Möglichkeiten und Grenzen der Zeitarbeit als Beschäftigungsform am Arbeitsmarkt aus der Sicht der Anbieter, Abnehmer und Arbeitnehmer


Dossier / Travail, 2002

36 Pages, Note: 2


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

1. Definition und rechtliche Rahmenbedingungen
1.1 Begriffsklärung
1.2 Rechtliche Rahmenbedingungen
1.2.1 Nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung
1.2.2 Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung

2. Aufbaustruktur der Zeitarbeit
2.1 Die Bundesanstalt für Arbeit als Erlaubnis- u. Kontrollbehörde
2.1.1 Eindämmung und Missbrauch der Zeitarbeit
2.2 Die Beziehung des Zeitarbeitsunternehmens zum Zeitpersonal
2.2.1 Arbeitsvertragliche Verpflichtungen
2.2.2 Schutz der Zeitarbeiter
2.2.3 Gewerkschaftliche Position
2.3 Die Beziehung des Verleihers zum Entleiher
2.3.1 Arbeitnehmerüberlassungsvertrag
2.3.1.1 Überlassungsdauer in Verbindung mit dem Job-AKTIV-Gesetz
2.4 Die Beziehung des Entleihers zum Zeitpersonal
2.4.1 Arbeitsvertragliche Elemente der Überlassungsbeziehung
2.5 Die Beziehung des Entleihers zur Krankenkasse
2.5.1 Krankenkassen als Kontrollorgane

3. Ökonomische Betrachtungsweise der Arbeitnehmerüberlassung
3.1 Der Zeitarbeitnehmer
3.2 Der Entleiher
3.3 Chancen und Risiken der Zeitarbeit
3.3.1 Kritische Bewertung aus Sicht des Entleihers und des Zeitpersonals
3.3.2 Fehlzeiten als Störgröße der Personalbedarfsplanung
3.3.3 Konzentration auf das Kerngeschäft
3.3.4 Risikoreduktion und Kosteneinsparung
3.3.5 Negative Einflussfaktoren
3.3.6 Erfolgsfaktoren für den Einsatz von Zeitpersonal
3.3.7 Perspektive der Zeitarbeiter
3.3.7.1 Psychologische Aspekte der Zeitarbeit

4. Daten zur Zeitarbeit in Deutschland
4.1 Bedeutung der Zeitarbeit für den deutschen Arbeitsmarkt
4.2 Zeitarbeit im Zusammenhang mit dem Hartz-Konzept
4.2.1 Branchentarifvertrag für die Zeitarbeit

5. Zeitarbeit in der EU
5.1 Leitbild der EU-Richtlinie

6. Zusammenfassung und Schlussbemerkungen

1. Definition der Zeitarbeit und deren rechtliche Rahmenbedingungen

1.1 Begriffsklärung

Zeitarbeit ist eine Beschäftigungsform, die in deutschen Unternehmen in den letzten Jahren verstärkt eingesetzt wird. Vor dem Hintergrund der Bemühungen von Unternehmen zu einer stärkeren Flexibilisierung ihrer Personalbestände wird diesem Konzept für die Zukunft eine stark ansteigende Bedeutung prognostiziert.

Kennzeichnend für die Zeitarbeit (Personalleasing, Arbeitnehmerüberlassung) ist ein Dreiecksverhältnis zwischen Zeitarbeitsunternehmen (Verleiher, Personalleasinggeber), Zeitarbeiter (Leiharbeiter, Leasingpersonal) und Entleiher (Personalleasingnehmer). Der Arbeitsvertrag mit allen resultierenden Haupt- und Nebenpflichten wird zwischen dem Zeitarbeitsunternehmen und dem Zeitarbeiter abgeschlossen. Im Rahmen eines Arbeit-nehmerüberlassungsvertrages verleiht das Zeitarbeitsunternehmen gegen eine Vergütung für maximal 24 Monate seine Zeitarbeiter an einen Entleiherbetrieb. Dort wird der Zeitarbeiter in den Betriebsablauf eingegliedert. Das aufgabenbezogene Weisungsrecht geht auf den Entleiher über und der Zeitarbeiter muss seinen Weisungen Folge leisten. Zugleich treffen den Entleiher wegen der Eingliederung in die Betriebsgemeinschaft ähnliche Fürsorge-pflichten wie für seine Stammbelegschaft. Insoweit spricht man auch vom Bestehen eines „fiktiven Arbeitsvertrags“ zwischen Entleiher und Zeitarbeiter. Den rechtlichen Rahmen bildet das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) von 1972 mit seiner letzten Novellierung im Jahr 1997 bzw. 2001.

1.2 Rechtliche Rahmenbedingungen

Für den Gesetzgeber stellte sich das Regelungsproblem. Einerseits mussten den Unterneh-men im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit personalbezogene Dispositionsspielräume ermög-licht werden, andererseits sollte aber im Sinne des Schutzes der Arbeitnehmer eine zu starke Abschaffung der für traditionelle Beschäftigungsverhältnisse gültigen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen verhindert werden. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz als zentrale rechtliche Basis des Personalleasings ist das Ergebnis dieser Regelungsbemühung. In einer grundsätzlichen Unterscheidung ist zunächst einmal in nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmer-überlassung und gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung zu differenzieren.

1.2.1 Nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung

Nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung liegt vor, wenn ein Unternehmen bei Auftragsmangel zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen temporär einzelne Mitarbeiter einem anderen Unternehmen überlässt, von dem sie dann auch bezahlt werden. Diese Option steht gem. Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigen offen. Voraussetzung dafür ist, dass die Überlassungsdauer 12 Monate nicht überschreitet und die Überlassung vorher schriftlich dem zuständigen Landesarbeits-amt angezeigt wird. Die Praxis spricht in diesem Fall auch von der sogenannten „Kollegenhilfe“.

1.2.2 Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung

Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung liegt dagegen vor, wenn es Geschäftszweck eines Unternehmens ist, seine Mitarbeiter systematisch an andere Unternehmen zu verleihen.

2. Aufbaustruktur der Zeitarbeit

Die Konstruktion des Personalleasings ist im Überblick in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. Aus ihr gehen auch alle Beteiligten und ihre Beziehungen zueinander hervor. Diese Beziehungen dienen im folgenden auch als Rahmen für die näheren Erläuterungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1 Die Bundesanstalt für Arbeit als Erlaubnis- und Kontrollbehörde

Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung bedarf der Erlaubnis durch die Bundesanstalt für Arbeit. Sie wird auf schriftlichen Antrag hin zunächst befristet für die Dauer von einem Jahr erteilt. Danach ist ein Verlängerungsantrag nötig. Eine unbefristete Erlaubnis kann ein Zeitarbeitsunternehmen für seine Tätigkeit erhalten, wenn es mindestens 3 Jahre lang ununterbrochen tätig war. Das AÜG führt eine Vielzahl von Gründen für die Versagung bzw. den Widerruf der Erlaubnis auf, z. B.: die gesamte Betriebsorganisation des Verleihers ist nicht dazu geeignet, Arbeitgeberverpflichtungen zu erfüllen, der Verleiher hat seinen Sitz nicht in einem EU-Staat oder hat keine Rechtsform nach deutschem Recht, der Verleiher wies nicht die erforderliche Zuverlässigkeit auf, indem er z. B. Lohnsteuer oder Sozialversicherungsbeiträge für die Zeitarbeiter nicht ordnungsgemäß abgeführt oder gegen einzelne Vorschriften des AÜG verstoßen hat.

Der Verleiher bekommt zudem umfängliche Melde- und Auskunftspflichten gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit auferlegt, über die er zu halbjährlichen, ausführlichen Statistiken verpflichtet wird, die jeden einzelnen Überlassungsfall nachvollziehbar werden lassen. Unaufgefordert muss er auch alle Veränderungen in seiner Betriebsstruktur melden (z. B. Verlegung, Schließung von Niederlassungen, Wechsel in der Geschäftsführung). Die Bundesanstalt kann sich jederzeit umfänglich Geschäftsunterlagen vorlegen lassen.

2.1.1 Eindämmung von Missbrauch der Zeitarbeit

Die geschilderten detaillierten, einschränkenden Erlaubnisvorschriften und die ausführlichen Auskunftsverpflichtungen spiegeln eine Kontrolldichte wider, die man als eine Art „Misstrauensvorschuss“ bezeichnen kann. Dies ist nur historisch zu verstehen. Denn im Zusammenhang mit Arbeitnehmerüberlassung kam es Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre zu Missbräuchen in erheblichem Umfang, wie z. B. Vermittlung von ausländischen Arbeitskräften ohne Arbeitserlaubnis, Nichtabführung von Lohnsteuer oder Sozialversiche-rungsbeiträgen, Nichtzahlung von Vergütung. Diese Zustände machten einen besseren Schutz der in Zeitarbeit tätigen Arbeitnehmer und eine Zurückdrängung der „schwarzen Schafe“ in der Branche dringend nötig. Die Reaktion des Gesetzgebers bestand dann in der Abfassung eines sehr strengen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.

Zu diesen Einschränkungen gehört im übrigen auch ein Verbot der Arbeitnehmerüberlassung für Arbeiter im Baugewerbe. Damit soll eine weitere Missbrauchsmöglichkeit der Zeitarbeit eingedämmt werden, nämlich das Unterlaufen geltender Tarifverträge, indem eine Entleiher – falls diese für ihn kostengünstiger sind – eine große Anzahl von Zeitarbeitern einsetzt und damit viele Tätigkeiten nicht mehr nach dem dafür eigentlich vorgesehenen Tarifvertrag ver-gütet werden. Aufgrund der z. T. niedrigen Qualifikationsstruktur in dieser Branche (Hilfs-tätigkeiten) und der damit einhergehenden sehr hohen Zahl an potentiellen Arbeitskräften, die bereit sind, für sehr geringe Löhne zu arbeiten, hat der Gesetzgeber die Gefahr des Un-terlaufens von Tarifverträgen in der Baubranche offenbar als besonders hoch eingeschätzt. Im Rahmen von Angestelltentätigkeiten ist Zeitarbeit dagegen auch im Baugewerbe erlaubt.

2.2 Beziehung des Zeitarbeitsunternehmens zum Zeitpersonal

2.2.1 Arbeitsvertragliche Verpflichtungen

Zwischen diesen beiden Beteiligten wird der Arbeitsvertrag geschlossen. Das bedeutet, dass das Zeitarbeitsunternehmen damit auch alle Arbeitgeberpflichten zu übernehmen hat. Dies betrifft als arbeitsvertragliche Hauptpflicht primär die Lohnzahlung.

Eng damit verbunden ist die Verpflichtung zur Abführung der Lohnsteuer und der Sozial-versicherungsbeiträge. Als typische arbeitsvertragliche Nebenpflichten ergeben sich weiterhin die Urlaubsgewährung, Fürsorgeverpflichtungen (z. B. Bereitstellung von Arbeitsschutzkleidung) und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diese Arbeitgeber-pflichten fallen auch an, wenn der Zeitarbeiter wegen Auftragsmangel nicht weitervermittelt werden kann. Das Zeitarbeitsunternehmen trägt damit also auch das volle Arbeitgeberrisiko. Im Gegenzug ist der Zeitarbeiter zur Arbeitsleistung (als arbeitsvertragliche Hauptpflicht) verpflichtet und unterliegt auch der Treuepflicht (als Sammelbegriff für arbeitsvertragliche Nebenpflichten, z. B. Verschwiegenheitspflicht).

Im AÜG sind für den Arbeitsvertrag Mindestinhalte vorgeschrieben. Die Vereinbarungen sind in eine schriftliche Urkunde aufzunehmen und dem Zeitarbeiter auszuhändigen. Zudem hat er einen Rechtsanspruch auf ein schriftliches Merkblatt über die wesentlichen Inhalte des AÜG. Ausländische Zeitarbeiter müssen beides in ihrer Muttersprache erhalten.

2.2.2 Schutz der Zeitarbeiter

Um zu verhindern, dass ein Zeitarbeitsunternehmen sein Arbeitgeberrisiko auf den Zeit-arbeiter abwälzt, indem es Zeitarbeiter immer nur für die Zeit einstellt, in denen sie auch weitervermittelt werden können, sieht das AÜG einige Einschränkungen vor:

a) Unwirksam sind wiederholte Befristungen des Arbeitsverhältnisses zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer, es sei denn, dass sich für die Befristung aus der Person des Leiharbeitnehmers ein sachlicher Grund ergibt, oder die Befristung ist für einen Arbeitsvertrag vorgesehen, der unmittelbar an einem mit demselben Verleiher geschlossenen Arbeitsvertrag anschließt. Die Verlängerung der Befristung ist hier innerhalb von 2 Jahren dreimalig möglich.
b) Die Zeit der Befristung eines Arbeitsverhältnisses darf nicht der Zeit des Ein-satzes bei einem Entleiher entsprechen (Synchronisationsverbot). Es wäre sonst zu vermuten, dass der Zeitarbeiter lediglich für diesen einmaligen Einsatzauftrag eingestellt wurde. Allerdings ist eine einmalige Ausnahme von diesem Syn-chronisationsverbot erlaubt.
c) Eine Kündigung durch das Zeitarbeitsunternehmen ist unwirksam, wenn es den gleichen Mitarbeiter vor Ablauf von drei Monaten neu einstellt. Es wird hier vermutet, dass die Kündigung nur deshalb erfolgte, um die Personalkosten für die Zeit einer Nichtvermittelbarkeit einzusparen. Davor soll der Zeitarbeiter geschützt werden. Allerdings ist eine solche Vorgehensweise durch den Verleiher trotzdem einmalig möglich.

Die geschilderten Ausnahmen von den Grundregeln sind erst seit der aktuellsten Fassung des AÜG möglich. Vorher waren Befristungen und Synchronisationen gänzlich unmöglich. Hier zeigt sich, dass das Zeitarbeitsverhältnis schrittweise den herkömmlichen Arbeitsverhältnis-sen angenähert wird. Dies geht auf einem Seriositätsgewinn der Branche beim Gesetzgeber zurück.

Zwei weitere wichtige arbeitsvertragliche Besonderheiten:

a) Klauseln, nach denen dem Zeitarbeiter verboten wird ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher einzugehen, sind unwirksam. Auch dem Entleiher kann nicht vertraglich die Einstellung des Zeitarbeiters untersagt werden.

Der Gesetzgeber will hier explizit die Chance des Überstiegs von einem Zeitarbeitsverhältnis in ein herkömmliches Arbeitsverhältnis schützen. Die Zeitarbeitsunternehmen haben sich mittlerweile mit einer hohen Abwerbquote abgefunden und setzen diese sogar gezielt als Werbeargument für die hohe Qualität ihres Personalbestands ein.

b) Der Zeitarbeiter ist nicht verpflichtet in einem Unternehmen zu arbeiten, das bestreikt wird und in dem er dann die Rolle eines „Streikbrechers“ hätte. Der Verleiher muss ihn auf dieses Recht hinweisen.

2.2.3 Gewerkschaftliche Position

Der Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen Zeitarbeitsunternehmen und Zeitarbeiter ist juristisch nicht unumstritten, da der Mitarbeiter letztlich in den Betrieb des Entleihers eingegliedert wird und damit an dieser Stelle ein wesentliches Merkmal eines Arbeitsver-trags gegeben ist. Insbesondere Gewerkschaften vertreten diese Position. Sie fordern ein Verbot der Zeitarbeit, auch weil sie befürchten, dass durch sie geltende Tarifverträge umgangen werden. Bislang haben auch alle Gewerkschaften den Abschluss eines Lohn- und Gehaltstarifvertrages mit Zeitarbeitsunternehmen abgelehnt. Lediglich die Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG) hat bislang einen Rahmentarifvertrag abgeschlossen.

2.3 Beziehung des Verleihers zum Entleiher

2.3.1 Arbeitnehmerüberlassungsvertrag

Zeitarbeitsunternehmen und Entleiher schließen einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, in dem sich der Verleiher zur Bereitstellung einer geeigneten Arbeitskraft für eine definierte Zeitspanne und der Entleiher im Gegenzug zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet. Dieser Vergütungsanspruch entsteht für die Dienstleistung des Zeitarbeitsunternehmens und ist streng vom Lohnzahlungsanspruch des Zeitarbeiters zu trennen. Der Vertrag bedarf der Schriftform. Der Verleiher hat dabei auch zu erklären, dass er die erforderliche Erlaubnis der Bundesanstalt für Arbeit für die Arbeitnehmerüberlassung besitzt.

Dies ist für den Entleiher äußerst bedeutsam. Denn das AÜG sieht als Konsequenz einer fehlenden Erlaubnis die Unwirksamkeit des Überlassungsvertrags vor.

Als Rechtsfolge dieser Unwirksamkeit ergibt sich dann, dass ein Arbeitsvertrag zwischen dem Leiharbeiter und dem Entleiher als zustande gekommen gilt! Der Entleiher ist also damit in der Rolle des Arbeitgebers mit allen Pflichten und hat einen neuen Mitarbeiter. Die gleichen Konsequenzen ergeben sich im übrigen auch, wenn das Zeitarbeitsunternehmen untergeht. Der Grund für dies Fingierung eines Arbeitsvertrages durch den Gesetzgeber liegt in dem Schutz des Zeitarbeiters als dem vermeintlich schwächsten und damit schutzwür-digsten Beteiligten in der Konstruktion des Personalleasings. Ein Entleiher ist also gut beraten, streng auf die Erlaubnis und eine stabile wirtschaftliche Lage des Verleihers zu achten.

2.3.1.1 Überlassungsdauer in Verbindung mit dem Job-AKTIV-Gesetz

Die maximale Überlassungsdauer beträgt mittlerweile 24 Monate. Durch die Geltung des sog. Job-AKTIV-Gesetzes ab dem 01.01.2002 werden Zeitarbeitnehmer jetzt ab dem 13. Monat den Stammbeschäftigten hinsichtlich der Gehalts- und Arbeitsbedingungen gleichgestellt.

Diese Regelung führt zu einem bürokratischen Mehraufwand für die Zeitarbeitsfirmen, da diese die Lohnstrukturen jeweils hinterfragen und sich im kundenbetrieblichen „Tarif-dschungel“ der verschiedenen Arbeitseinsätze zurecht finden müssen. Die Kundenbetriebe akzeptieren nicht die daraus resultierenden höheren Verrechnungssätze. Um dies zu umgehen, werden die Zeitarbeitnehmer ab dem 13. Monat durch neue Kräfte ersetzt. Je nach Einsatzdauer werden die Zeitarbeiter untereinander ungleich behandelt.

Die Überlassungsdauer wurde in den diversen Überarbeitungen des AÜG, ausgehend von 3 Monaten, immer wieder erhöht. Auch dies ist ein Zeichen, dass der Gesetzgeber Zeitarbeit schrittweise weniger einschränkend regelt. Bei einer längeren Überlassungsdauer gilt die Vermutung, dass keine Arbeitnehmerüberlassung, sondern vielmehr Arbeitsvermittlung betrieben wird. Die Begrenzung soll verhindern, dass Unternehmen in großem Umfang Tätigkeiten auslagern und von Zeitarbeitern verrichten lassen, die dann i. d. R. individuell eine geringer Vergütung erhalten, als es der geltende Tarifvertrag im Unternehmen für diese Tätigkeit eigentlich vorgesehen hätte. Tarifverträge sollen also vor Aushöhlung geschützt werden.

2.4 Beziehung des Entleihers zum Zeitarbeiter

2.4.1 Arbeitsvertragliche Elemente der Überlassungsbeziehung

Zwischen Entleiher und Zeitarbeiter besteht keine arbeitsvertragliche Beziehung. Weil aber der Leiharbeiter vollständig in die Betriebsorganisation des Entleihers integriert wird, werden in diesem Verhältnis viele Gestaltungselemente realisiert, die typischerweise ein Arbeitsverhältnis kennzeichnen; ein fiktiver Arbeitsvertrag entsteht. So kann der Entleiher für die Ausleihzeit das Weisungsrecht ausüben und der Zeitarbeiter muss den Weisungen Folge leisten, schuldet damit also dem Entleiher die Arbeitsleistung. Auch hinsichtlich der Fürsorgepflicht treffen das entleihende Unternehmen die typischen Arbeitgeberverpflich-tungen. So ist der Zeitarbeiter analog zur Stammbelegschaft z. B. in seine Tätigkeit einzu-weisen, über Unfall- und Gesundheitsgefahren zu unterrichten und über geplante Verän-derungen in seinem Arbeitsgebiet aufgrund neuer Arbeitstechnologien oder –abläufe zu informieren.

Er hat das Recht, in – seine Person betreffenden – betrieblichen Angelegenheiten von den zuständigen Personen angehört zu werden und genießt auch ein Beschwerderecht beim Betriebsrat. Trotz Fürsorgepflicht des Entleihers zählt der Zeitarbeiter nicht zur Belegschaft. Dies hat einerseits die Konsequenz, dass er für den Betriebsrat des Entleihers weder wählbar noch wahlberechtigt ist und andererseits auch nicht mitgezählt wird, wenn für die Frage der Geltung einzelner Gesetze oder Gesetzesbestimmungen die Ermittlung der Belegschaftszahl nötig ist. Die Gewerkschaften sehen zwischen der Eingliederung in den Betriebsablauf und der Nichtberücksichtigung bei der Belegschaftszahl einen inakzeptablen Widerspruch.

2.5 Beziehung des Entleihers zur Krankenkasse

2.5.1 Krankenkassen als Kontrollorgane

Der Entleiher ist verpflichtet, Beginn und Ende aller Arbeitnehmerüberlassungsfälle an die zuständige Krankenkasse zu melden. Dieser Meldezwang stellt eine Kontrollschleife für die ordnungsgemäße Abführung aller Sozialversicherungsbeiträge durch das Zeitarbeitsunter-nehmen dar.

Für den Fall, dass der Verleiher für seine Tätigkeit keine Erlaubnis der Bundesanstalt für Arbeit hat, zahlungsunfähig wird oder aus anderen Gründen die Sozialversicherungsbeiträge nicht entrichtet, haftet der Entleiher im Rahmen einer gesamtschuldnerischen Bürgschaft mit. Die gleiche Situation besteht hinsichtlich der vollständigen Abführung der Lohnsteuer für den Zeitarbeiter. Hierin liegt ein weiterer Grund für eine sorgfältige Auswahl des Zeitarbeitsunternehmens.

3 Ökonomische Betrachtungsweise der Arbeitnehmerüberlassung

3.1 Der Zeitarbeitnehmer

Die Zeitarbeit stellt viele Anforderungen an den Arbeitnehmer. Im Idealfall sollte er flexibel, belastbar, freundlich, kooperativ, lernwillig, kompetent und offen sein und sich problemlos in Firmenstrukturen durch gute Menschenkenntnis eingliedern können. Zeitarbeitnehmer gelten als kurzfristige Feuerwehr. Als Nachteile für den Arbeitnehmer werden oft die ständige Umstellung und Anpassung auf neue Unternehmen und Situationen, die hohe Arbeitsintensität, die starke Leistungskontrolle und das fehlende Zugehörigkeitsgefühl zu einem Unternehmen genannt.

3.2. Der Entleiher

Für ein Unternehmen, das kurzfristig auf externe Personalreserven aufgrund von Mitarbei-terausfällen oder Auftragsspitzen zurückgreifen möchte oder muss, stellt die Zeitarbeit ein interessantes Hilfsmittel dar. Außerdem birgt sie noch weitere Vorteile in sich, wie bei-spielsweise das unverbindliche Kennen lernen von potentiellen zukünftigen Festangestellten ebenso wie die Vermeidung des Arbeitgeberrisikos, Ausfallzeiten zahlen oder sich an Kündigungsfristen binden zu müssen. Auch entfällt der Einstellungsaufwand, der für eine feste Kraft notwendig wäre, z. B. durch Stellenangebote und Bewerbungsgespräche. Letztendlich kann das Angebot der Zeitarbeitsfirmen auch eine Möglichkeit zur Steuerung und Optimierung des eigenen Personalbedarfs bedeuten.

[...]

Fin de l'extrait de 36 pages

Résumé des informations

Titre
Möglichkeiten und Grenzen der Zeitarbeit als Beschäftigungsform am Arbeitsmarkt aus der Sicht der Anbieter, Abnehmer und Arbeitnehmer
Cours
Betriebswirt-Lehrgang
Note
2
Auteur
Année
2002
Pages
36
N° de catalogue
V11423
ISBN (ebook)
9783638175906
ISBN (Livre)
9783640732807
Taille d'un fichier
639 KB
Langue
allemand
Annotations
Diese Projektarbeit befasst sich schwerpunktmäßig mit den Grundlagen und Funktionsweisen der Zeitarbeit und deren gesetzlichen Hintergründen. In einem weiteren Schwerpunkt wird zusätzlich auf die Bedeutung von Zeitarbeit für den Arbeitsmarkt eingegangen und dargestellt, welche Chancen Zeitarbeit bieten kann. Die damit verbundenen ökonomischen Aspekte von Zeitarbeit sollen ebenfalls berührt werden.
Mots clés
Möglichkeiten, Grenzen, Zeitarbeit, Beschäftigungsform, Arbeitsmarkt, Sicht, Anbieter, Abnehmer, Arbeitnehmer, Betriebswirt-Lehrgang
Citation du texte
Daniela Weller (Auteur), 2002, Möglichkeiten und Grenzen der Zeitarbeit als Beschäftigungsform am Arbeitsmarkt aus der Sicht der Anbieter, Abnehmer und Arbeitnehmer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11423

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