Die Geschichte der Reisebüros


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Was ist ein „Reisebüro“?

2. Vorstufen der heutigen Reisebüros
2.1 Altertum
2.2 15. und 16. Jahrhundert
2.3 17. Jahrhundert
2.4 18. Jahrhundert
2.5 19. Jahrhundert

3. Thomas Cook
3.1 Der Beginn der Tätigkeit Cooks als Reiseveranstalter
3.2 Cooks „Zielgruppen“
3.3 Cooks wichtigste Leistungen

4. Die Entwicklung der Reisebüros in Deutschland
4.1 Vor dem Ersten Weltkrieg
4.2 Die Zwischenkriegszeit
4.3 Während des Zweiten Weltkriegs
4.4 Nach dem Zweiten Weltkrieg

5. Die deutsche Reisebürobranche heute
5.1 Allgemeines
5.2 Der Einfluss des Internets auf stationäre Reisebüros
5.3 Online-Reisebüros

Schluss: Die Zukunft der Reisebüros

Bibliographisches Verzeichnis

Einleitung

„Der Mensch kann auf Dauer nicht untätig in seinen eigenen vier Wänden verweilen. Noch nie in der Geschichte des modernen Tourismus reisten so viele so viel. Reisen gilt als die populärste Form von Glück. Reisen ermöglicht Orts-, Szenen- und Rollenwechsel. Reisen bietet die Chance, zeitweilig die Seele vom Alltagsballast zu befreien.“[1]

Das Reisen ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Die Motivationen dafür waren und sind vielfältig. Reisten die Menschen zunächst vor allem zu Handelszwecken[2], so scheinen sie heute in erster Linie tatsächlich auf der Suche nach der „populärste[n] Form von Glück“ zu sein. Wie sie diese finden, ist ihnen selbst überlassen. Strandurlaub in der Karibik? Trekkingreise in Chile? Wüstenexpedition in Mauretanien? Oder Schneeschuhwanderung in den Allgäuer Alpen?[3] Das Angebot scheint unendlich. Es gibt heute kaum ein Bedürfnis, das nicht erfüllt werden könnte. Gerade deshalb wird es immer schwieriger, den Überblick über den Reisemarkt zu behalten. Welches Angebot kann ich bei welchem Veranstalter zu welchem Preis buchen? Fragen, die oft nur Profis beantworten können. Deshalb beginnt ihre Reise für viele Menschen mit dem Gang ins Reisebüro.

Dass es nicht schon immer Institutionen gab, die Reisende berieten und ihnen bei der Organisation, Planung und Durchführung der Reise halfen, liegt auf der Hand. Seit wann aber gibt es Reisebüros und wie haben sie sich bis heute entwickelt? Das ist die Leitfrage der vorliegenden Arbeit, die sich mit der „Geschichte der Reisebüros“ auf möglichst übersichtliche und vielseitige Weise auseinander zu setzen versucht.

Gerade in volkskundlicher Hinsicht handelt es sich dabei um ein überaus ergiebiges und interessantes Thema, ist doch das Reisebürogewerbe eng mit der Lebenswelt des Menschen, mit dem wirtschaftlichen Geschehen, dem sozialen und gesellschaftlich-kulturellen Wandel sowie der technischen Entwicklung verknüpft.[4]

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich zunächst mit der Frage, was ein Reisebüro überhaupt ist, wie es definiert werden kann, welche Differenzierungsmöglichkeiten es gibt. Im nächsten Abschnitt geht es um die Vorstufen der heutigen Reisebüros. Wann ist eine reisebüroähnliche Tätigkeit erstmals nachweisbar? Welche kulturellen Hintergründe sind erkennbar? Welche Aufgaben hatten die Vorläufer der heutigen Reisebüros?

Alle, die heute im Reisebürogewerbe tätig sind, wandeln in den Spuren Thomas Cooks, des großen Pioniers auf dem Gebiet der Reiseveranstaltung und –vermittlung. Mit ihm erst beginnt Mitte des 19. Jahrhunderts die Geschichte des neuzeitlichen Reisebürowesens, weshalb ihm ein eigenes Kapitel gewidmet ist. Anschließend geht es um die Frage, wie sich die Reisebüros von ihren Anfängen bis heute entwickelt haben. In Berücksichtigung auf den Rahmen der vorliegenden Arbeit musste die Untersuchung auf die Branche in Deutschland beschränkt bleiben. Der letzte Punkt schließlich beschäftigt sich mit aktuellen Trends im deutschen Reisebürogewerbe. Vor allem soll die Frage beantwortet werden, welchen Einfluss das Internet auf stationäre Reisebüros hat.

Ein Blick auf die Fachliteratur zeigt, dass sich bisher nur wenige Autoren mit der Entwicklung der Reisebüros auseinandergesetzt haben. Das mit Abstand umfangreichste Werk und deshalb die hauptsächliche Grundlage für den historischen Teil der vorliegenden Arbeit ist die „Geschichte der Reisebüros“ von Karl Fuss aus dem Jahr 1960.[5] Aktuellerer Publikationen zum Thema liegen nicht vor. Für die Untersuchung der Entwicklung der Reisebürobranche seit 1960 musste deshalb in erster Linie auf Internetquellen zurückgegriffen werden. Die auf den verschiedenen Websites gefundenen Informationen wurden in Gesprächen mit insgesamt fünf Reisebüromitarbeitern und –leitern in Bamberg bestätigt. Zum Einfluss des Internets auf die stationären Reisebüros liegen mehrere aktuelle Studien vor. Ausgewertet wurden in erster Linie die Sonderumfrage „Reisebuchung im Internet“ im Auftrag von SevenOne Interactive und FTI Frosch Touristik[6] sowie die ersten veröffentlichten Ergebnisse der „Reiseanalyse RA 2006“ der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen.[7]

1. Was ist ein „Reisebüro“?

Für „Reisebüro“ lassen sich sehr unterschiedliche, immer wieder anders akzentuierte, zum Teil sogar widersprüchliche Definitionen finden. Eine der Hauptaufgaben des Reisebüros ist bereits im Grimmschen Wörterbuch genannt. Das „Reisebüreau“ wird dort als „eine anstalt, welche über reiseangelegenheiten auskunft gibt“ definiert.[8] Das Duden-Bedeutungswörterbuch nennt weitere wichtige Aspekte. Ein Reisebüro sei ein „Unternehmen, in dem Reisen vermittelt, Buchungen aufgenommen und Beratungen über Reiseziele durchgeführt werden.“[9] Im Brockhaus schließlich wird eine detailliertere Definition gegeben. Der Begriff „Reisebüro“ bezeichne ein „Unternehmen, das Gesellschafts- u. Einzelreisen, Ausflugsfahrten usw. organisiert, zw. Reisenden und Verkehrsbetrieben, Hotels usw. vermittelt sowie die Reisenden berät u. unterstützt“.[10]

Zusammenfassend lassen sich fünf Aufgabenfelder von Reisebüros unterscheiden: Beratung der Kunden, Veranstaltung, Organisation und Buchung von Reisen sowie Vermittlung zwischen Kunden und Veranstaltern.

Während viele Reisebüros zunächst parallel auf den verschiedenen Sektoren tätig waren und es bis heute in anderen europäischen Ländern oft noch sind, gibt es in Deutschland inzwischen meist eine klare Trennung zwischen Reiseveranstaltern und –mittlern.[11] „Als Reiseveranstalter (Tour Operator) bezeichnet man ein Reisebüro, das Einzelleistungen von verschiedenen Anbietern (Fluggesellschaften, Hotels usw.) selbst auswählt und die Kombination als einheitliches Leistungsbündel (Pauschalreise genannt) den Kunden anbietet.“[12] Reisemittler dagegen fungieren nicht als Veranstalter, sondern sind ausschließlich auf dem Gebiet der Reisevermittlung tätig.[13] Meist wird der Begriff „Reisebüro“ synonym zu „Reisemittler“ verwendet.

Eine weitere, in erster Linie betriebswissenschaftlich orientierte Differenzierung soll nur der Vollständigkeit wegen erwähnt werden. In der Publikation „Fakten und Zahlen zum deutschen Reisemarkt 2005“ unterscheidet der Deutsche ReiseVerband zwischen klassischen Reisebüros, Business Travel und touristischen Reisebüros. Das klassische Reisebüro wird dabei als „Reisebüro mit mindestens einer Veranstalter- und mindestens einer Verkehrsträgerlizenz“[14] definiert. Die Fachliteratur benutzt diesen Terminus oft aber auch in Abgrenzung zu „Online-Reiseportal“ und damit synonym zu „stationäres Reisebüro“.[15]

Der vorliegenden Arbeit liegt eine sehr allgemeine Definition zu Grunde. „Reisebüro“ wird

als der Oberbegriff für alle oben genannten Differenzierungsmöglichkeiten verstanden.

2. Vorstufen der heutigen Reisebüros

2.1 Altertum

Nachweisbar sind die Anfänge einer reisebüroähnlichen Tätigkeit erstmals im alten Rom. Die Verwaltung des Römischen Reiches war nur mit Hilfe eines gut funktionierenden Verkehrswesens möglich. Um die Administration in Gang zu halten, mussten viele Menschen in den ersten vier Jahrhunderten n. Chr. in der gesamten damals bekannten Welt zum Teil sehr weit reisen. Der „Cursus Publicus“, die römische Post, richtete deshalb eigene Dienststellen ein, die Zulassungskarten für die Benutzung der Fahrzeuge und der Straßen ausgaben und das Reisen betreffende Auskünfte erteilten. Die ausgestellten Berechtigungsscheine enthielten alle Angaben über die einzelnen Stationen der Reise, die Aufenthaltsorte, die Art der zu benutzenden Wagen und „Voucher“ (Buchungsbestätigungen) für Übernachtung und Verpflegung in den Herbergen.

Als Arbeitsgrundlage verwendeten die staatlichen Reisebüros der römischen Post Itinerare sowie Reisehandbücher und –beschreibungen. Die Itinerare verzeichneten, oft in kartographischer Darstellung, die Reiserouten zu Land und zur See im gesamten Römischen Reich. Auch waren alle wichtigen Orte und Entfernungen angegeben. Neben diesen Kursbüchern benutzten die römischen Poststellen für ihre Arbeit auch Reisehandbücher und -beschreibungen.[16] Einer der wichtigsten Fremdenführer der Zeit, bis heute eine bedeutende Quelle für Wissenschaftler, war ein Reisebericht des Griechen Pausanias.[17] Das zehnbändige Werk aus dem Jahr 180 n. Chr. fasst eigene sowie die Erfahrungen anderer Reisenden zusammen. Es enthält viele wichtige Informationen über Italien, Griechenland, Klein-Asien, Syrien, Ägypten und Lybien.

Neben den Reisebüros des „Cursus Publicus“ sollen auch die „Collegii“, zunft- beziehungsweise vereinsähnliche Einrichtungen im alten Rom, ihre Mitglieder in Bezug auf Reisen beraten und selbst Reisen veranstaltet haben. Genauere Informationen hierüber liegen jedoch nicht vor.[18]

2.2 15. und 16. Jahrhundert

Nach dem Untergang des Weströmischen Reichs gibt es über tausend Jahre lang keine Hinweise mehr auf eine reisebüroähnliche Tätigkeit. Die nächsten Belege finden sich erst wieder im 15. Jahrhundert im Zusammenhang mit Pilgerreisen.

[...]


[1] Opaschowski, Horst W.: Tourismus. Systematische Einführung. Analysen und Prognosen. 2., völlig neu bearbeitete Auflage (=Freizeit- und Tourismusstudien 3). Opladen 1996, S. 5.

[2] Vgl. Fuss, Karl: Geschichte der Reisebüros (=Schriftenreihe des Deutschen Reisebüro-Verbandes 8). Darmstadt 1960, S. 11.

[3] Die angeführten Reisen werden tatsächlich auf der Internetseite www.erlebnisreisen-weltweit.de angeboten.

[4] Vgl. Deutscher Reisebüro-Verband e.V. (Hg.): Grundlagenuntersuchung über das Reisemittlergewerbe. Probleme – Orientierungshilfen – Lösungsansätze. Erstellt von der Unternehmensberatung Tourproject Wegele KG im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft. Melsungen 1982, S. 25.

[5] Fuss, Karl: Geschichte der Reisebüros (=Schriftenreihe des Deutschen Reisebüro-Verbandes 8). Darmstadt 1960.

[6] SevenOne Interactive/FTI Frosch Touristik (Hgg.): Sonderumfrage zum Thema „Reisebuchung im Internet“. Internationale Tourismus Börse ITB-Berlin 2006.

[7] Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. (Hg.): Erste Ergebnisse RA 2006. Präsentationscharts (Auswahl). http://www.fur.de/downloads/EERA06-Handout.pdf (Stand: 25.05.2006) und Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. (Hg.): Die 36. Reiseanalyse RA 2006. Erste Ergebnisse. http://www.fur.de/downloads/FUR_Ergebnisse_2006.pdf (Stand: 25.05.2006).

[8] Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm (Hgg.): Deutsches Wörterbuch. Band 14: R – Schiefe. Nachdruck der Erstausgabe 1893. Bearbeitet von und unter Leitung von Dr. Moriz Heyne. München 1984, S. 723.

[9] Dudenredaktion (Hg.): Duden. Das Bedeutungswörterbuch. 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage (=Duden 10). Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 2002, S. 727.

[10] Wahrig, Gerhard/Krämer, Hildegard/Zimmermann, Harald (Hgg.): Brockhaus. Deutsches Wörterbuch in sechs Bänden. Band 5: P – STD. Wiesbaden, Stuttgart 1983, S. 343.

[11] Vgl. DRV: Grundlagenuntersuchung über das Reisemittlergewerbe, S. 48f.

[12] DRV: Grundlagenuntersuchung über das Reisemittlergewerbe, S. 49.

[13] Vgl. DRV: Grundlagenuntersuchung über das Reisemittlergewerbe, S. 56f.

[14] Deutscher ReiseVerband (Hg): Fakten und Zahlen zum deutschen Reisemarkt 2005. Eine Übersicht des Deutschen ReiseVerbands (DRV). http://www.drv.de (Stand: 22.05.2006), S. 14.

[15] In dieser Bedeutung wird der Begriff „klassisches Reisebüro“ auch in Punkt 5 der vorliegenden Arbeit verwendet.

[16] Vgl. Fuss: Geschichte der Reisebüros, S. 22.

[17] Vgl. Hoffmann, Moritz: Geschichte des deutschen Hotels. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Mit einem Vorwort von Willy Pauly. Heidelberg 1961, S.194.

[18] Vgl. Fuss: Geschichte der Reisebüros, S. 22f.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die Geschichte der Reisebüros
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Veranstaltung
Seminar: Reiselust. Tourismus und Urlaubskultur als volkskundliche Forschungsfelder
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V114003
ISBN (eBook)
9783640144808
ISBN (Buch)
9783640146017
Dateigröße
456 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geschichte, Reisebüros, Seminar, Reiselust, Tourismus, Urlaubskultur, Forschungsfelder
Arbeit zitieren
Ann-Kathrin Thoennes (Autor:in), 2006, Die Geschichte der Reisebüros, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114003

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