In dieser Hausarbeit geht es um zwei Texte, die den Informationsbegriff aus der molekularen Genetik aus philosophischer Perspektive betrachten. Der erste Text stammt von Peter Janich und trägt den Titel "Der Status des genetischen Wissens", der zweite von Lily E. Kay und heißt "Wer schrieb das Buch des Lebens?".
Janich vertritt die These, dass die philosophische Idee von wahr und falsch, Meinung und Irrtum in der molekularen Genetik verschwunden ist und man sich nur noch des Instrumentariums und der Methodik der Naturwissenschaften bedient (im Sinne des kritischen Rationalismus). Janichs Hauptthese ist, dass ein Riss durch das Human-Genom-Projekt geht – einerseits betreibt man das naturwissenschaftliche Programm der Identifizierung und Sequenzierung von Genen im menschlichen Genom, andererseits ist man bestrebt, sich mit den sog. ELSI-Problemen (ethical, legal, social issues) auseinander zu setzen. Diese beiden Aufgabenbereiche stehen in einem folgenreichen Konflikt zweier Perspektiven zueinander, so dass Janich nun fragt: Was heißt es denn philosophisch, wenn wir das Genom „kennen“? Er geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass es zwei unterschiedliche Bedeutungen des Begriffs 'Information' gibt, die sich widersprechen.
Kay argumentiert in eine ähnliche Richtung wie Janich. Eine These die sie vertritt lautet: Die Schriftmetaphern und linguistischen Bilder derer sich die Gentechnik bedient sind gerade keine Metaphern, sondern wörtlich zu nehmen (Bsp. „Buch des Lebens“) auf der Basis dieses Bildes kann das Genom von den Eingeweihten unzweideutig gelesen und editiert werden, wodurch sie Kontrolle über das Leben erlangen. Die Fragen die sie sich in stellt aber lautet: Wer schrieb dieses „Buch des Lebens“? Und woher kommt die Schrift? Wie kamen Wissenschaftler dazu, Organismen und Moleküle als Systeme der Speicherung und Abrufung von Informationen zu sehen? Die Hauptthese, die Kay vertritt ist, dass der genetische Code von Wissenschaftlern geschrieben und nicht entziffert wurde, da Kultur, Sprache, Politik und soziale Dynamiken die Produktion wissenschaftlichen Wissens stets formen oder beeinflussen.
Inhaltsverzeichnis
- Wissenschaftstheorie und Informationsbegriff in der molekularen Genetik
- Von: Claudia Hoppe, Peter Janich: Der Status des genetischen Wissens
- Lily E. Kay: Wer schrieb das Buch des Lebens? Information und die Transformation der Molekularbiologie
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text befasst sich mit der philosophischen Auseinandersetzung mit der Gentechnik und den Folgen für Individuum und Gesellschaft. Er analysiert die Wissenschaftsphilosophie in der molekularen Genetik, insbesondere im Kontext des Human-Genom-Projekts (HGP).
- Der Status des genetischen Wissens und die Unterscheidung zwischen „Wissen“ und „Meinung“
- Die Rolle des Informationsbegriffs in der molekularen Genetik und die Unterscheidung zwischen „kommunikativem“ und „strukturellem“ Informationsbegriff
- Die Kritik an der Arbeitsteilung zwischen Kultur- und Naturwissenschaften und die Problematik der Modellbildung in der genetischen Forschung
- Die Frage nach der „Wahrheit“ in der genetischen Forschung und die Grenzen des naturwissenschaftlichen Wissens
- Die ethischen, rechtlichen und sozialen Implikationen der Gentechnik (ELSI-Fragen)
Zusammenfassung der Kapitel
Der Text von Peter Janich analysiert die philosophischen Implikationen des Human-Genom-Projekts (HGP). Janich argumentiert, dass die molekulare Genetik einen Riss zwischen naturwissenschaftlicher Forschung und ethischen, rechtlichen und sozialen Fragen (ELSI-Fragen) aufzeigt. Er kritisiert die Verwendung des „strukturellen“ Informationsbegriffs in der Genetik, der sich auf die kausale Übertragung von Informationen konzentriert, ohne die semantische Bedeutung zu berücksichtigen. Janich plädiert für einen „kommunikativen“ Informationsbegriff, der die Bedeutung und Geltung von Informationen im Kontext von ELSI-Fragen berücksichtigt.
Janich kritisiert auch die Arbeitsteilung zwischen Kultur- und Naturwissenschaften, die zu einem Missverständnis des Informationsbegriffs führt. Er argumentiert, dass Sprachverstehen und Erkennen keine naturwissenschaftlichen Gegenstände sind und dass die Anwendung des Informationsbegriffs auf das HGP lediglich eine Metapher darstellt.
Janich analysiert die Methodik der Naturwissenschaften im Hinblick auf die Modellbildung und -anwendung. Er argumentiert, dass die genetische Forschung apriorisch arbeitet, d.h. Modelle und hypothetische Konstrukte entwirft, die nicht an der Erfahrung scheitern dürfen. Er stellt die Frage, ob diese Art von Wissen im eigentlichen philosophischen Sinne „Wissen“ oder nur „Meinung“ ist.
Janich kritisiert die Vorstellung, dass Modelle in der genetischen Forschung „Abbildungen von etwas“ seien. Er argumentiert, dass Modelle „für etwas“ stehen und dass die maßstabsgetreue Abbildung von Modell und Original nicht gegeben ist. Er kritisiert die zirkuläre Vorgehensweise der genetischen Forschung, die zu einem umgekehrten Kausalverhältnis von Explanandum zu Explanans führt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Gentechnik, das Human-Genom-Projekt (HGP), die Wissenschaftsphilosophie, der Informationsbegriff, die Unterscheidung zwischen „Wissen“ und „Meinung“, die ethischen, rechtlichen und sozialen Implikationen der Gentechnik (ELSI-Fragen), die Arbeitsteilung zwischen Kultur- und Naturwissenschaften, die Modellbildung in der genetischen Forschung und die Grenzen des naturwissenschaftlichen Wissens.
- Quote paper
- Claudia Hoppe (Author), 2002, Wissenschaftstheorie und Informationsbegriff in der molekularen Genetik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113867