Die Königswahl Friedrich Barbarossas am 4. März 1152


Dossier / Travail de Séminaire, 1997

25 Pages, Note: sehr gut


Extrait


0. Inhaltsverzeichnis

1. Fragestellung: Wurde Barbarossa einmütig gewählt?

2. Quellen und Forschungsstand
2.1. Die Einmütigkeit der Erhebung Barbarossas
2.2. Keine glatte Wahl

3. Die Königserhebung von 1152
3.1. Die Einflußnahme Konrads III. auf seine Nachfolge
3.2. Verhandlungen und Wahlversprechen

4. Schlußbemerkung: Die rechtshistorische Bedeutung der Wahl Friedrich Barbarossas

6. Quellenverzeichnis

7. Bibliographie

1. Fragestellung: Wurde Barbarossa einmütig gewählt?

Allein die Daten um den Königswechsel 1152 geben Grund zur Verwunderung. Am 15. Februar starb König Konrad III. zu Bamberg und bereits am 4. März wählten die Fürsten in Frankfurt am Main seinen Neffen, den Herzog Friedrich III. von Schwaben, zum Nachfolger. Schon am 9. März empfing er Krönung und Salbung.[1] Werner Goez stellte zu Recht fest, daß es im gesamten ostfränkisch-deutschen Hochmittelalter (911-1254) keine andere Königserhebung gab, die rascher auf den Tod des Vorgängers gefolgt wäre, wenn man einmal von Erhebungen des Nachfolgers zu Lebzeiten eines Herrschers oder Gegenkönigtümern absieht.[2] Aus dieser Tatsache lassen sich zwei Möglichkeiten folgern. Einerseits könnte man annehmen, daß zum Zeitpunkt des Todes Konrads Friedrich Barbarossa bereits als einzig denkbarer Nachfolger feststand und die Wahl deshalb so schnell und ohne Hindernisse durchgeführt werden konnte. Andererseits wäre es auch möglich, daß Friedrich Barbarossa und die hinter ihm stehende Fürstengruppe der Wahl eines anderen Kandidaten zuvorkommen wollten und die Dinge deshalb so schnell vorantrieben. Verfolgt man diese letztere Vermutung weiter, muß man sich die Frage stellen, welche anderen Kandidaten denn überhaupt noch in Frage gekommen wären. In die engere Wahl kämen hier zum einen der Sohn Konrads III., Friedrich von Rothenburg, der wenn auch noch minderjährig, sicherlich einen Anspruch auf den Thron hatte und zum anderen Heinrich der Löwe, der als einer der mächtigsten Reichsfürsten gewiß den ersten Platz an der Spitze des Reiches hätte einnehmen können. Es ist also nicht so, daß Barbarossa der einzig denkbare Kandidat gewesen wäre und daher erscheint es mir sinnvoll, der Frage nachzugehen, ob die Wahl Barbarossas wirklich so einmütig erfolgte, wie Otto von Freising, selbst ein Onkel des neuen Herrschers, es uns glauben machen will.[3]

Im nächsten Teil dieser Arbeit sollen zunächst die "Gesta Friderici" und die Quellen vorgestellt werden, die von einer einmütigen Wahl Barbarossas sprechen. Gleichzeitig soll auch auf die Forscher eingegangen werden, die diese Sichtweise übernahmen. Der darauf folgende Teil bringt dann die Quellen ins Spiel, die von einer nicht so glatten Wahl oder gar von Betrug von Seiten Friedrich Barbarossas sprechen. Auch dabei soll auf den Forschungsstand verwiesen werden. Im Anschluß daran erfolgt dann ein Versuch der Rekonstruktion der Ereignisse, wobei zunächst auf die Rolle Konrads III. und inwieweit er die Bestimmung seines Nachfolgers beeinflussen konnte, eingegangen werden soll. Danach soll anhand von Diplomen und Urkundenausstellungen in der Zeit der Thronvakanz rekonstruiert werden, mit wem Barbarossa Wahlverhandlungen geführt hat und welche Wahlversprechungen er eventuell gemacht hat. Am Schluß soll dann die Frage beantwortet werden, ob die Wahl einmütig und mit der allgemeinen Zustimmung der Großen des Reiches erfolgte oder ob es gar Gegenkandidaten gab, die Barbarossa erst aus dem Weg räumen mußte.

Im Laufe der Untersuchung muß auch immer wieder auf die rechtshistorische Seite des Vorgangs der Königserhebung verwiesen werden, da ja geklärt werden muß, ob die rechtlichen Voraussetzungen zu einer freien Willensentscheidung der Reichsfürsten überhaupt schon gegeben waren.

2. Quellen und Forschungsstand

Da Friedrich Barbarossa eine auch dem breiten Publikum bekannte Herrschergestalt des Mittelalters ist, wurde seine Königserhebung schon zum Thema vieler Untersuchungen.[4] Quellen und Forschungsliteratur zu diesem Thema lassen sich gut in zwei wesentliche Richtungen teilen. Die eine unterstützt die These einer glatten, einmütigen Wahl, die andere geht von Uneinigkeiten und Parteienbildung aus, ja einige Quellen sprechen sogar von List und Betrug von Seiten Friedrichs. Beide Richtungen sollen in diesem Kapitel vorgestellt werden.

2.1. Die Einmütigkeit der Erhebung Barbarossas

In seiner "Gesta Friderici" legt der Bischof Otto von Freising besonderen Wert auf die "unanimis assensus ratio" der weltlichen und geistlichen Fürsten bei der Erhebung Friedrichs. Der Staufer Barbarossa sei als Sohn der Welfin Judith der einzig geeignete Kandidat, quasi ein "angularis lapis" zwischen den zerstrittenen Geschlechtern. Liest man den Bericht des Freisinger Bischofs, so glaubt man, daß die Wahl so schnell nach dem Tode Konrads stattfand, da nur Barbarossa allein als Nachfolger in Frage kam. Diese Sichtweise Ottos wurde gerade von der älteren Forschung vorbehaltlos übernommen.[5] So charakterisiert auch Eberhard Otto Barbarossa als eine über jede Kritik erhabene Herrscherpersönlichkeit, dem die ergebene Treue des gesamten Reichsadels zukam.[6] Bei Historikern wie Ranke, für den die einmütige Wahl Barbarossas eine "unbedingte Notwendigkeit"[7] darstellte oder Giesebrecht, der sich im Wortlaut unmittelbar an die höfischen Quellen anschließt und von einem "Tag allgemeinen Jubels"[8] spricht, haben wir es noch mit der stark national geprägten auf Herrscherpersönlichkeiten fixierten Historiographie des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zu tun. Doch ist nicht gerade bei der Quelle des Freisinger Bischofs Vorsicht geboten, da dieser dem Hof zu nahe stand und die "Gesta Friderici" immerhin für Friedrich I. verfaßt wurde und daher eher einer offiziösen Charakter tragenden Hofberichterstattung als der absoluten Wahrheit entsprechen könnte? Ein goßer Vorteil der Berichterstattung Ottos ist allerdings, daß er selber der Aachener Krönung beiwohnte.[9] Aus örtlicher Sicht zwar nicht ganz so nah an den Ereignissen, dafür aber um so neutraler, ist eine andere zeitgenössische Quelle, nämlich die Kölner "Chronica regia", die zudem noch den Vorteil hat, daß die Handschriften weitestgehend übereinstimmen.[10] Auch in dieser Quelle wird die Einmütigkeit der Erhebung Friedrichs stark herausgestellt, allerdings habe sich der Mainzer Erzbischof Heinrich schweigend verhalten, da er den Sohn Konrads, Friedrich von Rothenburg, unterstützte: "Post mortem Cuonradi regis celebris conventus principum et episcoporum apud Frankenvort habitus est. Ibi summo favorum cunctore predictus Fridericus dux Sueviae in regem eligitur."[11]

Neben diesen beiden Hauptquellen, auf die wir im Laufe der Erörterungen noch öfters zurückzugreifen haben, gibt es noch eine Reihe von Berichten, die einfach nur lapidar feststellen, daß Konrad dem Herzog das Reich überlassen habe. Zu diesen gehören die Historia Welforum ("Chounradus... Friderico fratrueli suo sedem regni reliquit.") und der davon abhängende Bericht Burchards von Ursberg, dessen Chronik 1229/30 entstand.[12] Es lohnt sich in diesem Zusammenhang nicht, auf noch weiter von den Ereignissen entfernte Quellen einzugehen.

2.2. Keine glatte Wahl

Ein bedeutender Geschichtsschreiber des 12. Jahrhunderts hat die Wahl Friedrich Barbarossas ganz anders geschildert. Gislebert von Mons, der Kanzler der Grafen von Hennegau, der allerdings erst vier Jahrezhnte nach den Ereignissen von 1152 zur Feder griff, also nach der Entmachtung Heinrichs des Löwen als Sachsenherzog. Kern seiner Erzählung ist der Betrug Barbarossas an seinen drei Mitbewerbern um die Königswürde. Die Fürsten, hätten die Wahlentscheidung in die Hände der vier Kandidaten gelegt. Leider verschweigt Gislebert uns jedoch die Namen der drei anderen Bewerber. Der Staufer habe nun jedem der drei anderen Kandidaten versprochen, ihn zum König zu wählen, wenn er ihm das Stimmrecht übertrage. Auf diese Weise sei es ihm gelungen, sich die alleinige Wahlentscheidung zu verschaffen und habe sich nun gleichsam selbst vor den versammelten Fürsten zum König gewählt.[13] Die Forschung stimmt darin überein, daß dem Bericht Gisleberts sicherlich kein direkter Quellenwert zukommt.[14] Goez stellte zudem fest, daß der Hergangsbericht nicht unabhängig von den Nachrichten über die Wahl Lothars von Süpplingenburg 1125 gewesen sein muß.[15] Dennoch wurde dieser Bericht immer wieder von Historikern aufgegriffen, um zu zeigen, daß zumindest die Möglichkeit besteht, daß die Wahl Barbarossas nicht ganz so glatt, wie es Otto von Freising gerne wissen lassen möchte, abgelaufen sein könnte. Neben Gisleberts Chronik gibt es noch andere Berichte, die von List oder unkorrektem Verhalten des Schwabenkönigs bei der Wahl sprechen, die allerdings auch von einer englischen Quelle, die nach der Entmachtung des Löwen als Sachsenherzog, entstanden ist, abhängen.[16] Diese Quellen sind jedoch wegen der räumlichen und zeitlichen Entfernung und der Abhängigkeit von anderen Berichten recht wertlos. Gisleberts Bericht wiesen die Forscher Prutz[17] und Weiland[18] jedoch schon vor mehr als hundert Jahren eine gewisse Glaubwürdigkeit zu, sie wurden aber von der übrigen, noch überwiegend romantisch national beeinflußten Forschung überhört. Erst Ende der 60er Jahre geriet das Barbarossabild wieder etwas ins Wanken und man griff erneut auf Gislebert von Mons zurück.[19]

[...]


[1] Datierung eindeutig seit Simonsfeld, H. , Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Friedrich I. , Bd. 1: 1152-1158, 1908.

[2] Goez, W. , Von Bamberg nach Frankfurt und Aachen. Barbarossas Weg zur Königskrone, in: Festschrift Alfred Wendehorst, zugl. : Jahrbuch für fränkische Landesforschung, 52, 1992, 61.

[3] Ottonis et Rahewini Gesta Friderici, MGH SS rer. Germ., lib. II, 1-3, 3. Aufl. 1912; Schmale, Franz-Josef (Hg.), Gesta Friderici seu rectius cronica, Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, 17, 1965.

[4] Ältere Literatur umfassend bei Simonsfeld, 26ff. ; Jüngere Forschung gut bei Goez, 61 ff. .

[5] Simonsfeld, 1908; Giesebrecht, Wilhelm von, Geschichte der deutschen Kaiserzeit 5. Die Zeit Kaiser Friedrichs des Rothbarts 1, 1880; Ranke, Leopold von, Weltgeschichte 8, 1887; Kallsen, Otto, Friedrich Barbarossa, die Glanzzeit des deutschen Kaisertums im Mittelalter, 1882; Hampe, Karl/ Baethgen, Friedrich, Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer, 12. Aufl., 1969.

[6] Otto, Eberhard, Friedrich Barbarossa, 1940, 16ff.

[7] Ranke, 164.

[8] Giesebrecht, 3.

[9] Vergl. : Engels, Odilo, Beiträge zur Geschichte der Staufer im 12. Jahrhundert, in: DA 27, 1971, 399-432, Anm. 122.

[10] Chronica regia Coloniensis, MGH SS rer. Germ. XVIII, 1880, 88f. .

[11] Ebd.

[12] Alle bei Böhme, Walter, Die deutsche Königserhebung im 10.-12. Jahrhundert, Heft 2, Die erhebungen von 1125-1198, 1970; Historia Welforum, MGH SS XXI, 468 = Böhme, Nr. 82; Burchard von Ursberg, Chronicon, MGH SS XVI, 20-23 = Böhme, Nr. 84.

[13] Gislebert de Mons, Chronica Hanoniense, Vanderkindere, L. (Hg.), in: Recueil de textes, Brüssel, 1904, 92f. (=Böhme, Nr. 81).

[14] Vergl.: Schmidt, Ulrich, Königswahl und Thronfolge im 12. Jahrhundert, 1987, 126.

[15] Goez, 63.

[16] Gervasius von Tilbury, Otia imperialia, MGH SS XXVII, 380 = Böhme Nr. 101 und Chronicon Universale anonymi Laudunensis, MGH SS XXVI, 443 f. = Böhme Nr. 100.

[17] Prutz, Hans, Kaiser Friedrich I. , 1, 1871, 40.

[18] Weiland, Ludwig, Über die deutschen Königswahlen im 12. und 13. Jahrhundert, 1880, 321f.

[19] Schmale, Franz-Josef, Lothar III. und Friedrich I. als Könige und Kaiser, Vorträge und Forschungen 12, Probleme des 12. Jahrhunderts, 1968, 45 ff.

Fin de l'extrait de 25 pages

Résumé des informations

Titre
Die Königswahl Friedrich Barbarossas am 4. März 1152
Université
University of Paderborn  (Mittelalterliche Geschichte)
Cours
Friedrich Barbarossa
Note
sehr gut
Auteur
Année
1997
Pages
25
N° de catalogue
V11458
ISBN (ebook)
9783638176163
ISBN (Livre)
9783638641838
Taille d'un fichier
572 KB
Langue
allemand
Mots clés
Königswahl, Friedrich, Barbarossas, Friedrich, Barbarossa
Citation du texte
Simone Ernst (Auteur), 1997, Die Königswahl Friedrich Barbarossas am 4. März 1152, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11458

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