Generationen im Wandel. Veränderte Wertvorstellungen und Erwartungshaltungen als Grundlage für das strategische Marketing


Studienarbeit, 2021

36 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung und Hintergrund
1.1 Hinführung zur Thematik
1.2 Forschungsfragen
1.3 Forschungsmethode
1.4 Aufbau der Arbeit

2. Theoretischer Hintergrund und Begriffsbestimmungen
2.1 Wertvorstellungen und Wertewandel
2.1.1 Wertvorstellungen
2.1.2 Wertewandel
2.2 Generationen
2.3.Marketing
2.3.1 Definition Marketing
2.3.2 Operatives Marketing
2.3.3 Strategisches Marketing

3. Werte der einzelnen Generationen (X, Y, Z)
3.1 Werte der Generation X
3.1.1 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Generation X
3.1.2 Individualitäten der Generation X
3.1.3 Konklusion der Generation X
3.2 Werte der Generation Y
3.2.1 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Generation Y
3.2.2 Individualitäten der Generation Y
3.2.3 Konklusion der Generation Y
3.3 Werte der Generation Z
3.3.1 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Generation Z
3.3.2 Individualitäten der Generation Z
3.3.3 Konklusion der Generation Z

4. Empfehlungen für das strategische Marketing
4.1 Allgemeine Erkenntnisse
4.2 Empfehlungen im Hinblick auf die Generation X
4.3 Empfehlungen im Hinblick auf die Generation Y
4.4 Empfehlungen im Hinblick auf die Generation Z

5. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Operationale Effektivität im Gegensatz zu strategischer Positionierung. Quelle: Kramer, 2006, S.8

Abb. 2: Geburtenraten der unterschiedlichen Nationen auf Grundlage von Daten der vereinten Nationen. Quelle: Frenchscholar (2021), Creative-Commons-Lizenz 4.0

Abb. 3: Anteil der Unternehmensgründungen in Deutschland. Quelle: Statista (2021), basierend auf KfW-Gründungsmonitor (2021, S. 1)

1. Einleitung und Hintergrund

1.1 Hinführung zur Thematik

Im Marketing ist es von entscheidender Bedeutung, über demografische Informationen bezüglich der Zielgruppe eines Unternehmens zu verfügen. Andernfalls lässt sich keine effiziente Strategie entwickeln, um besagte Zielgruppe adäquat zu adressieren. Die In­formationen, über die ein Unternehmen hinsichtlich seiner Zielgruppe verfügen sollte, umfassen nicht nur Daten bezüglich des Kaufverhaltens (vgl. Kim & Street, 2004, S. 215 f.), sondern auch in Hinblick auf die Wertvorstellungen der Zielgruppe. Um Letzte­re effizient anzusprechen, muss demnach aus betriebswirtschaftlicher Perspektive mit­tels eines mehrdimensionalen Ansatzes operiert werden. Im vorliegenden Forschungs­vorhaben soll die Komponente der Wertvorstellungen potenzieller Kunden im Rahmen des strategischen Marketings im Fokus stehen. Anlass für diese Schwerpunktsetzung ist, dass unterschiedliche Generationen verschiedene Wertvorstellungen haben - im Volks­mund wird dieses Phänomen als ,Wertewandel‘ bezeichnet. Unterschiedliche Vorstel­lungen der Generationen sind im Marketing dahingehend relevant, dass eine zielgrup­pengerechte Ansprache nur erfolgen kann, wenn die jeweils spezifischen Werte berück­sichtigt werden. Eine angemessene Auswertung der Informationen zu potenziellen Kun­den, steht somit im direkten Zusammenhang mit dem betriebswirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens - dies ist auch der Grund dafür, dass zunehmend Geschäftsmodelle etabliert werden, die sich auf die Akquise und Auswertung von derlei Informationen spezialisiert haben (vgl. Palmatier & Martin, 2019, S. 133 ff.).

1.2 Forschungsfragen

In der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit soll die folgende Leitfrage beantwortet werden: Welche Wertvorstellungen - welche Individualitäten - sind in den unterschied­lichen Generationen X, Y und Z vorherrschend? Dies soll im Kontext der Betriebswirt­schaftslehre erörtert werden. Darauf aufbauend soll die Beantwortung einer weiteren Forschungsfrage erfolgen: Welche Schlussfolgerungen lassen sich in Anbetracht der Individualitäten der unterschiedlichen Generationen für das strategische Marketing ab­leiten? Da insbesondere die Generationen Y und Z im Verlauf der letzten zehn Jahre zunehmend über finanzielle Ressourcen verfügen (vgl. Pawlik, 2021) und bis circa 2035 einen Großteil des Konsums verantworten werden (vgl. Eurostat, 2020), handelt es sich um eine aktuelle sowie betriebswirtschaftlich relevante Forschungsfrage.

1.3 Forschungsmethode

Um die Forschungsfragen ausreichend zu beantworten, wurden im Rahmen einer Litera­turrecherche einerseits theoretisch-konzeptionelle Übersichtsarbeiten und andererseits empirische Studien analysiert und kritisch beurteilt. Die als Grundlage dienenden Daten und Befunde sind dabei quantitativer als auch qualitativer Natur. Die Literaturrecherche hatte außerdem zum Ziel, dass Zusammenhänge und Konflikte bisheriger Studien auf­gezeigt werden können. Des Weiteren soll im Allgemeinen der aktuelle Stand der vor­handenen Forschung dargestellt werden. Die Recherche der vorliegenden Arbeit basier­te auf Stichwort-, Vorwärts- und Rückwärtssuchen (vgl. Webster & Watson 2002, S. 16) der Datenbanken von EBSCOhost, Google Scholar und dem Recherchetool „Biber“ der Bibliothek der Donau-Universität Krems.

1.4 Aufbau der Arbeit

Zunächst gilt es, die für das vorliegende Forschungsvorhaben relevanten Begrifflichkei- ten sowie Phänomene aufzuarbeiten: Wertvorstellungen und Wertewandel, Generatio­nen, Marketing. Dadurch soll sowohl der Rahmen des Forschungsvorhabens etabliert als auch eine begrifflich-theoretische Grundlage geschaffen werden, auf der die nach­folgenden methodischen Schritte aufbauen können. Im zweiten Schritt sollen die Gene­rationen X, Y und Z untersucht, sowie deren Wertvorstellungen eruiert werden. Demzu­folge werden die begrifflich-theoretischen Komponenten der Wertvorstellungen sowie des Wertewandels mit den begrifflich-theoretischen Komponenten der Generationen in einen Zusammenhang gesetzt. Im dritten Schritt sollen die im zweiten Schritt generier­ten Befunde als Basis dienen, um die Implikationen der jeweiligen Wertvorstellungen der unterschiedlichen Generationen für das strategische Marketing zu erarbeiten. Letzt­lich soll das Forschungsvorhaben in der Formulierung basaler Erkenntnisse für die Pra­xis des strategischen Marketings kulminieren. Die abgeleiteten Erkenntnisse können weiterführend von Unternehmen genutzt und konkret in individuelle Marketingstrate­gien eingearbeitet werden. Unternehmer und Marketingmanager sollen dabei erkennen, dass es durchaus herausfordernd sein kann die unterschiedlichen Generationen direkt anzusprechen, sich dadurch aber auch Chancen im Bereich der Kundenbindung ergeben, die den Unternehmenserfolg langfristig sichern können.

2. Theoretischer Hintergrund und Begriffsbestimmungen

In diesem Kapitel werden zentrale Begriffe erörtert. Dadurch soll sowohl eine themati­sche Rahmensetzung der wissenschaftlichen Arbeit geleistet werden als auch die Bil­dung einer begrifflich-theoretischen Grundlage stattfinden, auf der die nachfolgenden Kapitel argumentativ aufbauen können.

2.1 Wertvorstellungen und Wertewandel

2.1.1 Wertvorstellungen

Der Begriff des Werts wird auf unterschiedliche Weise eingesetzt. Sowohl eine ökono­mische als auch eine moralische Verwendung ist denkbar. Im ökonomischen Sinn ist ein Transaktionswert gemeint. Dies bezieht sich darauf, durch welche Menge an Waren oder welche Summe einer bestehenden Währung sich beispielsweise eine Ressource eintauschen lässt (vgl. Duden, 2021c, o. S.). Für das vorliegende Forschungsvorhaben ist allein die zweite Verwendungsweise des Be-griffs relevant: der Wert als eine morali­sche Norm, die von Einzelpersonen oder der Allgemeinheit befolgt wird (vgl. Duden, 2021c, o. S.). Moralphilosophisch lässt sich eine solche Norm als dasjenige auffassen, was als gut erachtet wird. Das Gute ist dabei im philosophischen Sinn nicht als das hin­sichtlich einer spezifischen Sache Effiziente zu sehen, sondern als etwas, das um seiner selbst willen erstrebenswert ist (vgl. Quante, 2019, S. 134 f.). Dies können beispielswei­se Güter im konsequentialistischen Sinn Dinge wie Nachhaltigkeit, Unabhängigkeit oder soziale Gerechtigkeit sein. Anders als sachliche Befunde sind Normen nicht de­skriptiv, sondern normativ: Menschen sollen sich gemäß dem Empfinden der Verfechter einer Norm an Letztere halten. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die Normen kon­textinvariante Geltung haben - andernfalls sollen sich an jene Norm alle Menschen hal­ten, die sich beispielsweise im gleichen gesellschaftlichen Kontext bewegen und in letz­ter Konsequenz gilt dies somit auch für die eigene Person (vgl. Quante, 2019, S. 16-17). Das Hegen bestimmter Werte - anders formuliert: Wertvorstellungen - steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der praktischen Lebensführung, da es sich um Soll­Aussagen handelt: Ihnen inhärieren Normen hinsichtlich dessen, was eine Person an­strebt oder zu vermeiden versucht. Wenn sich diese Werte verändern, so kommt es mutmaßlich auch zur Anpassung bestimmter Handlungsweisen. Die Veränderung des Verhaltens ist insofern ,mutmaßlich‘, als dass unterschiedliche Werte die gleichen Handlungsweisen implizieren können - beispielsweise ist der Erwerb eines kostengüns- tigen, naturbelassenen Produkts sowohl aus frugalistischer als auch aus ökologischer Perspektive gegenüber dem Erwerb eines teuren, synthetisch produzierten Produkts zu favorisieren.

2.1.2 Wertewandel

Ein Wertewandel geht vonstatten, wenn sich innerhalb der Bevölkerung gehegte Werte verändern. Laut Duden ist dies der Fall, wenn der Wandel der Werte „auf den Verände­rungen der Lebensverhältnisse, der Ausweitung des Wissens, dem Wandel von Weltan­schauungen“ (Duden, 2021d, o. S.) basiert. Demzufolge lässt sich der Begriff sowohl auf die individuelle als auch die kollektive Ebene anwenden. Für das vorliegende For­schungsvorhaben ist jedoch primär die kollektive Ebene relevant, da sich Unterschiede zwischen Generationen immer aus einer Gemeinschaft heraus entwickeln.

Vielfach wird von Soziologen und Philosophen für die letzten 50 Jahre ein wesentlicher Wertewandel postuliert, der bisweilen als Werteverfall moniert wird (vgl. Lay, 2006, S. 7). Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive ist jedoch uninteressant, wie der Werte­wandel zu bewerten ist. Vordergründig ist hingegen, welche Implikationen hinsichtlich des Marketings entstehen. Auch aus moralphilosophischer Sicht ist es irrelevant, ob die ethische Rechtfertigung der neuen Normen plausibel ist oder nicht (vgl. Quante, 2019, S. 16-17).

Als wesentliche Faktoren für das Entstehen und Etablieren - und damit einhergehend: das Sich-Wandeln - von Werten innerhalb einer Gesellschaft werden üblicherweise die ökonomischen, sozialen, kulturellen und politischen Strukturen innerhalb dieser Gesell­schaft genannt. Ein weiterer Faktor ist die technologische Entwicklung einer Epoche (vgl. Weise, 2011, S. 15). Zudem ist die Erziehung der vorigen Generation prägend, diese Erziehung steht jedoch gegebenenfalls auch in einem Spannungsverhältnis zu den unmittelbar bestehenden gesellschaftlichen Strukturen (vgl. Kupperschmidt, 1998, S. 38). Diese unterschiedlichen Komponenten - Wirtschaft, Soziales, Kultur, Technologie, Politisches, Wertvorstellungen - stehen anscheinend in einem wechselseitig bedingen­den Verhältnis, wobei Quantifikationen bezüglich jeweiliger Anteile und kausaler Ein­flussstärken anscheinend nicht möglich sind (vgl. Copp, 2001).

2.2 Generationen

Das Wort ,Generation‘ findet äquivoke Anwendung. Beispielsweise kann mit dem Be­griff die Lebenszeit eines Menschen bezeichnet werden (ein Menschenalter), wonach eine Generation nahezu ein Jahrhundert umfassen kann. Auch lässt sich ,Generation‘ auf eine Variante, beispielsweise eines technischen Modells, beziehen. Unter Berück­sichtigung der Forschungsfrage bedeutet eine Generation jedoch die „Gesamtheit der Menschen ungefähr gleicher Altersstufe“ (Duden, 2021a, o. S.). Auch was unter einer ,gleichen Altersstufe4 zu verstehen ist, lässt sich kontrovers diskutieren. Üblicherweise werden Menschen, die in einem Zeitraum von 15 Jahren geboren sind, als derselben Generation zugehörig erachtet; allerdings bestehen in der Fachliteratur bezüglich der spezifischen Zuordnung und der genauen Zeiträume teils erhebliche Datierungsunter­schiede (vgl. beispielsweise Kaye und Jordan-Evans, 2021, S. 236 sowie Harvey und Galambos, 2013, S. 92).

Relevant für das vorliegende Forschungsvorhaben sind die Generationen X, Y und Z, da sie im Moment den Hauptteil der Konsumenten ausmachen. Werte sind kulturrelativ, da sie durch soziale, politische, ökonomische sowie kulturelle Komponenten beeinflusst werden (vgl. Kapitel 2.1.2). Daher wäre es unangebracht, zur Beantwortung der For­schungsfrage die gesamte Menschheit zu berücksichtigen. Die Erkenntnisse für die Pra­xis des strategischen Marketings sollen für den westlichen Raum generiert werden, weswegen die Generationen im westeuropäischen sowie angelsächsischen Kontext un­tersucht werden. Die methodologische Entscheidung, nicht nur den deutschsprachigen, sondern darüber hinaus den westeuropäischen sowie angelsächsischen Raum zu berück­sichtigen, geht darauf zurück, dass die westlichen Nationen trotz einiger Varianzen markante Gemeinsamkeiten aufweisen. Dies ist zum einen auf die ,halbierte‘ kulturelle Globalisierung zurückzuführen, die sich im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg entfal­tet hat (vgl. Osterhammel & Petersson, 2019, S. 86 f.). Zum anderen liegt dies an der Vernetzung der ökonomischen Räume, was dazu geführt hat, dass dieselben Generatio­nen unterschiedlicher Nationen in Nordamerika und Westeuropa bisweilen die gleichen oder ähnliche Erfahrungen aufweisen. Ein Beispiel dafür sind die wirtschaftlichen Re­zessionen der 1980er- sowie 1990er-Jahre, die zu Jugendarbeitslosigkeit geführt haben (vgl. Harvey & Galambos, 2013, S. 93). Ein anderes Beispiel ist der Einsturz der Twin­Towers des World-Trade-Centers in New York im Jahr 2001 sowie der darauffolgende ,War on Terror4, der das geopolitische Verständnis und Sicherheitsgefühl einer gesam­ten Generation von Westeuropäern und westeuropäischstämmigen Menschen geprägt hat (vgl. Schiek & Ulrich, 2011, S. 165 f.). Der ,War on Terror4 hat zwar ebenfalls Auswirkungen auf nichtwestliche Menschen gehabt, beispielsweise in Afghanistan oder im Hinblick auf afghanischstämmige Menschen in den Vereinigten Staaten von Ameri- ka. Als weiteres einschneidendes Erlebnis lassen sich die pandemische Ausbreitung des Sars-CoV-2-Virus sowie die damit einhergehenden politisch veranlassten Einschrän­kungen des öffentlichen Lebens anführen, die im Frühjahr 2020 begannen und zum Zeitpunkt der vorliegenden Arbeit nach wie vor andauern.

Unter Berücksichtigung der in Kapitel 2.1.2 geleisteten Vorarbeit lässt sich ergänzen, dass Generationen jeweils unterschiedliche Wertvorstellungen aufweisen können, da ökonomische, soziale und politische Verhältnisse zumeist epochenvariant sind. Bei­spielsweise werden Menschen jüngerer Generationen in neue gesellschaftliche Verhält­nisse geboren, ohne die vorherigen Bedingungen selbst erlebt zu haben -dies führt zu einem „neuartigen Zugang“ (Mannheim, 1928, S. 176) zur bestehenden Gesellschaft (vgl. Schiek & Ulrich, 2011, S. 166). Auch wenn der jüngeren Generation Erfahrungs­berichte von der älteren mitgeteilt werden, so bleiben die eigenen Erfahrungen auf die bestehenden Verhältnisse beschränkt, wohingegen eine ältere Generation in ihrer Evalu­ation des Aktuellen maßgeblich durch die Erlebnisse des Vorigen beeinflusst ist. Ein unvoreingenommener Zugang einer jüngeren Generation ist einer jeweils älteren Gene­ration demnach nicht möglich. Hier besteht die These, dass zwischen verschiedenen Generationen Unterschiede hinsichtlich der Evaluation der Gesellschaft sowie der Prä­ferenzen bezüglich des idealen Lebensstils vorherrschen; dies wird durch mehrere Da­tenerhebungen gestützt, worauf in Kapitel 3 näher eingegangen werden soll.

2.3 Marketing

2.3.1 Definition Marketing

Der Begriff des Marketings bezieht sich ursprünglich auf Maßnahmen, um Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens zu bewerben, demnach im Anschluss an die Produktion als erwerbswürdig zu präsentieren. Mittlerweile hat sich diese Auffassung des Marketings hin zu einem allgemeineren Verständnis entwickelt. So führt beispiels­weise Kirchgeorg an, dass darunter „die konsequente Ausrichtung des gesamten Unter­nehmens an den Bedürfnissen des Marktes“ (Kirchgeorg, 2021, o. S.) zu verstehen sei. Fraglich ist, inwiefern dieser Definition bereits eine normative Komponente inhäriert - und zwar die Auffassung, dass die Nachfragenden im Zentrum der Unternehmensfüh­rung stehen sollten (vgl. Kirchgeorg, 2021, o. S.).

Im Duden findet sich eine im Alltag gängige Auffassung; demnach ist Marketing die „Ausrichtung eines Unternehmens auf die Förderung des Absatzes durch Betreuung der Kunden, Werbung, Beobachtung und Lenkung des Marktes sowie durch entsprechende

Steuerung der eigenen Produktion“ (Duden, 2021b, o. S.). Diese Auffassung stellt eine hybride Definition dar, im Rahmen derer sowohl die Amplifikation des Absatzes priori­siert als auch die (Produktions-) Ausrichtung von Unternehmen inkludiert wird. Dieses ganzheitliche Verständnis des Marketingbegriffs lässt sich begrifflich in zwei grundle­gende Komponenten unterteilen: operatives Marketing einerseits, strategisches Marke­ting andererseits

2.3.2 Operatives Marketing

Operatives Marketing umfasst diejenigen Elemente des Marketings, die kurzfristige Maßnahmen beinhalten - beispielsweise kurzfristige Werbemaßnahmen zur Akquise von Neukunden. Relevant ist im Rahmen des operativen Marketings, dass zeitnah Ab­sätze generiert werden. Es existieren dabei unterschiedliche Möglichkeiten, das operati­ve Marketing zu gestalten, wie zum Beispiel durch Projektmanagement, Wertschöp­fungsketten oder Benchmarking (vgl. Bock, 2001, S. 65 ff.).

Da das operative Marketing kurzfristig angelegt ist, tangiert es üblicherweise nicht die Corporate-Governance-Strukturen eines Unternehmens - d. h. die grundlegenden Rah­menbedingungen und Strategien, unter denen das Unternehmen im Allgemeinen ope­riert (vgl. Werder, 2018, o. S.). Verantwortlich für das operative Marketing sind übli­cherweise Arbeitnehmende des mittleren Managements, die für die Produktgestaltung, Preisgestaltung, Vertriebspolitik oder Werbemaßnahmen zuständig sind. Die vorliegen­de Arbeit beschäftigt sich weiterführend ausschließlich mit dem strategischen Marke­ting, da die Zielgruppenanalyse und Segmentierung wichtige Bestandteile einer lang­fristigen Unternehmens- und Marketingstrategie sind.

2.3.3 Strategisches Marketing

Im Gegensatz zum operativen Marketing wird im Rahmen des strategischen Marketings nicht kurzfristig, sondern langfristig geplant. Hierbei geht es nicht um die zeitnahe Stei­gerung der Unternehmensabsätze, sondern um die Entwicklung einer langfristigen Stra­tegie und damit einhergehend einer grundlegenden ,Unternehmensidentität‘ oder ,Mar- kenidentität‘.

Das strategische Marketing kann sämtliche langfristigen Ziele und Visionen eines Un­ternehmens umfassen. Beispielsweise können gegenwärtige oder zukünftige Marktsitua­tionen evaluiert beziehungsweise prognostiziert werden; die dadurch generierten Befun­de lassen sich im Rahmen der strategischen Konzeptualisierung als Orientierungspunkte verwenden. Da das strategische Marketing sämtliche Facetten des Unternehmens tan­giert, gehören die Verantwortlichen üblicherweise dem höheren Management an.

Der Kontrast zwischen operativem und strategischem Marketing lässt sich am Beispiel­fall der Corporate Social Responsibility darstellen. Letztere ist ein interdisziplinärer Begriff, der sowohl den Bereich des Wirtschaftsrechts als auch der Unternehmensethik umfasst. Unter Corporate Social Responsibility werden freiwillige Maßnahmen verstan­den, die durch Unternehmen ergriffen werden, um beispielsweise Menschen zu helfen, die sich in einer gesundheitlich, sozial oder finanziell prekären Lage befinden. Zudem kann sich der Begriff auf die Erwartungshaltung beziehen, die vom Gros der Gesell­schaft an ein Unternehmen gestellt wird. Hierzu gehört die Überzeugung, dass nicht nur politischen, sondern ebenfalls wirtschaftlichen Akteuren soziale Verantwortung zu­kommt, der die betreffenden Personen im Zuge ihres Wirtschaftens gerecht werden soll­ten (vgl. Lin-Hi, 2019, o. S.).

Beispielsweise ist es möglich, dass bei einer operativen Herangehensweise, Maßnahmen der Corporate Social Responsibility betriebswirtschaftlich nicht tragbar sind, da dadurch Ressourcen in Vorhaben investiert werden, deren kurzfristiger finanzieller Nutzen frag­lich ist. Hingegen lässt sich eine spezifische Firmen- oder Markenidentität langfristig mittels Maßnahmen der Corporate Social Responsibility etablieren, die beispielsweise Bereiche der Corporate-Governance-Strukturen betreffen. Damit geht das Erschließen einer bestimmten Marktnische einher, was auf lange Sicht zu einer erheblichen Erhö­hung der Absätze führen kann. Die unterschiedlichen Herangehensweisen lassen sich metaphorisch als ein Kontrast zwischen dem schnellen Laufen eines Rennens und der Wahl der Laufstrecke darstellen, wie Abbildung 1 zeigt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Operationale Effektivität im Gegensatz zu strategischer Positionierung. Quelle: Kramer, 2006, S. 8.

3. Werte der einzelnen Generationen (X, Y und Z)

Nach der Erläuterung aller für das Forschungsvorhaben relevanten Begrifflichkeiten, werden in diesem Kapitel die Wertvorstellungen und Erwartungshaltungen der einzel­nen Generationen untersucht und eruiert.

Die Generationen X, Y und Z konstituieren den thematischen Schwerpunkt der vorlie­genden Studienarbeit. Bezüglich der Datierung der Generationen liegen bisweilen Vari­anzen vor (vgl. diesbezüglich Kapitel 2.2), nichtsdestotrotz gibt es Gemeinsamkeiten: Generation X folgt demnach der Generation der Baby-Boomer, danach kommt Genera­tion Y und anschließend Generation Z.

Die Analyse der einzelnen Generationen ist in diesem Kapitel einheitlich. So werden nach einer Festlegung der Rahmenbedingungen die Individualitäten dargestellt, bevor abschließend eine kurze Konklusion erfolgt.

3.1 Werte der Generation X

3.1.1 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Generation X

Als Generation X werden üblicherweise die Menschen bezeichnet, die ungefähr zwi­schen den Jahren 1965 und 1980 geboren sind. Diese Generation wuchs in einer Zeit auf, in der zunehmend liberale Werte innerhalb der Öffentlichkeit prävalent wurden, was oftmals auf den Einfluss der sogenannten 1968er-Bewegung zurückgeführt wird. Letztere rechnete sich primär dem linken politischen Spektrum zu und die Anhänger versuchten, die als konservativ und überholt wahrgenommenen gesellschaftlichen Strukturen zu reformieren oder mittels revolutionären Aktionismus zu überwinden. Das Ziel war eine neue Gesellschaft, in der die individuelle Selbstverwirklichung gegenüber althergebrachten Traditionen priorisiert werden sollte. Der Vietnamkrieg wird bisweilen als Katalysator der 1968er-Bewegung interpretiert, wobei deren Ursprünge nicht auf einzelne Faktoren reduziert werden können (vgl. Gilcher-Holtey, 2001, S. 11 f.).

Die Menschen der Generation X wuchsen nicht nur in einer Zeit der politischen, son­dern ebenfalls der sozialen Umbrüche auf. Während die vorige Generation, die Baby­Boomer, ihren Generationentitel in Anbetracht exorbitant steigender Geburtenraten er­hielten, sanken Letztere ab 1960 insbesondere in Westeuropa rasant. Dieser Umstand ist deutlich in Abbildung 2 zu erkennen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Geburtenraten unterschiedlicher Nationen auf Grundlage von Daten der Vereinten Nationen.

Quelle: Frenchscholar (2021), Creative-Commons-Lizenz 4.0.

Da die Geburtenzahlen in der Zeit, in der die Angehörigen der Generation X geboren wurden, unterhalb der Populationserhaltungsrate lagen, hatte es zur Konsequenz, dass westeuropäische und angelsächsische Menschen der Generation X im Vergleich zur vorigen Generation mit weniger Geschwistern aufwuchsen.

Zugleich stieg die Rate an arbeitstätigen Frauen sukzessiv an - ein Trend, der mindes- tensbis in das Jahr 2000 angehalten hat (vgl. Bureau ofLabor Statistics, 2000, o. S.). Darüber hinaus hat sich die Scheidungsrate in diesem Zeitraum fast verdreifacht (vgl. Plateris, 1978, S. 2 f.). Eine Folge davon war, dass Kinder der Generation Xnach dem Schulunterricht tendenziell häufiger in leere Wohnräume zurückkehrten, weshalb sich umgangssprachlich der Begriff der ,Haustürschlüsselkinder‘ etabliert hat (vgl. Blaker- more, 2015, o. S.). Diese Erfahrung resultierte darin, dass die Generation X einen Ver­lust empfand, da sieZeugedavon war, wie ehemals kohäsive Familienstrukturen zer­brochen sind (vgl. Henseler, 2012, S. 20). Der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit lag nicht mehr auf dem nahen Familienkollektiv, sondern auf dem Individuum und der in­dividuellen Selbstentfaltung (füreine zeitgenössische moralphilosophische Kritik vgl. MacIntyre, 1981).

[...]

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Generationen im Wandel. Veränderte Wertvorstellungen und Erwartungshaltungen als Grundlage für das strategische Marketing
Hochschule
Donau-Universität Krems - Universität für Weiterbildung
Note
1,3
Autor
Jahr
2021
Seiten
36
Katalognummer
V1148578
ISBN (eBook)
9783346530295
ISBN (Buch)
9783346530301
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ethik, marketing, strategie, generation, wertewandel, unternehmensethik, studienarbeit, mba, csr, generationx, generationy, generationz
Arbeit zitieren
Stephan Butz (Autor:in), 2021, Generationen im Wandel. Veränderte Wertvorstellungen und Erwartungshaltungen als Grundlage für das strategische Marketing, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1148578

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