Klima und Kulturgeschichte

Von der Antike bis in die Neuzeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

19 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Klimadeterminismus
2.1 Bedeutung des Klimas in der Antike
2.2 Neuzeitlicher Ansatz

3. Der ökologische Ansatz

4. Quellenlage
4.1 Direkte Daten
4.2 Indirekte Daten

5. Einflüsse des Klimas auf die Kulturgeschichte
5.1 Klimaoptimum der Antike 300 v.Chr. bis 300 n.Chr
5.2 Völkerwanderung 3. bis 6. Jahrhundert
5.3 Exkurs: Untergang der Maya 750 bis 900 n.Chr
5.4 Hochmittelalterliche Klimagunst 1000 bis 1330 n.Chr
5.5 Neuzeitliches Klimapessimum 1330 bis 1850 n.Chr

6. Schlussbetrachtung

Literatur

1. Einleitung

In den letzten 2000 Jahren gab es immer wieder Schwankungen in den Klimaverläufen. Es stellt sich die Frage, inwieweit historische Wetter- und Klimaverläufe vergangene Gesellschaften beeinflusst haben. Oft werden, im Alltagsverständnis und der Wissenschaft, verschiedene Theorien herangezogen, um Zusammenhänge zwischen dem Klima und historischer Entwicklungen herzustellen bzw. zu erklären. In dieser Arbeit werden zunächst naturdeterministische Erklärungsmodelle vorgestellt, die eine monokausale Wirkung des Klimas auf Gesellschaften behaupten. Am Anschluss werden der sich davon abgrenzende Ökologische Ansatz, die historische Klimatologie sowie die Quellenlage beschrieben. Als weiterer Punkt wird zur Erklärung der Quellenlage auf die Forschungsrichtung der historischen Klimatologie eingegangen. In Kapitel 5 wird, angefangen von der Antike über das Mittelalter bis zur Neuzeit in groben Zügen aufgezeigt, welchen Einfluss das Klima auf die menschliche Kulturgeschichte hatte.

2. Klimadeterminismus

Der Klimadeterminismus geht von der Vorstellung aus, dass, dass das Klima unmittelbar für die Entwicklung und Ausbildung einer Gesellschaft verantwortlich ist. Mediziner, Philosophen, Geographen und andere Wissenschaftler versuchten über Jahrhunderte hinweg, einen monokausalen Zusammenhang zwischen dem Klima und gesellschaftlichen Ereignissen, der Gesundheit des Einzelnen bis hin zu ganzen Völkern oder sogar dem Aufstieg und Niedergang ganzer Zivilisationen herzustellen.

(Stehr, Storch 1997).

2.1 Bedeutung des Klimas in der Antike

Den Versuch, das Klima als Erklärung für die gesellschaftlichen Ereignisse der Antike heranzuziehen, lässt sich schon bei Hippokrates, Plato und Aristoteles sowie bei weiteren griechischen und römischen Philosophen nachweisen. Insbesondere die Arbeiten des Arztes Hippokrates von Kos (ca. 460 - ca. 377 v.Chr.) zeigen eine starke Auseinandersetzung mit dieser vermeintlichen Kausalität. In seinem überlieferten Buch Luft, Wasser und Ortschaften vertritt er Thesen über die Beziehung von Klima, Wasser und Bodenbeschaffenheit. zur körperlichen und seelischen Verfassung der Bevölkerung eines Landes. Sein Wissen über verschiedene Klimate verwendete er dabei auch, um die Lebensgewohnheiten und Eigenschaften von Menschen an verschiedenen Orten zu begründen. Aristoteles (384 – 322 v.Chr.) sah das gemäßigte Klima Griechenlands als Ursache für die Dominanz der Griechen über andere Völker. Er ging davon aus, dass sich aus der Lage Griechenlands in den mittleren Breite eine physische und psychische Überlegenheit der Griechen ergebe. Daraus leitete er einen Herrschaftsanspruch des Landes über andere, in seinen Augen weniger mutige und intelligente Völker ab (Pfister 1984; Stehr, Storch 1997).

Ein Auszug aus seinem Werk ‚ Die Politik’ (Πολιτικά: Die politischen Dinge) verdeutlicht die naturdeterministische Weltanschauung Aristoteles’:

„[...] Man kann sich darüber schon einigermaßen ein Urteil bilden, wenn man auf die berühmteren griechischen Städte und die ganze bewohnte Erde, wie sie unter die Völker verteilt ist, einen Blick wirft. Die Völker in den kalten Strichen und in Europa sind zwar mutvoll, haben aber wenig geistige und künstlerische Anlage und behaupten deshalb zwar leichter ihre Freiheit, sind aber zur Bildung staatlicher Verbände untüchtig und ihre Nachbarn zu beherrschen unfähig. Die asiatischen Völker haben einen hellen und kunstbegabten, dabei aber furchtsamen Geist, und deshalb befinden sie sich in beständiger Dienstbarkeit und Sklaverei. Das Geschlecht der Griechen aber hat, wie es örtlich die Mitte hält, so auch an den Vorzügen beider teil und ist mutig und intelligent zugleich. Deshalb behauptet es sich immerfort im Besitz der Freiheit und der besten staatlichen Einrichtungen und würde alle Nationen beherrschen können, wenn es zu einem Staate verbunden wäre. Ganz auf dieselbe Weise sind aber auch die einzelnen griechischen Stämme unter sich verschieden. Die einen sind einseitig veranlagt, in den anderen sind die beiden genannten Vorzüge in glücklicher Mischung miteinander verbunden. Man sieht also, daß diejenigen, die der Gesetzgeber leicht zur Tugend soll leiten können, von Natur intelligent und mutig sein müssen.[...]“

2.2 Neuzeitlicher Ansatz

Nach dem Mittelalter, während dem mehr mystische und göttliche Ansichten über das Wettergeschehen herrschten, wurde seit der Zeit der Aufklärung der deterministische Ansatz abermals forciert. Anthropologen, Historiker, Mediziner, Geographen oder Soziologen machten die antiken Thesen wieder publik. Persönlichkeiten wie Montesquieu (1689 - 1755) und Voltaire (1694 – 1778) bezogen sich auf die Lehren des Hippokrates und wandelten diese leicht ab. „ Fruchtbare Landschaften bringen weiche, weniger fruchtbare Landstriche aber heroische Individuen hervor“. Auch Montesquieu leitete – wie einst Aristoteles – aus der Lage Frankreichs in den mittleren Breiten einen Herrschaftsanspruch seines Landes, Frankreich, ab. Der Philosoph Hegel (1770 - 1831) behauptete, dass eine Kultur sich eigentlich nur im Rahmen eines moderaten Klimas entwickeln könne (Stehr et al 1997) – ein damals völlig schlüssiger Ansatz. Auch die Enzyklopädien dieser Zeit stellten einen Zusammenhang zwischen ethnischen Unterschieden und klimatischen Bedingungen her. Noch in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die physischen und psychischen Unterschiede der Völker nördlicher und südlicher Regionen von dem Heidelberger Sozialpsychologe Willy Hellpach (1877 - 1955) mit folgender Aussage beschrieben:

"[...] im Nordteil eines Erdraums überwiegen die Wesenszüge der Nüchternheit, Herbheit, Kühle, Gelassenheit, der Anstrengungswilligkeit, Geduld, Zähigkeit, Strenge, des konsequenten Verstandes- und Willenseinsatzes - je im Südteil die Wesenszüge der Lebhaftigkeit, Erregbarkeit, Triebhaftigkeit, der Gefühls- und Phantasiesphäre, des behäbigeren Gehenlassens oder augenblicklichen Aufflammens. Innerhalb einer Nation sind ihre nördlichen Bevölkerungen praktischer, verlässlicher, aber unzugänglicher, ihre südlicheren musischer, zugänglicher (gemütlicher, liebenswürdiger, gesprächiger), aber unbeständiger. [...] "

Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde in Deutschland der Klimadeterminismus als Teil der Rassenwissenschaften an Schulen und Universitäten gelehrt (Pfister 1984; Stehr et al 1997; Storch et al 2002)

Nach dem zweiten Weltkrieg verlor die Forschungsrichtung des Klimadeterminismus in Europa immer mehr an Bedeutung, wurde jedoch nicht vollkommen verbannt. Noch heute ist nach Ansicht von Hans von Storch und Nico Stehr (2002) ein Teil dieses konsistenten Weltbildes als Allgemeinwissen verbreitet. Demnach herrscht immer noch die bizarre Ansicht, dass Menschen aus dem „kühlen Norden“ produktiver und zuverlässiger seien als die angeblich sorg- und antriebslosen Menschen aus dem „heißen Süden“.

Die Verbindung zwischen Klima und Kulturgeschichte, wie sie in dieser Arbeit vorgestellt wird, distanziert sich von den deterministischen und aristotelischen Ansichten. Das Klima ist vielmehr eine von vielen Komponenten, wie im folgenden Ökologischen Ansatz beschrieben, welche den Menschen beeinflusst.

3. Der ökologische Ansatz

Von der Wortfindung 1869 durch den Biologen Ernst Heckel, hat sich das Verständnis und die Bedeutung des Wortes Ökologie bis heute immer wieder gewandelt. Anfangs war es die Wissenschaft von den Beziehungen der Organismen zur umgebenden Außenwelt. Weitere Modifizierungen wurden in den letzten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts ausgearbeitet. Das Ökosystem kam als Modell der Wechselbeziehungen zwischen den Elementen der Lebewesen und ihrer unbelebten Umwelt hinzu. Des Weiteren wurde festgestellt, dass auch verschiedene Ökosysteme in Beziehung miteinander stehen und gemeinsam die so genannte Biosphäre bilden. Als letzte Stufe der Biosphäre wird im aktuellen Ansatz der Ökologie der Mensch in die Kreisläufe miteinbezogen. Mit ihm finden physische, kulturelle und soziale Systeme Einzug in die umfassende Lehre.

Die Darstellungen von rein linear verlaufenden Kausalitäten verlieren in dieser Betrachtungsweise ihren Einfluss. Es gilt, die Dinge in einem komplexen, interdisziplinären Ganzen zu verstehen (Pfister 1984).

Um die Erkenntnisse aus verschiedenen Disziplinen wie Geographie, Klimatologie, Soziologie, Biologie und Agrarwissenschaften miteinzubeziehen und in einen Zusammenhang zu stellen, schlägt Pfister (1984) eine verschachtelte Systemhierarchie vor.

Das Klimasystem ist als weltumspannendes System zu sehen, welches sich aus Atmosphäre, Kryosphäre, Biosphäre, Lithosphäre und Hydrosphäre zusammensetzt. Diese Subsysteme stehen in zahlreichen Wechselbeziehungen zueinander.

Innerhalb der Biosphäre können so die Interdependenzen der agrarischen Nutzungssysteme und der demographischen Systeme im Bezug auf die Atmosphäre untersucht werden. Es gibt direkte Relationen zwischen dem Klimasystem und dem demographischen System als auch indirekte über die agrarischen Systeme (Pfister 1984). Weitere sich daraus ergebende Folgen wie Gunst- und Ungunstphasen sollen in dieser Arbeit nur als mitwirkende Komponenten des Klimasystems verstanden werden, jedoch nicht als monokausale Resultate. Im Gegensatz zu Tieren, die zur Adaption in verschiedenen Klimaten fähig sind, hat der Mensch die Fähigkeit zur Innovation. Er wird nicht durch das Klima gelenkt, sondern es stellt einen Stressfaktor von vielen dar.

[...]

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Details

Titel
Klima und Kulturgeschichte
Untertitel
Von der Antike bis in die Neuzeit
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Institut für Meteorologie)
Veranstaltung
Seminar Atmosphärische Umwelt
Note
1
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V114067
ISBN (eBook)
9783640151929
ISBN (Buch)
9783640155569
Dateigröße
922 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Klima, Kulturgeschichte, Seminar, Atmosphärische, Umwelt, Klimadeterminismus
Arbeit zitieren
Martin Gayer (Autor:in), 2007, Klima und Kulturgeschichte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114067

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