normen auf der Basis von wahrer, gerechtfertigter Meinung oder „[b]edeutet Moral, mit der das Recht, wenn es gut sein soll, übereinstimmen muß, die anerkannte Moral der Gruppe, deren Recht sie ist, selbst wenn diese auf Aberglauben beruht oder ihre Wohltaten und ihren Schutz Sklaven bzw. den beherrschten Klassen vorenthält?“17 Methodologisch nimmt die Gültigkeit moralischen Werts keine entscheidende Rolle in Harts Theorie ein, welche sich zwar selbst eine ethische „Neutralität“ vorbehält, damit aber noch keinen Werterelativismus impliziert.18 Indem der Rechtspositivismus mit Verweis auf die metaethische Verlegenheit die zweite, im Vergleich zur ersten weitere Bestimmung der Moral annimmt, kann er die Konformität mit dem Gesetz in der Entscheidungsfindung des Richters ohne Weiteres in seine Theorie inkorporieren und dennoch sein Gesicht wahren.

Weiterführenden Gedanken über die Modalitäten der richterlichen Gesetzesinterpretation – besonders unter Rückgriff auf Ronald Dworkins Angriffe auf Hart – können wir an dieser Stelle nicht nachgehen, weisen aber darauf hin, dass die Frage, ob der Richter das Gesetz nur entdeckt oder selbst erschafft, weiterhin als eine umstrittene gelten muss.19 Wir stellen allerdings fest, dass der Rechtspositivismus durch eine semantische Ausweitung des Geltungsbereiches seiner Behauptung der Trennung von Recht und Moral durchaus in der Lage ist, sich gegen Einwände, die von einigen Naturrechtstheoretikern formuliert werden, als handle es sich um absolute Banalitäten, zur Wehr zu setzen. Wie verhält es sich jedoch, wenn der Naturrechtler nicht den Akt der Rechtsprechung, sondern das Aufkommen eines Rechtssystems als solches einerseits und die in ihm inkorporierten Gesetzesinhalte auf der anderen Seite mit der Moral verknüpft wissen will? Wir verhandeln diese beiden Komplexe innerhalb des nächsten Abschnittes gemeinsam, da wir Harts paradigmatische Antwort als Verteidigung des Rechtspositivismus im Hinblick auf beide Aspekte hin verstehen müssen.

II.2. Die inhärente Moral des Rechts

II.2.A. Fuller: Ordnung vs. gute Ordnung

„Man könnte sagen, das Recht repräsentiere Ordnung simpliciter. Gute Ordnung ist Recht, welches die Bedingungen der Gerechtigkeit oder der Moral oder Vorstellungen der Menschen davon erfüllt, was sein sollte.“20 Die Pointe Fullers ist klar: Ordnung per se ist noch keine gute Ordnung. Letztere zeichne sich dadurch aus, dass sie durch ein ausreichendes Maß an Funktionalität in ihrer Organisation eine hohe Akzeptanz seitens der Rechtssubjekte aufweist, und einzig in diesem Fall „enthält der Begriff der Ordnung so etwas wie ein moralisches Element.“21 Manch einer wird sich bei dem Gedanken ertappen, es handle sich bei einer solchen Angelegenheit um einen typischen Fall philosophischer Haarspalterei hinsichtlich der Zu- bzw. Aberkennung von Attributen. Tatsächlich stellt sich dieses Problem jedoch als eines von nicht zu unterschätzender Tragweite heraus, etwa wenn es um die rückwirkende Verurteilung von Straftaten geht, welche unter dem jeweils gültigen Strafgesetz juristisch gedeckt waren, wie beim exemplarisch angeführten Fall der Denunziation eines Mannes durch seine Ehefrau im Dritten Reich.22 Nun stelle das Gegenteil einer guten Rechtsordnung nach Fuller aber nicht einfach die schlechte Rechtsordnung dar, denn eine solche verdient sich ihren Status in der Naturrechtslehre erst durch eben diese moralische Qualität. Eine Organisationsstruktur, welche deren Anspruch nicht erfüllt, könne überhaupt kein Rechtssystem sein, daher sei es bezogen auf unser problematisiertes Beispiel „unmöglich, die durch den Fall des Naziregimes ausgeworfenen Schwierigkeiten einfach von der Hand zu weisen, indem man sagt: ‚Unter den Nazis gab es Recht, auch wenn es schlechtes Recht war.‘“23

Fuller entfaltet seine Argumentation anhand des fiktiven Beispiels eines lausigen Monarchen, dessen Regentschaft sich durch Nachlässigkeit und mangelnde Effizienz auszeichnet, folgerichtig für Fuller kein geltendes Recht bildet: „Es muss eine lebendige Ordnung gemeint sein, und eine solche Ordnung muss zumindest gut genug sein, um von irgendeinem Standpunkt aus als funktional angesehen werden zu können.“24 Ein System, welches den Bürgern beispielsweise keine prinzipielle Gleichheit in der Anwendung von Strafmaßnahmen gewährleistet oder durch Saumseligkeit in der Strafverfolgung das Vertrauen in den Rechtsschutz schwinden lässt, könne mit keiner freiwilligen Kooperation der Bevölkerung rechnen.25

Was bildet den Prüfstein für die Geltung eines Regelkatalogs als einer rechtlich bindenden Verfassung? „Keine geschriebene Verfassung kann sich selbst anwenden. Um effektiv zu sein, bedarf sie nicht nur der Achtung, die wir den normalen Gesetzen zollen, sondern der Art von aktivem und gemeinschaftlichem Bestreben, das wir auf fest geglaubte moralische Prinzipien richten.“26 Zu behaupten, Rechtssubjekte müssten jeden einzelnen Artikel des Kataloges kennen und darüber hinaus anerkennen, wäre natürlich schlichtweg illusorisch, daher schließe auch der Wille zur Veränderung der Gesetze die Achtung vor ihnen nicht aus; dennoch müsse die Verfassung, um sich durch die Anerkennung der Menschen in die rechtliche Geltung zu hieven, in ihrem Fundament „nicht einfach nur als Recht akzeptiert werden, sondern – zumindest vorläufig – als gutes Recht.“27 Fuller fällt (zumindest) an dieser Stelle freilich nicht hinter den Punkt zurück, den wir oben als „metaethische Verlegenheit“ bezeichnet haben. Es geht ihm um die weitgehende Kongruenz des Gesetzes mit den in der Bevölkerung mehrheitlich vertretenen moralischen Einstellungen. „Sobald wir verstehen, dass Ordnung selbst erarbeitet werden muss, wird deutlich, dass die Existenz eines Rechtssystems, sogar eines schlechten oder bösartigen Rechtssystems, immer eine graduelle Angelegenheit ist.“28 So verstehen wir auch, dass die Distinktion zwischen den Thesen von der internen Moral des Rechts und der Korrelation mit geltenden Moralvorstellungen genauer besehen nicht trennscharf zu ziehen ist, da letzteres ein wesentliches Kriterium für die Kooperation und damit die Funktionalität der Ordnung bildet.

[...]


1 Vgl. Pfordten, Dietmar von der: Rechtsphilosophie, München: 2018, S. 66f.

2 Vgl. Ott, Walter: Die Vielfalt des Rechtspositivismus, Baden-Baden: 2016, S. 5.

3 Somek, Alexander, Rechtsphilosophie zur Einführung, Hamburg: 2018, S. 37.

4 Hart, Herbert Lionel Adolphus: Der Positivismus und die Trennung von Recht und Moral, in: Koch, Felix, Mohseni, Amir, Schweikhard, David P. (Hrsg.): Analytische Rechtsphilosophie. Grundlagentexte, Berlin: 2019, S. 71.

5 Vgl. Watkins-Bienz, Renée M.: Die Hart-Dworkin Debatte. Ein Beitrag zu den internationalen Kontroversen der Gegenwart, Berlin: 2004, S. 64f.

6 Fuller, Lon L.: Positivismus und Gesetzestreue, in: Koch, Felix, Mohseni, Amir, Schweikhard, David P. (Hrsg.): Analytische Rechtsphilosophie. Grundlagentexte, Berlin: 2019, S. 139.

7 Vgl. ebd., S. 143f.

8 Ebd., S. 139.

9 Vgl. ebd., S. 139.

10 Ebd., S. 143.

11 Ebd., S. 143.

12 Vgl. Hart, Herbert Lionel Adolphus: Der Begriff des Rechts, 2. Auflage, Berlin: 2018, S. 240.

13 Ebd., S. 241.

14 Vgl. ebd., S. 241.

15 Ebd., S. 241.

16 Hart, Herbert Lionel Adolphus: Der Positivismus und die Trennung von Recht und Moral, S. 80.

17 Hart, Herbert Lionel Adolphus: Der Begriff des Rechts, S. 242.

18 Vgl. Green, Leslie: Der Positivismus und die Untrennbarkeit von Recht und Moral, in: Koch, Felix, Mohseni, Amir, Schweikhard, David P. (Hrsg.): Analytische Rechtsphilosophie. Grundlagentexte, Berlin: 2019, S. 477f.

19 Vgl. Gómez, Juan Vega: The Hart-Fuller Debate, in: Philosophy Compass 9, 2014, S. 49.

20 Fuller, Lon L.: Positivismus und Gesetzestreue, S. 117.

21 Ebd., S. 118.

22 Vgl. ebd., S. 104.

23 Vgl. ebd., S. 119.

24 Vgl. ebd., S. 118.

25 Vgl. ebd., S. 118f.

26 Ebd., S. 115.

27 Ebd., S. 115.

28 Ebd., S. 119.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Hart-Fuller-Debatte. Einführung in das Problem von Recht und Moral in der Rechtsphilosophie
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Philosophie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
18
Katalognummer
V1137575
ISBN (eBook)
9783346509734
ISBN (Buch)
9783346509741
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Philosophy, Philosophie, Recht, Rechtsphilosophie, Philosophy of Law, Law, Positivismus, Rechtspostivismus, Positivism, Legal Positivism, Hart, Fuller, Utilitarismus, Utilitarianism, analytische Philosophie, analytical philosophy
Arbeit zitieren
Roman Rogg (Autor:in), 2021, Hart-Fuller-Debatte. Einführung in das Problem von Recht und Moral in der Rechtsphilosophie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1137575

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