Die Untersuchung spät- und postglazialer Gletscherschwankungen in den Alpen ist in
einer Zeit, die sicherlich als wichtige Entscheidungs- und Handlungsphase hinsichtlich des
Globalproblems „anthropogener Treibhauseffekt“ in die Geschichte eingehen wird, aktueller
und brisanter denn je. Denn alle Entscheidungen in Politik, Wissenschaft und Gesellschaft
hinsichtlich einer Reduktion des Ausstoßes von CO2 und anderen Klimagasen sowie
Reaktionsmaßnahmen auf ein etwaiges „global warming“ bedürfen letztlich des profunden
Verständnisses von Verlauf und Ursache-Wirkungszusammenhängen des Weltklimas.
Dabei spielt nicht zuletzt die Erforschung der pleistozänen und holozänen Klimaschwankungen
eine wichtige Rolle – umso mehr, da das Wissen und Theorien über spät-
und postglaziale Umweltveränderungen in den letzten Jahrzehnten dramatisch erweitert
wurden (IVES 1977: 253). Gletscher und ihr geomorphologischer Formenschatz gelten in
diesem Zusammenhang als Klimazeugen und wichtiges Analyseobjekt zur Rekonstruktion
und zum Verständnis klimatischer Veränderungsprozesse. Sie können durchaus als
Zeigerphänomene (engl. „signals“), Schlüsselindikatoren und Modellgrößen für das
Klimasystem im Hochgebirge perzipiert werden (MAISCH et al. 2000: 24).[...]
Diese Arbeit wird sich mit der jüngeren Glazialgeschichte der Alpen, speziell den
würmspät- und postglazialen Gletscherschwankungen befassen. Dabei wird nach dem Versuch,
einen groben Gesamtüberblick über die Alpen im Eiszeitalter unter Bezugnahme auf
PENCK und BRÜCKNER zu geben, der Schwerpunkt auf der Analyse der Klima- und Gletschergeschichte
des Würmspätglazial-Holozän-Zykluses liegen, dessen theoretische Abhandlungen
anschließend kurz an einem Fallbeispiel aus der schweizerischen Berninaregion
(Oberengadin) veranschaulicht werden. Dem Rezipienten soll diese Arbeit ermöglichen, die
Gletscherdynamiken seit dem LGM (= last glacial maximum) ab ca. 20'000 BP bis zur
letzten, „gegenwärtigen“ Gletscherschwundphase synoptisch zu erfassen und somit
grundlegende Erkenntnisse und Einschätzungskriterien für das heutige Handeln zu erlangen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Überblick: Die Alpen im Eiszeitalter
- 3. Methoden zur Rekonstruktion der Vegetations-, Klima- und Glazialgeschichte
- 4. Spät- und postglaziale Gletscherschwankungen in den Alpen
- 4.1. Eisaufbau und Klima im Würm bis zum Hochglazial
- 4.2. Gletscherschwankungen im Würm-Spätglazial
- 4.3. Gletscherschwankungen im Postglazial/Holozän
- 5. Spät- und postglaziale Gletscherschwankungen am Beispiel Berninaregion und Morteratschgletscher
- 5.1. Spätglaziale Gletscherschwankungen im Berninagebiet
- 5.2. Postglaziale Gletscherschwankungen im Berninagebiet
- 6. Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der jüngeren Glazialgeschichte der Alpen, insbesondere mit den würmspät- und postglazialen Gletscherschwankungen. Sie verfolgt das Ziel, einen umfassenden Überblick über die Alpen im Eiszeitalter zu liefern, wobei der Schwerpunkt auf der Analyse der Klima- und Gletschergeschichte des Würmspätglazial-Holozän-Zykluses liegt. Darüber hinaus soll anhand eines Fallbeispiels aus der Schweizer Berninaregion (Oberengadin) die Gletscherdynamik seit dem LGM (last glacial maximum) bis zur letzten, „gegenwärtigen“ Gletscherschwundphase veranschaulicht werden.
- Die Alpen im Eiszeitalter und die Erkenntnisse von Penck und Brückner
- Methoden zur Rekonstruktion der Klima- und Glazialgeschichte
- Spät- und postglaziale Gletscherschwankungen in den Alpen
- Die Gletscherdynamik seit dem LGM im Berninagebiet
- Die Bedeutung der Gletschergeschichte als Klimaindikator
Zusammenfassung der Kapitel
Das zweite Kapitel bietet einen Überblick über die Alpen im Eiszeitalter und bezieht sich dabei auf die Erkenntnisse von Penck und Brückner, die ein fundamentales Werk zur Glazialgeschichte schrieben. Das dritte Kapitel erläutert verschiedene Methoden zur Rekonstruktion der Vegetations-, Klima- und Glazialgeschichte. Das vierte Kapitel widmet sich den spät- und postglazialen Gletscherschwankungen in den Alpen, wobei die Eiszeitphasen und die damit einhergehenden Klimaschwankungen im Detail beleuchtet werden. Das fünfte Kapitel analysiert die spät- und postglazialen Gletscherschwankungen im Berninagebiet (Schweiz) und stellt die Gletscherdynamik in diesem Gebiet seit dem LGM dar.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themen Gletscherschwankungen, Klimawandel, Glazialgeschichte, Alpen, Pleistozän, Holozän, Berninaregion, Morteratschgletscher, Penck und Brückner, Klimaindikatoren, geomorphologische Formen.
- Quote paper
- Jörg Vogelmann (Author), 2006, Spät- und postglaziale Gletscherschwankungen in den Alpen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114419