Die diagnostische Erfassung fremdsprachlicher Fähigkeiten


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zum Begriff „fremdsprachliche Fähigkeiten“

3. „Tests“ im Fremdsprachenunterricht

4. Die diagnostische Erfassung der sprachlichen Teilkompetenzen
4.1. Phonologie
4.2. Orthographie
4.3. Wortschatz
4.4. Grammatik

5. Das DIALANG-Projekt der Europäischen Kommission und die diagnostische Erfassung integrierter sprachlicher Fertigkeiten

6. Fazit

7. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Auf den ersten Blick scheint die Erfassung fremdsprachlicher Kompetenzen mithilfe der Mathematik abenteuerlich. Ist es überhaupt möglich, das komplexe System Sprache bzw. sprachliche Fähigkeiten zu „messen“? Wenn ja, auf welche Art und Weise? Und wie würde so ein Endergebnis aussehen? Da „Fähigkeit“ ein Konstrukt ist, ist es nicht nur schwer zu definieren und zu erforschen, es ist auch nicht direkt beobachtbar. Und eben diese Feststellung macht die Diagnose sprachlicher Kompetenzen schwierig.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der diagnostischen Erfassung fremdsprachlicher Fähigkei-ten, genauer mit der Erfassung fremdsprachlicher Leistungen in der Schule. Dort geschehen Leistungsmessungen häufig mithilfe von Tests, die allerdings nicht standardisiert sind, aber dennoch wichtige Gütekriterien erfüllen müssen. Bei den Testbeschreibungen werde ich vor allem Beispiele aus dem Englischen, hin und wieder auch aus dem Russischen aufführen.

Im Anschluss soll ein computergestütztes Testinstrumentarium vorgestellt werden, das es dem Nutzer erlaubt, seine eigenen fremdsprachlichen Kenntnisse zu überprüfen und ein-schätzen zu lassen.

* * *

2. Zum Begriff „fremdsprachliche Fähigkeiten“

Der Begriff „fremdsprachliche Fähigkeiten“ ist zunächst von „fremdsprachlichen Fertig-keiten“ und „fremdsprachlichen Kenntnissen“ zu unterscheiden. Eine Fähigkeit ist „bei einem Individuum das Vorhandensein der Kompetenz, auf einem bestimmten Gebiet eine Leistung bestimmten Grades erbringen zu können“ (Hillig 1996: 108). Um das überaus komplexe System Sprache bzw. fremdsprachliche Fähigkeiten für die pädagogisch-psychologische Diagnostik quantitativ messbar und beschreibbar zu machen, muss eine Isolierung sprachlicher Teilkompetenzen erfolgen. Sprachliche Teilkompetenzen – insgesamt auch als linguistische Kompetenz zu bezeichnen – umfassen die Phonologie, die Orthographie, den Wortschatz und die Grammatik. Fremdsprachliche Fähigkeiten müssen sich demnach auf sich unterscheidende Verhaltensäußerungen beziehen, die sich durch Beobachtung statistisch registrieren und auswerten lassen können.

Fertigkeiten dagegen sind „durch Übung und «Formung» erworbenes Können bzw. eine gesteigerte Fähigkeit. [Sie] sind als relativ verfestigte und automatisierte Tätigkeitskom-ponenten [...] aufzufassen, die meist im Rahmen anderer Lernprozesse miterworben werden“ (ebd. 114). In der Fremdsprachendidaktik ist oft von den four (integrated) skills die Rede, d.h. Hörverstehen, Sprechen, Leseverstehen und Schreiben. Wie die erworbenen Fertigkeiten in der Muttersprache, so sind fremdsprachliche Fertigkeiten anfangs noch stark durch das Bewusstsein gesteuert. Übung, Routine und effektiver Einsatz von Lernstrategien im praktischen Umgang mit der Fremdsprache führen zur Automatisierung. Diagnostisch betrachtet sind Fertigkeiten schwieriger zu erfassen, da sie Komplexhandlungen sind und selten isoliert auftreten. So setzt beispielsweise der Prozess des Sprechens in der Regel immer einen Hörvorgang bzw. Lesevorgang voraus.

Schließlich versteht man unter fremdsprachlichen Kenntnissen das gesamte konkrete Wissen, das durch Erfahrung oder Studium angeeignet wurde. Diese betreffen sowohl die sprachlichen Teilkompetenzen als auch die kommunikativen Fertigkeiten. Fremdsprachliche Kenntnisse können sich auch auf erworbene Fakten des Wissens über die Sprache beziehen. In diesem Beitrag liegt der Schwerpunkt allerdings auf die Diagnostik fremdsprachlicher Fähigkeiten, für deren Erfassung standardisierte Methoden notwendig sind, wie zum Beispiel Tests.

3. „Tests“ im Fremdsprachenunterricht

In der pädagogisch-psychologischen Diagnostik sind Tests „ein wissenschaftliches Routine-verfahren zur Untersuchung eines oder mehrerer empirisch abgrenzbarer Persönlichkeits-merkmale [...], wobei oftmals eine quantitative Aussage über den relativen Grad der Merkmalsausprägung angestrebt wird. Neben dem Testverfahren werden auch das Material und der Vorgang des Testens als Test bezeichnet“ (Hillig 1996: 405 f.). Darüber hinaus müssen Tests bestimmten Gütekriterien genügen wie Reliabilität, Validität, Objektivität und neuerdings auch Ökonomie, Nützlichkeit, Praktikabilität und Fairness. Im fremdsprachlichen Kontext wird auch häufig das Kriterium der Authentizität diskutiert, d.h. das „Ausmaß, in dem ein Sprachtest die Sprachverwendung in der realen Welt außerhalb einer Testsituation widerspiegelt“ (Perlmann-Balme 2006: 56).

In der Schule bezeichnet „Test“ in der Regel eine (kurze) schriftliche Arbeit zur Überprüfung des Lernfortschrittes. Mittlerweile werden sogar Klassenarbeiten als Tests etikettiert. „Da insbesondere über die Hauptkriterien dieser Verfahren [...] keine Belege existieren, ist für sie die Bezeichnung «Test» ungerechtfertigt und insofern sogar problematisch, als mit ihr suggeriert werden könnte, es handle sich dabei um nach wissenschaftlichen Methoden konstruierte diagnostische Instrumente“ (Hillig 1996: 406).

Doyé (1986: 7) geht sogar soweit, als dass er alle Arten von Leistungsüberprüfung als Test bezeichnet, „unabhängig von ihrer Form, ihrer Länge, ihrem Verwendungszweck und dem Grad ihrer Formalisierung. [...] Kein noch so ausgeklügeltes Verfahren [kann] je absolute Objektivität, Validität und Reliabliltät erlangen, [es muss] das Bestreben eines jeden Test-herstellers sein, einen möglichst hohen Grad der Ausprägung jener Eigenschaften für seinen Test zu erreichen.“

Doch erfüllen wie in der wissenschaftlich durchgeführten pädagogisch-psychologischen Diagnostik Tests im schulischen Alltag gleichartige Funktionen. Tests liefern ein Feedback sowohl für Schüler als auch für Lehrer, sie bringen die Leistungen von Schülern in Relation zu ihren Mitschülern, sie zeigen an, ob die von den Lehrplänen geforderten Leistungs-standards erreicht wurden. Auch geben Tests Aufschluss darüber, wie sich Schüler im Laufe der Zeit entwickelt haben und dienen somit neben der Notenfindung (bewertende und selektive Funktion) auch der Vorbereitung pädagogischer Entscheidungen, insbesondere zur Optimierung der Unterrichtsgestaltung (vgl. Weskamp 2001: 168).

Aus diesen Zielen lassen sich (schulische) Tests zur Überprüfung sprachlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten genauer charakterisieren. Es sind zum einen Leistungstests, die das maximale Verhalten der Probanden provozieren. In der jeweiligen zeitlich begrenzten Test-situation bilden sie einen Ist-Zustand ab, der Leistungsstand wird also punktuell erfasst (Statusdiagnostik). Außerdem sind diese Tests sowohl kriteriumsorientiert – ihre sachliche Bezugsnorm ist der Lehrplan – als auch normorientiert, bei dem die Klasse als soziale Be-zugsnorm fungiert. Obwohl Sprache vor allem ein mündliches Kommunikationsmittel ist, überwiegen in der Schule zur Leistungsfeststellung sogenannte Papier- und Bleistiftver-fahren, mit denen allerdings die eigentliche Fähigkeit zur mündlichen Sprachproduktion kaum zu erfassen sind.

Im Gegensatz zur Erwachsenenbildung mit ihren professionellen (und kommerziellen) Testangeboten existieren im Schulalltag wenig valide und reliable Messinstrumente (vgl. Vollmer 2003: 368). Deshalb soll auch hier der Begriff Test im weiteren Sinne verstanden werden: Test als jede Form der Leistungsmessung, bei denen ganz konkrete fremdsprach-liche Kompetenzen (Einzel-Items) isoliert „gemessen“, bewertet und interpretiert werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die diagnostische Erfassung fremdsprachlicher Fähigkeiten
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Institut für Psychologie)
Veranstaltung
Pädagogisch-psychologische Diagnostik
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V114246
ISBN (eBook)
9783640152339
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sprache: Deutsch, mit Beispielen in englischer und russischer Sprache
Schlagworte
Erfassung, Fähigkeiten, Pädagogisch-psychologische, Diagnostik
Arbeit zitieren
Steffen Laaß (Autor:in), 2007, Die diagnostische Erfassung fremdsprachlicher Fähigkeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114246

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