Als in den 1960er Jahren der portugiesischstämmige Armando Rodriguez als vermeintlich einmillionster Gastarbeiter in der Bundesrepublik Deutschland eintraf, wurde für ihn in Köln ein offizieller Empfang abgehalten und er wurde mit einem Motorrad als Gastgeschenk willkommen geheißen.1 Auch wenn es sich hierbei nur zufällig um einen Einwanderer portugiesischer Nationalität handelte, so ist dennoch bemerkenswert, dass während dieser Zeit die portugiesische Auswanderung derart extreme Werte erreichte, dass man in diesem Zusammenhang von einem „nationalen Exodus“2 sprechen könnte.
Der Ursprung eines anhaltenden Abwanderungsstroms kann nach GODINHO3 jedoch bereits vor etwa fünf Jahrhunderten mit der Peuplierung Brasiliens und Indiens beobachtet werden.
Spontane wie gezielte, staatlich gelenkte Bevölkerungsbewegungen sind somit seit 500 Jahren eine „historische Konstante“4, die in dem sprichwörtlichen „Quem não está bem muda-se“5 (Wem es nicht gut geht, der geht fort) Niederschlag gefunden hat. Wie die portugiesische Wochenzeitung Expresso im April 1999 konstatiert, bleibt Portugal auch in der Gegenwart ein Emigrationsland („Portugal continua a ser um país de emigrantes“6). So lebten insgesamt etwa 2,5 Millionen Portugiesen im Ausland, wohingegen sich die Zahl der Einwanderer 1997 nur auf 175 283 belief – wenn auch die Tendenz hier steigend ist (1996: 172 912).7
In der vorliegenden Arbeit, die im Wesentlichen gegliedert ist in Untersuchungen zu landesinternen Binnenwanderungsprozessen sowie zur portugiesischen Emigrationssituation und zu Aspekten der Immigration mit Portugal als Zielland, sollen wesentliche Charakteristika der portugiesischen Migration im 20. Jahrhundert aufgezeigt werden. Konkret stellt sich also die Frage, welche Formen von Migration in Portugal vorrangig anzutreffen sind und welche Folgen die verschiedenartigen Wanderungsbewegungen für das Land hatten und haben. Hierbei meint der mehrdimensionale Begriff der „Migration“ nach MINTZEL „der Wortbedeutung nach ganz allgemein die räumliche Bewegung von Menschen, das Verlassen des bisherigen Wohnortes / Wohnsitzes und das Aufsuchen eines neuen Wohnsitzes, sei es in kurzer oder großer Entfernung“8.
1 Vgl. Fassmann, Münz 1994, S. 3.
2 Ritter, Ruppert, Storck 1988, S. 198.
3 Vgl. Godinho 1978, S. 7.
4 Silva-Brummel 1987, S. 23.
5 Weber 1980, S. 228.
6 Expresso 1999a.
7 Vgl. Expresso 1999b.
8 Mintzel 1997, S. 98.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kriterien einer möglichen Kategorisierung von Migration
- Binnenwanderungsprozesse
- Vorbemerkungen zur Bevölkerungsdichte und -verteilung Portugals
- „Landflucht“ als typischer portugiesischer Binnenwanderungsprozess
- Saisonale Wanderungsbewegungen als Sonderfall
- Entwicklung und Folgen der Emigration
- Erklärungsansätze für die Emigration aus Portugal und bevorzugte Zielländer
- Herkunft und Probleme der portugiesischen Emigranten
- Demographische, ökonomische und soziale Rückwirkungen auf das Heimatland
- Rückkehr und Reintegration
- Immigration – Geschichte und Gegenwart
- Die wichtigsten Ursprungsländer in ihrer geschichtliche Entwicklung
- Das Problem der illegalen Immigration
- Immigration und Integration
- Schlussbemerkungen
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Formen und Folgen der Migration in Portugal im 20. Jahrhundert. Sie analysiert die Binnenwanderungsprozesse, die Emigration und die Immigration, um die wesentlichen Charakteristika der portugiesischen Migration aufzuzeigen. Die Arbeit untersucht die Ursachen und Folgen der verschiedenen Wanderungsbewegungen und beleuchtet die Auswirkungen auf die portugiesische Gesellschaft.
- Binnenwanderungsprozesse, insbesondere die „Landflucht“
- Emigration aus Portugal und ihre Ursachen
- Folgen der Emigration für Portugal
- Immigration nach Portugal und ihre Geschichte
- Integration von Einwanderern in Portugal
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas Migration für Portugal dar und beleuchtet die historische Entwicklung der portugiesischen Wanderungsbewegungen. Sie führt den Begriff der Migration ein und erläutert die wichtigsten Kriterien für eine Kategorisierung von Migration.
Das Kapitel über Binnenwanderungsprozesse analysiert die Bevölkerungsdichte und -verteilung in Portugal und zeigt die Bedeutung der „Landflucht“ als typischen Binnenwanderungsprozess auf. Es beleuchtet die Ursachen und Folgen dieser Wanderungsbewegung und untersucht die Rolle des Staates in der Steuerung der Binnenwanderung.
Das Kapitel über die Entwicklung und Folgen der Emigration untersucht die Ursachen der portugiesischen Emigration, die bevorzugten Zielländer und die Herkunft der portugiesischen Emigranten. Es analysiert die demographischen, ökonomischen und sozialen Rückwirkungen der Emigration auf Portugal und beleuchtet die Herausforderungen der Rückkehr und Reintegration von Emigranten.
Das Kapitel über die Immigration nach Portugal beleuchtet die Geschichte der Immigration und die wichtigsten Ursprungsländer. Es analysiert das Problem der illegalen Immigration und die Herausforderungen der Integration von Einwanderern in Portugal.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Migration, Portugal, Binnenwanderung, Landflucht, Emigration, Immigration, Integration, demographische Entwicklung, ökonomische Folgen, soziale Auswirkungen, Geschichte, Gegenwart.
- Arbeit zitieren
- Thomas Strobel (Autor:in), 2001, Formen und Folgen der Migration für Portugal, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114589