Der Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen an der Haustür hat in den letzten Jahrzehnten enorm zugenommen. Aus diesem Grund wurde 1985 vom Europäischen Rat die Haustürgeschäfterichtlinie mit dem Ziel verabschiedet, die unterschiedlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf europäischer Ebene anzugleichen und ein Mindestmaß an Verbraucherschutz in allen Mitgliedstaaten durchzusetzen.
Danach soll der Verbraucher die Möglichkeit haben, sich von den Folgen eines übereilten Vertragsabschlusses zu befreien, wenn er beim Vertragsabschluss situationsbedingt durch Beeinflussung seiner Entschließungsfreiheit benachteiligt war. Das unerwartete Andienen eines Vertragsabschlusses außerhalb der Geschäftsräume des Gewerbetreibenden gibt dem Verbraucher weder Zeit zum Überdenken des Vertrags, noch wird ihm ein Vergleich hinsichtlich Qualität und Preis mit anderen Anbietern ermöglicht.
Auf das Kreditgeschäft hatte das zunächst keinen großen Einfluss, da Kreditverträge gewöhnlich nicht auf Initiative des Kreditgebers an der Haustür abgeschlossen werden. Kreditbedarf besteht regelmäßig nur dann, wenn es auch ein zu finanzierendes Geschäft größeren Ausmaßes gibt. Eine Haustürsituation tritt demnach selten ein.
In den neunziger Jahren entwickelte sich allerdings eine neue Art des Vertriebs, die besonders stark in den neuen Bundesländern praktiziert wurde . Es handelte sich um den sog. Strukturvertrieb von kreditfinanziertem Immobilienerwerb als Haustürgeschäft , der auch heute noch verbreitet ist.
Im Grundmodell baut zunächst ein Bauträger eine Wohnanlage, teilt diese in kleinere Einheiten auf, um sie dann einzeln zu veräußern. Kreditinstitute sind hier häufig in einer Doppelfinanzierungsrolle zu finden. Ein weiteres Unternehmen mietet die Räumlichkeiten an bzw. gibt Mietgarantien an die Investoren heraus.
Das ganze System ist geprägt von einem undurchsichtigen Personen- und Firmengeflecht, bei dem die Verantwortlichen häufig nicht mehr auffindbar oder wegen Insolvenz nicht mehr haftbar zu machen sind. Übrig bleiben nur die finanzierenden Banken, die das Risiko des Großkredits aus der Bauträgerhaftung auf viele kleinere Kredite verteilen konnten.
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Inhaltsverzeichnis
- I. EINLEITUNG
- II. HAUSTÜRWIDERRUF
- A. DAS HAUSTÜRWIDERRUFSGESETZ – NATIONALE BETRACHTUNG
- 1. NORMZWECK
- 2. VORAUSSETZUNGEN
- a) Persönliche Voraussetzungen
- b) Sachliche Voraussetzungen
- c) Situative Voraussetzungen
- d) Zurechnung der Haustürsituation
- 3. AUSNAHMEN
- a) Ausschlusstatbestände
- b) Subsidiarität
- c) Verbraucherkreditgesetz
- d) Auslegung der Subsidiaritätsklausel
- 4. FOLGEN DER NATIONALEN BETRACHTUNG VOR HEININGER
- B. EUROPÄISCHE KOMPONENTE – RICHTLINIENRECHT
- 1. BEDEUTUNG, UMSETZUNG UND REICHWEITE VON RICHTLINIEN
- 2. DIE HAUSTÜRGESCHÄFTERICHTLINIE (85/577/EWG)
- a) Normzweck
- b) Voraussetzungen, Frist, Fristlauf
- 3. DIE VERBRAUCHERKREDITRICHTLINIE (87/102/EWG)
- a) Normzweck
- b) Voraussetzungen, Frist, Fristlauf
- 4. DIVERGENZ: RICHTLINIEN UND UMSETZUNG
- 5. MÖGLICHKEITEN DER ZIELERREICHUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS
- a) Überschießende Umsetzung
- b) Fehlerhafte Umsetzung
- a) Gemeinschaftsrechtsvorrang
- b) Richtlinienkonforme Auslegung
- c) Staatshaftung
- 6. AUSÜBUNG DES WiderrufsreCHTS
- C. HEININGER
- 1. SACHVERHALT UND INSTANZENRECHTSPRECHUNG
- 2. VORGABEN DES EUGH UND UMSETZUNG DES BGH
- a) Vorlagepflicht des BGH im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens
- b) Vorlagefragen des BGH
- c) Entscheidung des EuGH
- d) Abschlussurteil des BGH
- D. SCHULDRECHTSMODERNISIERUNGSGESETZ
OLG-VERTRETUNGSÄNDERUNGSGESETZ
- 1. SUBSIDIARITÄT DER VORSCHRIFTEN ÜBER HAUSTÜRGESCHÄFTE
- 2. WIDERRUFSAUSSCHLUSS FÜR REALKREDITE
- 3. FEHLENDE BELEHRUNG
- 4. NACHGEHOLTE BELEHRUNG
- 5. MUSTER
- 6. WIDERRUFSFOLGEN
- A. DAS HAUSTÜRWIDERRUFSGESETZ – NATIONALE BETRACHTUNG
- III. VERBUNDENE GESCHÄFTE
- A. NATIONALE GRUNDSÄTZE
- 1. ANWENDBARKEIT DES § 9 VERBRKRG
- 2. VORAUSSETZUNGEN DES § 9 VERBRKRG
- 3. AUSWIRKUNGEN DES SCHULDRECHTSMODERNISIERUNGSGESETZ
- a) Anwendbarkeit des § 358 BGB
- b) Voraussetzungen des § 358 BGB
- 4. NEUFÄLLE NACH DEM OLG-VERTRETUNGSÄNDERUNGSGESETZ
- a) Anwendbarkeit
- b) Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 Satz 3 BGB
- 5. RECHTSFOLGEN
- B. EUROPÄISCHE KOMPONENTE
- 1. RECHTSSACHE SCHULTE
- a) Sachverhalt und EuGH-Vorlage
- b) Voraussichtliches Urteil
- 1. RECHTSSACHE SCHULTE
- A. NATIONALE GRUNDSÄTZE
- IV. FAZIT
- LITERATURVERZEICHNIS
- ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit dem Haustürwiderruf bei Realkrediten und dessen wirtschaftlicher Bedeutung vor dem europarechtlichen Hintergrund. Sie analysiert die nationale und europäische Rechtslage, insbesondere die Auswirkungen der Heininger-Entscheidung des EuGH und die Umsetzung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes. Die Arbeit untersucht die Voraussetzungen und Folgen des Widerrufsrechts sowie die Anwendbarkeit des § 9 Verbraucherkreditgesetz und des § 358 BGB auf verbundene Geschäfte.
- Haustürwiderruf bei Realkrediten
- Nationale und europäische Rechtslage
- Heininger-Entscheidung des EuGH
- Schuldrechtsmodernisierungsgesetz
- Verbundene Geschäfte
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel II behandelt das Haustürwiderrufsgesetz und dessen nationale und europäische Komponente. Es werden die Voraussetzungen, Ausnahmen und Folgen des Widerrufsrechts sowie die Bedeutung der Heininger-Entscheidung des EuGH und die Umsetzung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes analysiert.
Kapitel III befasst sich mit verbundenen Geschäften und untersucht die Anwendbarkeit des § 9 Verbraucherkreditgesetz und des § 358 BGB auf diese Geschäfte. Es werden die Voraussetzungen und Folgen des Widerrufsrechts im Kontext verbundener Geschäfte analysiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Haustürwiderruf, Realkredite, Verbraucherkreditgesetz, Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, Heininger-Entscheidung, EuGH, verbundene Geschäfte, § 9 Verbraucherkreditgesetz, § 358 BGB, nationale und europäische Rechtslage.
- Citation du texte
- Cornelia Ewald (Auteur), 2004, Haustürwiderruf bei Realkrediten und seine wirtschaftliche Bedeutung vor dem europarechtlichen Hintergurnd, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114266