Prozessoptimierung für eine Ärztepraxis. Projektarbeit Business Process Management


Akademische Arbeit, 2021

38 Seiten, Note: 1.1


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsdefinition
2.1 Prozessmanagement
2.2 Prozessbeteiligte
2.3 Geschäftsprozessmodellierungsnotationen

3 Prozessbeschreibung anhand Fallbeispiel „Praxismanagement“
3.1 Ausgangslage und Beschreibung der Gemeinschaftspraxis
3.1.1 Visualisierung des aktuellen Aufnahmeprozesses neuer Patienten
3.1.2 Problemidentifizierung des Aufnahmeprozesses neuer Patienten
3.1.3 Detaillierte Prozessanalyse und Prozessneugestaltung
3.1.4 Visualisierung des zukünftigen Aufnahmeprozesses neuer Patienten
3.2 Maßnahmenplan zur Verbesserung des Materialbeschaffungsprozesses
3.3 Prozessanalyse und Entwicklung Prozessverbesserungsmaßnahmen

4 Prozess aus der beruflichen Praxis
4.1 Ausgangssituation und Prozessbeschreibung
4.2 Problemanalyse und -beschreibung
4.2.1 Fehlender Ablauf- und Dokumentenstandardisierung zwischen AM und ASE
4.2.2 Fehlende Prozess-, Bericht- und Briefingdokumentstandards innerhalb ASE-Teams
4.2.3 Ungenügend geklärte Verantwortlichkeiten für CRM-Datenpflege
4.2.4 Doppelarbeit bei Nachbearbeitung der Kundenbesuchsinformationen
4.2.5 Medienbruch bei Versand der Briefingdokumente
4.3 Stakeholder-Bestimmung und Interviewprozess
4.3.1 Stakeholder-Bestimmung
4.3.2 Interviewprozess
4.4 Visualisierung und Beschreibung des neuen Prozesses

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

AM Außendienstmitarbeiter

ASE Account Steering Expert

BPM Business Process Management

BPMN Business Process Model and Notation

BWL Betriebswirtschaftslehre

B2B Business to Business

CRM Customer Relationship Management

Dr. Doktor

EPK Ereignisgesteuerte Prozesskette

Kap. Kapitel

MF Medizinische Fachkraft

UML Unified Modeling Language

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Übersicht bedeutender Geschäftsprozessmodellierungsnotationen

Abbildung 2 Geschäftsprozessmodellierung – Aufnahmeprozess neuer Patienten

Abbildung 3 Geschäftsprozessmodellierung zukünftiger Aufnahmeprozess neuer Patienten

Abbildung 4 Stakeholder-Bewertungsmatrix nach Einfluss und Einstellung

Abbildung 5 Ablaufplan des Interviews

Abbildung 6 Interviewleitfaden

Abbildung 7 Geschäftsprozessmodellierung zukünftiger ASE & AM-Prozess

1 Einleitung

Kontinuierliche Prozessoptimierung und Analyse der existierende Geschäftsprozesse stehen bei den meisten Unternehmen weit oben auf der Agenda. Laut einer PWC-Studie (2011, S.10) sehen die meisten Firmen einen direkten Zusammenhang zwischen ihren Aktivitäten im Geschäftsprozessmanagement und ihrem Unternehmenserfolg. Dennoch stellt sich in der Studie heraus, dass die meisten Unternehmen sich noch im Anfangsstadium befinden und meist nicht über die systematische Dokumentation der Geschäftsprozesse hinwegkommen.

Das Münchner Softwareunternehmen, Celonis, hat das Potenzial der Prozessoptimierung und Process Mining1 als Geschäftsmodell erkannt. Zu den Kunden gehören renommierte Großunternehmen, wie Siemens, BMW, 3M oder Airbus (Vaske, 2019), welche, laut einem der Gründer, vor allem unter schlechten Prozessen leiden.

Das Ziel dieser Projektarbeit ist die Wichtigkeit von Prozessmanagement zu beleuchten und anhand von zwei realistischen Geschäftsbeispielen zu erarbeite. Im ersten Kapitel werden die Begrifflichkeiten anhand von Fachliteratur erklärt und eine Einordnung ins Thema gegeben. Im zweiten Kapitel wird ein Prozessmodell für eine Arztpraxis und deren Geschäftsabläufe visualisiert und einen effizienteren Ablauf erstellt. Im dritten Kapitel wird der Kundenbesuchsprozess und das Zusammenspiel zwischen den Account Steering Experts (ASE) und Außendienstmitarbeitern (AM) analysiert und visualisiert und basierend auf den Ergebnissen einen optimierten Ablauf erarbeitet. Im letzten Kapitel wird die Thematik abschließend zusammengefasst und ein Fazit gezogen.

Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapiteln, wobei sich die Abarbeitung adäquat an der Reihenfolge der oben genannten Ziele orientiert.

2 Begriffsdefinition

In diesem Kapitel soll eine kurze theoretische Grundlage zum Prozessmanagement gegeben werden und wichtige Begrifflichkeiten und Zusammenhänge für das weitere Verständnis geklärt werden.

2.1 Prozessmanagement

Prozessmanagement beschreibt die systematische Planung, Durchführung, Kontrolle und Optimierung von miteinander verbundenen Aufgaben mit dem Ziel der Effizienz- und Qualitätssteigerung sowie der Kostensenkungen und Flexibilitätserhöhung. Neben den technischen Fragestellungen stehen auch organisatorische Eigenschaften, wie strategische Ausrichtung, Organisationskultur und Einbindung und Führung von Prozessbeteiligten im Fokus (v. Brocke & Rosemann, 2015). Eine sehr wichtige Bedeutung kommt dem Change-Management zu, welches ein integraler Teil für die erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung der Verbesserungen ist. Hierzu gehört der frühzeitige Einbezug von Personen, die entweder an der Prozessgestaltung beteiligt oder von den Änderungen betroffen sind. Zusätzlich fördert die Erarbeitung eines Kommunikationskonzept, die Akzeptanz der Maßnahmen, die Identifikation von Betroffenen und die Unterstützung in der Transformation (Doppler & Lauterburg, 2008).

2.2 Prozessbeteiligte

Die Prozessbeteiligten unterteilen sich einerseits in den Prozessablauf direkt involvierte Akteure, Aktivitäten, Ressourcen und Entscheidungen und andererseits in das Prozessmanagement als eigenen Prozess.

Ersteres beschreibt die Bestandteile eines Prozesses, wobei Akteure, die involvierten Personen oder Rollen, Aktivitäten, die erzeugten Tätigkeiten zur Ergebniserzeugnis, Ressourcen, Zeit, finanzielle Mittel, Informationen oder Werkzeuge und Entscheidungen, welche planbar oder situationsabhängig getroffen werden, beinhaltet (Nordsieck, 1934). Zu beachten ist, dass Prozesse immer nach einer bestimmten, logischen Abfolge stattfinden und somit der Ablauforganisation zugeschrieben werden. Da diese auch den Ort des Prozesses berücksichtigt, wird dieses fünfte Elemente ebenfalls oft in Fachliteratur genannten. Die vier erstgenannten Elemente werden in allen gängigen Prozessmodellierungstool (vgl. Kapitel 2.3) als Modellierungsnotationen genutzt.

Letzteres beschreibt das Prozessmanagement als eigenen Prozess und deren Organisation. Diese Akteure sind wichtig, um das Vorhaben strategisch koordinieren und implementieren zu können und eine projektartige Struktur sicherzustellen. Nach Neumann, Probst & Wernsmann (2012) umfasst es die drei Hauptrollen, Prozessverantwortlicher, Prozesseigentümer und Prozessmanager. Ein Prozessverantwortlicher übernimmt in Business (Re-)Engineering2 -Projekten die leitende Funktion und ist für die Effizienz und Effektivität der zugeordneten Prozesse verantwortlich. Der Prozesseigentümer definiert die Ziele der Prozesse und stellt sicher, dass sie mit der übergeordneten Unternehmensziele konform sind. Er befindet sich auf der obersten Führungsebene. Der Prozessmanager ist für die Identifizierung und das Zusammenspiel aller Prozesse verantwortlich, koordiniert die Maßnahmen des Designs und der kontinuierlichen Verbesserung und kommt hauptsächlich in größeren Unternehmen zum Einsatz (Hermann, 2012).

2.3 Geschäftsprozessmodellierungsnotationen

Zur grafischen und strukturellen Darstellung von Prozessnotationen haben sich verschiedene Modelle etabliert, die abhängig von ihrem Einsatzspektrum in verschiedenen Unternehmen und Branchen zur Anwendung kommen. Grundsätzlich wird zwischen informalen, semiformalen und formalen Modellen unterschieden, welche den Grad der Standardisierung wiedergeben und somit Aufschluss geben, ob die Modelle eher auf die Visualisierung der Prozesse oder als Basis zur Automatisierung für computergestützte Programme genutzt werden. Neben dem Zweck der Notation basiert die Wahl der richtigen Notation zudem auf dem verfolgten Zielvorhaben, den Stärken und Schwächen des jeweiligen Systems, der Zielgruppe des Modells sowie auf der Modellqualität und den verfügbaren Tools und Frameworks.

Das einfachste Notationssystem ist das Flussdiagramm, welches darauf verzichtet, Rollen, Ressourcen und Ergebnis der Aktivitäten darzustellen. Es nutzt Aktivitäts-, Entscheidungs- und eindimensionale Verbindungssymbolen, ist somit die einfachste strukturierte Darstellungsart und sehr einfach zu verstehen. Im Gegenzug fehlt ihr aber ein hoher Detaillierungsgrad und eignet sich nicht für komplexe Prozessabläufe.

Abbildung 1 Übersicht bedeutender Geschäftsprozessmodellierungsnotationen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Scheer (1998), Fowler (2004), Gilbreth & Gilbreth (1921), Alleweyer (2015).

EPK, die Ereignisgesteuerten Prozessketten, entwickelt die Flussdiagrammnotation weiter und bedient sich zusätzlichen Elementen. Neben Konnektoren, welche die Verzweigungen strukturieren, Systeme und Dokumenten, welche die Ressourcen aufführen, existieren ebenfalls Organisationseinheiten, welche die involvierten Akteure beinhalten und gerichtete Pfeile, um die Elemente zu verbinden. Dies führt dazu, dass in EPKs viel detailliertere Prozessabläufe dargestellt werden können. Des Weiteren fokussieren sich EPKs stark auf die Übergaben zwischen Abteilungen und unterscheiden sich somit stark von allen anderen Notationen.

BPMN hingegen besteht aus weiteren Notationselementen, welche die Darstellung von Prozessen, um Akteure, Ressourcen und Entscheidungen, komplettiert und zudem um vier weitere Strukturierungskategorien erweitert. Dies ermöglicht den Fokus, neben der Darstellung, auch auf die Steuerung und Automatisierung zu setzen und somit eine Verbindung zwischen den in der Softwareentwicklung weitverbreiteten Diagrammen aus der UML und den in der Betriebswirtschaftslehre weiterverbreitenden EPKs zu schaffen.

Der Ursprung der Unified Modeling Language (UML) liegt in der Softwareentwicklung und ist somit die am stärksten auf die Interaktion zwischen Nutzern und technischen Systemen ausgelegte Sprache. Gemeinsamkeiten zu BPMN finden sich beispielsweise in der zusätzlichen Nutzung von Start- und Endpunkten in der Prozessmodellierung. Unterschiede finden sich Wegfall von Akteuren. Dies wird bei UML mit so genannten Use Case-Diagrammen kompensiert.

SeeMe zählt zu den semistrukturierten soziotechnischen Modellierungsnotationen, welche einen starken Fokus auf die Trennung von technischen Systemen einerseits und Akteuren andererseits legt. Der Vorteil liegt darin, dass diese Modellierungsmethode durch die semistrukturierte Ausrichtung Flexibilität im Detailgrad der Visualisierung zulässt. Des Weiteren ist diese Sprache sehr für informatikferne Nutzer einfach verständlich (Hermann & Nolte, 2010).

Abschließend anzumerken ist, dass es keine für jeden Zweck geeignete Modellierungsnotation gibt. Aufgrund der verschiedenen Faktoren, wie Bedürfnisse, Detailgrad oder Zielgruppe bedarf es einer gründlichen Analyse, welches System das geeignetste für die jeweilige Dokumentation ist. Für diese Projektarbeit wird mit dem SeeMe Ansatz gearbeitet, um die Prozessdokumentation und -visualisierung zu erstellen.

3 Prozessbeschreibung anhand Fallbeispiel „Praxismanagement“

In diesem Kapitel soll das Fallbeispiel einer Gemeinschaftspraxis nach den Gesichtspunkten der Prozessoptimierung beschrieben und analysiert und danach unter Anwendung der Brainstorming-Taktik effizienter gestaltet werden. Hierzu wird die Modellierungsmethode SeeMe verwendet, um die Prozesse zu visualisieren. In einem zweiten Schritt werden mögliche Maßnahmen erarbeitet, um das Thema Materialbeschaffung zu verbessern.

3.1 Ausgangslage und Beschreibung der Gemeinschaftspraxis

Bei dem zu analysierenden Fallbeispiel handelt es sich um eine elektronisch vernetzte Gemeinschaftspraxis „Ärzte und mehr“, welche Leistungen der Allgemein und Inneren Medizin anbietet. Neben den vier Ärzten (je zwei Allgemeinmediziner und Fachärzte der Inneren Medizin) umfasst der Personalbestand noch zehn medizinische Fachkräfte (MF) und vier Auszubildende. Die Kernaktivitäten umfassen die hausärztlichen Leistungen, welche von der Krankenkasse übernommen werden und Vorsorgeleistungen für Selbstzahler. Die Räumlichkeiten in der Praxis umfassen einerseits den Empfangsbereich mit gemeinsam betriebener Anmeldetheke, zwei große Tresen mit vier Arbeitsplätze und vier Rechnern, in verschließbares Wartezimmer, eine kleine Küche, vier Sprechzimmer, drei Technikräume zur Spezialuntersuchungen, sowie einen kleinen Raum zur Blutabnahme. Außerhalb der Praxis wird zudem mit einer Apotheke und einem Labor kooperiert. Weitere Informationen zur Aufgabenstellung sind im Anhang A aufgeführt.

3.1.1 Visualisierung des aktuellen Aufnahmeprozesses neuer Patienten

Abbildung 2, welche vergrößert im Anhang B gefunden werden kann, visualisiert den nachfolgend beschriebenen Prozess. Gegenwärtig ruft ein Erstpatient am Empfang an oder begibt sich direkt in die Gemeinschaftspraxis zwecks Terminvereinbarung. Die MF am Empfang liest die Versichertenkarte des Patienten ein, weist ihn einem freien Arzt zu und bestimmt somit direkt auch den zukünftigen Hausarzt. Alles wird im IT-System entsprechend aktualisiert. Danach wartet der Patient im Wartezimmer, bis der Arzt ihn abgeholt und zum Sprechzimmer führt. Abhängig davon, ob der Patient mit Termin oder ohne Termin, erscheint, wird ein Anamnesebogen durch den Arzt ausgefüllt. Sollte es sich um einen Notfallpatient handeln, so wird dieser Schritt übersprungen und direkt zur Beschwerdebesprechung gegangen. Bei einem Patienten mit Termin wird der Anamnesebogen erst ausgefüllt, was etwa 30 Minuten der Besprechungszeit einnimmt. In der Beschwerdebesprechung werden Symptome des Patienten durch den Arzt aufgenommen, eine Diagnose gestellt und weitere Behandlungsschritte bestimmt. Entsprechend wird die Krankenakte aktualisiert. Danach entscheidet der Arzt, ob ein Folgetermin notwendig ist oder nicht und abhängig von seiner Entscheidung oder dem Umstand, ob es sich um einen Patienten ohne Termin handelt, wird ein Folgetermin entweder vereinbar. Im letzten Schritt verlässt der Patient die Gemeinschaftspraxis und somit endet die Gesamtprozessabfolge.

Abbildung 2 Geschäftsprozessmodellierung – Aufnahmeprozess neuer Patienten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung erstellt mit SeeMe (2021) (größer im Anhang)

3.1.2 Problemidentifizierung des Aufnahmeprozesses neuer Patienten

Bei dem in Kapitel 3.1.1 beschriebenen Prozess sind klare Schwachstellen im Ablauf ersichtlich, welche nachfolgend ausgeführt werden. Die Probleme sind:

1. Das Ausfüllen des Anamnesebogens bei Erstpatienten erfolgt beim zugewiesenen Arzt und beansprucht 30 Minuten. Dies führt zu einem hohen Zeitaufwand im Besprechungszimmer und reduziert die Effizienz des behandelnden Arztes.
2. Die Patienten warten teilweise sehr lange im Wartezimmer, bis sie der zugewiesene Arzt abholt.

Durch Beobachtungen sind Frau Mevis, einer MF, diese Schwachstellen aufgefallen, welche sie mit ihrer Arbeitskollegin, Fr. Weiss, Fachwirtin im Gesundheitswesen und Praxismanagerin sowie Herrn Dr. Müller, einer der Allgemeinmediziner der Gemeinschaftspraxis, in Form eines Brainstormings durchgehen möchte.

Die Beobachtung zählt zu den quantitativen Standardmethode der empirischen Sozialforschung (Bortz & Döring, 2006) und bietet sich hier an, da die Prozesse explizit sichtbar sind. Das Brainstorming bietet sich in dieser Situation als nächster Schritt sehr gut an, um Ideen zu entwickeln und ohne Denkverbot zu sammeln. Diese Methode wird der Divergenz-Phase zugeschrieben, welche auf Vielfalt in Denkprozessen abzielt (Guildford, 1959). Zudem ist es von Vorteil, wenn in den Prozess involvierte Akteure über Hierarchieebenen und Funktionen, wie hier, miteinbezogen werden, um die verschiedenen Perspektiven möglichst gut erfassen zu können.

3.1.3 Detaillierte Prozessanalyse und Prozessneugestaltung

Aus den Ideen des Brainstormings wird erstmals eine kritische Betrachtung vorgenommen, die Rahmenbedingungen zur Implementierung genannt und daraus im nachfolgenden Kapitel einen Sollprozess erstellt.

Folgende Ideen kamen aus dem Brainstorming hervor und werden anschließend chronologisch betrachtet:

1. Entwicklung eines verständlicheren und leichter auszufüllenden Anamnesebogen
2. Elektronische Verfügbarkeit und Befüllung des Bogens
3. Automatischer Versand (Post/E-Mail) des Bogens mit Hinweis auf Rücksendung vor Termin
4. Verfügbarkeit der Anamnesedaten für Arzt beim ersten Termin
5. Verfügbarkeit der Gesundheitskartedaten für den Arzt beim ersten Termin

Die erste Schwachstellenanalyse sowie das Brainstorming hat gezeigt, dass der Anamnesebogen zu umständlich ist. Dies hat Dr. Müller, als Direktbetroffener, in der Brainstorming-Session bestätigt. Somit empfiehlt es sich in einem nächsten Schritt Verbesserungsstrategien zu erarbeiten. Das kann die gemeinsame Prüfung des Formulars durch die Ärztekollegen sein, mit der Definition des notwendigen Inhalts und der Layoutgestaltung, damit es für die Patienten einfacher zu verstehen ist. Neben der Onlinerecherche zu diesem Thema, empfiehlt sich ebenfalls eine Konkurrenzbeobachtung bei anderen Praxen und eine Kundenbefragung.

Die elektronische Verfügbarkeit und Möglichkeit der Befüllung des Bogens ist sicherlich eine Maßnahme mit hohem Zeiteinsparungspotenzial. Hierzu müsste erstmals in einer Arbeitsgruppe definiert werden, welche notwendige Anforderungen abklärt, um ein kundenorientiertes Formular erstellt zu können. Am besten greift man auf bestehende Marktlösungen zurück. Zudem ist festzulegen, wie die digitale Übermittlung in die Systemlandschaft der Geschäftspraxis garantiert wird, um einerseits Medienbrüche zu vermeiden und andererseits einen möglichst automatisierten Prozess zu garantieren. Des Weiteren muss ein Prozess aufgestellt werden, wie Patienten vor ihrem Termin an das Ausfüllen erinnert werden und welche Möglichkeiten es für nicht computerversierte oder beinträchtige Personen gibt. Aufgrund der hohen Komplexität dieses Vorhabens bedarf dieser Schritt einer sauberen Planung und Abfolge nach dem BPM3 -Lifecycle sowie einer Prozessmanagementstruktur mit einem Prozesseigentümer, -verantwortlichen und -akteur zur Ausgestaltung, Einführung und Kontrolle.

Der automatisierte elektronische oder postalische Versand mit Erinnerungsfunktion zur Rücksendung vor Ersttermin ist ähnlich komplex, wie der vorangegangene Prozess. Erschwerend kommt hinzu, dass die postalische Rücksendung zusätzliche Komplexität hervorruft, da einerseits nicht geregelt ist, wer für die Rücksendekosten aufkommt, andererseits zusätzlich ein Prozess zur Digitalisierung der physischen Formulare erstellt werden muss. Möglicherweise bietet sich ein komplett elektronischer Prozess an, der nur digital nicht versierte Patienten eine manuelle Option beim Ersttermin anbietet. Die Vorgehensweise und Rahmenbedingungen kann von vorhergehenden Punkt übernommen werden.

Die letzten beiden Punkte werden gemeinsam behandelt, da sie eng miteinander verknüpft sind. Die Bereitstellung der Daten aus der Anamnesedaten und der Daten auf der Gesundheitskarte bringt sicherlich eine weitere große Zeitersparnis mit sich. Basierend auf den Entscheidungen von Punkt 2 und 3 kann entschieden werden, welchen Grad der Digitalisierung gewählt wird. Am einfachsten wäre es, wenn die Ärzte alle Daten direkt elektronisch an ihrem PC aufrufen könnten. Hierzu könnte ein Customer-Relationship-Management-System4 (CRM) aufgebaut werden, welches alle kundenrelevanten Information in einer Datenbank bereitstellt und zur Verfügung stellt. Zur optimalen Nutzung bedarf es einer Digitalisierung aller Prozesse. Ebenfalls muss festgelegt werden, welche Rolle für die Datenpflege zuständig ist und wie die technische Verknüpfung innerhalb und außerhalb der IT-Systeme aussieht.

3.1.4 Visualisierung des zukünftigen Aufnahmeprozesses neuer Patienten

Die Umsetzung der Ideen aus dem Brainstorming führen dazu, dass der Gesamtprozess um einige Aktivitäten ergänzt und zudem eine elektronische Registrierung, neben einer manuellen, geschaffen wird. Eine Terminerinnerung wird ebenfalls eingeführt. Zudem können die Daten vor Sprechstundenbeginn elektronisch im CRM-System abgerufen werden. Eine vergrößerte Version von Abbildung 3 kann im Anhang C gefunden werden.

Abbildung 3 Geschäftsprozessmodellierung zukünftiger Aufnahmeprozess neuer Patienten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung erstellt mit SeeMe (2021) (größer im Anhang)

Der Prozess beginnt wie bisher mit der Kontaktaufnahme über die Praxis und der Nennung der möglichen Termine. Nach Buchung des Termins, entweder vor Ort oder per Telefon, wird die digitale Versiertheit des Patienten abgeklärt, um entweder den Registrierungsprozess inkl. Ausfüllen des Anamnesebogens elektronisch zu starten oder manuell. Dieser wird in der nachfolgenden Aktivität von der MF versandt und vom Kunden ausgefüllt. Parallel läuft der Terminerinnerungsprozess, der 14 Tage vor Termin ausgelöst wird und überprüft, ob der Anamnesebogen bereits eingegangen ist. Falls nicht, wird der Kunde entweder telefonisch oder elektronisch von der MF erinnert. Eine weitere Überprüfung findet bei der Anmeldung zum persönlichen Termin statt. Der Patient wartet parallel im Wartezimmer auf den zu behandelnden Arzt, währendem der Behandler sich über das CRM-System mit den Patientendaten vertraut macht. Durch diesen Schritt entfällt in der späteren Sprechstunde der Schritt des Ausfüllens des Anamnesebogens und spart Zeit. Parallel zur Sprechstunde aktualisiert eine MF die Kundendaten im CRM und stellt nach späterer Abklärung eines Folgetermins, falls nötig, dieses Datum im Reservierungssystem ein. Der Prozessfluss endet mit dem Verlassen der Praxis.

3.2 Maßnahmenplan zur Verbesserung des Materialbeschaffungsprozesses

Im Nachfolgenden wird der aktuelle Materialbeschaffungsprozess beschrieben und analysiert, sowie Maßnahmen vorgestellt und begründet, welche ihn verbessern sollten.

[...]


1 Technik des Prozessmanagements, welches hilft operationelle Prozesse strukturell zu analysieren mit dem Ziel aus den Erkenntnissen wertschöpfende Ableitungen zur Prozessoptimierung zu generieren (van der Aalst, 2016)

2 Business (Re-)Engineering beschreibt die systematische Entwicklung von Geschäftslösung auf Basis eins ingenieurmäßigen Vorgehens und wird der Lehre des Prozessmanagements zugeschrieben (Österle & Winter, 2003 – Wikipedia

3 Business Process Management

4 Ein Customer Relationship Management (CRM)-System beschreibt ein System, was alle relevanten Kundendaten speichert und zur Kundenpflege und -beziehungsmanagement genutzt wird.

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
Prozessoptimierung für eine Ärztepraxis. Projektarbeit Business Process Management
Hochschule
( Europäische Fernhochschule Hamburg )
Note
1.1
Autor
Jahr
2021
Seiten
38
Katalognummer
V1141940
ISBN (eBook)
9783346523419
Sprache
Deutsch
Schlagworte
prozessoptimierung, ärztepraxis, projektarbeit, business, process, management
Arbeit zitieren
Adrian Hollenstein (Autor:in), 2021, Prozessoptimierung für eine Ärztepraxis. Projektarbeit Business Process Management, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1141940

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