1) Immanuel Kant als Folie für den Fortschrittsbegriff der Turmgesellschaft
Im Jahre 1784 erschien Immanuel Kants Aufsatz „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“, der zentrale Thesen des aufklärerischen Fortschrittsbegriffes enthält und von großer Bedeutung für Goethes elf Jahre später erschienenen Roman „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ ist, da die Maximen der im Roman dargestellten „Turmgesellschaft“ die Kantschen Begriffe und Ideale spiegeln. Kants Aufsatz geht von drei Grundvoraussetzungen aus: der Geschichtsphilosophie, der Anthropologie und der Naturwissenschaft.
Die Geschichtsphilosophie ist teleologisch ausgerichtet, hat also ein Ziel, eine Vision; daher ist sie optimistisch und entwirft eine Zukunft, in der die menschliche Gattung durch Vernunft einen „allgemeinen weltbürgerlichen Zustand“, das heißt eine auf Vernunft basierende Rechtsbürgergesellschaft, erreichen kann: „Man kann die Geschichte der Menschengattung im großen als die Vollziehung eines verborgenen Planes der Natur ansehen, um eine innerlich –und zu diesem Zwecke auch äußerlich- vollkommene Staatsverfassung zu Stande zu bringen, als den einzigen Zustand, in welchem sie alle ihre Anlagen in der Menschheit völlig entwickeln kann“ (8. Satz). Darin wird Kants Teleologie besonders deutlich.
Die Anthropologie hingegen befasst sich mit der Naturbestimmtheit und Beschaffenheit des Menschen; da der Mensch fehlbar ist, ist die Anthropologie skeptisch und pessimistisch. Die Vernunft kann sich nur in der Menschengattung vollständig entwickeln, nicht im einzelnen Individuum, welches beschränkt ist und alleine nicht zur Totalität gelangen kann.
Inhaltsverzeichnis
- Immanuel Kant als Folie für den Fortschrittsbegriff der Turmgesellschaft.
- Die pragmatischen Maximen und der Fortschrittsbegriff der Turmgesellschaft an Hand von Goethes Roman
- Ideal der Vernunft.
- Ideal eines tätigen Lebens.
- Zurücknahme des Individuums zugunsten der Gemeinschaft.
- Bürgerliche Ökonomie und Pragmatismus.
- Bildung und Erziehung.
- Rückbezug auf Kants Theorien.
- Konflikt der Wilhelm-Figur mit den Maximen der Turmgesellschaft
- Wilhelms Bildungsgesinnung.
- Die Maximen der Turmgesellschaft als Inversion zu Wilhelms Lebensentwurf.
- Aussöhnung der Gegensätze.
- Literaturverzeichnis.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die pragmatischen Maximen der Turmgesellschaft in Goethes „Wilhelm Meister“ im Kontext des aufklärerischen Fortschrittsbegriffs. Dabei wird insbesondere auf Immanuel Kants Philosophie Bezug genommen, um die philosophischen Grundlagen der Maximen der Turmgesellschaft zu beleuchten. Die Arbeit untersucht, inwieweit Kants Theorien in Goethes Roman Eingang gefunden haben und wie sich die Maximen der Turmgesellschaft auf Wilhelms Bildungsweg auswirken.
- Der Fortschrittsbegriff der Aufklärung und seine Relevanz für Goethes „Wilhelm Meister“
- Die pragmatischen Maximen der Turmgesellschaft und ihre philosophischen Grundlagen
- Die Rolle der Vernunft und Zweckmäßigkeit im Denken der Turmgesellschaft
- Der Konflikt zwischen individueller Entfaltung und gesellschaftlicher Integration
- Die Bedeutung von Bildung und Erziehung im Kontext der Maximen der Turmgesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet Immanuel Kants „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“ als Folie für den Fortschrittsbegriff der Turmgesellschaft. Kants zentrale Thesen zur Geschichtsphilosophie, Anthropologie und Naturwissenschaft werden vorgestellt und in Bezug zu den Maximen der Turmgesellschaft gesetzt.
Das zweite Kapitel analysiert die pragmatischen Maximen der Turmgesellschaft in Goethes „Wilhelm Meister“. Es werden die Ideale der Vernunft, des tätigen Lebens, der Zurücknahme des Individuums zugunsten der Gemeinschaft, der bürgerlichen Ökonomie und des Pragmatismus sowie die Bedeutung von Bildung und Erziehung im Kontext der Maximen der Turmgesellschaft untersucht.
Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Rückbezug auf Kants Theorien und analysiert, inwieweit Kants Ansichten in Goethes Roman Eingang gefunden haben.
Das vierte Kapitel untersucht den Konflikt zwischen Wilhelms Bildungsgesinnung und den Maximen der Turmgesellschaft. Es wird analysiert, wie die Maximen der Turmgesellschaft als Inversion zu Wilhelms Lebensentwurf verstanden werden können und wie sich die Gegensätze schließlich aussöhnen lassen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Fortschrittsbegriff der Aufklärung, die pragmatischen Maximen der Turmgesellschaft in Goethes „Wilhelm Meister“, Immanuel Kant, Vernunft, Zweckmäßigkeit, tätiges Leben, Gemeinschaft, Bildung, Erziehung, individueller Lebensentwurf, gesellschaftliche Integration und Konfliktlösung.
- Quote paper
- Nathalie Klepper (Author), 2003, Die pragmatischen Maximen der Turmgesellschaft in Goethes „Wilhelm Meister“ und der Fortschrittsbegriff der Aufklärung unter Berufung auf Kant, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113958