Unternehmensteuerreform 2008

Zinsschranke gem. §4h


Seminararbeit, 2008

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Allgemeines

2. Grundprinzip/Grundsätze der Zinsschranke
2.1 Tatbestandsvoraussetzungen
2.1.1 Betrieb
2.1.2 Maßgeblicher Gewinn
2.1.3 Begriff der Zinsaufwendungen und -erträge
2.3 Wirkungsweise der Zinsschranke

3. Ausnahmen von der Anwendung der Zinsschranke
3.1 Freigrenze
3.2 Fehlende Konzernzugehörigkeit
3.3 Escape-Klausel

4. Besonderheiten bei Körperschaften

5. Zusammenfassendes Prüfungsschema

6. Gestaltungshinweise
6.1 Vermeidung oder Reduzierung eines negativen Zinssaldos
6.2 Ausnutzung der Freigrenze
6.3 Vermeidung einer Konzernzugehörigkeit
6.4 Nutzung der Escape-Klausel

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Ermittlung des steuerlichen EBITDA einer Personengesellschaft

Abb. 2: Ermittlung der Eigenkapitalquote

Abb. 3: Eigenkapital-Ermittlungsschema

Abb. 4: Ermittlung des steuerlichen EBITDA einer Körperschaft

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Allgemeines

Ein bedeutender Bestandteil der Unternehmensteuerreform 2008 ist die Einführung einer sogenannten Zinsschranke. Die wesentlichen Regelungen dazu finden sich in einem neuen § 4h EStG und in einem neu gefassten § 8a KStG, der die bisherigen Regelungen zur Gesellschafter-Fremdfinanzierung ersetzt. Durch die Zinsschranke werden die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Unternehmensfinanzierung in ihren Grundfesten verändert, so dass sich die Unternehmen auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellen müssen. Hintergrund für die Abschaffung des bisherigen § 8a KStG und die Einführung der Zinsschranke ist die Einschätzung des Gesetzgebers, dass insbesondere international operierende Unternehmen versuchen, durch verschieden Gestaltungen dafür zu sorgen, dass ein Teil, der in Deutschland erwirtschafteten Gewinne, in andere Länder mit niedrigeren Steuersätzen verlagert wird. Eine dabei oftmals genutzte Möglichkeit, Erträge ins Ausland zu verlagern, ist bisher die grenzüberschreitende Fremdkapitalfinanzierung. Hierbei wurde die Möglichkeit des unbegrenzten Abzugs gezahlter Zinsen als Betriebsausgabe genutzt, um so den Gewinn in Deutschland zu mindern.1 Der Gesetzgeber verfolgt mit der Einführung der

Zinsschranke demnach das Ziel, das inländische Steuersubstrat zu sichern und Anreize zu schaffen Gewinne ins Inland zu verlagern, da Konzerne dadurch das Zinsabzugs- potential erhöhen können. Weiterhin richtet sich die Zinsschranke gegen eine übermäßige Fremdkapitalfinanzierung der Unternehmen und soll verhindern, dass allein aus Gründen der Steueroptimierung eine hohe Fremdkapitalquote angestrebt wird.2

Ziel der Arbeit ist es herauszustellen, ob die angestrebte Sicherung des nationalen Steuersubstrats nicht zu teuer erkauft wurde. Denn mit der Einführung der Zinsschranke treten unerwünschte Nebeneffekte für Unternehmen auf, die im Laufe der Arbeit näher betrachtet werden. Darüber hinaus werden, nach Vorstellung des Grundprinzips und der allgemeinen Wirkungsweise der Zinsschranke, mögliche Gestaltungsvarianten auf- gezeigt, wie der Zugriff der Zinsschranke vermieden oder abgeschwächt werden kann.

2. Grundprinzip/Grundsätze der Zinsschranke

Die Zinsschranke ist für Unternehmen aller Rechtsformen anwendbar, also unter anderem für Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Das für alle Unternehmen geltende Grundprinzip ist in § 4h EStG normiert und findet bei der Ermittlung von gewerblichen Einkünften im Inland Anwendung. Mit der Zinsschranke des § 4h EStG soll der Abzug der Zinsaufwendungen als Betriebsausgaben für Kapital- und Personengesellschaften gleichermaßen beschränkt werden. Die Beschränkung erfolgt in Abhängigkeit vom erzielten Gewinn. Anders als beim bisherigen § 8a KStG (Gesellschafter-Fremdfinanzierung) geht es dabei nicht nur um Zinsen auf Gesellschafterdarlehen, sondern um alle Schuldzinsen, also insbesondere auch auf Bankdarlehen.3

2.1 Tatbestandsvoraussetzungen

„Zinsaufwendungen eines Betriebs sind abziehbar in Höhe des Zinsertrags, darüber hinaus nur bis zur Höhe von 30 Prozent des um die Zinsaufwendungen und um die nach

§ 6 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 2a Satz 2 und § 7 dieses Gesetzes abgesetzten Beträge erhöhten sowie um die Zinserträge verminderten maßgeblichen Gewinns.“

So lautet die Grundregel der Zinsschranke gemäß §4 h Abs.1 EStG, deren Tatbestandsmerkmale im folgenden kurz erläutert werden.

2.1.1 Betrieb

Trotz der zentralen Bedeutung des Betriebsbegriffs für die Zinsschrankenregelung wird dieser gesetzlich nicht eindeutig definiert. Es ist daher grundsätzlich vom allgemeinen Betriebsbegriff des Einkommensteuerrechts für Zwecke der Gewinnermittlung auszugehen.4 Ein Betrieb ist demnach eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht.5 Folglich fallen unter die Zinsschranke grundsätzlich alle gewerblichen Unternehmen, unabhängig von ihrer Rechtsform und Bilanzierungsart. Weiterhin gilt, dass sowohl Kapitalgesellschaften, als auch gewerblich tätige Personengesellschaften nur einen Betrieb unterhalten, während Einzelunternehmer mehrere selbständig geführte Betriebe haben können. Nicht von der Zinsschranke erfasst sind hingegen vermögensverwaltende Personengesellschaften, die keinen Betrieb unterhalten, da sie keine Gewinneinkünfte erzielen.6

2.1.2 Maßgeblicher Gewinn

Maßgeblicher Gewinn ist in § 4h Abs.3 Satz 1 EStG als steuerpflichtiger Gewinn definiert, der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes mit Ausnahme des

§ 4h Abs.1 EStG zu ermitteln ist. Es handelt sich hierbei um den steuerlichen und nicht handelsrechtlichen Gewinn vor Zinsergebnis und Abschreibungen. Vorgetragene Zinsüberschüsse der Vorjahre erhöhen im Vortragsjahr den maßgeblichen Gewinn nicht, da sie diesen im Vortragsjahr auch nicht gemindert haben (§ 4h Abs.1 Satz 3 EStG).7

2.1.3 Begriff der Zinsaufwendungen und -erträge

Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke sind nach § 4h Abs.3 Satz 2 EStG Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben. Zinserträge sind Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben (§ 4h Abs.3 Satz 3 EStG). Eine wichtige Einschränkung dabei ist, dass die Zinsschranke nur Erträge und Aufwendungen aus der vorübergehenden Überlassung von Geldkapital erfasst. Als typisches Beispiel hierfür nennt der Gesetzgeber die Gewährung oder Inanspruchnahme von Darlehen.8 Demnach gehören Vergütungen für Sachkapitalüberlassungen nicht zu den Zinsaufwendungen und -erträgen. Keine Zinsaufwendungen oder -erträge sind darüber hinaus auch Dividenden, Zinsen nach §§ 233 ff. AO sowie Skonti und Boni.9

2.3 Wirkungsweise der Zinsschranke

Entsprechend der Grundregel der Zinsschranke in § 4h Abs.1 Satz 1 EStG können Zinsaufwendungen zunächst nur bis zur Höhe der Zinseinnahmen des jeweiligen Betriebs desselben Wirtschaftsjahres unbeschränkt abgezogen werden. Darüber hinaus gehende Zinsaufwendungen (Netto-Zinsaufwendungen) dürfen das steuerliche EBITDA nur bis zu 30 Prozent mindern. Ausnahmeregelungen hiervon finden sich in § 4h Abs.2 EStG. So gibt es eine Freigrenze von 1 Million Euro, eine Konzernklausel sowie die sogenannte Escape-Klausel für Konzerne.10 Das steuerliche EBITDA ist zu unterscheiden von dem betriebswirtschaftlichen EBITDA, welches auf der Basis von Handelsbilanzzahlen erstellt wird. Beiden Größen liegt zwar das gleiche

Ermittlungsschema zugrunde, jedoch weichen die darin enthaltenen Größen voneinander ab. Das steuerliche EBITDA wird folgendermaßen ermittelt:11

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Ermittlung des steuerlichen EBITDA einer Personengesellschaft

(Quelle: Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) (2007), S.9-10)

Überschreitet der Zinsüberhang die 30 Prozent des EBITDA nicht, sind alle Schuldzinsen abzugsfähig. Darüber hinaus gehende Zinsaufwendungen sind nach

§ 4h Abs.1 Satz 2 EStG in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen und werden damit zum sogenannten Zinsvortrag. Ist bereits das EBITDA negativ, können überhaupt keine Zinsen abgezogen werden. Die vorgetragenen nicht abzugsfähigen Zinsaufwendungen vergrößern als Zinsvortrag die Zinsaufwendungen in den folgenden Wirtschaftsjahren. Für die Prüfung der 30 Prozent Grenze im Vortragsjahr bleiben diese vorgetragenen Zinsen jedoch unberücksichtigt.12 Der Zinsvortrag ist nach § 4h Abs.4

Satz 1 EStG gesondert festzustellen. Die Zuständigkeit für die gesonderte Feststellung fällt bei Personengesellschaften dem Finanzamt zu, das auch für die Feststellung von Gewinn und Verlust zuständig ist. Bei Kapitalgesellschaften und in anderen Fällen obliegt die gesonderte Feststellung dem für die Besteuerung zuständigen Finanzamt (§ 4h Abs.4 Satz 2 EStG).13

Mit dem Zinsvortrag wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass die nicht abzugsfähigen Zinsaufwendungen nicht verloren gehen, sondern lediglich in einen anderen Veranlagungszeitraum vorgetragen und später abgezogen werden können. Mit dieser Regelung sollte das geltende Nettoprinzip eingehalten werden. Dieses besagt, dass tatsächliche Kosten als Betriebsausgaben abziehbar sein müssen. Es ist jedoch fraglich, ob die vorgetragenen Zinsaufwendungen jemals geltend gemacht werden können. Sofern bei einem Betrieb keine der Ausnahmetatbestände von der Zinsschranke greift, kann der Zinsvortrag in den Folgejahren nur geltend gemacht werden, wenn sich das Verhältnis zwischen dem Zinsaufwand und dem Gewinn ändert. Dies kann durch einen signifikanten Anstieg des steuerlichen EBITDA und/oder durch eine signifikante Verringerung des Zinsaufwandes erreicht werden. Sind beide Ziele nicht zu verwirklichen, so ist davon auszugehen, dass sich der Zinsvortrag jedes Jahr aufs neue erhöht, statt sich zu verringern. Die Wahrscheinlichkeit einer Nutzung des Zins- vortrages verringert sich zusätzlich durch die Regelungen, dass bei einer Aufgabe oder Übertragung des Betriebs ein nicht verbrauchter Zinsvortrag gemäß § 4h Abs.5 Satz 1 EStG unter geht. Darüber hinaus geht beim Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer Gesellschaft, der Zinsvortrag nach § 4h Abs.5 Satz 2 EStG anteilig mit der Quote unter, mit der der ausgeschiedene Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt war.14

3. Ausnahmen von der Anwendung der Zinsschranke

Ausnahmeregelungen zur Anwendung der Zinsschranke sind in § 4h Abs.2 EStG geregelt. Unter den Ausnahmen der Freigrenze (Buchstabe a), der sogenannte Konzern- klausel (Buchstabe b) oder der Escape-Klausel (Buchstabe c) greift die Zinsschranke nicht, so dass es beim unbeschränkten Abzug der Zinsaufwendungen bleibt.15

3.1 Freigrenze

Die Regelungen der Zinsschranke i.S.d. § 4h Abs.1 Satz 2 EStG sind nach § 4h Abs.2 Satz 1 Buchstabe a EStG nicht anzuwenden, wenn der die Zinserträge übersteigende Zinsaufwand in einem Wirtschaftsjahr weniger als 1 Million Euro beträgt. In diesem Fall sind alle Zinsen in ihrer gesamten Höhe als Betreibsausgaben abzugsfähig. Die Freigrenze soll sicherstellen, dass kleine und mittlere Betriebe nicht von der Beschränkung der Zinsschranke betroffen sind.16 Zinsen, die in vorangegangen Jahren aufgrund der Zinsschranke nicht abzugsfähig waren und durch Zinsvortrag in die folgenden Wirtschaftsjahre übertragen wurden, sind bei der Berechnung der Freigrenze in den Folgejahren zu berücksichtigen. Übersteigt der Zinssaldo die Grenze in Höhe von einer Million Euro, erfasst die Zinsschranke den gesamten Betrag. Demnach handelt es sich um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag. Die Ausgestaltung der Regelung als Freigrenze ist kritisch zu sehen, da diese dazu führt, dass bereits ein geringes Überschreiten der Freigrenze erhebliche negative Auswirkungen für den Betrieb auslöst. Gerade im Hinblick auf das verfolgte Ziel des Gesetzgebers die kleinen und mittleren Betriebe von der Zinsschranke zu entlasten, wäre die Einführung eines Freibetrags sinnvoller gewesen. Die Grenze in Höhe von einer Million Euro wird oftmals als zu gering eingeschätzt. Denn vor allem ertragsschwache Betriebe, die mit geringem Eigenkapital und Cashflow ausgestattet sind, führen ihre Investitionen mit Fremdkapitalmitteln durch.17 Das gleiche gilt auch für Startup und Wachstumsunternehmen. Eine ungewollte Folge der neuen Steuerlast auf Zinskosten könnte demnach sein, dass manche Unternehmen ihre Investitionstätigkeit zu Lasten ihrer Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze kürzen.18

3.2 Fehlende Konzernzugehörigkeit

Unabhängig von einem Überschreiten der Freigrenze sind die Regelungen der Zinsschranke i.S.d. § 4h Abs.1 Satz 1 EStG nicht auf Betriebe anzuwenden, die nicht oder nur anteilsmäßig zu einem Konzern gehören (§ 4h Abs.2 Satz 1 Buchstabe b EStG). Damit bleiben die Zinsaufwendungen solcher Betriebe stets in voller Höhe abzugsfähig. Dies ist typischerweise der Fall für einen Einzelunternehmer, der keine weiteren Beteiligungen hält oder für eine Kapitalgesellschaft, die sich im Streubesitz befindet und ebenfalls keine weiteren Beteiligungen hält.19

Für die Anwendung der Ausnahmeregelung ist jedoch zunächst zu prüfen ob der Betrieb in einen Konzern eingebunden ist. Dazu soll nach dem Willen des Gesetzgebers ein erweiterter Konzernbegriff Anwendung finden. Der in § 4h Abs.2 EStG verwendete Konzernbegriff ist in § 4h Abs.3 Satz 5 und 6 EStG definiert. Gemäß § 4h Abs.3 Satz 5 EStG liegt ein Konzern vor, wenn ein Betrieb nach IFRS, HGB oder US-GAAP mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird oder werden könnte. Somit gehört ein Betrieb zum Konzern, falls nach den genannten Rechnungslegungsstandards tatsächlich ein Konzernabschluss erstellt wird, in dem der Betrieb enthalten ist. Der erweiterte Konzernbegriff stellt jedoch nicht darauf ab, ob tatsächlich ein Konzern- abschluss aufgestellt wird, sondern es genügt hierbei bereits die Möglichkeit der Einbeziehung des Betriebs in den Konzernabschluss. Der Gesetzgeber möchte mit der weiten Formulierung demnach den größtmöglichen Konsolidierungskreis erfassen, um Finanzierungsgestaltungen zu lasen des deutschen Steuersubstrats zu unterbinden.20 Der nach § 4h Abs.3 Satz 5 EStG geltende größtmögliche Konsolidierungskreis kann aufgrund des erweiterten Konzernbegriffs vom tatsächlichen Konsolidierungskreis entsprechend IAS/IFRS abweichen. Dies ist insbesondere denkbar, wenn aus Gründen der Wesentlichkeit auf eine Einbeziehung verzichtet wird (IAS 8.8 beziehungsweise § 296 Abs.2 HGB).21

Darüber hinaus ist nach § 4h Abs.3 Satz 6 EStG eine Konzernzugehörigkeit auch dann anzunehmen, wenn die Finanz- und Geschäftspolitik eines Betriebs mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann.22Mit dieser Regelung möchte der Gesetzgeber alle Betriebe erfassen, die gemäß den Vorschriften des IAS 27 beherrscht werden. Beherrschung i.S.d. IAS 27 ist gemäß IAS 27.4 „die Möglichkeit, die Finanz- und Geschäftspolitik eines Unternehmens zu bestimmen, um aus dessen Tätigkeit Nutzen zu ziehen.“ Ein Betrieb kann in der Regel nur durch einen einzelnen mittelbar oder unmittelbar beteiligten Anteilseigner oder Gesellschafter beherrscht werden. Durch § 4h Abs.3 Satz 6 EStG werden somit diejenigen Sachverhalte abgedeckt, bei denen der Anteilseigner mehrerer Gesellschaften die Finanz- und Geschäftspolitik der Betriebe entsprechend IAS 27 beherrschen kann und dadurch die Möglichkeit einer einheitlichen Bestimmung der Finanz- und Geschäftspolitik dieser Unternehmen erhält.23 Dementsprechend liegt ein Konzern auch dann vor, wenn eine natürliche Person ein Einzelunternehmen betreibt und gleichzeitig beherrschender Gesellschafter einer GmbH ist. Ein anderes Beispiel dafür ist, wenn eine natürliche

Person eine Beteiligung an zwei Kapitalgesellschaften hält, bei denen sie jeweils beherrschender Gesellschafter ist. Ebenfalls als Konzern im Sinne von § 4h Abs.3 Satz 6 ist die Struktur der GmbH & Co. KG anzusehen, wenn der mehrheitlich beteiligte Kommanditist einer Kommanditgesellschaft auch an der Komplementär-GmbH beherrschend beteiligt ist. Der beherrschende Gesellschafter kann somit in beiden

Unternehmen die Finanz- und Geschäftspolitik einheitlich durchsetzen.24

Nach § 4h Abs.2 Buchstabe b EStG sind auf Betriebe, die nur anteilmäßig in einen Konzernabschluss einbezogen werden, die Regelungen der Zinsschranke nicht anzuwenden. Diese Regelung betrifft vor allem gemeinschaftlich geführte Unternehmen nach § 310 HGB oder vergleichbare Unternehmen, die nach anderen zur Anwendung kommenden Rechnungslegungsstandards nur anteilmäßig in den Konzernabschluss einbezogen werden dürfen. Dies gilt jedoch nur, sofern sie nicht von einem einzelnen Rechtsträger beherrscht werden. Die Gesetzesbegründung nennt in diesem Zusammenhang beispielhaft PPP-Projektgesellschaften als nicht zu einem Konzern zugehörig. Jedoch auch hier nur unter der Voraussetzung, dass keine Beherrschung eines Rechtsträgers im Sinne von § 4h Abs.3 Satz 6 EStG anzunehmen ist. Gleiches gilt auch für Verbriefungszweckgesellschaften im Rahmen der Asset Backed Securities Gestaltungen.25

3.3 Escape-Klausel

Sofern die Freigrenze überschritten wird und ein Konzern vorliegt, bleibt als letzte Ausnahme von der Zinsschranke die sogenannte Escape-Klausel. Die Regelungen zur Zinsschranke sind nach § 4h Abs.2 Satz 1 Buchstabe c EStG nicht anzuwenden, wenn die Eigenkapitalquote des Betriebs nachweislich nicht um mehr als einen Prozentpunkt unter der des Gesamtkonzerns liegt. Bedenklich dabei ist jedoch, dass der Gesetzgeber unterstellt, dass eine missbräuchliche Fremdfinanzierung der Konzerngesellschaft nur dann nicht vorliegt, wenn die Eigenkapitalsituation des einzelnen Betriebs der des Gesamtkonzerns entspricht. Dabei wird verkannt, dass gerade deutsche Unternehmen zum Beispiel hohe Pensionsverpflichtungen aufweisen, die das Eigenkapital mindern, die bei vielen ausländischen Unternehmen jedoch nicht in der Art und Höhe auftreten.26 Nach § 4h Abs.2 Satz 1 Buchstabe c Satz 3 EStG ist die Eigenkapitalquote definiert als

„das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme; sie bemisst sich nach dem Konzernabschluss, der den Betrieb umfasst, und ist für den Betrieb auf der Grundlage des Jahresabschlusses oder Einzelabschlusses zu ermitteln“.27

Nach der Gesetzesbegründung ist die Eigenkapitalquote wie folgt zu ermitteln:28

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Ermittlung der Eigenkapitalquote

(Quelle: Eigene Darstellung)

Im Rahmen des Eigenkapitalvergleichs sind somit Eigenkapitalquoten für den von der Zinsschranke betroffenen Betrieb und für den Konzern, zu welchem der Betrieb gehört, zu ermitteln und gegenüberzustellen. Mittels des Eigenkapitalvergleichs sollen Unternehmen von der Anwendung der Zinsschranke ausgenommen werden, die nachweisen können, dass die Finanzierungsstruktur des Betriebs für den Konzern typisch ist und es sich somit nicht um eine Gestaltung handelt, die nur der Senkung der

Steuerbelastung in Deutschland dient.29 Da es sich bei der Escape-Klausel um eine Ausnahme von der Zinsschranke handelt, liegt die Nachweispflicht beim Steuerpflichtigen. Nach der Gesetzesbegründung soll der Nachweis einer gleich hohen oder höheren Eigenkapitalquote nur dann erbracht sein, wenn die Abschlüsse des Betriebs und des Konzerns in deutscher Sprache oder in einer beglaubigten Übersetzung vorgelegt werden und der Konzernabschluss durch einen Abschlussprüfer testiert ist.30 Um eine Vergleichbarkeit der Eigenkapitalquote des Konzerns sowie des Betriebs zu erhalten, muss der Eigenkapitalvergleich auf Basis einheitlicher Rechnungslegungs- standards durchgeführt werden. Gemäß § 4h Abs.2 Satz 1 Buchstabe c Satz 8 EStG ist der Eigenkapitaltest grundsätzlich nach IFRS durchzuführen. Lediglich wenn kein Konzernabschluss nach IFRS aufzustellen ist und auch in den letzten fünf Wirtschaftsjahren kein IFRS-Konzernabschluss erstellt wurde, können die Eigenkapitalquoten nach HGB oder dem Handelsrecht eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union ermittelt werden. Besteht auch nach dem Handelsrecht eines anderen Mitgliedstaates keine Pflicht zur Erstellung und Offenlegung eines Konzernabschlusses, jedoch nach US-GAAP, so ist der nach dem US-GAAP erstellte Konzernabschluss maßgeblich. Andere Rechnungslegungsstandards sind nicht zugelassen.31

Wurde der Abschluss des Betriebs nach einem anderen Rechnungslegungsstandard als der Konzernabschluss erstellt, so ist der Einzelabschluss des Betriebs im Rahmen einer Überleitungsrechnung an die Rechnungslegungsstandards des Konzernabschlusses anzupassen (§ 4h Abs.2 Satz 1 Buchstabe c Satz 11 EStG). Die Überleitungsrechnung ist einer prüferischen Durchsicht zu unterziehen (§ 4h Abs.2 Satz 1 Buchstabe c Satz 12 EStG), welche nach den Grundsätzen des Prüfungsstandards IDW PS 900 zu erfolgen hat. Auf verlangen der Finanzbehörde ist der Abschluss oder die Überleitungsrechnung des Betriebs durch einen Abschlussprüfer, welcher die Voraussetzungen des § 319 HGB erfüllt, zu prüfen. Ist ein dem Eigenkapitalvergleich zugrunde gelegter Abschluss unrichtig und führt dies zu einer Erhöhung des Zinsabzugs, so ist gemäß § 4h Abs.2 Satz 1 Buchstabe c Satz 14 EStG ein Strafzuschlag entsprechend § 162 Abs.4 Satz 1 und 2 AO festzusetzen. Dieser beträgt mindestens 5000 Euro, falls nicht ein höherer Zuschlag festgesetzt wird.32 Um das Eigenkapital des Konzerns mit dem eines dem Konzern zugehörigen Betriebs vergleichen zu können, sind gemäß § 4h Abs.2 Satz 1

Buchstabe c Satz 5ff. EStG eine Reihe von Kürzungen und Hinzurechnungen durchzuführen. Hieraus lässt sich das folgende vereinfachte Ermittlungsschema zur Ermittlung des maßgeblichen Eigenkapitals des Betriebs herleiten.33

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Eigenkapital-Ermittlungsschema

(Quelle: Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) (2007), S.14-15)

Um die Eigenkapitalquote des Betriebs nach Abbildung 3 zu erhalten ist das ermittelte maßgebliche Eigenkapital in das Verhältnis zu der entsprechend korrigierten Bilanzsumme zu setzen.

Die Escape-Klausel sollte im Sinne des Gesetzgebers eine weitere Ausnahme für die Anwendung der Zinsschranke bilden. Es ist jedoch fraglich, ob Unternehmen von diesem Ausnahmetatbestand Gebrauch machen werden. Denn die Inanspruchnahme der Escape-Klausel ist mit Aufwendungen in vertretbarem Umfang gar nicht möglich. So fordert der Gesetzgeber bei Abschlüssen des Betriebs und des Konzerns nach unter- schiedlichen Rechnungslegungsstandards die Erstellung von Überleitungsrechnungen, die für Unternehmen zu hohen Aufwendungen bei der Ermittlung der Eigenkapitalquote führt. Darüber hinaus kann es teilweise vorkommen, dass Unternehmen einzig für steuerliche Zwecke einen Konzernabschluss aufstellen müssten, um die Escape-Klausel in Anspruch nehmen zu können Dies wäre mit unzumutbarem Aufwand verbunden, zumal der damit bezweckte Erfolg für Unternehmen auch noch ungewiss ist.34

4. Besonderheiten bei Körperschaften

Grundsätzlich sind die Regelungen zur Zinsschranke in § 4h EStG in Verbindung mit

§ 8 Abs.1 KStG auch für Körperschaften anzuwenden. Jedoch tritt für Körperschaften an die Stelle des maßgeblichen Gewinns das nach den Vorschriften des EStG und des

KStG mit Ausnahme der §§ 4h und 10d EStG und § 9Abs.1 Nr.2 KStG ermittelte Einkommen. Das steuerliche EBITDA einer Körperschaft wird durch verdeckte Gewinnausschüttungen und Spenden erhöht und durch Dividenden und Veräußerungs- gewinne gemindert, soweit diese nach § 8b KStG steuerfrei sind. Das Einkommen wird demnach wie folgt ermittelt:35

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Ermittlung des steuerlichen EBITDA einer Körperschaft

(Quelle: Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) (2007), S.10)

Nicht konzernangehörige Betriebe sind gemäß § 4h Abs.2 Satz 1 Buchstabe b EStG von der Zinsschranke ausgenommen. Für Körperschaften ist die Ausnahme jedoch zusätzlich eingeschränkt. So findet auf Kapitalgesellschaften der unbeschränkte Zinsabzug nach der Konzernklausel nur dann Anwendung, wenn keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt. Dies ist der Fall, wenn die Körperschaft nachweist, dass nicht mehr als 10 Prozent der Nettozinsaufwendungen der Körperschaft an wesentlich beteiligte Anteilseigner, diesen nahe stehende Personen oder an rückgriffsberechtigte Dritte gewährt werden (§ 8a Abs.2 KStG).36

Für Konzernzugehörige Körperschaften, deren Eigenkapitalquote höchstens zu einem Prozentpunkt von der des Konzerns abweicht, ist die Anwendung der Escape-Klausel nur dann möglich, wenn sie nachweisen kann, dass konzernweit keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung im Sinne von § 8a Abs.3 KStG vorliegt. Die schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung führt somit zur Anwendung der Zinsschranke auf alle Konzerngesellschaften.37

5. Zusammenfassendes Prüfungsschema

Aus den bisherigen Ausführungen lässt sich folgendes zusammenfassendes Prüfungsschema zur Zinsschranke erstellen. Anhand des Schaubilds lassen sich bereits erste Ansatzpunkte für die Steuerplanung und -gestaltung erkennen, auf die im nächsten

Kapitel näher eingegangen wird. Es handelt es sich dabei im Wesentlichen um eine Verbesserung des Zinssaldos, Gestaltung des steuerlichen EBITDA und der Verbesserung der Eigenkapitalquote des Betriebs.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nettozinsaufwand bis 30% des EBITDA abziehbar, darüber hinaus nur vortragsfähig

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5 Schaubild zur Prüfung der Zinsschranke

[...]


1 Vgl. Blumenberg, J./Lechner, F. (2007), S. 107-108

2 Vgl. Stangl, I./Hageböke, J. (2007), S. 449

3 Vgl. Bundesfinanzakademie (Hrsg.) (2007), S. 30-31

4 Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2007 b), S. 1

5 Vgl. Borrosch, F./Walkenhorst, R. (2007), S. 343

6 Vgl. PricewaterhouseCoopers AG (Hrsg.) (2007), S. 82-84

7 Vgl. Blumenberg, J./Lechner, F. (2007), S. 115-116

8 Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2007 a), S. 49

9 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) (2007), S. 3-5

11 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) (2007), S. 9-10

12 Vgl. Dörr, I./Geibel, S./Fehling, D. (2007), S. 3

14 Vgl. Hey, J. (2007), S. 1303-1304

15 Vgl. Homburg, S. (2007 a), S. 3

16 Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2007 a), S. 48

17 Vgl. Dörr, I./Geibel, S./Fehling, D. (2007), S. 9

18 Vgl. Wirtz, U. (2008), S. 3

19 Vgl. Stangl, I./Hageböke, J. (2007), S. 468

20 Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2007 a), S. 50

21 Vgl. Blumenberg, J./Lechner, F. (2007), S. 135

22 Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2007 a), S. 50

23 Vgl. Köster, O. (2007), S. 2278-2279

25 Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2007 a), S. 50

26 Vgl. Köhler, S. (2007), S. 600

27 Vgl. PricewaterhouseCoopers AG (Hrsg.) (2007), S. 102-103

29 Vgl. PricewaterhouseCoopers AG (Hrsg.) (2007), S. 102-103

30 Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2007 a), S. 49

31 Vgl. Blumenberg, J./Lechner, F. (2007), S. 153; Bundesfinanzakademie (Hrsg.) (2007), S. 34-35

33 Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2007 a), S. 49

34 Vgl. Kussmaul, H. et al. (2008), S. 140

35 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) (2007), S. 10

36 Vgl. Glutsch, S./Otte, I./Schult, B. (2008), S. 186-187

37 Vgl. Glutsch, S./Otte, I./Schult, B. (2008), S. 188-189

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Unternehmensteuerreform 2008
Untertitel
Zinsschranke gem. §4h
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
23
Katalognummer
V114103
ISBN (eBook)
9783640151967
ISBN (Buch)
9783640154289
Dateigröße
508 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unternehmensteuerreform
Arbeit zitieren
Eugen Hörz (Autor:in), 2008, Unternehmensteuerreform 2008, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114103

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