Der Kapp-Lüttwitz-Putsch und die Gründe für sein Scheitern


Seminar Paper, 1995

18 Pages, Grade: gut


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

0. Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Voraussetzungen für den Putsch
2.1. Die Situation der Reichswehr (1918/19)
2.2. Die Stimmung in der Bevölkerung (1920)

3. Der Verlauf des Putsches
3.1. Die Errichtung der neuen Regierung
3.2. Die Regierung Kapp und Reaktionen auf den Putsch

4. Zusammenfassung:
Gründe für das Scheitern des Kapp-Lüttwitz-Putsches

5. Quellenverzeichnis

6.Literaturverzeichnis

0. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die Bedeutung des Kapp-Lüttwitz-Putsches liegt darin, daß die junge Republik durch diesen Staatsstreich zum ersten Mal eine ernsthafte Bedrohung von rechts erfuhr. Nach den Unruhen der Novemberrevolution und der unruhigen Streikphase danach, schien sich die innenpolitische Lage zu erholen. Auch die Wirtschaftslage besserte sich allmählich, der Kurs der Mark stieg an.[1] In dieser Zeit der Erholung zeigte sich jedoch auch die Unzufriedenheit der konservativ-reaktionären Kräfte mit der neuen Staatsform und der sozialdemokratischen Regierung. Schon 1919 begann der aktivere Teil dieser Kräfte zusammen mit militärischen Persönlichkeiten, eine gewaltsame Änderung der politischen Verhältnisse vorzubereiten. Die Gründe für die Unzufriedenheit mit der Republik, die nicht nur in konservativen Kreisen verbreitet war, sind vielschichtig. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Versailler Friedensvertrag mit seinen Bestimmungen. Da der Vertrag von Vertretern der neuen Regierung unterzeichnet wurde, wurde letztere auch für den "Schmachfrieden" verantwortlich gemacht. Diese Stimmung gegen das bestehende System, die zumindest bei Teilen der Bevölkerung und besonders in der Reichswehr vorhanden war, ist ausschlaggebend für die Entstehung des Putschgedankens und für die gesamte Entwicklung und Durchführung der Aktion.

Warum der Putsch letzendlich scheiterte, ist die zentrale Frage dieser Arbeit. Um diese beantworten zu können, muß man jedoch erst einmal herausfinden, welche Teile der Bevölkerung hinter den Putschisten standen, und damit die republikanische Staatsform ablehnten, wer die sozialdemokratische Regierung befürwortete und auch verteidigen würde, und wer sich neutral verhielt. So weiß man, bei welchen Kreisen die Putschisten auf Unterstützung hoffen konnten, und wer gegen sie eintreten würde. Im folgenden Kapitel sollen daher die Situation in der Reichswehr und die Stimmung in der Bevölkerung genauer analysiert werden. Das daran anschließende Kapitel thematisiert den eigentlichen Verlauf des Putsches. Schon in der Vorbereitung des Umsturzes und in der Regierungsweise Kapps liegen Faktoren für das spätere Scheitern des Unternehmens. Auch die Reaktionen der alten Regierung und der einzelnen Bevölkerungsgruppen auf den Putsch sollen herausgearbeitet werden, da darin wesentliche Gründe für das Scheitern begründet sind.

Über den Kapp-Lüttwitz-Putsch existieren zahlreiche Veröffentlichungen. Einen guten Einstieg in das Thema bietet Erdmanns "Die Zeit der Weltkriege" in Gebhardts Handbuch der deutschen Geschichte.[2] Dort findet man gleichzeitig Hinweise auf weitere Sekundärliteratur, besonders auch zu Spezialfragen. Einen detaillierten Überblick gibt Hagen Schulzes Buch über Weimar.[3] Schulze vertritt hier die Auffassung, daß der Putsch aufgrund der schlechten Organisation und der Regierungsunfähigkeit Kapps und seiner Männer so schnell scheiterte. Diese Meinung teilt Johannes Erger, in seiner umfassenden Untersuchung zum Kapp-Lüttwitz-Putsch, in der auch Quellendokumente, die bei dieser Arbeit sehr hilfreich waren, zu finden sind.[4] Im Gegensatz zu Schulze und Erger vertritt Erhard Lucas die Auffassung, daß der Generalstreik ausschlaggebend für das Ende des Militärputsches war.[5] Lucas räumt in seiner Darstellung der Situation im Ruhrgebiet besonders viel Platz ein. Weiteres Quellenmaterial wurde durch die Zusammenstellung Erwin Könnemanns und anderer zugänglich gemacht.[6]

2. Voraussetzungen für den Putsch

2.1. Die Situation der Reichswehr (1918/19)

Als die OHL am 9. November 1918 erkennen musste, daß die Monarchie nicht zu halten war, stellte sie sich der Regierung Ebert zur Verfügung. Dies geschah unter der Bedingung, das Abgleiten des Umsturzes in eine bolschewistische Revolution zu verhindern, eine gemeinsame Front gegen die Bedrohung durch die Entente zu errichten, die Einheit des Reiches zu erhalten und die bürgerliche Gesellschaftsordnung nicht zu zerstören.[7] Das Offizierkorps, welches die entscheidende Kraft im Heer war, unterstützte also die Sozialdemokratie. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Offiziere die Republik innerlich anerkannten. Die Mehrheit sehnte sich nach der Monarchie und stellte sich nur deshalb auf die Seite der neuen Regierung, um den Linksradikalismus, der ihnen noch verhaßter war, zu bekämpfen. Die aus ehemaligen Feldsoldaten zusammengesetzten Freiwilligenverbände, Freikorps, verstanden sich in der Zeit der linksradikalen Unruhen als Retter in der Not.[8] Durch den Kampf gegen links und gegen separatistische Aufstände im ganzen Reich und gegen den polnischen Vormarsch konnten sie ihr Selbstwertgefühl noch vergrößern. Daß ihr Selbstbewußsein durch das Kriegsende keinen allzu großen Schaden genommen hatte, war offensichtlich. Schließlich hieß es ja, daß nicht das Heer für die Kriegsniederlage verantwortlich gewesen sei, sondern die revolutionären Kräfte im eigenen Lande. So sprach Ebert bei der Begrüßung der von der Westfront heimkehrenden Truppen, vom im Felde unbesiegten Heer.[9] Die Dolchstoßlegende wurde erstmals am 18. November 1919 von Hindenburg vor einem Untersuchungsausschuß, der die Ursachen des Zusammensbruchs herausfinden sollte, öffentlich ausgesprochen. (Formuliert hatte seine Rede allerdings der DNVP-Reichstagsabgeordnete Helfferich.) Hindenburg sprach von "revolutionärer Zermürbung" der Front. Ein englischer General habe zu Recht gesagt, die deutsche Armee sei von hinten erdolcht worden.[10] Solche Worte riefen bei den Truppen das Selbstverständnis hervor, eine starke, unbesiegbare Kraft zu sein, deren Aufgabe die Zerschlagung des Linksradikalismus sei. Besonders die Offiziere fühlten sich für die "Rettung des Vaterlandes vor dem Untergang" verantwortlich.[11] Hierin ligt eine wichtige Voraussetzung für den Kapp-Lüttwitz-Putsch. Natürlich wäre nicht das gesamte Heer putschbereit gewesen, es gab auch Soldaten, die auf Seiten der Republik und der sozialdemokratischen Regierung standen. Doch traten die einfachen Soldaten nicht aktiv für ihre politischen Ziele ein. Ihre Loyalität zu denOffizieren wäre im Zweifelsfall stärker gewesen, als die politische Gesinnung. So kam dem aktiven, zum größten Teil konservativ-reaktionärem Offizierkorps eine Schlüsselposition in der bewaffneten Macht zu und auf die Unterstützung der meisten Offiziere konnten die Putschisten zählen.

Nun kam am 28.6. 1919 jedoch noch etwas hinzu, was die Unruhe in der gesamten Armee noch verstärkte, die Unterzeichnung des Versailler Friedensvertrags. Mit der Unterzeichnung stand fest, daß die Verkleinerung des Heeres unmittelbar bevorstand. Viele Soldaten, die nichts anderes gelernt hatten, als zu kämpfen, verloren dadurch ihre Existenz. Die Regierung hatte den Freikorps-Soldaten einen Platz in der neuen Reichswehr versprochen, doch beschränkte der Versailler Vertrag die Heeresstärke auf lediglich 100 000 Mann. Im gesamten Reich demonstrierten Soldaten gegen den Versailler Vertrag. Putsch-Pläne blühten allerorts.[12] Die Kluft zwischen der Regierung, die den Vertrag unterzeichnet hatte, und dem Militär wuchs. Erste Umsturzpläne tauchten bereits im Frühjahr 1919 auf. Besonders eifrig plante der Stabschef der Garde-Kavallerie-Schützendivision, Hauptmann Pabst, einen Umsturz, der jedoch nie in die Tat umgesetzt wurde. Dafür beteiligten sich Pabst und die zu seiner Division gehörende Marinebrigade Erhardt später jedoch aktiv am Kapp-Lüttwitz-Putsch. Die politisierten Teile der Truppen, die den Wiederaufstieg Deutschlands durch eine gewaltsame Umbildung der Regierung in Richtung auf eine Diktatur beabsichtigten, gruppierten sich um den General von Lüttwitz.[13] In Offizierskreisen kamen zudem immer wieder Bestrebungen zur Errichtung einer Noske-Diktatur durch, die teilweise auch vom Volk begrüßt wurden.[14] Noske, der Reichswehrminister, wurde als der einzige Mann in der Regierung angesehen, dem das Militär vertraute. Noske lehnte die Pläne, die ihn zum Staatsoberhaupt machen sollten, jedoch immer wieder ab. Daß die Putschgedanken der führenden Militärs kein Geheimnis waren, sieht man beispielsweise am Aufruf der KPD im November/Dezember 1919, den Kampf gegen eine drohende Militärdiktatur aufzunehmen.[15]

An diesen wenigen Beispielen sieht man schon, daß die sozialdemokratische Regierung bei einem Umsturz von rechts wohl nicht mit Hilfe aus militärischen Kreisen rechnen konnte. Eher mußte sie noch befürchten, daß die Gefahr genau von diesen Kreisen ausging.

[...]


[1] Vergl.: Hans J. Reichhardt, Kapp-Putsch und Generalstreik März 1920 in Berlin, Berlin, 1990, 7.

[2] Karl Dietrich Erdmann, Die Zeit der Weltkriege, 1. Teilband, der erste Weltkrieg die Weimarer Republik, Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte Bd. 4, Stuttgart, 9. Aufl. 1973, 218-227.

[3] Hagen Schulze, Weimar. Deutschland 1917-1933, Die Deutschen und ihre Nation. Neuere Geschichte in sechs Bänden, Bd. 4, Berlin, 1982, 203-221.

[4] Johannes Erger, Der Kapp-Lüttwitz-Putsch. Ein Beitrag zu deutschen Innenpolitik 1919/20, Düsseldorf, 1967.

[5] Erhard Lucas, Märzrevolution 1920 Bd. 1, Vom Generalstreik gegen den Militärputsch zum bewaffneten Arbeiteraufstand, Frankfurt, 2. Aufl. 1974.

[6] Leo Stern (Hg.), Archivalische Forschungen zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Bd. 7/1, Arbeiterklasse siegt über Kapp und Lüttwitz, Berlin, 1971.

[7] Erger, 1967, 15.

[8] Ebd. .

[9] Friedrich Ebert, Schriften, Aufzeichnungen und Reden, 1926, 127.

[10] Vergl.: Schulze, 1982, 207.

[11] Vergl.: Erger, 1967, 16.

[12] Schulze, 1982, 211.

[13] Erger, 1967, 296.

[14] Ebd. , 21.

[15] Arbeiterklasse siegt über Kapp und Lüttwitz, 1971, 41 ff. .

Excerpt out of 18 pages

Details

Title
Der Kapp-Lüttwitz-Putsch und die Gründe für sein Scheitern
College
University of Paderborn  (Neuere Geschichte)
Course
Einführung in die Neuere Geschichte
Grade
gut
Author
Year
1995
Pages
18
Catalog Number
V11464
ISBN (eBook)
9783638176224
ISBN (Book)
9783638757478
File size
406 KB
Language
German
Keywords
Kapp-Lüttwitz-Putsch, Gründe, Scheitern, Einführung, Neuere, Geschichte
Quote paper
Simone Ernst (Author), 1995, Der Kapp-Lüttwitz-Putsch und die Gründe für sein Scheitern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11464

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