Der Beschluss des britischen Rückzugs aus den Gebieten östlich des Suezkanals, welcher nach langem Zögern schließlich am 18. Januar 1968 gefällt wurde, stellte im Endeffekt viel mehr dar, als lediglich eine Beschränkung und Konzentration der bislang weltweit agierenden Streitmacht des ehemaligen Empires. In erster Linie verlieh diese Entscheidung der Außenpolitik Großbritanniens einen einschneidenden Charakterwandel, indem die bisherige, nicht mehr den Tatsachen entsprechende, Wahrnehmung als zentrale Weltmacht („world role“) nun endgültig von der reellen Einschätzung einer künftig stärker notwendigen Fokussierung auf Europa abgelöst wurde. Somit konnte mit der Aufgabe der militärischen Stützpunkte östlich von Suez einerseits ein wichtiger Schritt in Richtung einer Mitgliedschaft in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gesetzt werden. Andererseits wurde eine längst überfällige Entscheidung getroffen, die sowohl die „besonderen Beziehungen“ („special relationship“) zu den USA als auch den eigenen Führungsanspruch und die künftige Weiterentwicklung des Commonwealth maßgeblich beeinflusste.
Die vorliegende Seminararbeit beschäftigt sich thematisch mit den Umständen und Beweggründen, welche zum britischen Rückzugs östlich von Suez geführt haben.
Hierbei möchte ich versuchen, die vielfältigen Faktoren darzustellen und wenn möglich zu eruieren, wie viel Einfluss den einzelnen Komponenten am Beschluss zugerechnet werden kann. Dabei erachte ich es als besonders essentiell, Gründe anzuführen, die lange Zeit für eine Beibehaltung der Weltmachtrolle und damit einer fortdauernden Präsenz östlich von Suez gesprochen haben und schließlich, beeinflusst durch politische, ökonomische und militärische Entwicklungen und Veränderungen, zunehmend ihre wesentliche Bedeutung verloren.
Konkreter gefasst, konzentriert sich diese Arbeit auf die Beantwortung der folgenden forschungsleitenden Fragestellungen:
1. Welche wesentlichen Beweggründe haben die Entscheidung des Rückzugs „östlich von Suez“ in welchem Maße entscheidend beeinflusst?
2. Inwiefern hat sich die britische Außenpolitik durch den Abzug der Streitkräfte aus „East of Suez“ in ihrer strategischen Ausrichtung verändert, durch welche neuen Schwerpunkte wurde die alte Fokussierung ersetzt bzw. ergänzt?
1 CATERALL, PETER/KANDIAH, MICHAEL D./STAERK, GILLIAN (2002): “The Decision to withdraw from East of Suez”. Seminarpaper from the Institute of Contemporary British History, London, 49 S.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Ablauf des Entscheidungsprozesses
- 2.1. Der wachsende Machtverlust
- 2.2. Britisches Verteidigungsweißbuch vom 22. Februar 1966
- 2.3. Die weitere Vorgangsweise
- III. Beweggründe für und wider East of Suez"
"
- 3.1. Politik und Psychologie als Entscheidungsfaktoren
- a) Empiredenken und prägendes Weltbild.
- b) Vom unilateralen Anspruch zu kollektiver Verteidigung
- c) Das Rollenverständnis der Akteure
- d) Wachsende Kritik aus der Bevölkerung
- e) Die Kritik aus der eigenen Partei
- 3.2. Special Relationship mit den USA
- a) Die Ausgangslage
- b) Der Wandel der Positionen
- 3.3. Militärische Gründe
- a) Die Konfrontation
- 3.4. Wirtschaftliche Gründe als Entscheidungsfaktoren
- a) Für die Aufrechterhaltung EoS sprachen...
- b) Der Wandel...
- 3.5. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
- a) Das erste Ansuchen
- b) Die zweite Bewerbung.
- 3.1. Politik und Psychologie als Entscheidungsfaktoren
- IV. Abschlussbemerkungen
- V. Literaturverzeichnis.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit dem britischen Rückzug aus den Gebieten östlich des Suezkanals im Jahr 1968. Sie analysiert die Faktoren, die zu dieser Entscheidung geführt haben, und untersucht, wie sich die britische Außenpolitik durch den Abzug der Streitkräfte aus „East of Suez" in ihrer strategischen Ausrichtung verändert hat.
- Die Arbeit untersucht die politischen, psychologischen, militärischen, wirtschaftlichen und europäischen Gründe für den Rückzug.
- Sie analysiert die Rolle der „special relationship“ mit den USA und die Bedeutung des Commonwealth.
- Sie beleuchtet die Veränderungen im britischen Rollenverständnis und die wachsende Kritik an der Weltmachtrolle.
- Die Arbeit untersucht die Auswirkungen des Rückzugs auf die britische Außenpolitik und die strategische Ausrichtung auf Europa.
Zusammenfassung der Kapitel
Das zweite Kapitel widmet sich dem faktischen Ablauf des Entscheidungsprozesses, der zum britischen Rückzug östlich des Suezkanals im Januar 1968 führte. Es analysiert die entscheidungsrelevanten Verteidigungsweißbücher der Jahre 1966 und 1967 und beleuchtet die weitere Entwicklung und Umsetzung des Rückzugs nach der eigentlichen Entscheidung.
Das dritte Kapitel analysiert die Beweggründe für den Rückzug, die sich in fünf Bereiche zusammenfassen lassen: politische und psychologische Faktoren, die „special relationship“ mit den USA, militärische Gründe, wirtschaftliche Gründe und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Dieses Kapitel untersucht die Veränderungen und Konstanten sowie den Einfluss der einzelnen Entscheidungsfaktoren auf den Prozess.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den britischen Rückzug östlich des Suezkanals, die britische Außenpolitik, die „special relationship“ mit den USA, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, das Commonwealth, die Weltmachtrolle, die strategische Ausrichtung, die Verteidigungspolitik, die militärische Präsenz, die wirtschaftlichen Interessen und die politischen und psychologischen Faktoren.
- Citation du texte
- Mag Stefan Fersterer (Auteur), 2005, Der britische Rückzug „östlich von Suez“ ab 1966, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114625