Der American Dream im Film "Forrest Gump". Schlüsselkonzepte der US-amerikanischen Kultur (11. Klasse Englisch)


Bachelor Thesis, 2019

38 Pages, Grade: 2,0


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zur Filmdidaktik
2.1 Vorteile und Chancen von Filmen im Fremdsprachenunterricht
2.2 Literarische, dramatische und cineastische Aspekte
2.3 Verfahren der Filmbetrachtung und -behandlung

3. Ein kulturelles Phänomen: Der American Dream
3.1 Der Beginn des Traums
3.2 Der Traum vom individuellen Erfolg
3.3 Benjamin Franklin und der self-made man
3.4 Der American Dream als ,Grundrecht‘

4. Sachanalyse

5. Drei Unterrichtsentwürfe zum American Dream in Forrest Gump
5.1 Forrest Gump als wise fool
5.1.1 Lernziele
5.1.2 Legitimierung der Lernziele
5.1.3 Lehr- und Lernvoraussetzungen
5.1.4 Methodisch-didaktische Analyse
5.2 Jenny und der geplatzte Traum
5.2.1 Lernziele
5.2.2 Legitimierung der Lernziele
5.2.3 Lehr- und Lernvoraussetzungen
5.2.4 Methodisch-didaktische Analyse
5.3 Szenenanalyse: Dear God, Make Me a Bird
5.3.1 Lernziele
5.3.2 Legitimierung der Lernziele
5.3.3 Lehr- und Lernvoraussetzungen
5.3.4 Methodisch-didaktische Analyse

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

Anhang

Anhang 4 - 9 wurden aus urheberrechtlichen Gründen von der Redaktion entfernt

1. Einleitung

„Life is like a box of chocolates: You never know what you’re gonna get“ (Zemeckis 1994: TC 00:03:36). Dieses Zitat ist eine von vielen ,Weisheiten‘, die der titelgebende Protagonist aus dem Film Forrest Gump während seiner Erzählung immer wieder er­wähnt. Gleichzeitig kann es wohl auch als das Zitat bezeichnet werden, das seit dem Er­scheinungsjahr 1994 am stärksten Einzug in die US-amerikanische Popkultur gehalten hat - wahrscheinlich, weil es die kindliche Naivität und die unverdorbene Sichtweise des Helden auf sein Umfeld und die Welt im Allgemeinen am ehesten widerspiegelt. Dabei wird allerdings oft übersehen, dass es insgeheim den zentralen Mythos der US-Kultur, auf den in der Filmhandlung fortlaufend Bezug genommen wird, mit einer sehr ironischen und fast schon zynischen Haltung unterminiert. Die Rede ist vom sogenannten American Dream. Allgemeingefasst handelt es sich hierbei um die in den USA vorherrschende Vor­stellung, dass jeder Bürger seine Lebensträume und beruflichen Wünsche durch harte Ar­beit und den steten Glauben an sich selbst erreichen kann, vollkommen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Glaube oder sonstigen persönlichen Eigenschaften. Besonders die Ausgangslage in Armut, die sich schließlich in ein späteres Leben in Reichtum verwan­delt, entspricht dem Prototyp des realisierten amerikanischen Traums und ist entspre­chend in die weit verbreitete Trope From rags to riches (dt. vom Tellerwäscher zum Mil­lionär) gemündet.

Viele Elemente aus diesem Mythos lassen sich auch tatsächlich auf Forrest Gump übertragen. Schließlich lebt die Hauptfigur Forrest zu Beginn in relativ einfachen Ver­hältnissen mit seiner alleinerziehenden Mutter. Mit der Zeit gelingt es ihm, die soziale Leiter hochzusteigen, indem er nicht nur hart arbeitet, immer mehr Geld verdient, ein Shrimp-Business eröffnet und sogar in das Anfang der 1980er Jahre neuartige Unterneh­men Apple investiert, sondern auch durch die gesellschaftliche Würdigung, die er immer wieder erfährt, wie beispielsweise durch die Präsidenten John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson (vgl. TC 01:02:55). Selbst zu nationalem Ruhm schafft es Forrest, etwa wenn er durch sein außergewöhnliches Talent für Tischtennis oder durch seinen wochenlangen Lauf durch die verschiedensten US-amerikanischen Bundesstaaten für Schlagzeilen in Zeitung und Fernsehen sorgt. Und dennoch lässt er sich nicht als Paradebeispiel des Ame­rican Dream bezeichnen, da er zu keinem Zeitpunkt den Wunsch nach Erfolg oder Geld äußert, sondern im Gegenteil immer äußere Faktoren zu seinem erfolgreichen Leben füh­ren. Genau wie bei der Wahl der nächsten Praline aus dem eingangs erwähnten Zitat lässt sich Forrest immer vom nächsten Ereignis in seinem Leben überraschen, anstatt selbst aktiv an ein eigens gesetztes Ziel zu gelangen - wie es dem Sinne des American Dream eigentlich entsprechen würde.

Gerade durch diese unkonventionelle Art und Weise, den American Dream darzu­stellen, bietet dieser Film einen interessanten Gegenstand für den englischen Fremdspra­chenunterricht. Der Mythos kann anhand des Films vertieft behandelt und diskutiert wer­den, sodass ihn die Schülerinnen und Schüler aus mehreren Blickwinkeln betrachten und folglich eigene Positionen entwickeln können. Ziel der hier vorliegenden Arbeit soll es sein, drei unterschiedliche Unterrichtsentwürfe vorzustellen, in denen der American Dream mithilfe des Films Forrest Gump aus einer kritischen Sichtweise beleuchtet wird. Um dies zu erreichen, ist die Arbeit in zwei Abschnitte unterteilt. Der erste Abschnitt befasst sich mit dem theoretischen Hintergrundwissen zu den hier relevanten Hauptas­pekten. Zunächst wird die Theorie der Filmdidaktik vorgestellt, um die Vorgänge und Entscheidungen in den später ausgeführten Unterrichtsentwürfen leichter nachvollziehen zu können. Anschließend wird der American Dream detailliert dargestellt. Dies geschieht in einer chronologischen Art und Weise, bei der mehrere Beispiele aus der Primärliteratur herangezogen und anhand dessen die Charakteristika des American Dream beleuchtet werden, sodass auch die historische und gesellschaftliche Entwicklung dieses Mythos sichtbar wird.

Der zweite Abschnitt beginnt mit einer kurzen Sachanalyse, die die widersprüchli­che Darstellung des American Dream in Forrest Gump thematisiert. Die darin dargeleg­ten Thesen und Inhalte werden anschließend in drei Unterrichtsentwürfen verarbeitet. Je­der Unterrichtsentwurf beginnt zunächst mit den jeweils angestrebten Lernzielen, die sich aus einem Hauptlernziel und fünf bzw. sechs Feinlernzielen zusammensetzen. Danach werden diese Lernziele an den Maßstäben des rheinland-pfälzischen Lehrplans sowie der deutschen Bildungsstandards gemessen und dadurch legitimiert. Es folgen die Lehr- und Lernvoraussetzungen, die für die jeweilige Stunde gelten, und eine Analyse der metho­disch-didaktischen Entscheidungen. In letzterer werden drei bis vier Merkmale guten Un­terrichts integriert, so wie sie von Hilbert Meyer formuliert wurden, und es wird erläutert, inwiefern sie den zuvor genannten Voraussetzungen genügen. Für ein besseres Verständ­nis all dieser Erläuterungen ist es zudem wichtig, zunächst den jeweiligen Verlaufsplan der Stunde zu sichten (s. Anhang 1-3). Im Anhang befinden sich auch alle verwendeten Materialien und Arbeitsblätter. Außerdem sei noch erwähnt, dass die vorgestellten Stun­den nicht unbedingt direkt hintereinander, aber dennoch in dieser Reihenfolge gehalten werden sollten, da sie inhaltlich aufeinander aufbauen.

2. Zur Filmdidaktik

2.1 Vorteile und Chancen von Filmen im Fremdsprachenunterricht

Der wohl größte Vorteil, den der Einsatz von Filmen im Fremdsprachenunterricht mit sich bringt, ist der unbestreitbare Anstieg der Motivation unter den Schülerinnen und Schülern (nachfolgend der Einfachheit halber SuS genannt) für das Fach, die gelehrte Sprache und die vermittelte Kultur (vgl. Gast et al. 1987: 276). Aktuellen Zahlen des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) zufolge ha­ben im Jahr 2018 nur etwa ein Drittel der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren mehr­mals wöchentlich ihre Freizeit mit Lesen verbracht, während knapp zwei Drittel von ihnen Streaming-Dienste konsumiert und über 70 Prozent von ihnen den Fernseher ge­nutzt haben (vgl. vom Orde/Durner 2019: 8). Vermehrt mit Filmen im Unterricht zu ar­beiten kommt folglich den Interessen der SuS entgegen und ist dem von Lehrpersonen häufig artikulierten Ziel, die Lebenswelt der SuS in den Unterricht zu integrieren, nur zuträglich. Gerade dadurch, dass die Jugendlichen über eine immer stärker ausgeprägte Medienkompetenz verfügen, können sie leicht ihre Erfahrungen in den Unterricht ein­bringen und werden dadurch eher dazu angeregt, sich aktiv zu beteiligen. Daher sollten Lehrerinnen und Lehrer unbedingt darauf achten, in ihrem Unterricht nicht die immer gleichen Textsorten zu behandeln, sondern auch die Textsorten zu berücksichtigen, die für die SuS medial attraktiver sind (vgl. Nünning/Surkamp 2006: 246).

Ein weiterer Grund, weshalb ein Film die Aufmerksamkeit der SuS eher erreichen kann als beispielsweise ein Roman, ist die Tatsache, dass Lernende durch die „Visuali­sierung von Geschehensabläufen im Film [...] in der Regel stärker als beim Lesen eines Buches zu emotionalen Reaktionen und persönlichen Stellungnahmen in Bezug auf die dargestellte Geschichte herausgefordert [werden]“ (ebd.: 247; vgl. auch Schwerdtfeger 1989: 24). Als gewinnbringende Konsequenzen ergeben sich daraus zahlreiche Sprech- und Schreibanlässe, die aufgrund desselben Wissensstandes aller SuS nach der gemein­samen Betrachtung des Films viel Potenzial für Diskussionen liefern.

Des Weiteren verfügen Filme über eine Qualität, die Engelbert Thaler als „authentic material“ (vgl. 2008: 174) bezeichnet. Zum einen kann das auf den dargestellten Inhalt bezogen werden, denn laut Nünning und Surkamp liefern audiovisuelle Texte „wichtige Einblicke in die Kultur englischsprachiger Länder“ (vgl. 2006: 245). Zum anderen kann auch die Sprache in den Filmen als authentisch bezeichnet werden. Zwar sind die Dialoge vorgefertigt und werden von den Darstellern in der Regel ohne Improvisation vorgetra­gen, aber - vorausgesetzt die auftretenden Schauspieler beherrschen ihre Kunst - die Gespräche könnten tatsächlich genau so in einer alltäglichen Situation eines anglophonen Landes gehört werden. Die Zielsprache wird damit kontextualisiert und erleichtert den SuS den Zugang zum Englischen durch die Schließung eventueller Verständnislücken (vgl. ebd.: 246). Die Vortragsweise der Darsteller wirkt nicht gestellt, beinhaltet auch ab und an Pausen, und lässt die Emotionen der Figuren glaubhaft und realitätsnah zum Vor­schein kommen. Das Problem an den (herkömmlichen) Lehrwerken ist laut Inge Schwerdtfeger, dass die darin befindlichen, auf Band gesprochenen Texte eben diese Qualitäten vermissen lassen:

Die Personen, die in herkömmlichen Lehrmaterialien sprechen, sind ,gelähmt‘. Die Umwelt ist starr und tonlos. Redewendungen, Beschreibungsvorkabeln für Gestik, Mimik, Körpersprache, Raum­nutzung, Bewegungsabläufe und Geräusche finden sich im sog. ,Grundwortschatz‘ nie. Das Einbe­ziehen von Filmen in den Fremdsprachenunterricht bietet die Möglichkeit, die Lücken im Sprach­verständnis des bisherigen Lehrmaterials zu schließen. (1989: 26)

Dabei bezieht sie sich besonders auf das sogenannte Hör-Sehverstehen, das im Unterricht eine Output-Funktion übernimmt. Die SuS können sich an den Akteuren orientieren, auf deren Sprechweise achten und vor allem erleben, wie Muttersprachler in der für sie frem­den Sprache reden, sodass sie am Ende idealerweise etwas in ihre eigene Sprechweise übernehmen.

An diesem Punkt zeigt sich bereits eine spezifische Teilkompetenz der sogenannten film literacy, die Gabriele Blell und Christiane Lütge als interkulturelle Kompetenz ver­stehen (vgl. 2004: 404). Darin geht es um die Sensibilisierung der SuS für Umgangsfor­men und kulturelle Eigenschaften in dem Land bzw. den Ländern der Zielsprache, sodass eine „Erweiterung des kulturellen Horizonts“ sowie eine „Entwicklung der Reflexionsfä­higkeit“ (vgl. ebd.) bezüglich der eigenen und der fremden Kultur erreicht werden kön­nen. Eine weitere Teilkompetenz der Filmkompetenz ist die filmästhetische und -kritische Kompetenz (vgl. ebd.), deren Fokus stark auf der /traditionellen’ Filmanalyse liegt. Die SuS sollen demnach die verschiedenen Darstellungsverfahren eines Films identifizieren, beschreiben und analysieren können, sodass ihnen ein „selbstständige[r] Umgang mit au­diovisuellen Medien“ (Nünning/Surkamp 2006: 250) ermöglicht wird.

2.2 Literarische, dramatische und cineastische Aspekte

Da Filme aus vielen verschiedenen Arbeitsbereichen zusammengesetzt sind und diese ganzen Facetten den Film erst zu einem Gesamtwerk werden lassen, gibt es bei der Be­handlung und Analyse eines Films im Fremdsprachenunterricht natürlich ebenso viele Aspekte, auf die man eingehen kann. Diese Aspekte haben Alan Teasley und Ann Wilder in drei unterschiedliche Kategorien eingeordnet, die sie literary aspects, dramatic aspects und cinematic aspects nennen.

Die literary aspects beziehen sich überwiegend auf den inhaltlichen Teil eines Films. Das bedeutet, dass der Fokus auf die Handlung und die darin agierenden Figuren gelegt wird (vgl. Teasley/Wilder 1997: 15). Bezüglich der Handlung kann zum Beispiel der Spannungsverlauf des Plots sowohl zeichnerisch als auch beschreibend veranschau­licht werden. Die Figuren können charakterisiert werden, ihre Intentionen im Laufe der Handlung können herausgearbeitet werden, und auch die Beziehungen der verschiedenen Charaktere untereinander bilden einen wichtigen Untersuchungspunkt. Ferner nennen Teasley und Wilder themes, images, representation of space and time und point of view als Komponenten der literarischen Analyse eines Films (vgl. ebd.).

Als dramatische Aspekte eines Films bezeichnen sie hingegen unter anderem die nonverbalen Anteile der Schauspielleistungen, worunter die Gestik, die Mimik und die allgemeine Körpersprache fallen (vgl. ebd.: 18). Außerdem kann auf die Arbeiten der Szenenbildner, Maskenbildner und Kostümdesigner eingegangen werden, besonders wenn sie ungewöhnlich eingesetzt werden oder den Inhalt bzw. Handlungsverlauf auf besondere Weise unterstützen. Dasselbe gilt für „die Ausstattung des Schauplatzes (set) und die Requisiten (props)“ (Nünning/Surkamp 2006: 252).

Zu guter Letzt beziehen sich die cinematic aspects auf die Qualitäten eines Films, die ihn erst zu diesem einzigartigen Medium werden lassen. Darunter fallen der Schnitt (sowohl Bild- als auch Tonschnitt), die Kameraarbeit, der Einsatz von Musik sowie et­waige Spezialeffekte (vgl. Teasley/Wilder 1997: 24). Gerade bei diesen Aspekten ist es wichtig, die SuS zuallererst mit dem nötigen Fachvokabular auszustatten (vgl. Lütge 2012: 19), da es in seiner Fülle nicht in den Lehrwerken präsentiert wird und vor allem nicht angenommen werden kann, dass die SuS es sich interessenbedingt außerschulisch angeeignet haben. Dies betrifft Termini, die sich auf die Kameraeinstellungen (zum Bei­spiel field sizes, point of view, camera angles, camera movement und camera speed) so­wie die verschiedenen Möglichkeiten der Montage (zum Beispiel fade-out, dissolve, shot, sequence, flashback und flash-forward) beziehen (vgl. Nünning/Surkamp 2006: 253­256). Der Einsatz dieses sehr spezifischen Vokabulars hat dabei zwei besondere Vorteile. Einerseits kann sich das erneut sehr positiv auf die Motivation der SuS auswirken, da sie hier ihr Wissen zu einem für sie (größtenteils) interessanten und relevanten Thema erwei­tern können. Andererseits wird ihnen vor Augen geführt, auf wie viele verschiedene As­pekte man bei der Gattung des Films achten kann, sodass ihre überwiegend passive bzw. oberflächliche Konsumierung von Filmen während der Freizeit zu einem aktiveren Pro­zess wird.

Studying film language makes explicit the techniques for telling a story visually, heightens students’ appreciation for the art of film, and increases their awareness of how subtle cues can shade meaning. (Teasley/Wilder 1997: 26)

Dieser Punkt schließt unmittelbar an eine weitere Teilkompetenz der film literacy, die Blell und Lütge artikuliert haben, nämlich die Wahrnehmungskompetenz (vgl. 2004: 404). Die SuS sollen lernen, inwiefern die Darstellungsmöglichkeiten eines Films dessen Inhalt präsentieren bzw. unterstützen und dadurch die Zuschauerreaktion beeinflussen und manipulieren können. Dies schafft bei den Lernenden ein neues Bewusstsein über filmische Mittel und regt sie zu einer kritisch(er)en Auseinandersetzung mit diesem Me­dium an. Nünning und Surkamp sprechen hier vom sogenannten filmspezifischen Wir- kungs- und Funktionspotenzial (vgl. 2006: 250). Als eines der prominentesten filmischen Mittel nennen sie in diesem Zusammenhang beispielhaft die musikalische Untermalung:

Gerade Instrumentalmusik, mit der Handlungsabschnitte oder auch Landschaftsaufnahmen oft un­terlegt werden, wird mitunter von den Zuschauern nicht bewusst wahrgenommen, beeinflusst aber trotzdem die Wirkung des Films. Um die Lernenden für das Wirkungspotenzial von Musik im Film zu sensibilisieren, kann es sich deshalb als hilfreich erweisen, die optisch-akustische Einheit von Bild und Ton ,künstlich’ zu trennen und Teile des Soundtracks isoliert vorzuspielen. (ebd.: 260)

Dies könne die Gelegenheit bieten, vor der Betrachtung des Films Vermutungen über dessen Inhalt anzustellen. Eine andere Möglichkeit wäre es, in der umgekehrten Richtung zuerst eine bisher unbekannte Szene des Films ohne Ton zu zeigen (wobei diese Szene idealerweise mit wenig bis überhaupt keinem Text auskommt) und anschließend die SuS die für sie passend wirkende Musik beschreiben zu lassen.

2.3 Verfahren der Filmbetrachtung und -behandlung

An diesem Punkt wird besonders deutlich, wie wichtig es ist, bei der vorherigen Planung der gesamten Unterrichtseinheit die Art und Weise festzulegen, wie man den Film der Klasse eigentlich zeigen möchte. Schließlich könnte man die gerade erwähnten mögli­chen Aufgaben zur Musikuntermalung nicht mehr durchführen, wenn man ganz zu Be­ginn der Reihe bereits den gesamten Film mit der Klasse gesichtet hat und die SuS des­halb nicht mehr unvoreingenommen an die betroffene Szene herangehen könnten. Inso­fern sollte man bei der Planung der Unterrichtsstunden die verschiedenen Verfahren im Hinterkopf behalten, die man folgendermaßen identifizieren kann. Beim Blockverfahren wird der Film entweder vollständig von Anfang bis Ende in einem Stück gezeigt, oder die Lehrperson unterteilt den Film in zwei bis drei Blöcke, die jeweils am Stück nachei­nander vorgeführt werden (vgl. Thaler 2007: 9). Beim Intervall- oder sequenziellen Ver­fahren wird der Film in mehrere kleine Sequenzen gegliedert, die jeweils einen bestimm­ten Teil der Handlung beinhalten und der Gesamthandlung entsprechend in chronologi­scher Reihenfolge betrachtet werden. Der Vorteil hierbei ist, dass man sich „die Neugier der Schüler auf den Ausgang des Films im Unterricht zu Nutze machen [kann]“ (Nieweler 2006: 226). Das Sandwichverfahren sieht in der Regel nicht vor, den Film im Ganzen zu betrachten. Vielmehr geht es dabei darum, einzelne Szenen vorzuspielen und ergänzend schriftliche Texte zu behandeln, wie beispielsweise Drehbuchpassagen oder Kapitel aus der adaptierten Vorlage. Ähnlich dem Belegen eines Sandwichs geschieht dies immer abwechselnd. Während bei diesem Verfahren die Möglichkeit des Überspringens irrele­vanter Szenen von Vorteil ist, kann bei den SuS diese fehlende Kontinuität unter Umstän­den irritierend wirken (vgl. Thaler 2008: 176).

Für welches Vorführungsverfahren man sich als Lehrperson auch immer entschei­det, so gilt für sie alle, dass die Lernenden bei der Sichtung des Films stets einen Arbeits­auftrag haben. Es darf zu keinem Zeitpunkt der Eindruck entstehen, die SuS müssten sich nicht wirklich auf den Film konzentrieren, da sie sowieso nichts Konkretes leisten müssen - sonst läuft man Gefahr, sie in ihrer bereits erwähnten eher passiven Konsumierung von Filmen in ihrer Freizeit zu bekräftigen (vgl. Nünning/Surkamp 2006: 266). Dabei bieten sich ganz verschiedene Aufgabentypen an, die entsprechend vor, während oder nach der Betrachtung des Films eingesetzt werden können.

Als pre-viewing activities bietet es sich beispielsweise an, die SuS Vermutungen zum Inhalt des Films anstellen zu lassen, ausgehend vom Filmtitel, Kinoplakat, dem Screenshot einer hervorstechenden Szene, einem Filmzitat oder einer Filmkritik (vgl. Nieweler 2006: 229). Auch die Erstellung eines Assoziogramms zu einem zentralen Be­griff des Films ist denkbar. Mögliche while-viewing activities wären dagegen das Heraus­arbeiten der Figuren und deren Persönlichkeitsmerkmale, die Bestimmung des Settings, Multiple-Choice-Aufgaben zur Handlung oder ein Lückentext, bei dem der im Film ge­sprochene Dialog vervollständigt werden muss (vgl. ebd.: 230). Als post-viewing activi­ties kommen alle Übungsformate in Frage, die man auch bei anderen Textsorten verwen­den kann (vgl. ebd.), so zum Beispiel die Charakterisierung einer Figur oder eine Dialo­ganalyse. Allerdings sollte man hier nicht nur rein analytische Aufgaben behandeln, da sonst, wie Nünning und Surkamp anführen, „die kognitiven Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler einseitig auf Kosten affektiver Lernziele beansprucht werden“ (2006: 266).

Um dem entgegenzuwirken, schlagen sie das Einsetzen handlungs- und produktionsori­entierter Aufgaben vor, „da diese die Kreativität steigern und Lernende dazu anregen, eigene Vorstellungen zum Film zu entwickeln“ (vgl. ebd.). Das kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass die SuS eine Rezension zum Film schreiben, ein Interview mit einem/einer der im Film vorkommenden Schauspieler/-innen erstellen, ein alternati­ves Filmplakat gestalten, das Ende des Films umschreiben bzw. fortführen oder den Inhalt einer bestimmten Filmszene als eine andere Textsorte (z. B. einen Comic) umsetzen (vgl. Nieweler 2006: 230). Ziel sollte also eine Balance zwischen Filmanalyse und Filmerleben sein (vgl. Lütge 2012: 22), die aber beide auch mit dem gesellschaftlichen Kontext des Films verknüpft werden dürfen - in diesem Fall mit dem American Dream.

3. Ein kulturelles Phänomen: Der American Dream

3.1 Der Beginn des Traums

Auch wenn der Beginn eines kulturellen Mythos nur schwer exakt datiert werden kann, lässt sich bei dem des American Dream tatsächlich eine Jahreszahl festmachen, nämlich 1492 (vgl. Samuel 2012: 3) und damit das Jahr, in dem der italienische Seefahrer Chris­toph Kolumbus mit seiner Flotte auf den Bahamas ankam. Seitdem wird Kolumbus be­kanntermaßen als Entdecker Amerikas bezeichnet - obwohl dort bereits seit langem die Ureinwohner gelebt hatten und er den vorgefundenen Kontinent zunächst für Indien hielt. Die ,Geburtsstunde‘ des American Dream kann also als zeitgleich mit der ,Entdeckung‘ des US-amerikanischen Kontinents angesehen werden.

Infolge der Expeditionen Kolumbus’ und der anschließenden Kolonialisierung durch unterschiedliche europäische Staaten, angefangen mit Spanien, entwickelte sich die Neue Welt für Außenstehende zu einer Art ,verheißenem Land’. Besonders in England wurde diese Art der Wahrnehmung Amerikas durch die dort vorherrschende, ständig wechselnde Vormachtstellung von Katholizismus und Protestantismus vorangetrieben (vgl. Jillson 2016: 19). Mit der politischen Unbeständigkeit ging auch eine Verfolgung derjenigen religiösen Anhänger einher, die der gerade Regierenden’ Konfession nicht an­gehörten und sich auch nicht dazu bereiterklären wollten, einen anderen Glauben anzu­nehmen. Es entwickelte sich eine stetig anwachsende Gruppe von Menschen, die sich vom Katholizismus entfernten und die Meinung vertraten, dass der Glaube nicht richtig praktiziert wurde. Diese Menschen bezeichneten sich selbst als Puritaner, da sie es als ihre Aufgabe ansahen, den Glauben zu reinigen bzw. purifizieren, sodass er wieder zu dem zurückkehren könne, was er in ihren Augen tatsächlich war (vgl. ebd.: 2). Es entwickelte sich eine Reformbewegung. Deren Anhängern kam so das zu dieser Zeit noch immer ,neue Land’ Amerika sehr gelegen. Schließlich gab es dort noch keine Regierung, die ihnen etwas vorschrieb, sondern das Land gab ihnen im Gegenteil die Chance, sich eine völlig neue und ihren eigenen Prinzipien getreue Gesellschaft zu schaffen.

Der wohl bekannteste Vertreter der damaligen Puritaner ist John Winthrop, der im Jahr 1630 auf der Arabella mit seinen Gefolgsleuten von England nach Amerika segelte und später zu einer der zentralen Figuren unter den puritanischen Gründern Neuenglands wurde. Auf der Überfahrt nach Amerika hielt er unter anderem die Predigt A Model of Christian Charity, in der er von seinen Vorstellungen vom Leben auf dem neuen Konti­nent erzählte und seine Ansichten zur Rolle Amerikas für den Rest der Welt offenlegte:

[...]

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Details

Title
Der American Dream im Film "Forrest Gump". Schlüsselkonzepte der US-amerikanischen Kultur (11. Klasse Englisch)
College
Johannes Gutenberg University Mainz
Grade
2,0
Author
Year
2019
Pages
38
Catalog Number
V1141093
ISBN (eBook)
9783346557018
ISBN (Book)
9783346557025
Language
German
Keywords
american, dream, film, forrest, gump, schlüsselkonzepte, us-amerikanischen, kultur, klasse, englisch
Quote paper
Stéphane Béalu (Author), 2019, Der American Dream im Film "Forrest Gump". Schlüsselkonzepte der US-amerikanischen Kultur (11. Klasse Englisch), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1141093

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