Diese Studie stellt eine Weiterentwicklung akademischer Theorieproduktion zu vorurteilsbewusster Bildung dar. Anhand eines Beispielhorts in Mecklenburg-Vorpommern werden diskriminierender Ausgrenzungspraktiken im Hort analysiert und die Bedeutsamkeit vorurteilsbewusster Aus- und Weiterbildung für pädagogische Fachkräfte herausgearbeitet. Daran anschließend werden Herausforderungen für eine Verstetigung sowie konkrete Möglichkeiten einer Anwendung erarbeitet. Im Fokus dabei steht die Extraktion subjektiver Einstellungen der Fachkräfte zu Ausgrenzung und Diskriminierungsprozessen im Hort sowie Rahmenbedingungen, die von den Fachkräften in Bezug auf das Thema der Arbeit bedeutsam gemacht werden.
Innerhalb der Studie werden zehn Expert*inneninterviews von Fachkräften aus unterschiedlichen Disziplinen ausgewertet und mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Philipp Mayring sowie interpretativer Methoden nach Jean-Claude Kaufmann ausgewertet.
Interdisziplinäre Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass Erziehungs- und Bildungsinstitutionen Räume sind, in denen Vorurteile, Stereotype und Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen verschiedener Zugehörigkeiten reproduziert werden. Dies hat insbesondere auf junge Kinder negative Effekte, da sie entweder in ihrer Identitätsentwicklung und der Teilhabe am pädagogischen Alltag behindert werden oder bereits früh lernen, Diskriminierung gegen benachteiligte Kinder auszuüben. Pädagogischen Fachkräften kann hierbei eine wichtige Schlüsselfunktion beigemessen werden, da sie eine Vorbildfunktion für Kinder erfüllen und den Alltag sowie das Miteinander in Grundschule und Hort ausgestalten. Dennoch existieren keine flächendeckenden Reflexions- und Weiterbildungsräume, in denen Fachkräfte sich mit der eigenen Verstrickung in gesellschaftliche Ungleichgewichte beschäftigen und ihre pädagogische Praxis diesbezüglich reflektieren können.
Bildungsarbeit mit intersektionalen Ansätzen kann der Diskriminierungsrealität, die in deutschen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen bei gleichzeitigem Diskriminierungsverbot herrscht, gerecht werden. Der Ansatz vorurteilsbewusster Bildung ist besonders anschlussfähig für Antidiskriminierungsarbeit im Hort, da er die individuelle Rolle in gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnissen ebenso berücksichtigt, wie strukturelle Auswirkungen dieser.
Inhaltsverzeichnis
Danksagung
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1 Einleitung
1.1 Erkenntnisinteresse und Forschungsstand
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Vorurteilsbewusste Bildung als bildungspraktischer Gegenstand
2.1 Historische Entwicklung
2.2 Grundannahmen
2.3 Ziele vorurteilsbewusster Bildungsarbeit
3 Diskriminierende Ausgrenzungspraktiken
3.1 Begriffserklärung
3.1.1 Othering
3.1.2 Diskriminierung
3.2 Konstruktionsprozesse des pädagogischen Alltags
3.2.1 Performativitätstheorie
3.2.2 Diskursive Ausgrenzungspraktiken
3.2.3 Ausgrenzung in deutschen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen am Beispiel Rassismus
4 Schlussfolgerungen für Hort und Präzisierung der Forschungsfragen
4.1 Fallstricke der Hortarbeit
4.2 Diskursive Ausgrenzungspraktiken im untersuchten Hort
5 Grundprinzipien qualitativer Forschung
5.1 (Fremd-) Verstehen als Erkenntnisprinzip
5.2 Gütekriterien qualitativer Forschung
6 Methodologische Rahmung
6.1 Chancen und Hürden einer Sekundäranalyse
6.2 Darstellung des Kontexts, in dem die Daten erhoben wurden
6.2.1 Erhebungsmethode des qualitativen Expert*inneninterviews
6.2.2 Die Expert*in und ihr Wissen
6.3 Auswertung
6.3.1 Primärauswertung qualitative Inhaltsanalyse
6.3.2 Sekundärauswertung via Methoden nach Kaufmann
6.4 Methodische Grenzen
7 Dokumentation und Reflexion des Forschungsprozesses
7.1 Erhebungsprozess innerhalb des Modellprojekts
7.1.1 Vorstellung des Modellprojekts Hortdialoge & Beteiligung
7.1.2 Fallauswahl
7.1.3 Leitfadenentwicklung
7.1.4 Durchführung der Expert*inneninterviews
7.1.5 Datenaufbereitung
7.1.6 Eignung der erhobenen Daten für Erkenntnisprozess
7.2 Auswertung der Daten
7.2.1 Methodische Vorbereitung
7.2.2 Erstellung eines Kodierleitfadens
7.2.3 Materialdurchlauf
7.2.4 Ergebnisaufbereitung
7.2.5 Interpretation
7.3. Darstellung von Lernfortschritten
7.3.1 Interviewsituation
7.3.2 Auswertung
8 Diskussion
8.1 Ergebnisse
8.1.1 Bedeutsamkeit vorurteilsbewusster Bildung
8.1.2 Herausforderungen in der alltäglichen Arbeit für die befragten Fachkräfte
8.1.3 Möglichkeiten
8.2 Zusammenfassung
8.3 Implikationen für zukünftige Studien
Literaturverzeichnis
Gedruckte Literatur
Webverweise
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhang
Anhang A Beispielfragebogen
Anhang B Kodierleitfaden
Danksagung
Mein herzlicher Dank gilt zunächst den Mitarbeiter*innen des untersuchten Horts sowie der Fachberatung, den Schulbegleiter*innen, dem Jugendhilfeplaner und den beiden Ausbilderinnen. Ohne deren Einverständnis, ihre Eindrücke und Perspektiven für diese Masterarbeit verwenden zu dürfen, wäre das Projekt nicht realisierbar gewesen. Zudem danke ich Kristina Quandt und Thomas Krieger von Soziale Bildung e.V. dafür, dass sie das Modellprojekt „Hortdialoge und Beteiligung“ aus dem Boden stampften und mich an dieser wichtigen und nachhaltigen Arbeit teilhaben ließen. Ich bekam innerhalb des Modellprojekts nicht nur die Möglichkeit, die erhobenen Daten für diese Studie weiterzuverwenden, sondern auch zwischenmenschliche Unterstützung, Beistand und Wertschätzung.
Darüber hinaus danke ich meiner Erstgutachterin Prof. in Dr.in Kirsten Lehmkuhl für ihre Ratschläge sowie die enthusiastische Beratung, die mir wieder neuen Elan gab, wenn ich stockte. Ebenfalls einen herzlichen Dank für die Einwilligung, die Arbeit als Zweitgutachterin zu betreuen an Dr .in Karen Geipel. Einen besonderen Dank möchte ich an Dr.in Denise Bergold-Caldwell richten, die mich bereits in meinem Erststudium mit dem Ansatz vorurteilsbewusster Bildung vertraut machte und mir die Augen für reale Ungleichheitsverhältnisse in der Gesellschaft öffnete.
Für die Durchsicht der Studie und die wertvollen Rückmeldungen gilt mein besonders herzlicher Dank Isabell Dölling, Katharina Lachmann, Kay Nerz und Anne Hofacker.
Vorwort
Die Tendenz hiesiger Geisteswissenschaften, die eigene Positionierung nicht in wissenschaftliche Arbeiten einfließen zu lassen, wäre in meinem Fall eine Strategie der Unsichtbarmachung bzw. Verschleierung meiner Privilegien als weiße 1 Person und reproduziert hegemoniale Vorstellungen von Weißsein als Norm. Die Annahme, es gebe einen objektiven und universalen Standpunkt, von dem aus gesprochen werden könne, ist in postmodernen Theorien bereits weitestgehend widerlegt. Dementsprechend ist die Position, aus der Autor*innen2 schreiben sowie Wissen(schaft) und daran anschließend auch Wirklichkeit produzieren, niemals irrelevant. Auch reflektierte weiße Wissenschaftler*innen, die sich mit Schwarzen Perspektiven auseinandersetzten und rassismuskritische Texte schreiben, wachsen in Gesellschaftsstrukturen auf, die ihnen beibringen, dass weiße Vorherrschaft normal und legitim sei. Aus diesem Grund sehe ich eine Sichtbarmachung meiner Position als weiße, in Deutschland aufgewachsene Studentin als unerlässlich. Meine Identität besteht aus vielen weiteren Zugehörigkeiten, die mir eine bestimmte gesellschaftliche Position zuweisen und mich mit bestimmten Privilegien oder Benachteiligungen ausstatten. Als Pädagogin bin ich Multiplikatorin für meine verinnerlichten Denkmuster, meine Normalitätsvorstellungen und meine Haltung, die aus meiner gesellschaftlichen Position resultieren, auch wenn mir das nicht immer bewusst ist. Darüber hinaus sehe ich Diskriminierung von Individuen und Gruppen als gesamtgesellschaftliches Problem, von dem wir alle betroffen sind. Aus diesem Grund sehe ich es als meine Aufgabe, mich als Ausübende von Diskriminierung gegen unterschiedliche Personen(gruppen) zu begreifen. Rassismus kann dabei aus meiner Perspektive eine besonders relevante Rolle beigemessen werden, da er unsere Gesellschaft strukturiert und unsere Identitäten als weiße Personen und People of Color3 formt wie keine andere Differenzkategorie. Dieser Umstand wird in vielen Teilen der Gesellschaft nach wie vor populär negiert, obwohl seit Jahrhunderten Erkenntnisse und Berichte Schwarzer Menschen existieren, die das Gegenteil beweisen. Rassismuskritik als pädagogische Querschnittsaufgabe sehe ich dementsprechend als notwendigen Inhalt meiner Arbeit. Diesbezüglich sehe ich mich nicht als weiße Retterin, sondern als Multiplikatorin für Schwarzes Wissen und Schwarze Erkenntnisse in meiner Verantwortung als weiße Person, die an der Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Ungleichgewichte (mit-)schuldig ist.
Ich möchte an dieser Stelle weiterhin deutlich machen, dass die vorliegende Masterarbeit nicht darauf abzielt, befragte Personen vorzuführen, als Rassist*innen zu beschuldigen oder zu kritisieren. Ziel ist es vielmehr, verinnerlichte Mechanismen und daraus resultierende gewaltvolle gesellschaftliche Realitäten herauszuarbeiten.
„Ungleiche Machverhältnisse bedrohen die Menschlichkeit aller – die der Benachteiligten wie auch die der Privilegierten. Daher ist es unser aller Interesse, unsere Gesellschaft von Rassismus und allen anderen Formen institutionalisierter Diskriminierung zu befreien“
(Louise Derman-Sparks 2003, S. 9)
1 Einleitung
1.1 Erkenntnisinteresse und Forschungsstand
In den letzten Jahren treten vermehrt demokratiefeindliche Strömungen und menschenverachtende Tendenzen in öffentlichen Diskursen auf. Es wird von einem Rechtsruck der Gesellschaft und einem Rechtsextremismus der Mitte gesprochen (Berendsen, Rhein und Uhlig 2019). Dabei ist jedoch nicht nur die Gefahr rechtsextremistischer Tendenzen zu nennen, die zunehmend das gesellschaftliche Zusammenleben bedrohen4. Menschenfeindliche und insbesondere rassistische Einstellungen werden oftmals ausschließlich als Symptome des rechten Randes markiert (ebd). Studien und Berichte von Schwarzen Deutschen zeigen jedoch, dass rassistische Begegnungen und Vorkommnisse nach wie vor Alltagsphänomene in ihren Lebenswelten sind (Ogette 2019; Sow 2018; Eggers 2017). Dass unsere Sozialisation, unsere Identität und die Perspektive, aus der wir die Welt wahrnehmen, von historisch gewachsenen, gesellschaftlichen Schieflagen strukturiert werden, wird dabei oft vergessen. Antidiskriminierungsarbeit wird in Anbetracht steigender menschenfeindlich motivierter Vorfälle in Deutschland als Handlungsfeld politischer Bildung für die Gesellschaft immer relevanter. Dies drückt sich auch in einer Etablierung regionaler und bundesweiter Antidiskriminierungsstellen aus (Yiligin 2018, S. 436). Ziele dieser Stellen sind das Einstehen für Vielfalt und Diskriminierung sowie eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit Diskriminierung. Die Arbeit dieser Stellen mindert zwar menschenfeindliche Einstellungen in der Bevölkerung (Yiligin 2018, S. 441), jedoch ändert sich bisher nichts daran, dass alltägliche Diskriminierungsmechanismen gegen verschiedene Personen(gruppen) nach wie vor tief in der Gesellschaft verankert sind. Alltagsrassismus ist dabei eines der größten Probleme, das auch in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen schwer zu bearbeiten ist (ebd.). Diesen Institutionen kann in unserer Gesellschaft eine besondere Bedeutung beigemessen werden, da sie in widersprüchlicher Weise in Macht- und Ungleichheitsverhältnisse eingebunden sind (Riegel 2016, S. 79). Hegemoniale Wissensbestände und Normalitätsannahmen rahmen pädagogisches Handeln und reproduzieren gesellschaftliche Machtungleichgewichte, sofern keine kritische Reflektion stattfindet. Hierbei spielt eine Vermittlung von (kolonial-)rassistischen Wissensbeständen, eine mangelnde Repräsentation realer Diversität in Lehrmaterialien und ausgrenzende Praktiken seitens Lehrpersonen eine Rolle. „Ebenso wenig spiegelt sich die Diversität der sozialen Positionierungen und Lebenslagen unter den Schüler_innen im Lehrpersonal wider. In der Zusammensetzung der Lehrkräfte herrscht nach wie vor ein Mittelschichtbias.“ (ebd., S. 87). Die Auswirkungen dieser Ausgrenzungspraktiken für Kinder und Jugendliche werden im wissenschaftlichen Diskurs für Kindergärten (Boldaz-Hahn 2010), Schulen (Wagner 2020; Dürr und Georg 2019) und Universitäten (Heitzmann und Houda, 2020) untersucht. Problematisch ist dies jedoch nicht nur für Personen, die von Diskriminierung betroffen sind. So sind gesellschaftliche Ungleichheitsverhältnisse ebenso problematisch für privilegierte Personen5, da sie einer tatsächlich gleichberechtigten Gesellschaft im Wege stehen. Ein Abbau von Diskriminierung gegen einzelne Personen oder Gruppen wird erheblich erschwert, wenn Ausgrenzungsprozesse immer wieder als normal und alltäglich reproduziert werden. Dies passiert jedoch in Familien, Kindertageseinrichtungen, Schulen und Universitäten jeden Tag. Interventionen dahingehend müssen bereits im jungen Alter erfolgen, um nachhaltige Veränderungen flächendeckend anzuregen. Obwohl sich diskriminierende Denk- und Handlungsmuster bereits im Grundschul- und Hortalter verfestigen und verinnerlichen (Mac Naughton 2006), gibt es bisher wenig systematische Untersuchungen zum Thema Diskriminierung von Kindern im Hort. Der Hort stellt neben Schule und Elternhaus eine wichtige Sozialisationsinstanz dar, in der Konstruktionen von Identitäten und Normalitäten den pädagogischen Alltag prägen. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass Kinder stark von Werten und Einstellungen der Erzieher*innen beeinflusst werden. Dennoch ist die Bedeutung von Vorurteilen, Vielfalt und Differenzkategorien in der Lebenswelt von Kindern im Hortalter sowie damit einhergehende Einflüsse auf deren Entwicklung in Deutschland bisher wenig empirisch untersucht worden (Ali-Tani 2017, S. 14; Wagner 2010, S. 58). Darüber hinaus fehlen systematische Analysen, die den Hort als eigenes und selbstständiges Handlungsfeld in den Blick nehmen (Barthold 2019, S. 1), obwohl ihm neben schulischer Bildung auch eine wichtige Rolle beigemessen werden kann (Diskowski 2019, S 13). So findet Hort im 15. Kinder- und Jugendplan respektive Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistung der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland ausschließlich Erwähnung, wenn es um konkurrierende Zuständigkeiten von Hort und offener Kinder- und Jugendarbeit geht (BMFSFJ 2017, S. 409). Interdisziplinäre Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass Erziehungs- und Bildungsinstitutionen Räume sind, in denen Vorurteile, Stereotype und Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen verschiedener Zugehörigkeiten reproduziert werden. Dies hat insbesondere auf junge Kinder negative Effekte, da sie entweder in ihrer Identitätsentwicklung und der Teilhabe am pädagogischen Alltag behindert werden oder bereits früh lernen, Diskriminierung gegen benachteiligte Kinder auszuüben (Wagner 2020; Gomolla und Radtke 2009).
Bildungsarbeit mit intersektionalen6 Ansätzen kann der Diskriminierungsrealität, die in deutschen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen bei gleichzeitigem Diskriminierungsverbot herrscht, gerecht werden. Der Ansatz vorurteilsbewusster Bildung ist besonders anschlussfähig für Antidiskriminierungsarbeit im Hort, da er die individuelle Rolle in gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnissen ebenso berücksichtigt, wie strukturelle Auswirkungen dieser. Dennoch gibt es bisher keine Unternehmungen, ihn auf die Arbeit im Hort anzupassen. Da die theoretische und wissenschaftliche Theorienbildung speziell zum Handlungsfeld Hort bisher stark unterrepräsentiert ist, kann hier eine besondere Forschungslücke konstatiert werden. Diese wird insbesondere in Anbetracht eines steigenden Bedarfs an Hortplätzen sowie bildungspolitischen Ambitionen auf einen Rechtsanspruch (Barthold 2019, S. 1) bedeutsam.
Zielsetzung dieser Studie ist eine Weiterentwicklung akademischer Theorieproduktion zu vorurteilsbewusster Bildung. Weiterhin soll ein Beitrag zum theoretischen Diskurs von Hortpädagogik geleistet werden, um dem Mangel an fachwissenschaftlichen, hortpädagogischen Erkenntnissen entgegenzuwirken, der von verschiedenen Seiten konstatiert wird (Barthold 2019; Neuß 2017). Es wird ein Erkenntnisfortschritt im Bereich diskriminierender Ausgrenzungspraktiken im Hort angestrebt. Dafür soll die Bedeutsamkeit vorurteilsbewusster Bildung in einem Beispielshort in Rostock untersucht werden. Daran anschließend sollen Herausforderungen für eine Verstetigung sowie konkrete Möglichkeiten einer Anwendung erarbeitet werden. Im Fokus dabei steht die Extraktion subjektiver Einstellungen der Fachkräfte zu Ausgrenzung und Diskriminierungsprozessen im Hort sowie Rahmenbedingungen, die von den Fachkräften in Bezug auf das Thema der Arbeit bedeutsam gemacht werden.
Die Studie orientiert sich an bisherigen Forschungsergebnissen aus rassismuskritischen Arbeiten sowie der allgemeinen Antidiskriminierungsforschung. Den theoretischen Rahmen bildet das Diskriminierungsmodell, das Diskriminierung gegen Personen(gruppen) als gesamtgesellschaftliches Problem fasst, das alle Menschen betrifft. Weiterhin werden die Performativitätstheorie von Judith Butler sowie Theorien zur Identitätsbildung von Stuart Hall auf das Feld Hort bezogen und untersucht, inwiefern Ausgrenzung und Diskriminierung performativ und unbewusst im pädagogischen Alltag hergestellt werden. Dem theoretischen Bezugsrahmen liegt die Fragestellung zugrunde, inwiefern bisherige empirische Erkenntnisse auf den Alltag im untersuchten Hort übertragen werden können.
1.2 Aufbau der Arbeit
Kapitel 2 geht zunächst der Frage nach, wie der Ansatz vorurteilsbewusster Bildung theoretisch verortet werden kann. Hierfür werden Grundannahmen und Ziele des Anti-Bias Ansatzes als Ursprung vorurteilsbewusster Bildung erläutert. Die Nähe vorurteilsbewusster Bildung zur rassismuskritischen Bildungsarbeit beruht auf gemeinsamen Ursprüngen sowie ähnlichen Zielen und einer klaren Werteorientierung. Vorurteilsbewusste Bildung kann als intersektionale Erweiterung rassismuskritischer Bildungsarbeit angesehen werden. Im Anschluss wird das Konzept Othering sowie das zugrundeliegende Verständnis von Diskriminierung dargestellt (Kapitel 3.1.2). Anschließend werden ausgewählte Begriffe und Konzepte der Performativitätstheorie von Judith Butler als erster erkenntnistheoretischer Referenzpunkt der Studie dargelegt (Kapitel 3.2.1). Mithilfe von Stuart Halls Konzept der Identitätsbildung werden diskriminierende Ausschlussmechanismen erläutert, die konstitutiv für unsere Gesellschaft sind (3.2.2). So vollzieht sich Identität in einem performativen Prozess, der durch Abgrenzung zu einem gewissen Anderen stattfindet. Im letzten Abschnitt des theoretischen Bezugsrahmens (3.2.3) werden diskriminierende Ausschlusspraxen in pädagogischen Settings mit Fokus auf Rassismus untersucht. Dem Hort kann hierbei eine besondere Relevanz beigemessen werden, da das Ausmaß, in dem Kinder im Hortalter bereits durch Vorurteile, Normalitätsannahmen und Ausschlusspraktiken beeinflusst werden, seitens pädagogischer Fachkräfte deutlich unterschätzt wird. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass wenig präventive Arbeit diesbezüglich in deutschen Erziehungs- und Bildungsinstitutionen stattfindet.
Da bisher wenig empirische Erkenntnisse speziell für Hort vorliegen, wird der theoretische Bezugsrahmen anschließend auf den Hort bezogen und forschungspraktische Fragen präzisiert, die als Grundlage für den Forschungsprozess dienen. Im darauffolgenden Kapitel werden forschungsethische Vorüberlegungen vollzogen, die sich mit dem grundlegenden Prinzip des Verstehens (Kapitel 5.1) sowie Gütekriterien qualitativer Forschung (Kapitel 5.2) befassen. Im Kapitel 6 findet eine methodologische Rahmung statt. Hierbei werden zunächst die Besonderheiten beleuchtet, die mit einem Vorhaben einer Sekundäranalyse einhergehen (Kapitel 6.1). Daran anschließend wird in Kapitel 6.2 ein Modellprojekt zur demokratiestärkenden Bildungsarbeit im Hort vorgestellt. Dieses stellt den Rahmen dar, in dem die Datenerhebung stattgefunden hat. Außerdem wird besonderes Augenmerk auf den beiden Auswertungsmethoden Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring sowie den Methoden nach Kaufmann (2015) zur Erhebung subjektiven Sinns liegen (Kapitel 6.3). Die methodischen Grenzen dieser Studie beinhalten Überlegungen zum Forschungsdesign sowie der Schwierigkeit bei der Suche nach der Wahrheit (Kapitel 6.4). Weiterhin ist eine Herausforderung dieser Forschung, gesellschaftlich unliebsame Themen, wie verinnerlichte Diskriminierungsmechanismen, zu untersuchen, ohne die Subjekte der Forschung vor den Kopf zu stoßen.
Im 7. Kapitel werden die einzelnen methodischen Arbeitsschritte qualitativer Forschung transparent gemacht. Zunächst wird der Erhebungsprozess dargestellt (Kapitel 7.1). Im darauffolgenden Teil des Kapitels wird die Auswertung der Daten Schritt für Schritt beleuchtet. Hierfür werden die einzelnen Schritte der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring erläutert sowie besondere Herausforderungen, die sich für mich ergeben haben, und Lernfortschritte dokumentiert (Kapitel 7.3). Im Ergebnisteil werden in Rückbezug auf die Forschungsfragen und den aktuellen Forschungsstand die Ergebnisse dieser Studie aufbereitet. Zunächst wird der Blick auf der Bedeutsamkeit vorurteilsbewusster Bildung im untersuchten Hort liegen (Kapitel 8.1.1). Es haben sich via induktive Vorgehensweise verschiedene Faktoren als relevant für die Operationalisierung der Forschungsfragen herausgestellt. Dabei spielen das Verständnis von Diskriminierung der Fachkräfte sowie deren Sensibilität für diskriminierende Thematiken eine wichtige Rolle. Anschließend wird in Kapitel 8.1.2 eine Auswahl an Herausforderungen in der Hortarbeit dargestellt, von denen die Fachkräfte berichten. Hierbei liegt der Fokus auf Faktoren, die eine Etablierung vorurteilsbewusster Bildung beeinflussen könnten. Neben strukturellen Rahmenbedingungen, wie dem Betreuungsschlüssel, stellte sich auch die Zusammenarbeit der befragten Fachkräfte als relevant für die Fragestellungen der vorliegenden Untersuchungen heraus. Die Ausgestaltung von Bildung, Betreuung und Erziehung im Hort wurde ebenso seitens der Fachkräfte bedeutsam gemacht. Kapitel 8.1.3 geht der Frage nach, wie eine Etablierung vorurteilsbewusster Bildung im untersuchten Hort unter Berücksichtigung der Ergebnisse möglich sein könnte. Nach einer Zusammenfassung relevanter Faktoren zur Beantwortung der Forschungsfragen werden in Kapitel 8.3 offen gebliebene Fragen aufgegriffen und Implikationen für weiterführende Studien eröffnet.
2 Vorurteilsbewusste Bildung als bildungspraktischer Gegenstand
Der Ansatz vorurteilsbewusster Bildung ist eine deutsche Adaption an den Anti-Bias Ansatz (Wagner 2010) und kann als Teil politischer Bildungsarbeit im Bereich der Antidiskriminierungsarbeit verstanden werden.
2.1 Historische Entwicklung
Der Anti-Bias Ansatz, der in den 1980er Jahren von Louise Derman-Sparks und Carol Brunson Philips in den USA entwickelt wurde, entstand als Ansatz für Bildungsgerechtigkeit im Bereich der Kleinkindpädagogik. Thematisch ist er an der Social Justice Bewegung sowie der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung angelehnt. Anfang der 1990er Jahre entwickelten südafrikanische Pädagog*innen der Early Learning Ressource Unit den Ansatz weiter und konstruierten darauf aufbauend Seminar- und Unterrichtskonzepte für Kinder und Jugendliche, aber auch für die Erwachsenenbildung sowie explizit Multiplikator*innenschulungen (Anti-Bias-Netz 2016, S.12). Nach Deutschland kam der Ansatz in den 1990ern unter anderem durch die Fachstelle KINDERWELTEN, die nach Kontakt mit Louise Derman-Sparks, das Konzept Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung für Kindertagesstätten erarbeitete und dies seitdem systematisch weiterentwickelt7. Eine zweite Anpassung für den deutschen Kontext fand ebenso in den 1990ern in Kooperation mit südafrikanischen Trainer*innen und Mitarbeiter*innen des entwicklungspolitischen INKOTA-netzwerks statt, die das Projekt Vom Süden lernen für die Erwachsenenbildung entwickelten (INKOTA-netzwerk e.V. 2002). Ziele der Anti-Bias-Trainings innerhalb dieses Projekts waren der Abbau von Voreingenommenheit und Diskriminierung gegen Personen of Color sowie das Thematisieren und Hinterfragen vorherrschender Vorstellungen und Bilder über den globalen Süden. Inzwischen wird Anti-Bias Arbeit in verschiedenen Handlungsfeldern und mit verschiedener Klientel angewendet. Die Spannweite reicht von Arbeit im frühpädagogischen Bereich (Wagner 2010) über die Erwachsenenbildung (Gramelt 2010) bis zur Organisationsberatung (ebd.).
2.2 Grundannahmen
Für vorurteilsbewusste Bildungsarbeit existieren wichtige Grundannahmen, die Voraussetzungen für eine vorurteilsbewusste Haltung darstellen. Hierbei ist besonders wichtig, dass davon ausgegangen wird, dass jedes Gesellschaftsmitglied in dem komplexen System von Diskriminierung gegen Individuen oder Gruppen involviert ist (Trisch 2013, S. 46). Dies führt zur Auflösung einer „binären Gegenüberstellung von Gut und Böse“ (DiAngelo 2020, S. 12) und ermöglicht es, eigene Erfahrungen als betroffene, aber auch ausübende Person zu reflektieren. Darüber hinaus wird in vorurteilsbewusster Bildungsarbeit versucht, möglichst alle Formen von Diskriminierung miteinzubeziehen (Trisch 2013, S. 163). Eine Hierarchisierung oder Bewertung von Diskriminierungserfahrungen soll vermieden werden, dennoch spielen die Intensität und die Bedeutung der jeweiligen Kategorie, entlang derer Diskriminierung stattfindet, eine Rolle. Die Sicht- oder Veränderbarkeit von Merkmalen oder das Ausmaß, in dem die Diskriminierungsformen institutionalisiert sind, können hierfür Beispiele sein (Schmidt 2009, S. 79). Weiterhin sind Verschränkungen von Diskriminierungserfahrungen zu berücksichtigen, um der Lebenswelt mehrfach betroffener Personen gerecht zu werden. Zuletzt wird in vorurteilsbewusster Bildungsarbeit davon ausgegangen, dass wir alle in einem System sozialisiert sind, das Diskriminierung gegenüber als anders markierten Personen als alltäglich und legitim reproduziert. Daran anschließend können diskriminierende Sprech- und Verhaltensweisen bereits so verinnerlicht sein, dass sie für die privilegierte Position nicht mehr offensichtlich wahrnehmbar sind (Mamutovič 2016, S. 119ff). Tupoka Ogette nennt diesen Zustand, in dem sich weiße 8Menschen befinden, bevor sie lernen, wie tief Rassismus in der Gesellschaft und den Köpfen ihrer Mitglieder verankert ist, „Happyland“ (Ogette 2019, S. 21).
2.3 Ziele vorurteilsbewusster Bildungsarbeit
Vorurteilsbewusste Bildung in Settings frühkindlicher Pädagogik zielt darauf ab, Kindern in Kindergärten einen diskriminierungsarmen Aufenthalt zu ermöglichen, damit sie sich bestmöglich entwickeln können (Derman Sparks 2010, S. 239ff). Konkrete Ziele sind Unterstützung in der Entwicklung positiver Ich- und Gruppenidentität sowie im Erwerb eines diskriminierungssensiblen Sprachgebrauchs. Zu letzterem gehören die Befähigung von Kindern, Vorurteile als solche wahrzunehmen sowie ein Vermögen, Diskriminierung erkennen und benennen zu können (ebd.).
Die besondere Stärke vorurteilsbewusster Bildung ist eine intersektionale Betrachtungsweise. Obwohl die Ursprünge der Anti-Bias Arbeit in rassismuskritischer Bildung liegen und in einem hohen Maß auf Schwarzen Erkenntnissen und Schwarzem Wissen (Eggers 2017) beruhen, wird eine Berücksichtigung möglichst aller Differenzkategorien, die das Leben von Subjekten beeinflussen, angestrebt. Vorurteilsbewusste Bildung kann dementsprechend als intersektionale Erweiterung rassismuskritischer Bildungsarbeit angesehen werden.
3 Diskriminierende Ausgrenzungspraktiken
3.1 Begriffserklärung
Mechanismen und Wirkungsweisen von Diskriminierung sind wichtige theoretische Größen in vorurteilsbewusster Bildungsarbeit. Dementsprechend ist es für die vorliegende Studie unerlässlich, diese zu beleuchten und Diskriminierung gegen Menschen aufgrund unterschiedlicher Merkmale als alltägliche Gewaltpraxis zu untersuchen.
3.1.1 Othering
Bevor näher auf Diskriminierung eingegangen wird, soll das Phänomen Othering vorgestellt werden, da dieses eine zentrale Grundlage für Diskriminierung in der Gesellschaft ist. Othering beschreibt einen Prozess sozialer Konstruktion, mit dem Individuen oder Gruppen zum Fremden9 oder zum Anderen gemacht werden. Der Begriff wurde von Gayatri Chakravorty Spivak (1985) geprägt, für „das im Machtdiskurs ausgeschlossene Andere“ (Spivak 1985, S. 255). Individuen oder Gruppen werden aufgrund von Merkmalen als anders oder fremd konstruiert und – bewusst oder unbewusst - in Abgrenzung zum Eigenen bewertet. Die Konstruktion eines fremden Anderen ermöglicht es, die eigene Subjektposition als unmarkiert und daran anschließend als normal und selbstverständlich zu verorten. Was als normal oder fremd gilt, ist dabei stets Ausdruck von hegemonialem, (kolonial-)rassistisch geprägtem Wissen (Spivak 1985, S. 252-257).
3.1.2 Diskriminierung
Um das Phänomen Diskriminierung analytisch zu fassen, ist eine Verortung auf den verschiedenen Ebenen notwendig, auf denen es in der Gesellschaft aufritt. Eine gängige Unterscheidung geht auf Derman-Sparks und Brunson Phillips zurück. Sie beziehen ihre Ergebnisse auf Rassismus, ihre Unterscheidung ist jedoch auch auf andere Diskriminierungsformen übertragbar und demensprechend intersektional nutzbar. „Racism operates in three forms: insitutional, cultural and individual. The three forms interact and reinforce one another.“ (Derman-Sparks und Brunson Phillips 1997, S. 10).
Als individuelle oder auch zwischenmenschliche Ebene wird dabei ausgrenzendes Verhalten gegenüber Menschen und Gruppen verstanden. Dabei spielen nicht nur Handlungen oder physische Gewaltdelikte eine Rolle, sondern auch übergriffiges Sprechverhalten. Diskriminierung von Individuen und Gruppen wirkt nicht nur in zwischenmenschlichen Interaktionen, sondern auch auf struktureller/institutioneller und gesellschaftlich/ideologischer Ebene. Alle drei Ebenen sind stets miteinander verwoben: Individuelle Vorurteile und unhinterfragte Normalitätsannahmen beeinflussen, wie Menschen die Welt sehen und stellen die Basis für ihr Sprechen und Handeln dar. Dabei tragen sie diese in Organisationen und Strukturen, in denen sie leben, lernen oder arbeiten. Hegemoniale Sichtweisen und Normalitätsvorstellungen werden in machtvollen Diskursen abgebildet, die wiederum beeinflussen, wie Individuen die soziale Realität wahrnehmen. So zeigt Mechtild Gomolla für den schulischen Kontext die Verwobenheiten der drei Ebenen auf und verdeutlicht die weitreichenden Folgen für Betroffene. „Stereotype und niedrige Leistungserwartungen spielen nicht erst in zentralen schulischen Selektionsentscheidungen eine Rolle, sondern beeinflussen […] potenziell die gesamte Schulerfahrung eines Kindes – und auch die vieler Eltern.“ (Gomolla 2015, S. 205).
Othering und diskriminierende Sprech- und Handlungsweisen sind in unserer Gesellschaft tief verinnerlicht. Robin DiAngelo spricht in Bezug auf Rassismus hierbei von „unablässigen Botschaften weißer Überlegenheit und die daraus resultierende unvermeidliche Verinnerlichung dieser Botschaften bei Weißen.“ (DiAngelo 2020, S. 116). Gleichzeitig ist eine Thematisierung dieser Umstände auf Grundlage des vorherrschenden Paradigmas, Diskriminierung basiere auf vorsätzlichen Taten böser Menschen, schier unmöglich. Wenn Diskriminierung jedoch als System beziehungsweise als Rahmen verstanden wird, in dem wir aufwachsen, sozialisiert werden und leben, ist es möglich, diese Dichotomie aufzubrechen. Andernfalls werden Lebensrealitäten und Diskriminierungserfahrungen, die viele Deutsche tagtäglich aufgrund unterschiedlicher Gründe machen, stets neu reproduziert und perpetuiert.
Wenn Leute behaupten, man habe sie gelehrt, alle gleich zu behandeln, zeigen sie mir damit lediglich, dass sie den Sozialisationsprozess nicht verstehen. Es ist unmöglich, jemandem beizubringen, alle gleich zu behandeln […]. Das Problem ist die Fehlinformation, die um uns herum herrscht und dazu führt, dass die Ungleichbehandlung ungerecht ist. (DiAngelo 2020, S. 122).
Diskriminierende Handlungen werden nicht im luftleeren Raum vollzogen, sondern sind in einem gesellschaftlichen und globalen Kontext eingebettet, wie im Diskriminierungsmodell des Anti-Bias Netzes deutlich wird. Dieser Kontext ist geprägt von historisch gewachsenen und etablierten Macht- und Herrschaftsverhältnissen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Diskriminierungsmodell (Anti-Bias-Netz 2016, S. 15).
Nach dem Diskriminierungsmodell kann es ausschließlich zu diskriminierenden Handlungen und daran anschließend zu Abwertung und Ausgrenzung kommen, wenn sprechende/agierende Personen mit situativer Macht und/oder einer gesellschaftlich machtvollen Position ausgestattet sind. So sind weiße Personen in unserer Gesellschaft grundsätzlich privilegiert, wenn es um die Differenzkategorie Rassifizierung10 geht. Eine weiße Lehrkraft ist beispielsweise gegenüber Schwarzen Schüler*innen auf zwei Dimensionen machtvoll ausgestattet: erstens durch ihr Weißsein und zweitens durch die situative Autorität, Lehrkraft zu sein. Das Zusammenspiel verschiedener Machtformen entscheidet, welche Narrative gehört werden und welche nicht (Spivak 1985).
Rassismus und die Idee weißer Vorherrschaft strukturieren unsere Gesellschaft in einem besonders ausgeprägten Maß (DiAngelo 2020). Dennoch zeigt sich sowohl auf individueller (Ogette 2019, S. 27ff) als auch politischer Ebene11 eine auffällige Vermeidung, Rassismus als solchen zu benennen. Dies ist besonders problematisch, da eine Aufarbeitung rassistischer Strukturen verhindert wird. „Das vorherrschende Paradigma, das unter Rassismus einzelne, individuelle, vorsätzliche und bösartige Taten versteht, macht es unwahrscheinlich, dass Weiße in ihren Verhaltensweisen Rassismus erkennen!“ (DiAngelo 2020, S. 118). Obwohl diese Arbeit vorurteilsbewusste Bildung thematisiert und somit für intersektionale Antidiskriminierungsarbeit wirbt, spielt Rassismus somit auch in der vorliegenden Untersuchung eine besonders wichtige Rolle.
3.2 Konstruktionsprozesse des pädagogischen Alltags
In der vorliegenden Studie soll untersucht werden, wie Diskriminierung und Ausgrenzung im Hortalltag durch verinnerlichte Denk- und Handlungsmuster von Fachkräften (re)produziert werden. Hierfür werden ausgewählte performativitätstheoretische Ideen von Judith Butler vorgestellt. Diese werden ergänzt durch postkoloniale Perspektiven von Stuart Hall.
3.2.1 Performativitätstheorie
Judith Butlers Begriff der Performativität beschreibt, dass Sprechakte wirkmächtige Handlungen darstellen, die die soziale Realität nicht einfach nur abbilden, sondern sie diskursiv konstruieren (Butler 1991). Ihre Thesen verdeutlicht sie anhand des Beispiels, wie sich die Kategorie Geschlecht stets neu durch Sprache reproduziert und somit wirkmächtig bleibt. Sie zeigt auf, welche Auswirkungen hegemoniale (Geschlechter-)Normen auf Identitätsbildungsprozesse von Individuen haben. „Infolgedessen ist das Ich, das ich bin, zugleich durch die Normen geschaffen und von den Normen abhängig.“ (Butler 2012b, S. 12). Obwohl Judith Butler auch Frantz Fanon aufgreift und Widerstände und Handlungsmacht im Schreiben Schwarzer Intellektueller sieht (ebd., S. 28), steht die Kategorie Geschlecht in ihren Ausführungen zur Subjektkonstitution im Fokus. Ihre Perspektiven müssen demnach durch postkoloniale Theorien erweitert werden, um dem Anspruch intersektionaler Perspektiven gerecht zu werden. Die Berücksichtigung der kolonial-historischen Genealogie von Wissen und Wissenschaft ermöglicht macht- und herrschaftskritische Perspektiven. Weiterhin lassen intersektionale Ansätze einen Einbezug verschiedener Subjektpositionen und daran anschließende Erfahrungen von Ein- und Ausschlüssen zu12. Für dieses Vorhaben sind Halls Überlegungen zu Identität und Performativität anschlussfähig.
Stuart Hall, Kulturwissenschaftler, aber auch wichtiger Vertreter der postkolonialen Studien zeigt auf, dass Rassismus und Sexismus als „Zeichensystem funktionieren, durch das ein Teil der Bevölkerung auf einen gesellschaftlich untergeordneten Platz verwiesen wird.” (Hall 2000, S. 7). Diese Zeichensysteme schreiben sich diskursiv in die Identitäten der als über- und untergeordnet markierten Subjekte ein. Hier wird der produktive Charakter von Sprache deutlich, der in foucaultscher Tradition auch Butlers Positionen immanent ist.
Wenn es Normen der Anerkennung gibt, von denen das Menschliche geschaffen wird, und wenn diese Normen Funktionsweisen der Macht codieren, dann folgt daraus, dass der Streit um die Zukunft des Menschlichen eine Auseinandersetzung um die Macht sein wird, die in solchen und durch solche Normen wirksam ist. Diese Macht äußert sich in Sprache auf eine restriktive Weise […]. (Butler 2012b, S. 29).
Öffentliche Diskurse reproduzieren gesellschaftliche Machtverhältnisse und bringen sie qua diskursiver Einschreibung hervor. Medial transportierte Geschlechterrollen bilden Normalitäten zwar ab, stellen sie durch ständige Wiederholung aber auch stets neu her. Subjekte sind gezwungen, die sich ständig verfestigenden Rollenerwartungen einzunehmen, wenn sie als intelligibel13 anerkannt gelten und dementsprechend nicht von Ausgrenzung betroffen sein wollen.
In Bezug auf Rassismus fasst Susan Arndt (2012, S. 86) zusammen, dass Sprache „seit jeher zur abwertenden Fixierung und Markierung von als anders konstruierten Menschen“ fungiert. Normen und Diskurse beschränken Subjekte, da sie den Bereich abstecken, in dem Identitätsentwicklung und Subjektivation14 überhaupt erst stattfinden können. Der Subjektstatus ist an Unterwerfung unter „Subjektpositionen“ (Foucault 1969, S. 78) gebunden. Das sind Formationsregeln und Äußerungsmodalitäten, wie beispielswiese das Performen bestimmter, geschlechtlich codierter Verhaltensweisen, das Doing Gender:
Sometimes the norms of recognition bind us in ways that imperil our capacity to live: what if the Gender that establishes norms require in order for us to be recognizable also do violence to us, imperil our very survival? Then the very categories which appear to promise us life take our life away. (Butler 2012, S. 27).
Auch Hall sieht Subjektkonstitution als Handlungsprozess an, der sich aus aktiven und passiven Momenten zusammensetzt, und benennt ihn „das endlose performative Selbst“ (Hall 2004, S. 167). Er veranschaulicht in seinen Ausführungen in „der Westen und der Rest“ (Hall 1994), wie Konstruktion von eigener Identität ausschließlich durch Abgrenzung zum Anderen/Fremden stattfindet. Diese Subjektkonstitution ist dabei immer in gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnissen verortet (Bhabha 2000). Außerdem zeichnet Stuart Hall eine soziale und historische Situiertheit von Identität nach, in dem er ihren prozesshaften und kontextabhängigen Charakter bedeutsam macht (Hall 2004, S. 169). Der geschlechtlich geformte Körper und die Norm der weißen Vorherrschaft sind stets diskursiv und performativ herzustellende Konstruktionen, die gewaltvoll und wirkmächtig auf Subjekte und deren Identitätsbildung einwirken. Demnach ist soziale Identitätsbildung ein Herstellungsprozess, der innerhalb spezifischer diskursiver Praktiken durch spezifische Strategien abläuft und an spezifische institutionelle und historische Orte gebunden ist. Diese Umstände sind insofern problematisch, da Auf- und Abwertungen einer Eigen- und Fremdgruppe integrale Bestandteile von Sozialisationsprozessen sind (Tajfel 1978, S. 66ff). Daran anschließend entstehen durch ungleich verteilte Machtpositionen und Ressourcen in der Gesellschaft folgenschwere Nachteile für bestimmte Gruppen, die sich durch Ein- und Ausschlüsse auszeichnen.
3.2.2 Diskursive Ausgrenzungspraktiken
Diese Ausschlussmechanismen sind nach Butler und Hall konstitutiv für eine Gesellschaft, da sich gesellschaftliche Realität performativ durch Othering und Ausgrenzungsprozesse strukturiert. Was Hall als rassifizierte Körper bezeichnet, die durch Zwangseurozentrismus geformt werden (Hall 2004, S. 186), findet sich bei Butler mit dem Begriff Vergeschlechtlichung wieder. So zeigt sie beispielsweise auf, inwiefern Transmenschen von Diskriminierung und gesellschaftlicher Ausgrenzung betroffen sind und somit ihren Subjektstatus stets neu erkämpfen müssen (Butler 2012b, S. 22). Halls Perspektiven sind an Butlers Theorien anschlussfähig, da sich Identität bei Butler primär qua Vergeschlechtlichung vollzieht, während Hall stärker intersektionale Perspektiven berücksichtigt. Beide nutzen für Ausschlussmechanismen den Begriff Repräsentation (Butler 1991, S. 16; Hall 2004, S. 171). Das hegemoniale System (die vergeschlechtliche Gesellschaft bei Butler und das eurozentristische Wahrheitsregime bei Hall) bietet intelligiblen Subjekten Möglichkeit der Repräsentation und verschleiert systematisch die Existenz von Ausgeschlossenen. Die Soziologin Robin DiAngelo zeigt mit dem Begriff weiße Fragilität auf, inwiefern weiße Menschen Identität entlang dem „Leugnen unserer rassenbasierten Privilegien [organisieren], die eine rassistische Benachteiligung anderer untermauern.“ (DiAngelo 2020, S. 157, Anmerkung MD). Die hegemoniale Norm Weißsein bleibt unmarkiert, um damit einhergehende Privilegien und Machtpositionen zu sichern. Dies geschieht nicht nur auf medialer und struktureller Ebene, sondern auch im Alltag von Subjekten. So werden Deutsche of Color und Schwarze Deutsche tagtäglich durch Othering diskursiv zu Fremden gemacht und ihre Zugehörigkeit in Frage gestellt15. So wird beispielsweise die Herkunftsfrage ausschließlich denen gestellt, die als ´natio-ethno-kulturell auffällig´ eingestuft werden, und zielt daher mehr als auf eine Ortsangabe. Sie fordert dazu auf, sich als Angehörige einer bestimmten national ethnisch und kulturell definierten Gruppe, die NICHT deutsch ist, darzustellen oder zuordnen zu lassen. Und diese Zuordnung ist verbunden mit Zuschreibungen, Bewertungen und Erwartungen. (Krause 2010, S. 93, Großbuchstaben im Original).
Durch die Fragepraktik „Woher kommst du? Ich meine, wirklich?“ (Ogette 2019, S. 98) werden Gruppen konstituiert und homogenisiert. Individuen geraten in ihrer Diversität aus dem Blick und werden auf ein Merkmal/eine (vermeintliche) Gruppenzugehörigkeit reduziert. Sprache beinhaltet Unterscheidungen von Dingen oder Menschen, die aus Perspektive der Mehrheitsgesellschaft neutral wirken, jedoch Be- und Abwertungen beinhalten, die zu machtvollen Zuschreibungen führen können (Bovha, Kontzi u. Hahn 2016, S. 25). Diese Ausschlüsse und Zuschreibungen beeinflussen, wie Subjekte aufwachsen und sich entwickeln. So konstatiert Tim Rohrmann in Bezug auf die Kategorie Geschlecht die „Grenzen unserer Offenheit für Vielfalt“ (Rohrmann 2010, S. 64). Er zeigt in Bezug auf geschlechtsunytpische Verhaltensweisen von Kindern im Hortalter auf, wie sehr performative Herstellung von Geschlecht bereits in dieser Altersgruppe verinnerlicht ist und wie sehr geschlechtsuntypisches Verhalten sanktioniert wird (ebd.)16. Hierbei haben Bezugspersonen durch ihre Sprache, Blicke, etc. einen entscheidenden Anteil. So berichtet Rohrmann von Abwehrmechanismen seitens der Erzieher*innen. Die Aussage „Wir behandeln Mädchen und Jungen gleich […]“ (Rohrmann 2012, S. 10) ist Ausdruck davon, dass Erzieher*innen keine Verantwortung für die Reproduktion geschlechtstypischer Verhaltensweisen übernehmen wollen (ebd.). Darüber hinaus wird geschlechtsuntypisches Verhalten von Kindern bei Mädchen und Jungen unterschiedlich sanktioniert. So wird Jungen, die geschlechtsuntypische Verhaltensweisen zeigen, seitens Eltern, Erzieher*innen oder anderer Kinder häufig Homosexualität unterstellt 17 (ebd., S. 11). Diese Sprechakte reproduzieren Heterosexualität als unhinterfragte Norm und verhindern, dass Kinder sich in ihrer geschlechtlichen Identität frei entwickeln können. In Anbetracht Butlers Theorien kann davon ausgegangen werden, dass die unfreiwillige Reproduktion hegemonialer Geschlechterrollen das Selbstbild von Kindern beeinflusst. So haben „geschlechtsspezifische Vorurteile weitreichende Folgen“, da „Kinder sowie Jugendliche in ihrer kognitiven und sozio-emotionalen Entwicklung beeinträchtigt“ (Heisig 2019, S. 15) werden18. Auch Wiebke Scharathow zeigt auf, inwiefern Mädchen und Jungen unterschiedliche Eigenschaften zu- oder abgesprochen werden und wie wirkmächtig diese Zuschreibungen in Bezug auf ihre Entwicklung sein können (Scharathow 2017, S. 112).
Diese Ergebnisse werden auch durch Ergebnisse der sozialpsychologischen Vorurteilsforschung gestützt. So besagt die von Tajfel (1978) und Tajfel und Turner (1979) aufgestellte Theorie der sozialen Identität, dass Zugehörigkeiten zu sozialen Gruppen besonders relevant für Identitätsbildungsprozesse sind. Weiterhin spielen Zuschreibungen von Werten und Eigenschaften der Eigen- und Fremdgruppe eine Rolle.
Soziale Kategorisierung ist somit nicht nur ein kognitiver Prozess zur Systematisierung der komplexen Umwelt, sondern beeinflusst auch das Urteilen und Verhalten gegenüber den Kategorien und ihren einzelnen Mitgliedern: Kognitive Akzentuierungsprozesse führen dazu, dass Unterschiede der in Verbindung mit bestimmten Kategorien gesehenen Werte übertrieben werden, während Wertunterschiede innerhalb einer Kategorie unterschätzt werden. (Petersen 2020, S. 249f).
Die Abwertung von Fremdgruppen ist nach dieser Theorie „ein Mittel zur Erreichung sozialer Überlegenheit und dient der Befriedigung eines Bedürfnisses nach positiver sozialer Identität“ (ebd., S. 254). Diskriminierende Ausgrenzungspraktiken sind insbesondere in pädagogischen Kontexten folgenreich. „Somit hat Othering im Bildungskontext nicht nur subjektivierenden und unter die vorherrschenden Verhältnisse unterwerfenden Charakter, sondern bringt auch Bildungsarrangements mit hervor und konstruiert Lernprozesse und Bildungschancen.“ (Riegel 2016, S. 227). Obwohl viele Berichte und Studien über Folgen von Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen in Bildungssettings in der Bundesrepublik existieren, sind viele pädagogische Fachkräfte überrascht, wenn sie realisieren, welch bedeutende Rolle Diskriminierung in der Lebenswelt ihrer Klientel spielt (ebd., S. 249). Das nachfolgende Kapitel setzt sich intensiv mit Phänomenen diskriminierender Ausgrenzungspraktiken in deutschen Bildungssettings am Beispiel Rassismus auseinander.
3.2.3 Ausgrenzung in deutschen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen am Beispiel Rassismus
Diskursiven Ausgrenzungspraktiken kann insbesondere im Kontext von Erziehungs- und Bildungsinstitutionen eine besonders wichtige Rolle beigemessen werden. So haben viele Kinder und Jugendliche aufgrund von Schulpflicht oder Betreuungsbedarf keine Möglichkeit, Diskriminierung seitens Mitschüler*innen oder Lehrer*innen zu entfliehen. Weiterhin erfüllen Bildungseinrichtungen eine besondere Funktion in der Aufrechterhaltung und Reproduktion sozialer Ungleichheit und prägen maßgeblich die Leben der als anders markierten Individuen (DiAngelo 2020, S. 208). Die Tatsache, dass bereits Kinder von hegemonialen Normen und gesellschaftlichen Schieflagen geprägt sind, wird häufig abgestritten.
Bei fast allen Einrichtungen [der frühkindlichen Bildung] geht ein Sturm der Entrüstung durch die Reihen der Erzieher*innen, wenn Worte wie ›Vorurteile‹, ›Stereotype‹ oder gar ›Rassismus‹ und ›Kinder‹ im gleichen Satz fallen: ›So etwas kennen unsere Kinder nicht. Die sind da ganz frei und sehen keine Unterschiede!‹ (Ogette 2019, S. 102, Anmerkung MD).
Den vorangegangenen Ausführungen folgend, sind Rassismus und andere Formen von Diskriminierung jedoch nicht per se auf böswillige Intentionen oder gefestigte ideologische Ansicht angewiesen. Kinder werden bereits im frühen Alter in einem System sozialisiert, das sie lehrt, gesellschaftliche Schieflagen und Machtungleichgewichte (beispielsweise in Form von weißer Vorherrschaft oder Othering) seien normal. „Denn Rassismus bzw. die Auswüchse seiner Ideologie machen weder Halt vor Kindern noch vor Erwachsenen noch vor Institutionen wie Kindertageseinrichtungen.“ (Boldaz-Hahn 2010, S. 103).
Entgegen der Annahme, dass Kinder Vorurteile und Stereotype nur von Erziehungspersonen oder aus Medien aufschnappen und wiedergeben, zeigen psychoanalytische Untersuchungen, dass Vorurteilsbildung schon im frühen Kindesalter beginnt (Beelmann und Neudecker 2020, S. 116). Bereits ab dem dritten Lebensjahr nehmen Kinder Unterschiede und Hierarchisierungen wahr und lernen, welche gesellschaftliche Anerkennung verschiedenen Differenzkategorien, wie beispielswiese Rassifizierung, beigemessen wird (Mac Naughton 2006, S. 4). Diese diskursiven Konstruktionen manifestieren sich unter anderem in direkten Interaktionen, wenn Schwarze Kinder in Kindergärten als Schokolade oder Mohrenkopf bezeichnet werden (Boldaz-Hahn 2010, S. 105), aber auch indirekt, wenn es um Verteilung und Benutzung von Spielmaterial oder der Teilhabe als Spielpartner*innen geht (Ali-Tani 2017, S. 5). Caroline Ali-Tani verdeutlicht an einem Beispiel, wie bereits Kinder im Kindergarten mit dem Absprechen von Individualität beginnen und andere Kinder auf Gruppenzugehörigkeiten reduzieren sowie vermeintliche Gruppe homogenisieren (ebd., S. 6 und 7). Ein ähnliches Bild zeigen die Beobachtungen von Anke Krause, die sich auf die Herkunftsfrage im Kindergarten beziehen.
Sechsjährige hingegen haben oft schon verstanden, dass diese Frage auf die ethnische/nationale Herkunft der Familie abzielt und sagen: ›Aus der Türkei‹ - oder: ›Aus Polen‹. Das sagen sie, auch wenn sie aus Deutschland kommen. Die Kinder wissen vermutlich, dass sie hier nicht als Individuen, sondern als Angehörige einer bestimmten Bezugsgruppe angesprochen sind, und die Frage ›Woher kommst du?‹ mit Informationen zur Migrationsgeschichte der Familie beantwortet werden soll. (Krause 2010, S. 92).
Sie greift auch auf Ergebnisse anderer Studien zurück und kommt zu dem Schluss, dass auf Ethnizität bezogene Interaktionen und Othering relativ häufig in Kindergärten vorkommen und zu Ein- und Ausschlusspraxen führen (ebd., S. 94). Robin DiAngelo fasst in diesem Kontext Ergebnisse aus psychologischen Studien zusammen, die rassistische Vorurteile bei Kindern unter An- sowie Abwesenheit von Erwachsenen untersuchen.
Es stellte sich heraus, dass die Jüngeren schwarze Kinder unter beiden Bedingungen [An- und Abwesenheit von Erwachsenen] diskriminierten, währen die Älteren dies nur in Abwesenheit von Erwachsenen taten. Dies zeigt, dass ältere Kinder eindeutig Rassenvorurteile hatten und danach handelten, dies aber in Anwesenheit eines weißen Erwachsenen versteckten. (DiAngelo 2020, S. 129, Anmerkung MD) Aussagen von Kindern, die das Fremde beschreiben und (ab-)werten, markieren das Eigene als normal und konstruieren eine vermeintliche nationale Identität. Diese Verhaltensweisen gehen mit der Konsequenz einher, dass sich Ausgrenzung aufgrund von bestimmten Merkmalen und Verhaltensweisen in das Selbstbild von Kindern einschreibt. Angehörige der Mehrheitsgesellschaft erfahren dadurch Aufwertung und das Gefühl, selbstverständlich zugehörig zu sein, während Kinder, die aus verschiedenen Gründen Othering erleiden, Gefühle von Nichtzugehörigkeit erfahren.
Es sind immer wieder bestimmte Merkmale, Verhaltensweisen oder Eigenschaften, die in jeder Kindergruppe abwertend genannt werden oder als Legitimation einer Ausgrenzung fungieren: Kinder mit einer Behinderung, Kinder, die ›nicht richtig‹ deutsch sprechen, Kinder, die sich nicht geschlechterstereotyp verhalten usw. (Ali-Tani 2017, S. 4).
In Bezug auf Rassismus lernen weiße Kinder, dass es in Ordnung ist, andere aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe auszugrenzen. Sie machen die Erfahrung, dass es in Kindertageseinrichtungen erlaubt ist, sich diskriminierend zu verhalten, und lernen, dass sie aufgrund ihrer hellen Hautfarbe Kindern dunkler Hautfarbe überlegen sind. (Boldaz-Hahn 2010, S. 109).
Besonders problematisch werden oben genannte rassistische Ausgrenzungsmechanismen unter Kindern, wenn ein Großteil von Pädagog*innen in Schulen in einer rassistisch strukturierten Gesellschaft privilegiert positioniert ist (Scharathow 2017, S. 116)19. Dies führt dazu, dass sie „alltagsrassistische Strukturen und Praktiken oftmals nicht erkennen“ und rassistische Unterscheidungspraxen und Zuschreibungen als „selbstverständlich und harmlos“ (ebd.) wahrnehmen20. Auch Catrin Ehlen beschreibt Abwehrmechanismen weißer Lehrer*innen, wenn Rassismus im beruflichen Alltag zur Sprache kommt. „Nee, nee, also hier bei uns nicht.“ (Ehlen 2015, S. 148). Sie konstatiert in diesem Kontext ein verkürztes Verständnis von Diskriminierung sowie ein „fehlendes rassismuskritisches Verständnis“ (ebd., S. 149). So ist rassistisches Sprachverhalten weißer Lehrpersonen oft tief verinnerlicht und unbewusst. Dies erschwert Betroffenen, Rassismuserfahrungen in der Schule angemessen zu thematisieren und eine Bearbeitung einzufordern.
Mehrheitsangehörigen sind diese tief verinnerlichten und daher selbstverständlich erscheinenden Denk- und Handlungsmuster oft nicht bewusst und werden von ihnen folglich nicht als Rassismus identifiziert. Dagegen erfahren Schwarze Kinder und Jugendliche diese latenten und für die Mehrheitsgesellschaft oft unsichtbaren Formen von Rassismus regelmäßig in ihrem Alltag – auch in dem schulischen. (Ehlen 2015, S. 148f).
Auch Rudolf Leiprecht fasst für den schulischen Kontext zusammen, dass Schüler*innen insbesondere unter latenten Formen von Rassismus seitens ihrer Lehrkräfte leiden. Weiterhin bemängelt er unzureichendes Wissen über diese Prozesse.
Latente, subtile und verdeckte Formen von Rassismus, die alltäglich und weitverbreitet und nicht immer bewusst sind, teilweise unbedacht hervorgebracht werden und teilweise nicht-intendierte, jedoch folgenreiche Auswirkungen haben, werden […] kaum thematisiert, genauso wie Formen von Rassismus, die Routinen Regelungen, Anordnungen und Abläufen in Institutionen folgen. (Leiprecht 2015, S. 131).
Die Vermeidung, Rassismus in deutschen Bildungseinrichtungen als solchen zu benennen, lässt sich auch auf bildungspolitischer Ebene nachzeichnen. So werden rassistische Vorfälle immer wieder als Einzelfälle dargestellt und dabei auf Vorurteile und Ausgrenzungspraktiken einzelner Individuen verwiesen. Die Negierung des Umstands, dass Rassismus als genuiner Bestandteil unserer Gesellschaft anzusehen ist, zeigt auf, wie schwierig eine Sichtbarmachung und dementsprechend auch eine Bearbeitung von (rassistischer) Diskriminierung in der Gesellschaft, ihren Strukturen und ihren Institutionen ist. Diskriminierende Handlungen gehören zum Alltag vieler Schüler*innen of Color (Bergold-Caldwell und Georg 2018, S. 82). Dennoch vermeiden pädagogische Fachkräfte auffällig oft diese Vorkommnisse als Rassismus zu benennen (Wagner 2020, S. 278). Wenn Eltern Schwarzer Kinder rassistische Praxen in Kindergärten und Schulen ansprechen und eine Bearbeitung der Vorfälle verlangen, um ihren Kindern einen gewaltfreien Schulalltag zu ermöglichen, stoßen sie dabei in der Regel auf Widerstände (Bollwinkel 2019, S. 113f). Susan Arndt verdeutlicht diesbezüglich, inwiefern kollektives Leugnen von Alltagsrassismus als diskursive Strategie zur Machterhaltung der eigenen Gruppe genutzt wird. So ist das „Nicht-Wahrnehmen von Rassismus ein aktiver Prozess des Verleugnens, der durch das weiße Privileg, sich mit Rassismus nicht auseinander setzten zu müssen, gleichermaßen ermöglicht, wie abgesichert wird.“ (Arndt 2012, S. 156). Diese „Macht der Weißen“ (DiAngelo 2020, S. 159) zu bestimmen, welche Narrative zulässig sind und welche nicht, wird somit bereits in Kindergärten und Schulen von weißen Fachkräften an weiße Kinder weitergegeben. Diese Dominanzverhältnisse sind ebenso für Schüler*innen of Color spürbar, die dadurch beginnen Unterdrückungsmechanismen zu verinnerlichen (vgl. Mamutovič 2016, S. 119ff).
Welche folgenreichen Auswirkungen dieser Umstand mit sich bringt, zeigen verschiedene qualitative Studien. So bekommen Schüler*innen of Color seltener Gymnasialempfehlungen, auch wenn sie ausschließlich Bestnoten aufweisen (Wagner 2020, S. 190; Riegel 2016, S. 227). Darüber hinaus entstehen Bildungsbenachteiligungen und besondere Herausforderungen für Schüler*innen in der Bewältigung ihres Alltags, wenn „Schule als Ort kontinuierlicher Rassismuserfahrungen“ (Wojciechowicz 2018, S. 251) erlebt wird. Diese manifestieren sich durch unhinterfragte Vorurteile und Normalitätsvorstellungen, die durch Otheringprozesse und Ansprachen pädagogischer Fachkräfte formuliert werden. „[J]a was was äh eben die Schulerfahrung [...] umso krasser gemacht haben, [...] also dieses ständige Fremd-gemacht-Werden“ (Interviewtranskript aus Wagner 2020, S. 335, Anmerkung MD). So setzen viele Pädagog*innen Weißsein mit Deutschsein gleich und drücken diese Annahme durch rassistische Fragepraktiken gegenüber Schüler*innen of Color aus (Ehlen 2015, S. 156).
Wiebke Scharathow (2017) weist in diesem Kontext auf eine besondere Autorität und diskursive Definitionsmacht pädagogischer Fachkräfte in Bildungsinstitutionen hin. Als gültig wahrgenommene Wissensbestände verfestigen sich und reproduzieren die Annahme, dass rassifizierte Kinder anders und fremd seien. Auch Christine Riegel (2016) arbeitet aus verschiedenen Studien diskriminierende Fragepraktiken von Pädagog*innen heraus. Hierbei zeigt sich Othering in Form von Hervorhebungen und Zuschreibungen (ebd., S. 194) sowie das Sprechen über die Anderen (ebd., 199). „Diskurse und Praktiken des Othering sind also in institutionellen Routinen und Ordnungen verankert und sind in diesen Kontexten und darüber hinaus folgenreich, jenseits dessen, ob diese von den Akteur_innen so beabsichtigt oder diese sich dessen gewahr sind oder nicht.“ (Riegel 2016, S. 226). Alltagsrassistische Praxen in pädagogischen Kontexten manifestieren sich jedoch nicht nur in direkten Ansprachen. Auch vermeintlich alltägliche Begriffe und Sprechweisen (Arndt und Ofuatey-Alazard 2011) transportieren einseitige Vorurteile und Stereotype, die zur allgemeingültigen Wahrheit werden können. Weiterhin spielt Repräsentation in Medien eine wichtige Rolle. „Aber Identitätsbildung und ein starkes Ich-Gefühl geschieht auch dadurch, dass ich mich in meiner Umgebung repräsentiert sehe. Daß ich weiß, ich bin Teil des Systems, ich werde gehört und gesehen“ (Ogette 2019, S. 105). In frühkindlichen Bildungseinrichtungen kann dies beispielhaft an der systematischen Ausblendung Schwarzer Deutscher oder einseitiger, stereotypierender und marginalisierender Darstellungen des Kontinents Afrika in Liedern, Kinderbüchern oder anderen Materialien genannt werden. „Das Nicht-Sehen (-Wollen) von Menschen dunkler Hautfarbe ist in Bildungseinrichtungen institutionell verankert. In Kindergärten finden sich Bücher und Spielsachen, die die real existierende diversitäre Demografie der Einrichtung nicht widerspiegelt.“ (Ogette 2019, S. 105) (vgl. auch Marmer und Sow 2015)21.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Ausgrenzung und Diskriminierung auf verschiedenen Ebenen Alltagserlebnisse für viele Kinder und Schüler*innen in Deutschland sind. Weiterhin wird deutlich, dass Butlers und Halls Überlegungen zu Ausschlüssen und Identitätsbildung bereits auf Kinder im Kindergartenalter zutreffen und sie in ihrem Aufwachsen durch Normen und Normalitätserwartungen behindert werden. Teilhabe und eine positive Identitätsbildung werden somit systematisch erschwert, obwohl diese Prozesse gerade für junge Menschen besonders relevant sind. Darüber hinaus sind das Ansprechen und Sichtbarmachen von erfahrener Diskriminierung mit großen Herausforderungen für Individuen verbunden, da die Annahme, Rassismus sei etwas, das beabsichtigt und böswillig passiere, nach wie vor populär ist.
Hier scheint es besonders wichtig, Pädagog*innen zu schulen, da sie den pädagogischen Alltag performativ herstellen und sich in besonderen Machtpositionen befinden. Dementsprechend können sie als Multiplikator*innen für Veränderungen betrachtet werden. Ihrem Handeln liegen eigene Normalitätsannahmen, Stereotype und Vorurteile zugrunde, die auf Entwicklungs- und Bildungslaufbahnen junger Menschen einwirken, sofern sie nicht reflektiert und thematisiert werden.
4 Schlussfolgerungen für Hort und Präzisierung der Forschungsfragen
Während die Institution Hort in Westdeutschland in den letzten Jahrzehnten eher eine marginale Rolle einnahm, erfolgte in Ostdeutschland seit der Nachkriegszeit ein zunehmender Ausbau des Hortangebots (Gängler und Markert 2016, S. 133). Auch heute noch zeigt sich ein vielfältiges, je nach Bundesland variierendes Bild vom Hort, den Funktionen und der Nutzung (ebd., S. 125). Exakte Zahlen der Hortbetreuung sind für Mecklenburg-Vorpommern nicht zu finden, da Statistiken ausschließlich Zahlen für die gesamte Kindertagesbetreuung (Krippe, Kindergarten, Kindertagesstätte und Hort) bereitstellen. 2011 trug die Betreuungsquote der Kinder im Hortalter jedoch 61,4% (Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern 2011, S. 2). In Anbetracht generell steigender Betreuungsquoten im Bereich der Kindertagesbetreuung (Landeszentrale für politische Bildung M-V 2019, o. S.) kann davon ausgegangen werden, dass auch im Bereich Hort die Quote gestiegen ist. Diese Hypothese wird auch dadurch gestützt, dass die Stadt Rostock derzeit eine Hortversorgung von 80% anstrebt (Amt für Jugend und Soziales 2016, S.4; Interviewtranskript Jürgen, Zeile 465). Auch die beitragsfreie Kindertagesförderung, die seit Anfang 2020 in Mecklenburg-Vorpommern existiert, spricht dafür, dass der Hortbetreuung in Mecklenburg-Vorpommern eine besondere Relevanz beigemessen werden kann.
4.1 Fallstricke der Hortarbeit
In Mecklenburg-Vorpommern werden die Aufgaben des Horts durch das Kindertagesförderungsgesetz KiföG M-V geregelt. Demnach ist Hort ein „Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsangebot in Kooperation mit der Schule“ (KiföG §3 Artikel 5). Neben der Unterstützung bei Hausaufgaben ist die Befähigung zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Gestaltung von Freizeit die zweite Kernaufgabe des Horts (ebd.).
Im 12. Kinder- und Jugendbericht wird auch eine sozialisierende Funktion von Hort bedeutsam gemacht, die „u. a. durch soziales Lernen in der Gruppe der Gleichaltrigen, durch die Hausaufgabenbetreuung, durch spezielle Förderangebote oder durch vielfältige Kurse und Projekte“ (BMFSFJ 2014, S. 92) erreicht werden soll. Kinder im Hortalter stehen vor Entwicklungsaufgaben, „die für die persönliche und soziale Bildung und den Erwerb der Softskills von fundamentaler Bedeutung sind.“ (Westerholt 2017, S. 129). Hier stellt Friderike Westerholt eine wichtige Rolle von Erzieher*innen als Bezugspersonen heraus (ebd., S. 130). Auch Katja Oethe weist auf eine Vorbildfunktion und Rolle der Hortfachkraft als „Impulsgeber“ (Oethe und Barthold 2016, o.S.) hin. Sie sind im Idealfall „Bildungspartner und -begleiter für die Kinder“ (Oehte und Barthold 2016, o. S.). Oethe spezifiziert dies und fordert von Fachkräften eine wertschätzende Haltung, die sich durch Kommunikation auf Augenhöhe und einen respektvollen Umgang mit Kindern auszeichnet (ebd.). Auch Westerholt arbeitet Wertschätzung, Inklusion und das Gefühl wahrgenommen zu werden, als bedeutsame und entwicklungsfördernde Erfahrungen für Kinder im Hortalter heraus (Westerholt 2017, S. 131-127).
Hier bewegen sich Hortpädagog*innen jedoch im Spannungsfeld, einerseits die Förderung am Entwicklungsstand, den Bedürfnissen und der Lebenswelt der einzelnen Individuen auszurichten (SGB VIII §22 Art. 3) und andererseits einer großen Heterogenität im Hort gerecht zu werden. Aufgrund der breiten Altersspanne von sechs bis elf Jahren, haben Hortkinder sehr unterschiedliche Interessen, Bedürfnisse und Entwicklungsaufgaben. Hierbei ist jedoch nicht nur Altersheterogenität zu berücksichtigen. Ein zunehmender Anteil von Kindern in besonderen Lebenslagen22 wird immer mehr zur Herausforderung für Fachkräfte, da in vielen Horten nicht ausreichend heilpädagogische Unterstützung angeboten werden kann (Neuß 2017a, S. 13). Zusätzlich zur wachsenden Heterogenität stellt der Betreuungsschlüssel von einer Fachkraft zu 23 Kindern, Pädagog*innen vor Herausforderungen. So berichtet Katja Oethe aus ihrer Erfahrung als Fachberaterin von massiven Problemen, die sich durch den ihrer Meinung nach unpassenden Betreuungsschlüssel und einen Mangel an Zeit in Horten ergeben. Weiterhin sind die Mahlzeiten, Ankunft- und Abfahrtszeiten öffentlicher Verkehrsmittel sowie andere Nachmittagsangebote von Kindern strukturbestimmende „Taktgeber“ (Barthold 2019, S. 4) von Hortarbeit. Die Zeit, die Kinder im Hort verbringen, begrenzt sich somit „manchmal bis auf eine halbe Stunde am Tag“ (ebd.). Oethe befürchtet „eine gewisse Resignation in den Teams, aufgrund der sich nicht verändernden schlechten Rahmenbedingungen und der oft geringschätzigen öffentlichen Wahrnehmung der Institution Hort.“ (Oethe und Barthold 2016, o.S.).
In Bezug auf eine wissenschaftliche Weiterentwicklung vom Handlungsfeld Hort wird ein Mangel an Literatur sowie Fortbildungsmöglichkeiten für Erzieher*innen konstatiert (Neuß 2017a, S. 12). Auch Barthold sieht hier Forschungslücken. „Zwar haben die Veröffentlichungen zur hortpädagogischen Arbeit […] in den letzten Jahren zugenommen, aber von einer differenzierten Ausarbeitung und Verhältnisbestimmung von EBB [Erziehung, Bildung und Betreuung] oder einer ausgearbeiteten Hortpädagogik kann keine Rede sein.“ (Barthold 2019, S. 10, Anmerkung MD).
Insgesamt gestalten sich die Anforderungen und Erwartungen an Fachkräfte im Hort vielseitig und zum Teil widersprüchlich. So steht eine Förderung eigenverantwortlicher und selbstständiger Gestaltung des Nachmittags konträr zur obligatorischen Hausaufgabenbetreuung. Weiterhin ermöglicht das Prinzip der Freiwilligkeit die Nichtteilnahme an potentiellen Bildungsangeboten von Horterzieher*innen und erschwert somit, dass alle Kinder im Hort erreicht werden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie individuelle Bildung, Betreuung und Erziehung mit einem Betreuungsschlüssel von 0,8 Fachkräften auf 22 Kinder (Landtag Mecklenburg-Vorpommern 2019, S. 1) realisiert werden kann. Zusätzlich dazu scheint es an einer systematischen wissenschaftlichen Weiterentwicklung von Hortpädagogik zu mangeln.
4.2 Diskursive Ausgrenzungspraktiken im untersuchten Hort
Diskursive Ausgrenzungspraktiken wurden für das Handlungsfeld Hort bisher nicht untersucht. Dennoch kann darauf geschlossen werden, dass die dargestellten Ergebnisse aus Kindergarten und Grundschule auf Interaktionen zwischen Horterzieher*innen und Kindern übertragen werden können, da
1. die Altersgruppe von Grundschulkindern deckungsgleich mit der von Horten ist und
2. Erzieher*innen in Kindergärten überwiegend die gleiche Ausbildung absolvieren wie Horterzieher*innen.
Bei vielen pädagogischen Fachkräften in Deutschland kann ein verkürztes Verständnis von Diskriminierung und ein mangelndes Bewusstsein, Diskriminierung gegen Kinder und Jugendliche wahrzunehmen, konstatiert werden. Obwohl diskriminierende Ausgrenzungsprozesse Alltag in Kindergärten und Schulen sind, weisen empirische Ergebnisse darauf hin, dass eine Thematisierung oder Bearbeitung meist ausbleibt. Vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstandes ergeben sich folgende Forschungsfragen, um die Bedeutsamkeit vorurteilsbewusster Bildung für den untersuchten Hort zu operationalisieren.
- Wie nehmen die befragten Fachkräfte Ausgrenzung im Hort wahr?
- Wie schätzen die Fachkräfte menschenfeindliche Einstellungen bei Hortkindern ein?
- Welches Verständnis von Diskriminierung machen die befragten Fachkräfte direkt oder indirekt bedeutsam?
Um daran anschließend Herausforderungen und Möglichkeiten für eine Etablierung vorurteilsbewusster Bildung zu analysieren, ergeben sich unter Berücksichtigung der Fallstricke von Hortarbeit folgende weiterführende Fragen:
- Wie gestalten die befragten Fachkräfte die Aufgabenbereiche Bildung, Betreuung und Erziehung im untersuchten Hort?
- Wie erleben die befragten Fachkräfte die strukturellen Rahmenbedingungen im untersuchten Hort?
- Welche Herausforderungen pädagogischer Arbeit machen die befragten Fachkräfte bedeutsam?
- Welche davon sind relevant für eine Etablierung vorurteilsbewusster Bildung im untersuchten Hort?
5 Grundprinzipien qualitativer Forschung
Innerhalb der Sozial- und Humanwissenschaften sind zwei große Forschungsstränge auszumachen, die sich unter anderem durch das implizierte Wissenschaftsverständnis unterscheiden. Während quantitative Forschung auf ein Erklären der Forschungsgegenstände abzielt und sich an allgemeinen Prinzipien oder Gesetzen orientiert, fokussiert qualitatives Forschungsanliegen das Individuelle bzw. Besondere, das verstanden und nachvollzogen werden soll (Mayring 2015, S. 19). Für die vorliegende Studie habe ich mich für ein qualitatives Design entschieden, da bisher keine Literatur zum Thema vorurteilsbewusste Bildung im Hort vorhanden ist. Weiterhin stellen die theoretisch gebildeten Hypothesen eher Richtlinien dar, an denen sich in der Auswertung orientiert werden soll. Qualitative Forschung erfordere nach Philipp Mayring Gütekriterien, die dem methodischen Vorgehen angemessen und dementsprechend an das jeweilige Vorhaben angepasst werden müssen (Mayring 2016, S. 142). Nachfolgend werden Grundprinzipien sowie Gütekriterien qualitativer Forschung vorgestellt, an denen sich die Erstellung des Forschungsdesigns orientierte.
5.1 (Fremd-) Verstehen als Erkenntnisprinzip
Max Weber, einer der Begründer der Soziologie, definierte sie als „Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch seinen Ablauf und seine Wirkung ursächlich erklären will“ (Weber 1980, S. 1). Je nach Zugang qualitativer Forschung wird der Fokus auf unterschiedliche Praxen von Wirklichkeitskonstruktion gelegt. Ihnen gemein ist jedoch die Annahme, dass Wirklichkeit nicht vorgegeben, sondern interaktiv und situativ auf unterschiedlichen Ebenen hergestellt wird und dementsprechend rekonstruiert werden muss (Flick 2019). Verstehendes Vorgehen stützt sich auf die Überzeugung, dass Menschen nicht nur einfache Träger von Strukturen sind, sondern als aktive Produzenten von Gesellschaftlichem über ein wichtiges Wissen verfügen. Dieses gilt es durch das Wissenssystem von Individuen zu erkunden (Kaufmann 2015, S. 27).
In Rückgriff auf Norbert Elias‘ Subjektverständnis, spricht Jean-Claude Kaufmann vom Individuum „als eine Art Konzentrat der gesellschaftlichen Welt“ (ebd., S. 67). Daraus lässt sich ableiten, dass aus einer Rekonstruktion subjektiver Bedeutungen auch Kenntnisse über gesellschaftliche Verhältnisse rekonstruiert werden können. Der Begriff der Repräsentation ist im Prozess der Rekonstruktion sozialer Wirklichkeit von besonderer Relevanz:
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1 weiß wird in der vorliegenden Arbeit in Anlehnung an Arndt, Eggers, Kilomba und Piesche (2017) kursiv und klein geschrieben, während Schwarz auch als Adjektiv kursiv und groß verwendet wird, um auf das Widerstandspotential aufmerksam zu machen, dass Schwarze Menschen und People of Color dieser Kategorie eingeschrieben haben (ebd., S. 13). Darüber hinaus soll erneut auf den Konstruktionscharakter der Kategorien weiß und Schwarz sowie die Tatsache hingewiesen werden, dass es sich um gesellschaftspolitische Positionen handelt und nicht um biologische Kategorien.
2 Die Annahme, dass Sprache Wirklichkeit nicht nur abbildet, sondern ebenso diskursiv formt, setzt die Notwendigkeit vorurteilsbewusster Sprache voraus. Hier und im Folgenden wird mit der Schreibweise Autor*innen auf die Vielfalt geschlechtlicher Identitäten aufmerksam gemacht. Aus Gründen einfacherer Lesbarkeit werden Präpositionen, Personal- und Possessivpronomen sowie Artikel bei Formulierungen im Singular ausschließlich in weiblicher Schreibweise aufgeführt.
3 Person/People of Color ist die politisch korrekte und selbstgewählte Bezeichnung für nicht weiße Menschen. Sie verkörpert eine Politikform, die Perspektiven von verschiedenen nicht weißen Menschen beinhaltet und ermöglicht „solidarische Zusammenschlüsse zwischen Menschen, die über eine gemeinsame Erfahrung in der weißdominierten Gesellschaft verfügen“ (Sow 2018, S. 26). „PoC schließt Schwarze Menschen mit ein, ist aber nicht gleichbedeutend mit Schwarz.“ (ebd., S. 27).
4 Die konkrete Zahl rassistisch motivierter Morde in Deutschland ist nicht eindeutig geklärt. Für das Jahr 2017 geht das Bundesministerium von 1054 Gewalttaten mit rassistischen, antisemitischen und islamfeindlichen Motiven aus. Der Verband der Beratungsstellen für Betroffene dagegen von 1200 Gewalttaten allein in Berlin und Schleswig-Holstein (Gensing 2020, o. S.). Obwohl in diesem Kontext häufig von ausländer- oder fremdenfeindlichen Anschlägen gesprochen wird (Tagesschau 2020, o. S.), sind die Betroffenen oft keine Fremden oder Ausländer*innen, sondern Deutsche, die aufgrund von Rassifizierung als andere markiert werden.
5 Hier gilt jedoch zu beachten, dass Individuen verschiedene Zugehörigkeiten aufweisen, die je nach Kontext und sichtbarer Differenzkategorie zu einer privilegierten oder benachteiligten Position führen können. Dementsprechend ist eine Einteilung in Personen, die generell von Diskriminierung betroffen sind und Personen, die generell nicht von Diskriminierung betroffen sind, problematisch.
6 Der Begriff Intersektionalität wurde 1989 von Kimberlé Crenshaw geprägt, um Verschränkungen von Differenzkategorien wie Geschlecht oder Rassifizierung zu untersuchen. Sie verdeutlicht, dass Diskriminierungserfahrungen Schwarzer Frauen andere sind als die Schwarzer Männer oder weißer Frauen. Die verschiedenen Formen addieren sich nicht einfach, sondern sind miteinander verwoben und bedingen einander (Crenshaw 1989, S. 149).
7 Ausführliche Informationen zum Projekt KINDERWELTEN sowie Texte mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten sind auf der Internetseite des Projektes zu finden (https://situationsansatz.de/Downloads_kiwe.html).
8 Da Diskriminierung für die benachteiligte Position meistens sehr stark und direkt spürbar ist, ist das Verweilen in Happyland ein Luxus, in den nur weiße Personen kommen können. People of Color wachsen demgegenüber in dem Wissen auf, dass Rassismus allgegenwärtig ist und lernen schon früh Überlebensstrategien, um einen Umgang damit zu finden (Sow 2018).
9 Der Begriff Fremde/fremd sein in Bezug auf Menschen oder Gruppen drückt hier und im Folgenden eine diskursive Konstruktion aus. Es handelt sich hierbei nicht um migrierte Menschen, sondern um Personen, die sprachlich als fremd markiert werden, unabhängig ihrer Nationalität, Sprachkenntnisse, etc.
10 Rassifiziert wird in der vorliegenden Studie als Adjektiv für Menschen verwendet, die Rassismuserfahrungen machen. Der Begriff verdeutlicht, dass die Kategorie rassifizierte Person keine natürliche Kategorie darstellt, sondern historisch und diskursiv entstanden ist. Es ist eine politisch-gesellschaftliche Kategorie und bezeichnet Menschen, die als anders und fremd markiert werden oder andere Rassismuserfahrungen machen. Hautfarbe ist dabei nur ein mögliches Merkmal, aufgrund dessen Menschen rassifiziert werden.
11 Dies drückt sich aktuell beispielsweise im Umgang der Bundesregierung mit den Forderungen nach einer Studie aus, die Rassismus in der Polizei untersuchen soll. Nach Horst Seehofers Ansicht sei trotz gehäufter rassistischer Vorkommnisse in der bundesdeutschen Polizei kein Bedarf nach einer systematischen Untersuchung notwendig. Diskriminierende Vorkommnisse seien Einzelfälle und würden aufgeklärt und sanktioniert (von Bullion 2020, o. S.).
12 So wies Kimberlé Crenshaw darauf hin, dass das Subjekt der Frau im feministischen Diskurs des 20. Jahrhunderts, dementsprechend auch in Butlers Theorien, stets nur weiße Frauen adressierte und die Erfahrungen und Bedürfnisse Schwarzer Frauen im weißen Wissenschaftsmainstream systematisch unberücksichtigt und unterrepräsentiert blieben (Crenshaw 2013, S. 43).
13 Intelligibilität ist das, „was infolge der Anerkennung entsprechend der vorherrschenden sozialen Normen produziert wird.“ (Butler 2012b, S. 11). Intelligibel beschreibt demnach den Bereich des Anerkannten, in dem sich ein Subjekt bewegen muss, um gehört zu werden und handlungsmächtig zu sein.
14 Butler nutzt den Begriff der Subjektivation in Anlehnung an Foucault und weist auf die doppelte Bedeutung des französischen Begriffs assujettissement hin: Einerseits beschreibt er den Prozess des Subjektwerdens, anderseits aber auch den der Unterwerfung (Butler 2013, S. 81).
15 Die Autorin und Aktivistin Noah Sow weist in diesem Kontext auf die Schwarze Präsenz und Geschichte Deutschlands hin, die seit dem 15. Jahrhundert existiert. Weiterhin macht sie den populären Irrtum bedeutsam, dass alle Deutschen weiß seien: „Rassismus ist zwar eine Auswirkung des Kolonialismus, die Anwesenheit Schwarzer Menschen in Europa ist es aber keinesfalls.“ (Sow 2018, S. 109).
16 Ausführliche Studienergebnisse hierzu finden sich auch bei Scheu, Ursula (1977): Wir werden nicht als Mädchen geboren – wir werden dazu gemacht. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag.
17 Hier soll ausdrücklich festgehalten werden, dass sich der Begriff unterstellt auf die Tatsache bezieht, dass Homosexualität in diesem Kontext häufig als etwas Negatives konstruiert wird. So schreibt Rohrmann, dass Eltern oder Erzieher*innen von „Befürchtungen“ (ebd., S. 11) sprechen, wenn sie vermuten, dass ein Junge schwul sein könnte. Weiterhin beschreibt er, dass „Schwuli“ (ebd.) als Schimpfwort unter den Kindern ebenso populär ist, wie die Annahme, dass schwule Männer keine richtigen Männer seien.
18 Bei Jungen äußern sich die Effekte beispielsweise in verringerten Sozial- und Lesekompetenzen und bei Mädchen in verringerten mathematisch-technischen Fähigkeiten. Weiterhin bilden Mädchen weniger Selbstvertrauen in eigene Kompetenzen in diesem Bereich aus (Heisig 2019, S. 15). Analog dazu weisen andere Studien auf einen signifikanten Einfluss von positiver Unterstützung in Form von Ermutigung und Bestätigung auf die Wahl geschlechtsunytpischer Berufe bei jungen Mädchen hin (Wehner, Schwiter, Hupka-Brunner und Maihofer 2016, S. 29f).
19 Diesbezüglich stimme ich Wiebke Scharathow mit Einschränkungen zu. So bin ich der Überzeugung, dass eine vorurteilsbewusste, anstrengende und lebenslängliche Reise auch weißen Menschen ermöglicht, eigene rassistische Verhaltensweisen zu hinterfragen und daran anschließend auch zu verlernen. Denn „wo es Macht gibt, gibt es Widerstand. Und doch oder gerade deswegen liegt der Widerstand niemals außerhalb der Macht.“ (Foucault 1983, S. 96).
20 Scharathow stellt in einer qualitativen Untersuchung anhand gängiger Unterrichtspraktiken tägliche Rassismus-erfahrungen jugendlicher Schüler*innen heraus (siehe auch Bollwinkel 2019).
21 Die Auswirkungen heteronormativer geschlechtlicher Rollenbilder auf Bildungs- und Berufsverläufe junger Menschen wurden im Sammelband von Hannelore Faulstich-Wieland (2016) für den deutschen und schweizerischen Kontext zusammengestellt. Hier werden beispielswiese fehlende Darstellungen von Wissenschaftlerinnen in Lehrbüchern bemängelt. Weiterhin wird kritisiert, dass sich der Unterricht in MINT Fächern oftmals dezidiert an männlichen Lebenswelten orientiert (ebd.).
22 Besondere Lebenslagen definieren sich in der vorliegenden Arbeit durch familiäre Situationen, in denen Kinder in der Familie nicht ausreichend Unterstützung in schulischen Angelegenheiten erfahren. Dies kann zum Beispiel ökonomische Ursachen haben, wenn die Erziehungsberechtigten wenig zeitliche Kapazitäten haben, weil sie stark durch Arbeit vereinnahmt werden. Sie können aber auch migrations- oder fluchtbedingt entstehen, wenn Deutsch nicht die Muttersprache der Familie ist und die Sprachbarriere oder andere schwerwiegende Probleme der Familie eine Unterstützung erschwert.
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