Mindfulness-Based Stress Reduction als Teil der Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung bei Soldaten und Soldatinnen


Hausarbeit, 2021

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Posttraumatische Belastungsstörung
2.1 Auslöser und Traumadefinition
2.2 Diagnostik und Symptome

3 Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung
3.1 Psychotherapie
3.2 Achtsamkeitsverfahren

4 Mindfulness-Based Stress Reduction
4.1 grundlegende Prinzipien
4.2 Ziele und Wirkprinzipien
4.3 Indikationen und Kontraindikationen
4.4 Ablauf des Kurses
4.5 Übungen
4.5.1 Atem
4.5.2 Sitzmeditation
4.5.3 Body-Scan-Meditation
4.5.4 Yoga
4.5.5 Gehmeditation
4.6 Wirksamkeit bei der Behandlung einsatzbedingter Posttraumatische Belastungsstörung

5 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Das Erleben von Stress und Belastungssituationen ist Teil des Lebens. Es gibt jedoch auch außergewöhnlich bedrohliche Lebensereignisse, oder solche mit einem katastrophenartigen Ausmaß, welche meist zu einer tiefgreifenden Verzweiflung bei der betroffenen Person führen. Aufgrund einer solchen Traumatisierung steigt das Risiko für die Entwicklung einer Traumafolgestörung. In diesem Rahmen kann eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)1 auftreten (Dilling & Freyberger, 2016, S. 173 f.). Die PTBS ist der Bundeswehr (2021, o.S.) zufolge eine der häufigsten einsatzbezogenen psychiatrischen Diagnosen bei der Armee.

Charakteristisch für die PTBS sind unter anderem Überregung und chronische Anspannung (Augsburger et al., 2019, S. 44). Die Verringerung der Symptome, welche optimalerweise mit einer Behandlung der PTBS einhergeht, verbessert die Lebensqualität (Schnurr & Lunney, 2016, S. 250). Entspannungsverfahren können zur Reduktion von Symptomen wie Anspannung und Überregung eingesetzt werden (Petermann & Vaitl, 2014, S. 20 f.). Ein solches Ergänzendes Verfahren ist die Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion, die auch „Mindfulness-Based Stress Reduction“ (MBSR)2 genannt wird (Baum et al., 2019, S. 114).

Das Thema dieser wissenschaftlichen Arbeit ist daher der Nutzen der MBSR als Begleitmaßnahme bei der Therapie der PTBS und soll aufgrund der erhöhten Betroffenheit in Bezug auf einsatzbedingt erkrankte Soldaten und Soldatinnen beleuchtet werden. Diese Thematik lässt sich in der klinischen Psychologie verorten, da diese die Gesamtheit psychischer Störungen erforscht, diagnostiziert und darüber hinaus auch die Therapie dieser umfasst. Diese Teildisziplin der Psychologie untersucht neben psychischen Störungen auch die psychischen Aspekte somatischer Störungen von Menschen in allen Altersklassen (Wittchen et al., 2020, S. 4).

Für die differenzierte Beantwortung dieser Fragestellung wurde die Hausarbeit wie folgt gegliedert. Zu Beginn der Arbeit wird auf das Krankheitsbild der PTBS eingegangen (vgl. Kapitel 2). In diesem Zuge wird sowohl der Begriff „Traumata“ definiert und differenziert, die Symptomatik erläutert, verschiedene Auslöser aufgezeigt sowie eine Abgrenzung von der Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (KPTBS)3 vorgenommen. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die verschiedenen Behandlungsansätze der PTBS thematisiert (vgl. Kapitel 3). Außerdem findet an dieser Stelle der Einstieg zur Kernthematik statt, indem verschiedene Arten von Achtsamkeitsverfahren dargestellt werden, die in der Traumatherapie zum Einsatz kommen. Darauf wird in Kapitel vier insofern aufgebaut, dass die MBSR mit deren Wirkprinzipien, Durchführung, Indikationen und Kontraindikationen behandelt wird. In Kapitel fünf werden die Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit von MBSR bei der Therapie der PTBS präsentiert und somit der Nutzen dieses Entspannungsverfahren bei der Traumatherapie erörtert. Im Fazit (vgl. Kapitel 6) wird schließlich ein Überblick über die relevantesten Punkte dieser Arbeit gegeben und diese werden um eine kritische Reflexion, offene Fragen und den ausstehenden Forschungsbedarf ergänzt. Somit soll die folgende Fragestellung beantwortet werden:

„Inwiefern eignet sich die Mindfulness-Based Stress Reduction als Intervention bei der Therapie der einsatzbedingten Posttraumatischen Belastungsstörung?“

2 Posttraumatische Belastungsstörung

2.1 Auslöser und Traumadefinition

Nach der ICD-10 ist die PTBS unter den Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen zu verorten. Die primären und ausschlaggebenden Gründe für die Entstehung einer solchen Störung sind das Auftreten akuter Belastungen oder kontinuierlicher Traumata (Dilling & Freyberger, 2016, S. 170 f.). Solche traumatischen Ereignisse werden, Michael et al. (2018, S. 106) zufolge, nach ihrer Verursachung und Erstreckung differenziert. Bei der Einteilung nach Erstreckung wird zwischen Typ-I- und Typ-II-Traumata unterschieden. Bei dem Typ-I-Traumata ist das belastende Ereignis einmalig oder kurzdauernd aufgetreten. Hingegen beim Typ-II-Traumata handelt es sich um langandauernde oder mehrmalige belastende Ereignisse. Wenn die Traumata nach ihrer Verursachung unterschieden werden, wird zwischen akzidentellen und interpersonellen Traumata differenziert.

Zu akzidentellen Typ-I Traumata gehören schwere Verkehrsunfälle, berufsbedingte Traumata und kurzandauernde Katastrophen, während langandauernde Naturkatastrophen und technische Katastrophen zu den Traumata des Typ-II gehören. Im Gegensatz dazu zählen zum Typ-I der interpersonellen Traumata sexuelle Übergriffe und kriminelle bzw. körperliche Gewalt und zum Typ-II sexueller und körperlicher Missbrauch in der Kindheit oder dem Erwachsenenalter, politische Inhaftierung, Geiselhaft, Folter oder Kriegserleben. Bei interpersonellen Traumata des Typ-II besteht das höchste PTBS-Risiko (Michael et al., 2018, S. 107).

2.2 Diagnostik und Symptome

Zu den diagnostischen Kriterien für die PTBS gehören laut Dilling und Freyberger (2016, S. 174 f.) neben dem Erleben eines kurz- oder langanhaltenden Ereignisses von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß auch noch weitere Aspekte. Die Symptome müssen innerhalb von sechs Monaten nach der Belastungssituation oder Belastungsperiode auftreten. Dazu gehört das Wiedererleben der Belastung in Form von lebhaften und aufdringlichen Erinnerungen, eine innere Bedrängnis in ähnlichen Belastungssituationen und Erinnerungslücken. Zweiteres muss, um eine PTBS diagnostizieren zu können, in Kombination mit mindestens zwei der folgenden Symptome auftreten: Ein- und Durchschlafstörungen, Reizbarkeit oder Wutausbrüche, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhte Wachheit oder Schreckhaftigkeit.

Verglichen mit der ICD-10 werden im DSM-5 die auslösenden Ereignisse einer PTBS genauer definiert und die Kriterien einer Traumafolgestörung werden präziser operationalisiert. Demnach erfordert die PTBS z. B. eine Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod, ernsthafter Verletzung oder sexueller Gewalt. Außerdem müssen die Symptome nach dem DSM-5 mindestens einen Monat andauern, da es sich bis dahin um eine akute Belastungsstörung mit einem ähnlichen Symptomprofil wie der PTBS handelt (Rief & First, 2017, S. 213).

Mit der Einführung des ICD-11 wird die KPTBS zu einer anerkannten Diagnose (Maercker et al., 2013, S. 201). Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (2021) zufolge, soll die ICD-11 in Deutschland am 1. Januar 2022 in Kraft treten. Bis dahin handelt es sich dabei ausschließlich um eine Arbeitsdiagnose. Die KPTBS tritt insbesondere nach interpersonellen und Typ-II-Traumata auf (Michael et al., 2018, S. 107). Da, Wittchen et al. (2012, S. 562) zufolge, 85,5 Prozent der Soldaten und Soldatinnen, das im Ausland eingesetzt wurde, mindestens ein, jedoch meist mehrere verschiedene belastende Ereignisse erfahren hat, könnte dies ein Indiz für die Entwicklung einer KPTBS anstelle einer PTBS sein. Neben den zuvor erläuterten Hauptsymptomen der klassischen PTBS leiden die Betroffenen der komplexen PTBS, laut der ICD-11 (2020, o. S.) zusätzlich, unter Problemen der Selbstorganisation. Reddemann und Wöller (2017, 19 f.) zufolge kommt es im affektiven Bereich der gestörten Selbstorganisation zu einer gestörten Emotionsregulation, Symptomen emotionaler Betäubung und einer verminderten Fähigkeit positive Emotionen erleben zu können. Das negative Selbstkonzept äußert sich hingegen darin, dass die Person überzeugt, davon ist minderwertig, machtlos und wertlos zu sein und unter tiefgreifenden und andauernden Schuld- und Schamgefühlen leidet. In Bezug auf die interpersonellen Beziehungen gibt es Schwierigkeiten emotionale Beziehungen aufrechtzuerhalten und es ist typisch, dass Beziehungen vermieden werden und ein geringes Interesse an sozialem Engagement vorhanden ist.

Im Nachfolgenden wird die Frage nach empirisch belegten Behandlungsmöglichkeiten der PTBS erörtert.

3 Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung

3.1 Psychotherapie

Prölß et al. (2019, S. 69) zufolge wurden mit der Zeit unzählige traumatherapeutische Verfahren entwickelt, die jedoch nicht alle empirisch untersucht und belegt wurden. Empfohlen werden verhaltenstherapeutische, tiefenpsychologische Therapien sowie die EMDR-Methode („Eye Movement Desensitization and Reprocessing“). Die Leitlinien des National Collaborating Centre for Mental Health (2005, S. 128) empfehlen verschiedene Interventionen im Rahmen der psychologischen Behandlung der PTBS. Allen Betroffenen sollte demnach, unabhängig von der verstrichenen Zeit seit dem traumatischen Ereignis, eine individuelle und ambulante traumafokussierte Behandlung angeboten werden. Wenn das Trauma auf ein einzelnes Ereignis zurückzuführen ist, sollte diese Behandlung 8 - 12 Sitzungen umfassen, mindestens einmal pro Woche stattfinden und meist etwas länger als üblich andauern, zum Beispiel 90 Minuten. Die traumafokussierte Therapie sollte regelmäßig sowie kontinuierlich erfolgen und von derselben therapierenden Person durchgeführt werden. Die Leitlinien sehen außerdem vor, dass eine Verlängerung der Behandlung in Betracht gezogen werden sollte, wenn multiple Problematiken vorliegen, wie beispielsweise mehrfache traumatische Ereignisse, erhebliche komorbide Störungen oder soziale Probleme. Wenn es Betroffenen zu Beginn besonders schwerfällt, das traumatische Ereignis detailliert zu schildern, sollte eine längere Stabilisierungsphase in Erwägung gezogen werden, bei der eine vertrauensvolle therapeutische Beziehung aufgebaut wird und die Betroffenen emotional stabilisiert werden. In Bezug auf nicht-traumafokussierte Interventionen, wie Entspannungsübungen, besagen die Leitlinien, dass diese nicht für Betroffene mit einer chronischen PTBS geeignet sind. Sollten diese Maßnahmen nicht zur erwünschten Besserung führen, wird vorgeschlagen alternative Formen der traumafokussierten psychologischen Behandlung anzuwenden oder die traumafokussierte Therapie um eine pharmakologische Behandlung zu ergänzen.

Schnyder et al. (2015, o. S.) haben verschiedene Gemeinsamkeiten der aktuell verfügbaren empirisch gestützten Psychotherapien für Traumapatienten identifiziert. Dazu gehört zum einen die Psychoedukation, diese soll die Intervention erleichtern, kooperationsfördernd wirken und Rückfälle verhindern. Typischerweise wird bei traumatherapeutischen Ansätzen auch die Emotionsregulation und verschiedene Bewältigungsstrategien trainiert. Aufgrund der Erinnerungen der Betroffenen an ihr traumatisches Erlebnis, findet meist in der ein oder anderen Form eine Art der Exposition statt. Weitere Behandlungselemente sind die kognitive Verarbeitung, Restrukturierung und Bedeutungsgebung. Der Fokus aller Therapien liegt auf Emotionen, wie beispielsweise Furcht, Scham oder Traurigkeit. Die Gedächtnisprozesse sind für die Behandlung traumabedingter Störungen wichtig, da es zu den zentralen Zielen der traumafokussierten Therapie gehört, die Gedächtnisfunktionen zu reorganisieren und ein kohärentes Traumanarrativ zu erschaffen. Ein Traumanarrativ sorgt laut Lucius-Hoene (2020, S. 1218) durch die erzählerische Struktur der Lebensgeschichte oder Erfahrungen für Verständnis und verleiht Bedeutung. Mertins (2016, S. 106) zufolge, sind die ersten Ansprechpersonen bei psychischen Problemen im Einsatz bei der Bundeswehr der Truppenpsychologe, der Militärseelsorger oder die sogenannten Peer, also speziell geschultes Wehrpersonal. Liegt eine PTBS vor; werden die Erkrankten sechs bis sieben Wochen stationär behandelt und anschließend für 12 – 18 Monate ambulant therapiert. Bis die PTBS überwunden ist, dauert es jedoch bei zehn bis 20 Prozent der Erkrankten länger, was häufig der Fall ist, wenn diese vorbelastet sind. Eine solche Behandlung ist sowohl in ziviler Therapie als auch in allen fünf Bundeswehrkrankenhäusern möglich.

[...]


1 Im Nachfolgenden wird die posttraumatische Belastungsstörung mit PTBS abgekürzt.

2 Im Nachfolgenden wird die Methode der „Mindfulness-Based Stress Reduction“ mit MBSR abgekürzt.

3 Im Nachfolgenden wird die komplexe posttraumatische Belastungsstörung mit KPTBS abgekürzt.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Mindfulness-Based Stress Reduction als Teil der Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung bei Soldaten und Soldatinnen
Hochschule
Hamburger Fern-Hochschule
Note
1,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
17
Katalognummer
V1146059
ISBN (eBook)
9783346526632
ISBN (Buch)
9783346526649
Sprache
Deutsch
Schlagworte
HFH, KL1, Soldaten und Soldatinnen, Posttraumatischen Belastungsstörung, PTBS, Mindfulness-Based Stress Reduction, MBSR, Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion, Achtsamkeit, Mindfullness, Meditation, Yoga, Atem, Gehmeditation, Body-Scan-Meditation, Sitzmeditation, einsatzbedingte PTBS, Bundeswehr, Kriegsfolgen, Psychotherapie, Achtsamkeitsverfahren, Entspannungsverfahren
Arbeit zitieren
Anna-Lena Reisch (Autor:in), 2021, Mindfulness-Based Stress Reduction als Teil der Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung bei Soldaten und Soldatinnen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1146059

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