Estuary English - Phonetik, Soziolinguistik und Einfluss auf Cockney


Thèse de Bachelor, 2008

46 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Estuary English
2.1 Was ist Estuary English?
2.2 Definitionsversuche von Estuary English
2.3 Das Kontinuum und damit verbundene Probleme

3. Linguistische Variablen
3.1 Die Referenzakzente RP und Cockney
3.1.1 RP
3.1.2 Cockney
3.2 Konsonantische Features von Estuary English
3.2.1 T-Glottaling
3.2.2 L-Vokalisierung
3.2.3 Yod-Coalescence und Yod-Dropping
3.2.4 Weitere Auffälligkeiten bei Konsonanten in Estuary English
3.3 Vokalische Features von Estuary English
3.3.1 Happy-Tensing
3.3.2 Längung von /$/ - Abschwächung von /u/
3.3.3 TRAP-Vokal
3.3.4 Vokal-Fronting Phänomene

4. Die Soziolinguistik von Estuary English
4.1 Geografische und soziale Ausbreitung
4.2 Faktoren der geografischen und sozialen Ausbreitung
4.2.1 Der Faktor Mobilität
4.2.2 Comprehensive Schools
4.2.3 Die Medien
4.3 Akkommodation von Sprechern / Akzentkonvergenz
4.4 Levelling

5. Studie : Beeinflusst Estuary English Cockney?
5.1 Ziel der Studie
5.2 Material
5.3 Methode
5.4 Probleme
5.5 Ergebnisse
5.6 Schlussfolgerung

6. Abschließendes / Weiterer Ausblick

Bibliographie

1. Einführung

In England scheint es zur Tradition zu gehören, immer wieder die eigene Sprache genauer unter die Lupe zu nehmen, Änderungen zu analysieren und sie in der Regel dann als fürchterliche Entwicklung abzutun die es zu vernichten gilt. Dabei agieren die Medien gerne als selbsternanntes Sprachrohr der Menschen, lässt sich doch bei diesem Thema das Interesse einer breiten Masse erwecken. Denn jeder ist ja schließlich Sprecher und hat seine eigene Meinung zum Thema. Gerne wird dabei die Ansicht vertreten, dass Sprachentwicklung gleichzusetzen ist mit dem Verfall der Sprache. Diese complaint tradition lässt sich zurückverfolgen bis ins 13. Jahrhundert. Die Sprache des Volkes war damals Anglo Norman English, das sich aus Norman French herausbildete. Die upper classes in England sprachen zu der Zeit Französisch und ächteten die Sprache des Volkes als unkultiviert und unterlegen (Fischer 2003:54). Im 15. Jahrhundert beschwerte sich der Buchdrucker William Caxton über die Uneinheitlichkeit der englischen Sprache und trieb die Idee einer Standardisierung voran (Milroy & Milroy 1985:32f). Immer wieder kam es in der Geschichte dabei zu Konflikten zwischen präskriptivistischen Sprachpuristen und Deskriptivisten. Während einerseits das Bemühen „gute“ Sprache zu kultivieren und den Standard als einzig richtige Art der Ausdrucksweise anzusehen stand, gab es andererseits immer wieder gegenläufige Sprachentwicklungen, die sich an alles andere als den Standard hielten. Besonders die Artikulation betreffend kann eine solche Entwicklung auch heutzutage im Südosten Englands festgestellt werden; zum Leidwesen der Sprachpuristen. Die Vermengung von lokalen südostenglischen Merkmalen mit denen des Standards wurde 1984 von David Rosewarne Estuary English getauft. Schon bald erfreute sich diese „neue“ Varietät größter Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit; über England schwappte geradezu eine Welle von Berichten und Zeitungsartikeln, die alle versuchten, das Phänomen zu beschreiben, allerdings häufig in reißerischer Form. Schnell kam es hierbei zu einer Fortsetzung der complaint tradition und zu einer Furcht vor dem Verfall der englischen Sprache.

The spread of Estuary English can only be described as horrifying. We are plagued with idiots on radio and television who speak English like the dregs of humanity, to the detriment of our children. (Leserbrief aus Hilgers 2000:1)

It is slobspeak, limp and flaccid. The mouths uttering it deserve to be stuffed with broken glass. (Zeitungsartikel aus Maidment 1994)

Mit Estuary English selbst haben sich lange Zeit nur wenige Linguisten beschäftigt. Das Phänomen blieb in den Händen der Journalisten, die nach wie vor zu Übertreibungen neigten und Estuary English immer mehr prestigelose Merkmale des Englischen zuschrieben. Möglicherweise wurde erst dadurch das Interesse vieler Sprachwissenschaftler geweckt, die sich nun in einer wesentlich nüchterneren und theoretischen Herangehensweise Estuary English widmeten – auch um vieles klarzustellen, was durch die Medien ein verzerrtes Bild erzeugt hatte. Seitdem in den letzten Jahrzehnten Estuary English durch Linguisten zu einem greifbareren Konstrukt geformt wurde, konnte, zumindest in der akademischen Welt, revidiert werden, dass es sich bei dem auftretenden Phänomen um eine neue, innovative Entwicklung handelt, die womöglich die Standardsprache RP ersetzen wird. Vielmehr wurde begründet, dass es sich um einen schon länger andauernden Trend der Sprachentwicklung Südostenglands handelt und welche soziolinguistischen Faktoren die Ausbreitung von Merkmalen begünstigen.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich zunächst mit dem Aufkeimen des ersten Bewusstseins laufender Änderungen, sowie mit den Kontroversen die infolgedessen auftraten (Kapitel 2). Erkenntnisse, die nach und nach bezüglich Phonologie und Phonetik gefunden wurden, werden aufgeteilt in konsonantische und vokalische Variablen dargelegt (Kapitel 3). Im Anschluss daran wird in Kapitel 4 auf soziolinguistische Aspekte eingegangen, die zu einer Ausbreitung der Features führten. Hierbei werden sowohl geografische als auch soziale Ausbreitung behandelt, sowie das Resultat dessen: Akkommodation der Sprecher und levelling. In einer Studie soll zudem die Rolle von Estuary English als Einfluss auf Cockney untersucht werden (Kapitel 5). Schließlich soll erläutert werden, wie das Konstrukt Estuary English am Ehesten zu verstehen ist und ob eine weitere Ausbreitung für vorstellbar gehalten werden kann.

2. Estuary English

2.1 Was ist Estuary English?

Der Begriff Estuary English wurde zum ersten Mal 1984 von David Rosewarne in einem Artikel des Times Educational Supplement verwendet. Rosewarne beschreibt dort eine Sprachentwicklung in England, bei der Formen von ‚London speech’ und General RP vermischt werden. Diese sich neu herausbildende Varietät würde in der nahen Zukunft den größten Einfluss auf die RP haben und ließe sich anhand eines Kontinuums veranschaulichen.

Estuary English is a variety of modified regional speech. It is a mixture of non- regional and local south-eastern English pronunciation and intonation. If one imagines a continuum with RP and London speech at either end, “Estuary English” speakers are to be found grouped in the middle ground. (Rosewarne 1984)

Somit käme es zu einer Vermengung von regionalen Akzenten und der überregionalen Aussprache der RP. Estuary English kann nach Rosewarne in verschiedenen Abstufungen vorkommen. So kann es Sprecher geben, deren Estuary English durch ihren regionalen Akzent stärker eingefärbt ist, aber auch Sprecher, deren Estuary English stark beeinflusst bis kaum unterscheidbar von RP ist. Undefiniert bleibt, was Rosewarne unter den Begriffen RP und ‚London Speech’ versteht. Wells (1994) merkt an, dass er unter London Speech Cockney oder ‚popular London’ versteht; den Dialekt, der hauptsächlich unter Londons working-class verbreitet ist.

Der Terminus Estuary English an sich geht nach Rosewarne (1984) auf die Themse-Mündung zurück:

The heartland of this variety lies by the banks of the Thames and its estuary, but it seems to be the most influential accent in the south-east of England.

Der Begriff an sich hat in der linguistischen Fachwelt immer wieder zu Konflikten geführt. So sei er nach Maidment (1994) eine unglückliche Bezeichnung, da Estuary English, sofern es überhaupt existiere, nicht nur in der Nähe der Themse- Mündung gesprochen werde und es keine Hinweise dafür gebe, dass die Varietät dort überhaupt entstanden sei. Battarbee (1996) spricht in Ryfa (2003:9) von

[…]regional arrogance of the SouthEast within the UK: it takes for granted that 'Estuary' means the Thames Estuary. There are many estuaries in Great Britain, and several of the emerging regional mega-accents are estuarially based.

Relativ einig ist man sich jedoch darüber, dass sich das Einzugsgebiet von Estuary English zumindest entlang der Themse und den an London angrenzenden Home Counties 1 erstreckt.

Bemerkenswert ist, dass bereits vor David Rosewarnes Aufsatz Entwicklungen festgestellt werden konnten, bei denen es zu einer Vermischung von typischen London-Features und RP kam. So beschreibt George Orwell bereits 1939:

In the Thames Valley the country accents were going out. Except for the farm lads, nearly everyone who was born later than 1890 talked Cockney. (Parsons 1998: i)

Auch merkt Haenni (1999:4) an, dass der Dialektologe Wakelin schon 1972 von

dialect-contact phenomena“ und daraus folgenden Veränderungen sprach, wobei dabei eher von einem Einfluss der Standardsprache auf die Dialekte ausgegangen wurde und somit typische Merkmale von Akzenten im südenglischen Raum zugunsten von standardsprachlichen Merkmalen verloren gingen. Bei Estuary English hingegen wird häufig davon ausgegangen, dass sich die lokalen Dialekte den Weg zum Standard bahnen und (stigmatisierte) Merkmale an Akzeptanz gewinnen. So prognostiziert Wells 1982:

By the end of the century everyone growing up in Britain may have some degree of local accent. Or, instead, some new non-localisable but more democratic standard may have arisen from the ashes of RP: if so, it seems likely to be based on popular London English. (aus Haenni 1999: 5)

Jedenfalls scheinen Beobachtungen von Wechselwirkungen zwischen lokalen Akzenten und Standardsprache in Südostengland nicht mehr ganz so neu zu sein wie sie oft dargestellt werden. Besonders Trudgill (2001) weist die Genese einer neuen Varietät, die sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben soll, entschieden zurück.

[EE] is an inaccurate term which, however, has become widely accepted. It is inaccurate because it suggests that we are talking about a new variety, which we are

„[…]stark in Richtung Norden bis nach Norwich und nach Westen bis nach Cornwall ausgedehnt[…]“ not; and because it suggests that it is a variety of English confined to the banks of the Thames Estuary, which it is not.

Der Begriff „Estuary English“ wurde trotz allem (meist verspätetem) Widerspruch anerkannt und dem Phänomen dadurch einen Namen gegeben. Besonders die Aufmerksamkeit, die diese angeblich neue Entwicklung Mitte der 1990iger in den Medien zu Teil wurde, ließ es kaum mehr zu, den Begriff anders zu formulieren. In der akademischen Welt wurde er darum auch, wenn auch oft zähneknirschend, adoptiert.

Nevertheless, it has to be acknowledged that the term 'Estuary English' has already achieved some degree of public recognition. As with the equally unsatisfactory term 'Received Pronunciation', we are forced to go along (Wells 1994).

Estuary English treffend zu definieren, scheint aber nach wie vor problematisch zu sein.

2.2 Definitionsversuche von Estuary English

Die Definition von David Rosewarne wurde bereits in 2.1 genannt. Sie wurde oft als unpräzise dargestellt, da Rosewarne seine Definitionen von RP und London Speech außen vor lässt, ebenso was genau er unter „mixture of non-regional and local south-eastern English pronunciation and intonation“ versteht. Crystal (2003:327) schließt sich Rosewarnes Beschreibung des Kontinuums an, allerdings geht er bei Estuary English von einem Dialekt und nicht von einem Akzent aus. Trudgill (2001) versteht unter dem Begriff einen “lower middle class accent” der Home Counties, die London umgeben. Wells (2004) spricht von „Standard English spoken with a non-RP, London influenced accent”, Przedlacka (2001:36) von “Speech of London and the Southeast”.

Einig ist man sich letztlich allerdings nur darüber, dass Estuary English in Teilen Südenglands verbreitet ist und Merkmale, die typisch für ‚popular London Speech’ sind, beinhaltet. Auf eine universell gültige Definition konnte man sich bisher nicht einigen. Auch bietet Rosewarnes Darstellung eines starren Kontinuums mit RP und Cockney als Extrempunkte und Estuary English in der mittleren Peripherie nachvollziehbare Angriffspunkte, was Raum für andere Interpretationen lässt.

2.3 Das Kontinuum und damit verbundene Probleme

Auch wenn Rosewarne nie explizit ein Schema seiner Kontinuumstheorie darstellt, lässt es sich etwa wie in (1) darstellen2.

(1) [ RP ] [ EE ] [Cockney]

Das Schema mag eine Interpretation dahingehend erlauben, dass Estuary English verschieden eingefärbt sein kann. So kann es beispielsweise Sprecher geben, die am rechten Teil des Estuary English Spektrums angesiedelt sind und sich demnach nicht allzu sehr von einem Cockneysprecher unterscheiden. Trotzdem bleibt das Kontinuum starr in dem Sinne, als dass man nicht mit absoluter Gewissheit bestimmen kann, wann ein Sprecher noch Cockney spricht und an welchem Punkt er als Sprecher des Estuary English einzustufen ist. Dies wird von Altendorf (1999) in einer Studie darüber, welche phonetischen Merkmale von Estuary English bzw. Cockney als so genannte boundary markers herangezogen werden können, untermauert. Zwar kann man potentielle boundary markers nachweisen, jedoch gilt dies nicht für alle Features. Vielmehr gibt es fließende Übergänge oder Features, die sowohl im Cockney als auch in Estuary English gebräuchlich sind, jedoch nicht in RP.

Maidment erscheint ein Kontinuum mit solch unflexiblen Grenzen zu naiv; es müsse genauso stilistische Variation und sprachliches Register berücksichtigen (1994:6). Er schlägt daher ein Modell vor, das formellen und informellen Sprachgebrauch beinhaltet:

(2) [I <---Cockney--->F] [I <---RP--->F]

[I <---EE--->F]

Jeder Sprecher eines Akzentes bewegt sich demnach auf einem Kontinuum von informell (I) zu formell (F) und Überschneidungen können dargestellt werden. Die Sprecher passen sich also an die gegebene Situation an. Maidment nennt als Beispiel H-Dropping, ein stark stigmatisiertes Merkmal, das typisch für Cockney ist3. In formellen Situationen neigt ein Cockneysprecher eher dazu, H-Dropping zu vermeiden, während ein Estuary English- Sprecher in einer entspannten, informellen Situation möglicherweise auf das wortinitiale /h/ verzichten würde (1994:6). Maidment kommt zu folgendem Schluss:

EE is no more than slightly poshed up Cockney or RP which has gone „down market“ in appropriate situations and that rather than there being a newly developed accent which we should call EE, all that has happened over recent years is that there has been a redefinition of the appropriateness of differing styles of pronunciation to differing speech situations. For example, the perception may be that it is now more acceptable to use informal style in broadcasting.

Haenni (1999:8) bemerkt, dass auf Grund des alternativen Kontinuum-Modells die Kategorie Estuary English konsequenterweise überflüssig sei und es dann genüge, sich statt auf Estuary English lediglich auf formal Cockney oder informal RP zu beziehen. Außerdem bleibt festzuhalten, dass es zu einer Grenzüberschreitung von Akzent zu Dialekt kommt. Formelles Cockney müsste demnach ein Akzent der Standardsprache sein, während informelles (broad) Cockney ein Dialekt mit eigener Syntax und eigenem Lexikon ist. Hier eine Grenze zu finden, ist ebenfalls schwierig. Ebenso dürften sich formelles Cockney und informelles Estuary English nicht allzu sehr von einander unterscheiden. Ob dann beispielsweise der double negative, weit verbreitet im Cockney, wie in „They don’t know nothing“, ebenso Teil von (informellem) Estuary English ist, das sich ja an die Standardgrammatik hält, bleibt offen.

Eine Beschreibung des Phänomens durch Kontinua mag für grobe Erläuterungen und Simplifizierung dienlich sein, doch bei genauerem Betrachten muss man feststellen, dass komplexere Erklärungen unter Einbezug anderer Faktoren, die zur Herausbildung der Varietät geführt haben, vonnöten sind. Im folgenden Abschnitt werden nach einer kurzen Darstellung der Referenzakzente von Estuary English zunächst die phonetischen Merkmale, die charakteristisch für Estuary English sind, beschrieben und kritisch bewertet, um das Gesamtkonstrukt Estuary English und seine Bestandteile besser verstehen zu können.

3. Linguistische Variablen

3.1 Die Referenzakzente RP und Cockney

Bei Estuary English handelt es sich um eine Mischung aus dem Standardakzent Englands, RP (= Received oder auch Reference Pronunciation 4), und Merkmalen von Cockney English, das ursprünglich auf Ostlondon eingegrenzt werden konnte. Bevor auf die konkreten phonetischen Merkmale von Estuary English eingegangen wird, soll daher eine kurze Übersicht über die Referenzakzente gegeben werden5.

3.1.1 RP

Unter RP versteht man gemeinhin den Standardakzent von gesprochenem Englisch in England. Die Aussprache kann auf eine lange Tradition zurückblicken und gilt nach wie vor als voll ausgebildet und weist einen hohen Grad an standardness auf; auch da sie kaum Veränderungen und erst recht keine verschiedenen regionalen Ausprägungen zulässt. Durch diese unlocalisability ist es nicht möglich, Sprecher an ihrer Aussprache ihrer Herkunft zuordnen zu können.

The best speakers of Standard English are those whose pronunciation, and language generally, least betray their locality. (Sweet 1906 in Parsons 1998:13)

It is also significant that the British Who’s who still does not as a rule give a person’s place of birth, but his place of education. (Parsons 1998:13)

Das zweite Zitat leitet über zu einem weiteren wichtigen Merkmal von RP: Sozialer Exklusivität. Sprecher von RP erfahren generell ein hohes Maß an sozialen und wirtschaftlichen Vorteilen, da es der Akzent der gesellschaftlichen Oberschicht ist, die es sich leisten kann, ihre Kinder auf teure Privatschulen, auf denen bis heute ausschließlich in RP unterrichtet wird, zu schicken. RP wird daher häufig in Zusammenhang mit Prestige, Geld und Macht gebracht, ebenso mit Elite, Privilegien und sozialer Ungerechtigkeit. Doch als „echte“ RP-Sprecher, deren Aussprache praktisch identisch mit den Standardregeln in Wörterbüchern ist, zählt Trudgill (2001) gerade einmal 3-5% der Bevölkerung. Ein größerer Teil der RP- Sprecher wäre eher als Mainstream-RP („prototypical middle-aged BBC newsreader“ (Altendorf (2003:31)) oder Advanced-RP („language of the young and trendy“ (Altendorf (2003:31)) einzuordnen. Daran kann man sehen, dass auch

„reines“ RP Änderungen unterliegt. RP-Formen wie „Near RP“ (Wells 1982 in Altendorf 2003:32) oder „Modified RP“ (Crystal 2003:365) sind Verschmelzungen von RP mit einigen regionalen süd-ost-englischen Charakteristika, die eine hohe soziale Akzeptanz aufweisen.

[Modified-RP accents] are now often used alongside with RP in many status-relevant situations […]. In some types of these situations, Modified-RP accents might even be preferred over a pure RP accent. (Altendorf 2003:35)

RP muss also nicht als starres Gebilde gesehen werden, auch hier ist Sprachentwicklung im Gange, auch wenn Sprachpuristen sich dagegen sträuben mögen. Die gestiegene Akzeptanz von Lokalismen begünstigt dann natürlich Herausbildungen wie Estuary English.

3.1.2 Cockney

Cockney ist die hoch stigmatisierte, wenig prestigeträchtige Sprache, die in London, hauptsächlich bei niedrigeren sozialen Klassen, verbreitet ist. Cockney ist sowohl Akzent als auch Dialekt, da es nicht nur durch phonetische und phonologische, sondern auch durch syntaktische, morphologische und lexikalische Besonderheiten auffällt. Ursprünglich war man nur ein „echter“ Cockney, wenn man in Hörweite der Kirche St-Mary-le-Bow im East End geboren wurde. Dieses romantische Bild ist heutzutage allerdings überholt, da man echte Cockneys auch in vielen anderen Vierteln Londons antreffen kann. Altendorf (2003:36) definiert Cockney weiter gefasst folgendermaßen:

‚Cockney’ refers to non-standard English accents which include among other characteristics a number of London working-class features and are used in London and the south-east.

Von allen englischen Akzenten wird Cockney (zusammen mit dem Akzent Birminghams) als unschönstes Englisch bewertet (Parsons 1998:85). Nicht- Sprecher schreiben dem Akzent bzw. den Sprechern Unhöflichkeit, Ungebildetheit und niedrigen Status zu.

[...]


1 Also weite Teile von Essex, Kent, Surrey, Berkshire, Buckinghamshire, Hertfordshire und Middlesex. Nach Rosewarne (1994) in Hilgers (2000:44) habe sich Estuary English sogar

2 So geschehen auch in Maidment (1994)

3 Der Wegfall wortinitialer /h/s ist allerdings auch in anderen Gebieten Englands, hauptsächlich ländlichen, verbreitet. Verwendung von H-Dropping wird oft mit „uneducatedness“ gleich gesetzt, was bei den Akzentsprechern, die dieses Merkmal aufweisen, oft zu hypercorrection führt (vgl.3.2.4).

4 Ein Vorschlag Rosewarnes (1984) in Hilgers (2000:12)

5 Dieser Teil basiert zu weiten Teilen auf Altendorf (2003:27-39)

Fin de l'extrait de 46 pages

Résumé des informations

Titre
Estuary English - Phonetik, Soziolinguistik und Einfluss auf Cockney
Université
University of Constance
Note
1,3
Auteur
Année
2008
Pages
46
N° de catalogue
V114297
ISBN (ebook)
9783640148783
Taille d'un fichier
563 KB
Langue
allemand
Mots clés
English, Phonetik, Soziolinguistik, Einfluss, Cockney, Estuary, Estuary English
Citation du texte
B.A. David Spitzl (Auteur), 2008, Estuary English - Phonetik, Soziolinguistik und Einfluss auf Cockney, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114297

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