Sexueller Missbrauch. Die Täter


Mémoire pour le Diplôme Intermédiaire, 2008

26 Pages, Note: 2


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Sexueller Missbrauch – Die Begriffsklärung

3 Aktuelle Zahlen zum sexuellen Missbrauch in Deutschland
3.1 Häufigkeiten des Missbrauchs
3.2 Alter und Geschlecht der Täter
3.3 Dauer und Art des Missbrauchs
3.4 Beziehung zum Opfer

4 Täterprofile

5 Täterstrategien
5.1 Strategien jugendlicher Täter
5.2 Strategien erwachsener Täter
5.2.1 Vorbereitung des Missbrauchs
5.2.2 Aufrechterhaltung des Missbrauchs
5.2.3 Aufdeckung des Missbrauchs

6 Erklärungsmodelle
6.1 Familiendynamik
6.2 Männliche Sozialisation
6.3 Biografische Faktoren
6.4 Feministischer Ansatz

7 Täterprävention
7.1 Präventive Arbeit
7.2 Rückfallprävention
7.3 Täterprävention mit Opfern

8 Fazit

9 Literatur- und Quellenverzeichnis

10 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Abbildung 2:
Abbildung 3:
Abbildung 4:

1 Einleitung

Sexueller Missbrauch an Kindern ist kein modernes Problem der heutigen Gesellschaft, sondern wird lediglich durch die ständige Präsenz in den Medien öffentlicher diskutiert.

In der Diskussion über sexuellen Missbrauch wird der Fokus vor allem auf die Opfer und die notwendige Opferarbeit gelegt wird. Auf diese Weise wird das Augenmerk von dem Täter, seiner Persönlichkeit und den speziellen Motiven für seine Tat abgelenkt. Dabei wird jedoch vergessen, welche Bedeutsamkeit die Arbeit und Auseinandersetzung mit dem Täter für die Prävention gegen sexuellen Missbrauch an Kindern haben kann. Die Konzentration auf die Opfer lässt sich daraus schließen, dass es weitaus mehr Beratungs- und Anlaufstellen für Opfer als für Täter gibt.

Besonders der Prozess gegen Marc Dutroux aus Belgien, der in den neunziger Jahren wegen sechsfachen Kindesmissbrauchs und vierfachen Mordes verhaftet worden war, rückte den sexuellen Missbrauch wieder in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Zu diesem Zeitpunkt fragten sich viele Menschen, die dieses Thema mitverfolgten, „was das wohl für ein Mann“ sei und waren der Ansicht, dass Sexualstraftäter „für immer weggeschlossen“ bleiben sollten.

Vor diesem Hintergrund soll das Ziel dieser Arbeit sein herauszufinden, inwieweit Täter, die Kinder missbrauchen, besondere Persönlichkeitsmerkmale aufweisen und ob sie sich von der „normalen“ Gesellschaft differenzieren. Dabei werde ich mich zuerst auf die allgemeinen Daten und Untersuchungen über Alter und Geschlecht der Täter beziehen. Im anschließenden Abschnitt sollen die Täterstrategien und die unterschiedlichen Modelle zu verschiedenen Tätertypen analysiert werden, um spezielle Vorgehensweisen der Täter zu vergleichen.

Zusammenfassend versucht diese Arbeit die verbreiteten Vorurteile und oftmals falschen Vorstellungen über die Umstände, Hintergründe und Täter des sexuellen Missbrauchs zu korrigieren, um anschließend Möglichkeiten für eine geeignete Täterprävention vorzustellen.

Ich habe mich speziell für dieses Thema entschieden, da ich denke, dass der Beratungsbedarf in diesem Bereich immer größer wird und somit die Nachfrage nach qualifizierten Pädagogen steigen wird. Infolgedessen wird sich das Thema „sexueller Missbrauch“ in Zukunft zu einem wichtigen Bestandteil der pädagogischen Arbeit entwickeln.

2 Sexueller Missbrauch – Die Begriffsklärung

Die Diskussion über die Begrifflichkeit des sexuellen Missbrauchs ist von jeher ein umstrittenes Thema, da schon immer sexuelle Übergriffe und Gewalt an Kindern vor unterschiedlichen Hintergründen bewertet wurden. Im Laufe der Zeit wurde ein Verständnis dafür aufgebaut, dass Kinder besonderen Schutz bedürfen. Doch über die Frage, ab welchem Zeitpunkt das Kindeswohl durch die Grenzüberschreitungen der Erwachsenen gefährdet ist, streiten sowohl Wissenschaft als auch Öffentlichkeit. Die somit zustande kommenden Variationen zwischen den Definitionen werden in unterschiedlichen Studien und Berichten zu diesem Thema sehr deutlich.

Es lässt sich zwischen weiten und engen Definitionen unterscheiden. Die weiten Definitionen des sexuellen Missbrauchs schließen den gesamten Umfang der sexuellen Gewalt an Kindern ein, wobei die engen Definitionen sich ausschließlich auf den körperlichen Kontakt beschränken (vgl. Hensen 2003, 15 / Stephan 2002, 145). Somit stellt sich die Frage, ob sexueller Missbrauch bereits bei Exhibitionismus[1] und Belästigung beginnt oder körperlicher Kontakt ein Kriterium für diese Straftat darstellt.

Bei Erwachsenen liegt eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung vor, wenn jemand an einer anderen Person ohne deren Zustimmung sexuelle Handlungen ausführt. (Deegener 2005, 22)

Kinder sind jedoch „hinsichtlich ihres emotionalen, kognitiven und sprachlichen Entwicklungsstandes“ (Enders 2006, 22) nicht in der Lage, sexuellen Handlungen, die von Erwachsenen ausgehen, zuzustimmen oder diese zurückzuweisen. Das ist darauf zurückzuführen, dass Kinder auf Erwachsene angewiesen und ihnen rechtlich unterlegen sind, womit ein „Machtgefälle“ (Ohlmes 2005, 17) zwischen Opfer und Täter entsteht. Eine Straftat liegt laut dieser Definition dann vor, sobald der Täter die Autorität und Macht gegenüber dem Kind, welches nicht auf dem gleichen Informationsniveau steht, ausnutzt.

Die Wissenschaftler sind sich einig darüber, dass sexuelle Gewalt alle Handlungen einschließt, die durch körperliche Gewalt und Drohungen erzwungen und gegen den Willen des Kindes durchgeführt wurden. Da die Einschätzung darüber, ob die sexuellen Handlungen gewollt oder ungewollt waren, sehr schwierig ist, setzen einige Wissenschaftler einen Altersunterschied von fünf Jahren zwischen Täter und Opfer als Definitionskriterium ein. Kritisiert wird an dieser Definition jedoch, dass sie den Missbrauch zwischen Gleichaltrigen und den Entwicklungsstand des Opfers beziehungsweise des Täters nicht beachtet. (vgl. Ohlmes 2005, 17 / Hensen 2003, 16)

Die Schädigung oder Traumatisierung eines Kindes durch die Tat wird häufig als Kriterium für sexuellen Missbrauch betrachtet. Viele Wissenschaftler lehnen es jedoch ab, dieses Kriterium in die Definition einzubeziehen und nennen verschiedene Gründe, warum die „Abhängigkeit von den Folgen“ (Hensen 2003, 17) kein ausreichendes Definitionskriterium darstellt. Dirk Bange ist beispielsweise der Auffassung, dass zum einen nicht jeder sexuelle Missbrauch traumatisierend ist und es zum anderen vorkommt, dass sich die Folgen des Missbrauchs erst Jahre nach der Tat entwickeln. Darüber hinaus würde diese Definition den Kindern, die über ausreichende Bewältigungsmöglichkeiten verfügen, einen „sexuellen Missbrauch absprechen“. (Bange 2002, 51 / Enders 2006, 23)

Bei der Darstellung der unterschiedlichen Definitionsmöglichkeiten sollte beachtet werden, dass es nicht nur Uneinigkeiten über die Erklärungen, sondern auch über die Begrifflichkeiten als solche gibt. Als Synonyme für den sexuellen Missbrauch können unter anderem auch Begriffe wie sexuelle Gewalt, sexuelle Ausbeutung, sexuelle Belästigung oder Inzest verwendet werden, wobei der sexuelle Missbrauch speziell als Definition für sexuelle Handlungen an Kindern gilt. (vgl. Bange/Körner 2002, 48)

Abschließend lässt sich feststellen, dass aufgrund der verschiedenen Definitionsversuche von sexuellem Missbrauch deutlich wird, welchen Einfluss die Definition auf das Ausmaß einer Studie beziehungsweise Untersuchung haben könnte. Solche Auswirkungen werden im folgenden Abschnitts anhand von Untersuchungsergebnissen und Statistiken veranschaulicht.

3 Aktuelle Zahlen zum sexuellen Missbrauch in Deutschland

In den vergangen Jahren wurde das Thema des sexuellen Missbrauchs vor allem durch die hohe Medienpräsenz immer aktueller. Dabei stellt sich die Frage, ob ein tatsächlicher Zusammenhang mit steigenden Straftaten vorliegt oder ob die Aktualität dieses Themas ein Phänomen der Gesellschaft und der Medien ist. Ziel dieses Teils der Arbeit ist es, das Ausmaß und die unterschiedlichen Formen des sexuellen Missbrauchs darzustellen.

3.1 Häufigkeiten des Missbrauchs

Es gibt eine Vielzahl von Studien zur Häufigkeit sexuellen Missbrauchs, die je nach Definition des Begriffes und der Methode der Datenerhebung zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Es ist aufgrund dessen nicht möglich, das tatsächliche Ausmaß des sexuellen Missbrauchs zu beschreiben. Vorwiegend wird dabei auf Zahlen aus der Anzeigenstatistik zurückgegriffen und versucht, das hohe Ausmaß der Dunkelziffern in die Ergebnisse einzubeziehen.

Aus der Bundeskriminalstatistik des Jahres 2006 (siehe Abbildung 1 im Anhang) lässt sich entnehmen, dass Kindesmissbrauch gegenüber anderen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung am häufigsten auftritt. Die Aufklärungsquote liegt bei knapp 82%, wobei jedoch zu beachten ist, dass die Bundeskriminalstatistik eine Inzidenzstudie ist und somit die Dunkelzifferzahlen nicht berücksichtigt.

Entsprechend einer weiten Definition und einigen Prävalenzstudien wird etwa jedes vierte Mädchen und jeder zwölfte Junge sexuell missbraucht. Die Dunkelziffern einschließend gehen Experten davon aus, dass jährlich schätzungsweise 80.000 bis 300.000 Kinder in Deutschland sexuell missbraucht werden. (vgl. Onlinequelle: www.aktiv-gegen-sexuelle-gewalt.de; Sven Fuchs).

Analysiert man die Zahlen der Bundeskriminalstatistik differenziert über die vergangenen Jahre hinweg, kann nicht von einer Zunahme von sexuellen Missbrauchsfällen ausgegangen werden.

Demgegenüber kann jedoch durch selektive und „inszenierte Medienberichterstattung“ (Hensen 2003, 31) der Eindruck entstehen, dass insgesamt eine scheinbare Zunahme der sexuellen Gewalttaten zu verzeichnen ist. Dieser Irrtum wird durch die Zunahme an Beratungsangeboten für sexuell missbrauchte Kinder noch verstärkt.

3.2 Alter und Geschlecht der Täter

Die Abbildung der Bundeskriminalstatistik 2006 (siehe Abbildung 2 im Anhang) beschreibt die aktuellen Zahlen der Alters- und Geschlechtsstruktur der Täter. Relevant für diese Arbeit sind insbesondere die Zahlen des sexuellen Missbrauchs an Kindern, wobei die männlichen Täter mit über 95% den größten Anteil bilden. Außerdem lässt sich der Tabelle entnehmen, dass in ca. 67% der Fälle die Täter älter als 21 Jahre alt sind. Aus der Bundeskriminalstatistik des Jahres 2001 geht hervor, dass die Anzahl der Täter über 21 Jahre damals bei knapp 75% lag.

Gegenüber den anderen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist der Anteil der Tätergruppe unter 21 Jahren mit knapp einem Drittel sehr groß.

Günther Deegener hat eine Studie durchgeführt, die belegt, dass etwa 35% der Täter unter 18 Jahre, rund 21% zwischen 19 und 30 Jahre und circa 31% zwischen 31 und 50 Jahre alt sind, wobei die kleinste Tätergruppe mit 13% von Straftätern über 50 Jahren gebildet wird. (vgl. Deegener 2005, 40).

Abschließend ist zusammenzufassen, dass die größte Tätergruppe von Männern über 18 Jahren gebildet wird. Es ist jedoch festzustellen, dass der Anteil der Frauen und Jugendlichen unter den Tätern in den letzten 8 Jahren auffallend angestiegen ist.

3.3 Dauer und Art des Missbrauchs

In einer weiteren Untersuchung zu sexueller Gewalt gegen Kinder von Günther Deegener wird zwischen vier unterschiedlichen Stufen von sexuellem Missbrauch unterschieden, die sich durch verschiedene Kriterien voneinander abgrenzen. Die erste Stufe, die Deegener untersuchte, ist der sexuelle Missbrauch ohne Körperkontakt, dem 15% der Befragten zum Opfer fielen. 35% der Untersuchten gaben an, Opfer von weniger intensivem Missbrauch geworden zu sein, welcher durch Küsse und weniger intensive Berührungen durch die Täter charakterisiert ist. Die nächste Stufe, die in Deegeners Untersuchung relevant ist, ist die des intensiven Missbrauchs, wobei Handlungen wie intensive Berührungen und Masturbation vor dem Opfer als Merkmal dieser Stufe angesehen werden. Dieser Art von Missbrauch fielen laut Untersuchung ebenfalls 35% der Befragten zum Opfer. Die letzte und damit intensivste Stufe wurde von 15% der Untersuchten angeben, welche eine vollendete Vergewaltigung bedeutet. Hinsichtlich der Häufigkeit des sexuellen Missbrauchs wird angenommen, dass es in einem Drittel der Fälle zu einmaligem und in zwei Drittel aller Fälle zu mehrmaligem Missbrauch kommt, wobei der Bekanntschaftsgrad zwischen Täter und Opfer eine entscheidende Rolle spielt. (vgl. Deegener 2005, 37)

In einer weiteren Studie wurde die Häufigkeit von sexuellem Missbrauch weiblicher Opfer, die als Kinder missbraucht worden waren, eingehender untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass ca. 60% der Befragten ein einziges Mal sexuell missbraucht wurden. 18% dagegen mussten den Missbrauch zwei bis zehnmal „über sich ergehen lassen“ (Ohlmes 2005, 25) und ca. 10% der Opfer gaben an, mehr als zehnmal missbraucht worden zu sein. Weitere 16% machten keine Angaben und gaben stattdessen an, dass der Missbrauch „nicht zählbar“ oder „immer, wenn wir alleine waren“ stattfand. Die Befragungen mit den männlichen Opfern von sexuellem Missbrauch sind vergleichbar mit den oben beschriebenen Ergebnissen.

[...]


[1] Krankhafte, auf sexuellen Lustgewinn gerichtete Neigung, besonders bei Männern, zur Entblößung der Geschlechtsteile in Gegenwart anderer Personen, meist des anderen Geschlechts (Duden - Das Fremdwörterbuch, 8. Auflage, 2005; Seite 300)

Fin de l'extrait de 26 pages

Résumé des informations

Titre
Sexueller Missbrauch. Die Täter
Université
University of Marburg
Note
2
Auteur
Année
2008
Pages
26
N° de catalogue
V113759
ISBN (ebook)
9783640144617
ISBN (Livre)
9783640145874
Taille d'un fichier
1602 KB
Langue
allemand
Mots clés
Sexueller, Missbrauch, Täter
Citation du texte
Mirka Fuchs (Auteur), 2008, Sexueller Missbrauch. Die Täter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113759

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