Das Leitmotiv der Insolvenzordnung hat sich nach der Insolvenzrechtsreform im Jahre 1999 grundlegend geändert. Die Sanierung krisenbehafteter Unternehmen stand im Fokus der Reform und sollte die in der Vergangenheit häufig praktizierte Liquidation als Verfahrensziel ablösen. Hintergrund war unter anderem die steigende Anzahl von Unternehmensinsolvenzen in der Vergangenheit. Sie zerstörten zahlreiche Arbeitsplätze und verursachten erhebliche volkswirtschaftliche Schäden.
In Anlehnung an das amerikanische Recht wurde zu diesem Zweck das sogenannte Insolvenzplanverfahren eingeführt. Das Insolvenzplanverfahren bildet das Kernstück der Insolvenzrechtsreform und stellt primär ein Instrument zur Unternehmenssanierung dar. So ist es seit der Reform beispielsweise möglich, den Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung mit Einführung des Tatbestands der drohenden Zahlungsunfähigkeit innerhalb eines Jahres vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit frei zu wählen. Des Weiteren wird der Insolvenzschuldner bei Antragstellung vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt. Ferner besteht die Möglichkeit, geschlossene Verträge, sofern sie betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll sind, einseitig zu beenden.
Trotz dieser tiefgreifenden Reformen sind die Sanierungsmöglichkeiten, die mithilfe des Insolvenzplanverfahrens möglich sind, bisher in der Öffentlichkeit relativ unbekannt geblieben. Häufig finden Diskussionsforen über das Insolvenzplanverfahren in Fachgremien statt, die größtenteils aus Insolvenzspezialisten bestehen. Den von der Insolvenz direkt betroffenen Gruppen, wie zum Beispiel Unternehmen, Gläubigern oder Investoren bleiben Informationen über die Sanierungschancen des Insolvenzplanverfahrens größtenteils verwehrt. Dabei sollten gerade diese Gruppen von den Sanierungschancen Kenntnis erlangen, um die bestehenden Möglichkeiten zu ihrem Vorteil nutzen zu können.
Aktuelle Zahlen belegen die unbedeutende Rolle des Insolvenzplanverfahrens in der Praxis. Nach Erhebungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn wurden in den Jahren 1999 bis 2005 ca. 240.000 Insolvenzanträge gestellt. Die Anzahl eingereichter Insolvenzpläne betrug im gleichen Zeitraum gerade einmal 965. Somit ist die Nutzung des Insolvenzplans als Instrument zur Unternehmenssanierung nach wie vor die Ausnahme. Dass jedoch mit dem Insolvenzplanverfahren Unternehmenssanierungen möglich sind, zeigen die erfolgreichen Sanierungen populärer Unternehmen wie Babcock Borsig, Ihr Platz und Herlitz. [...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemstellung und Zielsetzung
- Gang der Untersuchung
- Rahmenbedingungen der Insolvenzrechtsreform
- Begriffsdefinitionen
- Insolvenz und Insolvenzrecht
- Sanierung
- Entwicklung der Insolvenzrechtsreform in Deutschland
- Defizite der alten Rechtsordnungen
- Einführung der Insolvenzordnung als zentraler Reformbestandteil
- Grundlagen der Insolvenzordnung
- Wesen der Insolvenzordnung
- Zielsetzungen der Insolvenzordnung
- Einordnung des Insolvenzplans in die Insolvenzordnung
- Insolvenzverfahren im Überblick
- Beteiligte Gruppen
- Insolvenztatbestände
- Ablauf des Insolvenzverfahrens
- Unternehmenssanierung mittels Insolvenzplan
- Zweck und Rechtsnatur des Insolvenzplans
- Arten von Insolvenzplänen
- Aufbau des Insolvenzplans
- Insolvenzplanverfahren
- Planinitiativrecht
- Vorprüfung des Insolvenzplans
- Abstimmung über den Insolvenzplan
- Wirkungen und Überwachung des Insolvenzplans
- Besonderheiten bei Eigenverwaltung
- Kritische Würdigung
- Praktische Bedeutung des Insolvenzplans zum Zwecke der Unternehmenssanierung
- Anwendung von Insolvenzplanverfahren in der Praxis
- Praktische Anwendungsprobleme des Insolvenzplans
- Kritik der Insolvenzverwalter am Planverfahren
- Kosten des Insolvenzplanverfahrens
- Negative Publizität der Insolvenz
- Vespätete Insolvenzantragstellung
- Auswahl des Insolvenzverwalters
- Vorteile einer Sanierung mittels Insolvenzplan
- Grundsätzliche Vorteile einer gerichtlichen Sanierung
- Insolvenzplan vs. Liquidation
- Insolvenzplan vs. übertragende Sanierung
- Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der aktuellen Anwendungsproblematik
- Der Fall Herlitz als Musterbeispiel einer Sanierung mittels Insolvenzplan
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Anwendung von Insolvenzplanverfahren in der Praxis. Sie analysiert, inwieweit das Insolvenzplanverfahren seit der Insolvenzrechtsreform im Jahre 1999 eine relevante Rolle in der Unternehmenssanierung einnimmt.
- Praktische Bedeutung des Insolvenzplans
- Analyse der Ursachen für die geringe Nutzung des Insolvenzplanverfahrens
- Herausarbeitung der Vorteile von Insolvenzplanverfahren gegenüber alternativen Verwertungsalternativen
- Diskussion möglicher Lösungsvorschläge und Handlungsempfehlungen
- Darstellung eines erfolgreichen Sanierungsbeispiels mit Hilfe eines Insolvenzplans
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit gliedert sich in einen Theorie- und einen Praxisteil. Der Theorieteil beleuchtet die rechtlichen Hintergründe des Insolvenzplanverfahrens und bietet eine umfassende Einführung in die Materie, indem er die wichtigsten Begriffe definiert, die historische Entwicklung des Insolvenzrechts in Deutschland beschreibt und die Grundlagen der Insolvenzrechtsreform darstellt. Anschließend wird der Insolvenzplan als Sanierungsinstrument detailliert dargestellt und das typische Ablauf eines Insolvenzplanverfahrens nach der Insolvenzordnung beschrieben. Der Praxisteil beschäftigt sich mit der Anwendung des Insolvenzplanverfahrens in der Praxis seit der Insolvenzrechtsreform und analysiert die Probleme bei der Anwendung. Im Anschluss werden die Vorteile des Verfahrens gegenüber anderen Verwertungsalternativen verdeutlicht und Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der aktuellen Situation erarbeitet. Den Abschluss bildet die Darstellung des Sanierungsbeispiels des Büroartikelherstellers Herlitz.
Schlüsselwörter
Insolvenzplan, Unternehmenssanierung, Insolvenzrechtsreform, Insolvenzordnung, Gläubigerautonomie, Sanierungsfähigkeit, Sanierungswürdigkeit, Übertragende Sanierung, Liquidation, prepackaged plan, Eigenverwaltung, Haftungsrisiken, Kosten, Publizität, Insolvenzkultur, Antragstellung, Auswahl des Insolvenzverwalters, Befriedigungsquoten, Handlungsempfehlungen, Sanierungsbeispiel Herlitz.
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Kfm. (FH) David Noak (Autor:in), 2008, Der Insolvenzplan für die Unternehmenssanierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114452