Die kubanische Außenpolitik in Angola im Spannungsfeld des Kalten Krieges 1975 bis 1991


Dossier / Travail de Séminaire, 2021

20 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Hauptteil

2 Fazit

Quellen- und Literaturverzeichnis

Einleitung

Möchte man geschichtswissenschaftliche Forschungen über den Kalten Krieg betreiben, so ist es unerlässlich, auch auf die Entwicklungen in der sogenannten Dritten Welt ein­zugehen, in welcher sich während des Kräftemessens der beiden Supermächte USA und Sowjetunion bedeutsame Konflikte für den Verlauf des Kalten Krieges zugetragen ha­ben. Hält man es mit dem Historiker Odd Arne Westad, sollte die Phase in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren als Höhepunkt der Dynamiken des Kalten Krieges und somit der Auseinandersetzungen in der sogenannten Dritten Welt betrachtet werden.1 In die­sem Sinne ist eine Geschichte vom Kalten Krieg in Asien, Afrika, Südamerika eine des Postkolonialismus und zwangsläufig auch eine der Revolutionen.

Als eine der weltweit letzten Kolonien wurde Angola 1975 nach dem Sturz der portugiesischen Salazar-Diktatur in die Unabhängigkeit entlassen, woraufhin das ent­standene Machtvakuum im südafrikanischen Land zu einem Bürgerkrieg der eth­nisch-diversen Unabhängigkeitsparteien führte. Die marxistisch gesinnte „Volksbewegung zur Befreiung Angolas“ oder auch MPLA (Movimento Popular de Libertação de Angola) konnte einstweilen ihren Herrschaftsanspruch durchsetzen und die Volksrepublik Ango­la ausrufen. Mithilfe der verbündeten Staaten Kuba und der Sowjetunion behauptete sich die Regierungspartei in diversen militärischen Auseinandersetzungen gegen das Apartheid-Regime Südafrikas, welches von den USA unterstützt wurde.

Die vorliegende Hausarbeit versucht die kubanische Unterstützung in Angola zu untersuchen, um Fidel Castros Außenpolitik in der sogenannten Dritten Welt anhand des afrikanischen Beispieles nachvollziehen zu können. Zudem wird diese Analyse auf das Spannungsfeld sowie auf die Facetten der Entspannungspolitik zwischen den beiden Supermächten eingehen. Welche Interessen verfolgten die Sowjetunion und die USA und was kennzeichnete ihre Außenpolitik in Angola? Wie wirkte sich für Kuba die Ko­operation mit Angola auf die Beziehung zu den beiden Supermächten aus?

Einleitend wird der der Hausarbeit zugrundeliegende regionale Rahmen des ango­lanischen Bürgerkriegs bzw. des benachbarten Konflikts in Namibia2 gesetzt. Es folgt die Vorstellung der kubanischen Militär- und Zivilhilfe.

Danach setzt sich die Arbeit mit den Außenpolitiken der beiden Supermächte auseinander und bezieht sie auf den Kon­fliktverlauf. Abschließend wird der Erkenntnisgewinn im letzten Kapitel festgehalten und ein Fazit formuliert.

Als Quellen werden zum einen die Rede des Präsidenten der Volksrepublik Angola Agostinho Neto am 10. November 1975, in welcher er unter anderem die politischen Grundsätze und Ziele des jungen Landes verkündet, und zum anderen ein Interview zwischen Fidel Castro und dem US-amerikanischen PBS-Korrespondenten Robert Mac­Neil vom 16. Februar 1985 herangezogen, welches Aufschluss über die amerika­nisch-kubanischen Beziehungen gibt. Außerdem wird auf eine angolanisch-kubanische Staats­erklärung vom 5. Februar 1982 Bezug genommen, die zum Ziel hat, die kubanische Truppenstationierung in Angola vor der Weltöffentlichkeit zu legitimieren.

1 Hauptteil

1.1 Der Konfliktverlauf

Für die Ergründung des Angolanischen Bürgerkriegs muss man in die koloniale Vergan­genheit des Landes schauen, denn in den 1950er- und 1960er-Jahren bildeten sich drei große Nationalbewegungen in Angola heraus, welche zwar alle für die Unabhängigkeit Angolas kämpften, sich in ihrer Ausrichtung jedoch den beiden ideologischen Systemen der damaligen bipolaren Weltordnung zuordnen lassen.3 Die gegenseitigen Animositä­ten sind im liberalen Kapitalismus der westlichen Ländern und sozialistischen Marxis­mus-Leninismus der Ostblockstaaten begründet. Einerseits trat die „Volksbewe­gung zur Befreiung Angolas“ (MPLA) für einen universalistischen, multiethnischen und marxis­tischen Staatsnationalismus ein, andererseits setzte die „Nationale Front zur Be­freiung Angolas“ (FNLA) auf die afrikanische sozio-kulturelle Identität des Volkes – Angola war durch eine große ethnische Heterogenität gekennzeichnet, weshalb der Konflikt tief in der Bevölkerung verwurzelt und folglich komplex war. Die 1966 ge­gründete „Natio­nale Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas“ (UNITA) spielte bis 1975 keine große militärische Rolle und hatte ähnlich wie die FNLA einen geringe­ren gesellschaft­lichen Rückhalt im Vergleich zur MPLA, hinter der die Angolaner4 mehrheitlich stan­den. Da ein rein militärischer Sieg über die Kolonialmacht Portugal ausgeschlossen war, hoffte man, dass sich die Erhaltungsbestrebungen der portugiesi­schen Kolonie in den Militärausgaben Portugals niederschlagen und sich somit wirt­schaftlicher Druck beim Kolonisten einstellen würde. Tatsächlich stiegen die portugiesi­schen Militärausga­ben bis 1971 auf knapp die Hälfte des Staatshaushaltes, was unter anderem zur portu­giesischen Nelken-Revolution von 1974 führte. Die Kolonialpolitik wurde verstärkt in­frage gestellt und schließlich von der neuen linksgerichteten Regie­rung endgültig aufge­geben. Verhandlungen über eine Lösung der Kolonialfrage began­nen und eine Über­gangsregierung mit Vertretern der portugiesischen Regierung und der drei größten Natio­nalbewegungen wurde eingerichtet. Die geteilte Macht im Land und der politische Umschwung brachten dennoch viele Menschen auf die Straße und so kam es zunächst zu Arbeiteraufständen, zur Mobilisierungen der Anhängerschaften der je­weiligen Natio­nalbewegungen und schließlich zum angolanischen Bürgerkrieg.5

Am 10. November 1975 rief die MPLA mit dem Vorsitzenden und erstem Präsi­denten Agostinho Neto die Volksrepublik Angola aus. In seiner Unabhängigkeitsrede schildert er den anstehenden „Kampf gegen die Lakaien des Imperialismus“ und die „Entschlossenheit, die gegenwärtigen wirtschaftlichen Strukturen radikal zu verändern.“6 Außerdem betont Neto die Gemeinsamkeiten zwischen dem portugiesi­schen und angolanischen Volk und spricht von einer Partnerschaft mit der neuen linken Regierung in Portugal. Auch ist vom wirtschaftlichen Multilateralismus die Rede, was dem jungen, instabilen Angola zugute kommen würde, denn bei den internationalen Be­ziehungen solle das Prinzip des gegenteiligen Vorteils im Vordergrund stehen. Anschlie­ßend wird auf den Fachkräftemangel verwiesen und diesbezüglich ein Aufruf zur inter­nationalen Zusammenarbeit angekündigt. Weiter sagt Neto mit Hinblick auf die Außen­politik, dass Angola zu den blockfreien Staaten gehören werde, worauf die Aussage folgt: „Die Volksrepublik Angola ist dem antiimperialistischen Kampf verpflichtet und wird deshalb mit den afrikanischen Ländern, den sozialistischen Ländern und allen fort­schrittlichen Kräften der Welt verbündet sein.“7

Vor dem Hintergrund der militärischen Ereignisse im Unabhängigkeitsjahr lässt sich seine Rede politisch kontextualisieren, denn Ende 1975 invadierten südafrikanische Truppen angolanisches Terrain, um der opponierenden Freiheitsbewegung UNITA im Bürgerkrieg zur Unterstützung zu kommen, womit der Konflikt endgültig über die Lan­desgrenzen hinaus getragen wurde.8 Im Sinne des in Netos Rede bereits angesprochenen Internationalismus entsandte Fidel Castro seine Truppen nach Angola. Er verhinderte durch die kubanische Intervention den südafrikanischen Vorstoß auf die Hauptstadt Lu­anda und sorgte bis 1976 für den vorläufigen Rückzug der feindlichen Streitmacht. Da­mit agierte Kuba zugleich ohne Abstimmung mit der sowjetischen Schutzmacht, auf de­ren außenpolitische Beziehung allerdings später noch gesondert eingegangen wird; nichtsdestotrotz sicherten die Sowjets der MPLA, ähnlich wie die US-Amerikaner der UNITA und Südafrika, im weiteren Verlauf Rüstungshilfen und Militärexperten zu, ohne welche ein eigenständiges militärisches Vorhaben in Afrika nicht durchführbar ge­wesen wäre.9 Dank der Unterstützung aus dem Ausland gewann die angolanische Volks­republik vorerst an Stabilität und ab 1976 fokussierte man sich auf den nationalen Wie­deraufbau im Sinne der ideologischen Ausrichtung eines Marxismus-Leninismus.10 An­gola war dennoch keine Einheit geworden und durch die kontinuierliche Destabilisie­rungspolitik Südafrikas mit Gefechten im Süden des Landes weiterhin beeinträchtigt. Das südafrikanische Apartheid-Regime war für seine Interessen nicht bloß in Angola aktiv.

Eng hängt der angolanischen Bürgerkrieg mit dem Konflikt im Nachbarland Nami­bia zusammen. Bereits seit 1915 und der Besetzung Namibias durch Südafrika bestan­den große wirtschaftliche und geopolitische Interessen der Südafrikaner, die sogar bis zur totalen Eingliederung des Nachbarn reichten.11 Die „südwestafrikanischen Volksor­ganisation“ (SWAPO) schloss sich während des namibischen Befreiungskampfes zu­sammen und setzte sich als Nationalbewegung gegen die südafrikanischen Besatzer zur Wehr. In den frühen 1970er-Jahren wuchs der Druck der internationalen Gemeinschaft und veranlasste Südafrika, jegliche imperialistischen Absichten ruhen zu lassen, bis Na­mibias Weg in die Autonomie schließlich mit der Resolution 435 vom 29. September 1978 auf dem Papier beschlossen wurde – doch hatte der Beschluss vorerst keine real­politische Wirkkraft und der Konflikt konnte bis Anfang der 1990er-Jahre nicht final beigelegt werden. Ab 1978 drangen südafrikanische Truppen mehrmals im südlichen Angola ein, um die dortigen Militärstationen der marxistisch gesinnten SWAPO zu atta­ckieren, welche mit der MPLA verbündet waren. Zusammen mit der UNITA konnten die Truppen der Südafrikaner schließlich bis in die Mitte der 1980er-Jahren einen gro­ßen Teil Südost-Angolas unter ihre Kontrolle bringen. Dies führte zwangsläufig zu Zu­sammenstößen mit dem angolanischen Militär, wobei Konfrontationen mit der kubani­schen Streitmacht selten waren, weil diese sich meist weiter im Norden des Landes auf­hielten.12

Der Konflikt wurde von beiden Seiten am Laufen gehalten.13 Nach zwei misslun­genen Versuchen des angolanisch-kubanischen Militärs 1985 und 1987, das Hauptquar­tier der UNITA zu stürmen, um die unliebsame aufständische Bewegung im Land zu zerschlagen, war es das entschiedene Ziel der Südafrikaner, einen etwaigen dritten Schlag der MPLA präventiv zu verhindern. Es kam zur direkten Aufnahme der Verfol­gung, doch bei der Kleinstadt Cuito Cuanavale im Süden Angolas konnten die Kubaner mit ihren überlegenen Kampfflugzeugen eine radargestützte Lufthoheit der zu Boden besser aufgestellten südafrikanischen Artillerie entgegensetzen und eine Pattsituation herbeiführen. Im Folgejahr kam es zu einer Zuspitzung, als 10.000 kubanische Soldaten an die nami­bische Grenze vormarschiert waren. Zunächst gab es einen verbalen Schlag­abtausch über die jeweilige Kriegsbereitschaft der beiden Seiten und auf diplomatischer Ebene traf man sich zu Gesprächen in London, doch am 27. Juni 1988 eskalierte das Aufeinan­dertreffen beider Spähtrupps in Form von schwereren Kampfhandlungen mit elf süd­afrikanischen Todesopfern durch den Einsatz kubanischer Kampfflugzeuge.14 Diesem später als psychologischen Wendepunkt betrachteten Ereignis folgte jedoch kein un­überlegter Rachefeldzug, sondern die beginnende Deeskalation des Konflikts und eine Weiterführung der diplomatischen Bemühungen. Das Resultat dieser Bemü­hungen, nämlich der UN-Friedensvertrag für Angola und Namibia vom 22. Dezember 1988, lässt sich nicht ohne Bezugnahme auf die zwischen den beiden Supermächten auftreten­den Entspannungsphasen des Kalten Krieges erklären, worauf der letzte Teil des Haupt­teils zurückkommen wird. Im folgenden Kapitel soll es um den Beistand ge­hen, wel­chen Fidel Castro seinem angolanischen Amtskollegen leistete, sowie um die Beweg­gründe seines Handelns in der sogenannten Dritten Welt.

1.2 Die kubanische Unterstützung

Es stellt sich die Frage, warum Kuba überhaupt ein unterentwickeltes Land wie Angola auf der anderen Seite des Pazifik jahrelang tatkräftig unterstützte. Um sie zu beantwor­ten, müssen Fidel Castros ideologische Überzeugungen erläutert werden.

Als linker Berufsrevolutionär bedeutete der Sozialismus, Marxismus-Leninismus und Internationalismus für Castro die Zukunft.15 Angetrieben durch den unerbittlichen Klassenkampf würden sich die unterdrückten Menschen durch nationale Revolutionen vom Kapitalismus und Imperialismus befreien und letztlich die ersehnte internationale Weltrevolution herbeiführen. Militärausgaben betrachtete er als Mittel zum Zweck, ob­wohl er grundsätzlich pazifistisch eingestellt war und die finanziellen Mittel lieber in zi­vile Zwecke investiert hätte.16 Auch sonst mutet jene Ideologie humanistisch und selbst­los an: „Internationalist zu sein bedeutet, unsere Schuld gegenüber der Menschheit zu begleichen“ oder „Es gibt viele Länder, die ärmer sind als unseres. … Wir erinnern un­ser Volk ständig daran, … daß anderen Ländern geholfen werden muß, als ein Prinzip.“17 Mit gleichem Tenor sprach er von der Bereitschaft Kubas, bei hinreichenden Kapazitäten an technischen Arbeitern und Ärzten denjenigen Ländern zu helfen, welche dabei sind sich von den Unterdrückern zu befreien und Hilfe benötigen.18 Den Wert von Bildung bzw. ausgebildeten Fachkräften in einer Gesellschaft hält Castro besonders hoch, denn ohne sie komme kein Sozialismus aus.

Die kubanische Unterstützung sah zu Beginn der Kooperation lediglich das Bereit­stellen von Militärhilfe vor.19 Nachdem man aber den Bedarf an struktureller Entwick­lungshilfe vor Ort feststellte, entschloss man sich darüber hinaus zahlreiche Fachkräfte zu entsenden, um das in Kuba bereits erfolgreich aufgebaute und betriebene Massenbil­dungssystem für die angolanische Volksrepublik zu adaptieren. Der Ausbau des nationa­len Bildungs-, Gesellschafts- und Gesundheitssystems kam der angolanischen Regie­rungspartei MPLA insofern zugute, dass sich die noch instabile, junge Nation durch eine halbwegs starke Staatsmacht zu konsolidieren begann. So war es in den ersten Jah­ren Ziel, die Kooperation zu intensivieren und die weitgehende Institutionalisierung im Land voranzutreiben, wozu 1976 ein Rahmenvertrag über die künftige wissenschaftlic­he und technische Zusammenarbeit unterzeichnet wurde. In diesem Übereinkommen standen ökonomische Belange wie Regelungen über Abnahme-Quoten des kubanischen Zuckers oder über den Fischfang im Vordergrund. Zudem verhielt es sich so, dass Dienstleistungen der Kubaner bezahlt wurden – Unterkunftskosten und Verpflegung wurden ohnehin von den Angolanern übernommen. Die finanziellen Mittel wurden al­lerdings nicht direkt an die kubanischen Kräfte in Angola ausgezahlt, sondern zwi­schenstaatlich entrichtet.20 Es war eine Beziehung, die nicht ohne Spannung blieb, denn dem kubanischen Selbstverständnis nach galten die Angolaner den über die Zeit insge­samt etwa 400.000 stationierten Soldaten und ca. 50.000 Fachkräften aus Kuba gegen­über als zivilisatorisch und kulturell unterlegen. Es wurde der angolanischen Regierung prinzipienlose Korruption vorgeworfen, welche zu Uneinigkeit und Vertrauensspannun­gen führte. Dennoch arrangierte man sich miteinander, da ja die Solidarität und die ge­meinsamen politischen bzw. ideologischen Ansichten überwogen, die neben der Ent­wicklungszusammenarbeit eben auch die angolanisch-kubanische Militäreinheit wäh­rend des Konfliktes begründete.

Zum kubanischen Beistand zählte – wie bereits im vorangegangenen Kapitel vor­gestellt – die Bereitstellung militärischer Hilfe. Nach der erfolgreichen Zurückdrängung der südafrikanischen Truppen aus Angola 1976 verfolgte man den Plan eines zeitigen Abzuges der kubanischen Soldaten, allerdings haben ihn diverse Angriffe des von den USA unterstützten Apartheid-Regimes zunichte gemacht, da man sich nunmehr ge­zwungen sah, die staatliche Souveränität Angolas zu verteidigen.21 In der sechs Jahre später abgegebenen gemeinsamen Stellungnahme über die kubanische Truppenstatio­nierung in Angola vom 5. Februar 1982 rechtfertigten die Außenminister beider Länder vor der Weltöffentlichkeit die Entscheidung, die kubanischen Truppen zum Zweck der Verteidigung der „territorial Integrity and sovereignty of the people's republic of Ango­la“ im Land stationiert zu lassen. In der Zwischenzeit habe es nämlich 1978 im Gebiet Kasinga, 1979 und 1981 in den Provinzen Kunene und Uila Angriffe der südafrikani­schen Gegner gegeben, und auch luftgestützte NATO-Truppen sollen im Nord-Osten Angolas eine potentielle Gefahr dargestellt haben.22 Es wird deutlich, dass das angola­nisch-kubanische Bündnis eine Opferrolle einnimmt und neben Südafrika auch die USA als schuldtragenden Aggressor sieht, und darin die Weiterführung des Konflikts begrün­det liegt. Argumentativ berufen sich Angola und Kuba auf Artikel 51 der UN-Charta, welcher ihnen „das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstver­teidigung“23 zusichert und die kubanische Militärunterstützung legitimieren soll. Zudem begreifen sie die Maßnahmen als Maßnahmen gegen Rassismus und Kolonialismus bzw. Imperialismus, der die konfliktäre Situation im Krisengebiet, angetrieben von US-amerikanischen Interessen, am Laufen halte.24 In diesem Sinne prangert es die Ve­to-Entscheidung der USA im Weltsicherheitsrat über eine deeskalierende Resolution an; die verbündeten südafrikanischen Truppen hatten so ihren aggressiven Kurs Angola ge­genüber fortfahren können. Zum Schluss wird die Kooperation der beiden Länder auf Grundlage der bestehenden Staatssouveränität und völkerrechtlichen Legitimität ihres Zusammenschlusses als Argument angeführt, warum der Konflikt in Namibia getrennt zu sehen sei von dem angolanischen Bürgerkrieg. Es stand nämlich im Raum, dass eine Lösung des Regionalkonflikts in Form einer ordentlichen Umsetzung der UN-Resoluti­on 435 zum namibischen Weg in die Unabhängigkeit den Truppenabzug aus Angola bedingen sollte. Angola und Kuba insistierten jedoch auf die selbstbestimmte und recht­mäßige Entscheidung zwischen zwei unabhängigen Staaten, der Abzug kubanischer Soldaten würde bloß durch ein Ende der südafrikanischen Aggressionen in Aussicht ste­hen.25 Eine Einigung über den Konfliktausgang sollte erst knapp 6 Jahre später zustande kommen.

[...]


1 Werner Bührer: Rezension von „The Global Cold War: Third World Interventions and the Making of Our Times“ von Odd Arne Westad, November 2006, URL: https://www.h-net.org/reviews/showrev.php?id=20636 (Stand: 08.05.2021).

2 Für ein einheitliches Vorgehen und leichtes Verständnis wird in dieser Arbeit die heutige Länderbe­zeichnung ‚Namibia‘ dem damaligen Äquivalent ‚Südwestafrika‘ vorgezogen.

3 Lukonde Luansi: Angola: Zwischen regionaler Hegemonie und nationalem Selbstmord. Die Suche nach einer Lösung, Marburg 2001, S. 102 f.

4 Wenn in der vorliegenden Hausarbeit die Rede vom generischen Maskulin ist, sind auch die uner­wähnten Geschlechter gemeint, doch der Einfachheit halber ausgelassen.

5 Vgl. ebd. S. 105.

6 Die Rede zum Unabhängigkeitstag von Dr. Agostinho Neto am 10. November 1975. In: Colin Legum; Tony Hodges: Krieg um Angola. Köln 1978, S. 199.

7 Ebd. S. 201.

8 Vgl. Christ Saunders: Die Überwindung der Krise in Angola und Namibia. In: Bernd Greiner (Hg.); Christian Müller (Hg.); Dierk Walter (Hg.): Krisen im Kalten Krieg. Studien zum Kalten Krieg, 1. Aufl., Hamburg 2008, S. 523-542, hier S. 525 f.

9 Weil weitere Parteien wie China oder Zaire bloß unterstützend auftraten und nicht von besonderer Re­levanz für die Hausarbeit sind, wird zum Zweck der Vereinfachung im weiteren Verlauf nicht auf sie eingegangen.

10 Vgl. Peter Meyns: Sozialismus und Entwicklung in Angola. In: Klaus Fritsche (Hg.): Verlorene Träu­me? Sozialistische Entwicklungsstrategien in der Dritten Welt, 1 Aufl., Stuttgart 1989, S. 27-53, hier S. 30.

11 Vgl. Christ Saunders: Die Überwindung der Krise in Angola und Namibia. In: Bernd Greiner (Hg.); Christian Müller (Hg.); Dierk Walter (Hg.): Krisen im Kalten Krieg. Studien zum Kalten Krieg, 1. Aufl., Hamburg 2008, S. 523-542, hier S. 527.

12 Vgl. ebd. S. 530.

13 Vgl. ebd. S. 534.

14 Vgl. ebd. S. 536

15 Vgl. Ernst F. Fürntratt-Kloep: Unsere Herren seid Ihr nicht! Das politische Denken des Fidel Castro, Köln 2000, S. 188 f.

16 Vgl. ebd. S. 191.

17 Fidel Castro. Zitiert nach ebd. S. 130.

18 Vgl. ebd. S. 146.

19 Vgl. Christine Hatzky: Hierarchien? Die Sowjetunion, Kuba und Angola. Ein Fallbeispiel. In: Jost Dülffer (Hg.); Wilfried Loth (Hg.): Dimensionen internationaler Geschichte, München 2012, S. 389-408, hier S. 402.

20 Da die kubanische Regierung also auf die kubanischen Freiwilligen angewiesen war, wurden Reise­privilegien propagiert, die mit dem Einsatz in Angola einhergingen. Für viele Menschen gestalteten sich die Karrierechancen im Heimatland aufgrund Referenzerfahrungen durch den Einsatz im Ausland besonders vorteilhaft. Vgl. ebd. S. 403.

21 Vgl. TASS-Bericht über die angolanisch-kubanische Stellungnahme über kubanische Truppen in An­gola. 05. Februar 1982, URL: https://bit.ly/3dSuVve (Stand: 25.04.21).

22 Vgl. ebd.

23 Die Charta der Vereinten Nationen. 24. Oktober 1945, URL: https://unric.org/de/charta (Stand: 26.04.2021).

24 Vgl. TASS-Bericht über die angolanisch-kubanische Stellungnahme über kubanische Truppen in An­gola. 05. Februar 1982, URL: https://bit.ly/3dSuVve (Stand: 25.04.21).

25 Vgl. ebd.

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Die kubanische Außenpolitik in Angola im Spannungsfeld des Kalten Krieges 1975 bis 1991
Université
University of Siegen
Note
1,3
Auteur
Année
2021
Pages
20
N° de catalogue
V1143533
ISBN (ebook)
9783346521125
ISBN (Livre)
9783346521132
Langue
allemand
Mots clés
Kuba, Angola, Kalter Krieg, Fidel Castro, UdSSR
Citation du texte
Florian Krönert (Auteur), 2021, Die kubanische Außenpolitik in Angola im Spannungsfeld des Kalten Krieges 1975 bis 1991, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1143533

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