Transmedialität in deutschen Serien am Beispiel der Krimiserie "Der letzte Bulle"


Term Paper (Advanced seminar), 2019

27 Pages, Grade: 2,0

Anonymous


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Serialität in Zeiten der Medienkonvergenz

2. Transmedialität
2.1. Definition von Transmedialität und Transmedia Storytelling
2.2. Funktion von transmedialem Erzählen
2.3. Transmediales Erzählen im Serienkontext

3. Verwendung von Transmedialität in der Serie „Der letzte Bulle“
3.1. Kurzvorstellung der Serie
3.2. Analyse der Medienprodukte nach Darstellungsform, Erzählstrategien und Ereignisstrukturen
3.2.1. TV-Serie
3.2.2. Webserie
3.2.3. Buch

4. Schlussfolgerungen und Ausblick

5. Literaturverzeichnis
5.1. Primärliteratur
5.2. Sekundärliteratur

1. Serialität in Zeiten der Medienkonvergenz

Ob in Gesellschaft oder allein, ob wöchentlich oder täglich, Millionen Menschen auf der ganzen Welt verfolgen regelmäßig Geschichten im Fernsehen, identifizieren sich mit ihren Protagonisten und fiebern auf die nächste Folge hin. Sie alle scheinen es zu lieben: Serien schauen. Auch wenn sich die technischen Voraussetzungen und auch die Sehgewohnheiten der Zuschauer in den letzten Jahrzehnten geändert haben, die Faszination für das alltägliche Serienvergnügen scheint ungebrochen.

Dennoch lassen sich im Vergleich früherer und heutiger TV-Serien zahlreiche Veränderungen feststellen. Grund dafür ist zweifellos auch die technische Weiterentwicklung, die den Menschen Medienkanäle öffnet, die es früher nicht gab. Individualisierung, Kommerzialisierung und Globalisierung führen in der heutigen Zeit zu einer zunehmenden Medienkonvergenz, bei der viele, früher noch klar getrennte Kanäle, mehr und mehr zusammenwachsen, sowohl auf technischer, aber auch auf inhaltlicher Ebene (Schuegraf, 2008, S. 12). Denn auch wenn das Fernsehen nach wie vor als Leitmedium gilt, ist es längst kein isoliertes Gerät mehr, sondern Teil einer vernetzten Medienlandschaft, in der Inhalte auf verschiedene Plattformen verteilt werden (Groebel, 2014, S. 7). Die Serienrezeption verlagert sich nicht nur auf das Internet, sondern auf alles, was geboten wird. So ergänzen längst nicht mehr nur Merchandise-Artikel das Angebot von TV-Serien. Vielmehr versuchen sie die wachsende Vielfalt der Medienlandschaft zu nutzen um ihre Geschichten über Mediengrenzen hinweg zu verbreiten, zu erweitern und weiterzuerzählen (Piepiorka, 2019, S. 76f). Wie Christine Piepiorka schon feststellte: „Serien sind [heute] medial omnipräsent“ (ebd., 2017, S. 59). Dadurch ergeben sich natürlich Veränderungen in Bezug auf Inhalt, Struktur und Präsentationsform der Formate. Die Erzählweise der Episoden wird zunehmend komplexer (Mikos, 2012, S. 47). Der von Henry Jenkins (2006) geprägte Begriff des Transmedia Storytellings hat längst in der Fernsehlandschaft seinen festen Platz gefunden, vor allem bei US-amerikanischen Serien. Lothar Mikos (2012) geht sogar so weit zu sagen, dass deutsche Produktionen es schwerer haben, bei einem jungen Publikum anzukommen, denn sie sind zwar professionell produziert, haben jedoch keine komplexe Erzählstruktur zu bieten um eine breite Masse zu erreichen (S. 46 u. 51). Der Erfolg von transmedial verbreiteten US-amerikanischen Serien macht jedoch deutlich, dass vor allem das junge Publikum sich genau so etwas wünscht. Dennoch scheint sich die komplexe Erzählweise aus den USA bisher kaum auf die Serienproduktion in Deutschland ausgewirkt zu haben (ebd., S. 47). Inwieweit das Phänomen der Transmedialität in TV-Serien auch in Deutschland bereits angekommen ist, versucht die vorliegende Arbeit anhand einer deutschen Beispielserie zu klären, um die Frage zu beantworten, wie und zu welchem Zweck transmediales Erzählen in deutschen Serien eingesetzt wird.

Hierzu wird zunächst versucht, den Begriff des Transmedia Storytellings beziehungsweise des transmedialen Erzählens zu definieren, bevor näher darauf eingegangen wird, wie die Einbeziehung ver-schiedener Medienkanäle im Serienkontext bisher genutzt wird und welchen Zweck sie verfolgt. Um deutlich zu machen, wie dieses Verfahren im Hinblick auf TV-Serien auch in Deutschland umgesetzt wird, wird im Anschluss an die theoretische Einführung der Einsatz verschiedener Medien im Rahmen der erfolgreichen deutschen Krimiserie „Der letzte Bulle“ untersucht. Hierzu werden nach einer kurzen Vorstellung des Formats die Darstellungsformen, die Erzählstrategien sowie die Ereignisstrukturen der TV-Serie selbst, der ergänzenden Webserie sowie der erschienenen Buchausgabe näher betrachtet, um zu klären, welche Funktion die verschiedenen Medien für die Serie erfüllen. Es folgt im Anschluss eine Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse, das daraus resultierende Fazit, sowie ein kleiner Ausblick.

2. Transmedialität

Zunächst ist zu klären, was mit dem Ausdruck Transmedialität grundsätzlich gemeint ist. Aus dieses Grund widmet sich das folgende Kapitel einer theoretischen Einführung in das Gebiet und soll neben der Begriffsdefinition auch aufzeigen, wie transmediales Erzählen bisher im Serienkontext auftaucht und zu welchem Zweck es dabei verwendet wird.

2.1. Definition von Transmedialität und Transmedia Storytelling

Der Ausdruck Transmedialität wurde schon in den frühen 1990er Jahren in der Medien- und Kommunikationswissenschaft verwendet (Schmidt, 2018, S. 253) und ist heute aktueller denn je. Die Schwierigkeit besteht jedoch darin, ihn von anderen, ähnlichen Begriffen wie Intermedialität, Intertexualität oder Crossmedialität abzugrenzen. Tatsächlich gibt es verschiedene Auffassungen darüber, wie diese in Beziehung zueinander stehen. So wird Transmedialität nach Fraas & Barczok (2006) als Unterkategorie der Intermedialität aufgefasst, die die „Gesamtheit aller Mediengrenzen überschreitenden Phänomene“ (S. 7) darstellt. Transmedialität meint dagegen medienunspezifische Phänomene, bei denen der gleiche Stoff in unterschiedlichen Medien mit deren eigenen Mitteln verarbeitet wird (ebd., S. 5). Irina Rajewsky verwendet hierfür auch den Begriff „Wanderphänomene“ (zitiert nach Schuegraf, 2008, S. 25), da sich gewisse Elemente, Themen oder Geschichten über verschiedene Plattformen ziehen.

Intertextualität ist ein von Julia Kristeva beschriebenes textuelles Phänomen, bei dem sich verschiedene Texte aufeinander beziehen (zitiert nach Piepiorka, 2017, S. 61). Im Grunde lässt sich das auch im Rahmen transmedialen Erzählens beobachten, da es auch auf textueller Ebene Überschneidungen zwischen Elementen verschiedener medialer Plattformen gibt.

Crossmedialität lässt sich leichter von Transmedialität abgrenzen. Nach Schuegraf (2008) ist hierbei in der Regel eine Mehrfachvermarktung identischer medialer Inhalte über verschiedene Plattformen gemeint (S. 23), während bei Transmedialität in jedem Medienkanal neue Elemente hinzufügt, bisherige fortgeführt oder ergänzt werden (Piepiorka, 2019, S. 78).

Befasst man sich mit dem Phänomen des transmedialen Erzählens, stößt man dabei zwangsläufig auf den amerikanischen Medienwissenschaftler Henry Jenkins, der trotz vielfacher Kritik das Konzept unter dem Begriff „Transmedia Storytelling“ stark geprägt hat. Nach Jenkins (2007) ist Transmedia Storytelling „ein Prozess der systematischen Verteilung wesentlicher Elemente einer Fiktion über mehrere Bereitstellungskanäle“. Transmediale Geschichten basieren also auf einer fiktionalen Welt und erweitern das Wissen darüber, das über verschiedene Kanäle verteilt wird (ebd.). Im besten Fall ist jeder Teil davon für sich abgeschlossen und zugänglich, leistet aber dennoch einen Beitrag zum gesamten Erzählkomplex der Geschichte (ebd.). Dadurch wird zusätzlich sichergestellt, dass der Rezipient durch das Konsumieren eines Mediums nie alles wissen kann und einen Anreiz hat, weitere Plattformen zu erkunden, da eine allein nicht ausreicht (ebd.). Nach Henry Jenkins (2006) entsteht somit ein Erzählkomplex, der so groß ist, dass er nicht mehr in einem Medium allein abgebildet werden kann (S. 97). Es ist wichtig, dass eine sogenannte „Storyworld“ aufgebaut wird, in der jeder Teil wichtig für die Gesamtgeschichte ist, die jedoch auch flexibel genug ist, um sie über verschiedene Medien zu transportieren (ebd., S. 115). Transmedia Storytelling ist dadurch „the art of world-making“ (ebd., S. 21). Wie Bock (2013) zu recht feststellte, hängt die Menge der genutzten medialen Angebote davon ab, wie weit sich Zuschauer in die fiktive Welt hineinziehen lassen möchten (S. 59).

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist auch die Kooperation der Rezipienten untereinander. Virtuelle Communitys ermöglichen eine kollaborative Zusammenarbeit, durch die Zuschauer ihr Wissen und ihre Gedanken austauschen können (Brücks/Wedel, 2013, S. 336). Henry Jenkins (2006) spricht dabei von einer sogenannten „convergence culture“ (S. 133), die von neuen Medien hervorgebracht wird und die sowohl den Medienwechsel innerhalb bestimmter Formate beschreibt, sich aber auch darin zeigt, dass Rezipienten aktiver werden und mit mehr verschiedenen Medien interagieren.

In einer idealen Form von Transmedia Storytelling nach Jenkins „each medium does what it does best“ (ebd., S. 97). So muss die Geschichte auch immer an die Stärken des jeweiligen Mediums angepasst werden (ebd.), denn jede mediale Plattform bringt ihre eigene Erzählform hervor und wird anders wahrgenommen, weshalb sich ein Film zwangsläufig von Medien wie Comics oder Büchern unterscheidet. Ein Medienwechsel wirkt sich durch die individuellen Darstellungsformen also immer auch auf den Inhalt aus, wie Mahne (2007) logisch schlussfolgerte (S. 126). Dennoch sind wiederkehrende Elemente und Eigenschaften auf den verschiedenen Plattformen wichtig, um den Wiedererkennungswert zu gewährleisten (Renner/Hoff/Krings, 2013, S. 112/113). Es geht also nicht um die schlichte Nacherzählung einer Geschichte in einem anderen Medium, sondern um eine Erweiterung des Ursprungsmediums durch weitere, die inhaltlich miteinander verknüpft sind. Für Jenkins (2006) kann das entweder dadurch geschehen, dass eine bereits etablierte fiktionale Welt für weitere Ge-schichten genutzt wird oder aber, dass bereits bekannte Charaktere in eine andere fiktionale Welt integriert werden (S. 116f). Für ihn ist die Ursache für die zunehmende transmediale Vernetzung die fortschreitende Medienkonvergenz, bei der verschiedene Medien nicht nur konkurrieren, sondern sich auch ergänzen (Renner/Hoff/Krings, 2013, S. 69).

Jenkins Definition des Transmedia Storytellings wurde zu recht häufig kritisiert. Auf der einen Seite behauptet er, dass eine komplexe transmediale Erzählwelt so groß wird, dass sie nicht mehr in ein Medium passt. Es ist also notwendig, nicht nur das eine Medium zu rezipieren. Auf der anderen Seite ist seiner Meinung nach der Mensch gar nicht fähig, alle Teile einer transmedialen Erzählwelt zu erfassen. Stattdessen kann es sicherlich auch manche Nutzer abschrecken, viele verschiedene Medien rezipieren zu müssen, um alle nötigen Informationen zu erhalten, weshalb sich diese dann vielleicht eher Formaten zuwenden, die crossmedial konzipiert sind und bei denen ein Medium ausreicht.

Zudem lässt sich feststellen, dass Jenkins keine konkreten Merkmale nennt, anhand derer man transmediales Erzählen identifizieren kann. Nicht jedes mediale Format, das sich über mehrere Plattformen zieht, gibt dem Rezipienten den Anreiz, alle Angebote zu nutzen. In-wieweit ein inhaltliches und formales ineinandergreifen der „Teilwelten“ notwendig ist, um von Transmedia Storytelling sprechen zu können, wird nicht ganz klar. Einzig Klastrup und Tosca nannten drei Elemente, die eine transmediale Welt auszeichnen: Erstens der Mythos in Form des Wissens über die erzählte Welt, der Topos als deren raumzeitliche Verortung und schließlich der Ethos, der die typischen Verhaltensweise und moralische Einstellung der Figuren beschreibt (zitiert nach Junklewitz/Weber, 2016, S. 20). Doch diese Elemente lassen sich kaum nur auf transmediale Welten anwenden, sondern vielmehr auf alle medial verbreiteten Geschichten. Eine klare Definition einer transmedialen Welt scheint nicht gegeben. Lediglich der Aspekt der gegenseitigen Ergänzung der Medien(produkte) ist ein Zeichen dafür.

Transmediales Geschichtenerzählen ist – wie Jenkins (2006) schon feststellte – in jedem Fall kein neues Phänomen, sondern bereits zur Verbreitung griechischer Mythen oder biblischer Erzählungen im Mittelalter wurden verschiedene Medien wie Bücher, Bildhauerei, Altarbilder oder Kirchenfenster verwendet (S. 121). Das Konzept ist also nicht neu, nur die Plattformen haben sich verändert. Heute ist das zentrale Medium für solche Erzählweisen das Internet. TV-Sendungen lösen sich immer mehr von ihrem Ursprungsmedium oder breiten sich von dort aus auf verschiedene Medienplattformen aus (Piepiorka, 2017, S. 59). So können zu einem Format Filme, Videospiele, Comics oder Bücher produziert werden. Es werden Hintergrundgeschichten zu einzelnen Handlungen in anderen Medien gezeigt, Fortsetzungen oder Rückblenden erzählt und dabei sind kaum Grenzen gesetzt. Andreas Sudmann (2017) stellte auch fest: „[D]ie transmedialen Erzählwelten sind (virtuell) nie wirklich abgeschlossen. Der Fiktive Kosmos kann immer wieder geöffnet werden.“ (S. 108). Häufig beginnen sich innerhalb dieser Erzählwelten Realität und Fiktion zu vermischen. Teilweise können Webseiten und Social Media Profile von TV-Hauptfiguren real genutzt werden (z.B. bei der Serie Sherlock). In der Sitcom „How I Met Your Mother“ schrieb eine Serienfigur ein Buch, das es in Wirklichkeit gibt („The Playbook“). Diese Übertragungen von Fernsehinhalten auf die Realität stellen nach Schlütz (2016) ebenfalls eine Form der Transmedialität dar (S. 111). Solche Ergänzungen lassen Inhalte zweifellos wirklicher erscheinen, unverzichtbare, zum Verständnis notwendige fiktionale Informationen enthalten sie jedoch sicherlich nicht.

Trotz aller Zusatzangebote hat in der Regel jede transmediale Welt einen Ursprungstext, an den sich alle Zusatzangebote anlehnen, das sogenannte „Mutterschiff“ (Junklewitz/Weber, 2016, S. 20f). Bleibt dieses das Hauptmedium, spricht man nach Junklewitz & Weber von einer Form des unbalancierten Erzählens, bei der alle zum Verständnis wichtigen Informationen auf einem Medium zu finden sind (ebd.). Diese Art zu erzählen, ist zwar sehr verbreitet, wiederspricht jedoch der Definition der Transmedia Storyworld von Henry Jenkins, bei der die Rezeption eines einzelnen Mediums nie ausreicht.

2.2. Funktion von transmedialem Erzählen

Die Gründe für eine solche transmediale Verbreitung von Inhalten sind durchaus vielfältig. Zunächst ist es nach Piepiorka (2019) sicherlich eine Kunst, Geschichten auf diese Art zu erzählen (S. 79). Sie ermöglicht dem Produzenten, ein einheitliches Unterhaltungserlebnis zu schaffen (Jenkins, 2007) und immer komplexere Charaktere zu entwerfen, da jedes Medium die Figuren in einem anderen Kontext darstellen lassen (Schlütz, 2016, S. 111). Doch die viel wichtigere Funktion der neuen Erzählform ist zweifellos die Befriedigung des ungebrochenen Interesses der Zuschauer auch über die Serie hinaus, was dazu führt, dass diese dauerhaft an das Format gebunden werden, auch noch nach dessen Beendigung (Piepiorka, 2019, S. 82). Darüber hinaus sind Zusatzangebote in anderen Medien eine Möglichkeit, das Interesse an der Serie aufrechtzuerhalten, daran zu erinnern und Staffelpausen zu überbrücken (ebd.). Somit ist Transmedialität auch eine Form des transmedialen Marketings, wie es auch Piepiorka (2019) feststellte, denn durch das zunehmende Interesse an dem Format, steigen Einschaltquoten, Zugriffszahlen und damit auch Werbeeinnahmen auf den verschiedenen Plattformen (S. 79 u. 86). Dies ist auch dann der Fall, wenn die Medienangebote keine direkten Erlöse erzielen, also kostenlos sind (ebd., S. 85). Medienkonzerne können durch transmediales Erzählen ihren Markt erweitern und ihre Bekanntheit steigern, indem sie ihre Marke auf vielen verschiedenen Plattformen ausbauen, wodurch auch verschiedene Zielgruppen angesprochen werden können (Jenkins, 2007).

Es lässt sich also feststellen, dass es durchaus ein Spannungsfeld gibt, zwischen den wirtschaftlichen Interessen von Medienkonzernen und dem künstlerischen Aspekt zahlreicher neuer erzählerischer Möglichkeiten. So hat Jenkins (2007) richtigerweise bemerkt, dass die Grenze zwischen Marketing und Unterhaltung mehr und mehr verschwimmt.

2.3. Transmediales Erzählen im Serienkontext

Im Laufe der Zeit hat sich gezeigt, dass sich vor allem fiktive TV-Serien besonders gut für transmediales Erzählen eignen, weshalb es auch überwiegend in diesem Bereich genutzt wird (Piepiorka, 2019, S. 80). Fernsehserienrezeption findet längst nicht mehr nur über das Fernsehen statt, sondern zieht sich über eine Vielzahl von Zusatzangeboten, die der Zuschauer nutzen kann, aber nicht muss. Das am häufigsten genannte Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung einer transmedialen Storyworld ist die Serie „The Walking Dead“. Hierbei hat sich aus einer Comicserie ein enorm großer, stark genre-geprägter Komplex aus verschiedensten medienübergreifenden Erweiterungen entwickelt (Schmidt, 2014, S. 15). So gibt es neben der Comicserie und der TV-Adaption inzwischen eine Computerspiel-Serie und die Prequel-Webserie „Torn Apart“, die durch ihren großen Erfolg bereits zwei weitere Format-Nachfolger nach sich gezogen hat, in denen jeweils Elemente aus der TV-Serie aufgegriffen und weitererzählt werden (ebd., S. 16, 18 u. 21). Zahlreiche Merchandise-Artikel, Spiele, Handy-Applikationen und virtuelle Touren durch die Serienumgebung auf der Website zur Serie ergänzen das transmediale Serienuniversum (Piepiorka, 2017, S. 17). So werden auf verschiedenen Plattformen Teile einer großen Geschichte erzählt, mit teils gleichen, teils verschiedenen Charakteren und doch dem gleichen Grundthema und zahlreichen Verknüpfungspunkten zwischen den Medien. Doch die Serie ist kein Einzelfall. „Breaking Bad“ bietet dem Zuschauer, neben Hintergrundinfos und Spielen, die Möglichkeit, auf der Website die Rolle des Protagonisten einzunehmen (Schleich/Nesselhauf, 2017, S. 214), was den zusätzlichen Aspekt der Zuschauerbeteiligung miteinbringt. Dies dient ebenso als Verbindung zwischen Realität und Fiktion wie die transmedialen Erweiterungen der Serie „Sherlock“, die neben Büchern, einem Prequel sowie einer Handy-Applikation auch Webseiten und Twitter-Accounts der Protagonisten bieten (Opp, 2016, S. 143).

Dies waren nur einige wenige Beispiele, wie sich Transmedia Storytelling in Serien äußern kann. An dieser Stelle wurde jedoch deutlich, dass erfolgreiche transmediale Produktionen überwiegend in den USA beheimatet sind. Die Literatur zum Thema zeigte, dass Produktionen aus Deutschland im Zusammenhang mit Transmedialität kaum genannt werden. Sicherlich haben viele deutsche TV-Sendungen eine zugehörige Website, teilweise auch mit Zusatzinformationen über Dreharbeiten oder Schauspieler, jedoch das Fortführen einer Seriengeschichte über verschiedene Medienkanäle hinweg, als eine große Metaerzählung, scheint hierzulande kaum vertreten zu sein. Als eines der wenigen gelungenen deutschen Beispiele nannten Schleich & Nesselhauf (2017) die im Jahr 2013 ausgestrahlte neunteilige Serie „Zeit der Helden“, eine Echtzeit-Drama-Serie, bei der dem Zuschauer zusätzlich zur TV-Version auf der Website Kurzfilme, Audiodateien, Comics und ähnliches geboten wurden und damit die Geschichte nicht nur ergänzt, sondern tatsächlich weitererzählt wurde (S. 216). Dennoch gab es keine Fortsetzung des Formats. Man muss sich an dieser Stelle fragen, ob es erfolg-reiche transmedialen Formate, wie sie in den USA zu finden sind, in Deutschland tatsächlich nicht gibt, oder ob sie bisher einfach nur vollkommen vernachlässigt wurden, da Deutschland ohnehin den Ruf hat, kaum Qualitätsfernsehen hervorzubringen (Fröhlich, 2013, S. 36). Es scheint an der Umsetzung zu scheitern. Vor diesem Hintergrund soll in der folgenden Untersuchung der transmediale Einsatz in einer erfolgreichen Krimiserie aus Deutschland beleuchtet werden, um der Frage nachzugehen, wie und zu welchem Zweck Transmedialität in deutschen Serien umgesetzt wird.

3. Verwendung von Transmedialität in der Serie „Der letzte Bulle“

Für die folgende Analyse der transmedialen Umsetzung in der TV-Serie „Der letzte Bulle“ wird zunächst das Untersuchungsobjekt kurz vorgestellt, bevor die drei wesentlichen Medienprodukte der Serie auf der Erzählakt-, Histoire- und Discours-Ebene (Krah, 2010, S. 89) näher beleuchtet werden. Die Untersuchung konzentriert sich hierbei vor allem auf die individuellen Darstellungsformen der Medien und wie sich diese in Bezug auf ihr Weltmodell, ihre Sukzession, ihre Ereignishaftigkeit sowie ihre narrative Struktur unterscheiden, da die Literatur gezeigt hat, dass jedes Medium seine eigene Erzählform hervorbringt und es wichtig ist, den Inhalt an die individuellen Eigenschaften und Stärken anzupassen. Die Analyse basiert somit im Wesentlichen auf den von Hans Krah (2010) aufgeführten Kriterien seriellen Erzählens (S. 93-95). Darüber hinaus wird darauf geachtet, welche erzählerischen Stilmittel innerhalb der einzelnen Medien verwendet werden und zu welchem Zweck. So soll klar werden, wie der transmediale Komplex der untersuchten Serie aufgebaut ist, wie die einzelnen Medien miteinander verknüpft sind, welche Funktionen sie erfüllen und ob man hierbei überhaupt von Transmedialität im Sinne von Henry Jenkins sprechen kann.

[...]

Excerpt out of 27 pages

Details

Title
Transmedialität in deutschen Serien am Beispiel der Krimiserie "Der letzte Bulle"
College
University of Passau
Grade
2,0
Year
2019
Pages
27
Catalog Number
V1142551
ISBN (eBook)
9783346524355
ISBN (Book)
9783346524362
Language
German
Keywords
transmedialität, serien, beispiel, krimiserie, bulle
Quote paper
Anonymous, 2019, Transmedialität in deutschen Serien am Beispiel der Krimiserie "Der letzte Bulle", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1142551

Comments

  • No comments yet.
Look inside the ebook
Title: Transmedialität in deutschen Serien am Beispiel der Krimiserie "Der letzte Bulle"



Upload papers

Your term paper / thesis:

- Publication as eBook and book
- High royalties for the sales
- Completely free - with ISBN
- It only takes five minutes
- Every paper finds readers

Publish now - it's free