Schwer zu definieren aber faszinierend zu analysieren. So ist die Migrantenliteratur. In den 60ern wurde sie Gastarbeiterliteratur, dann Migrantenliteratur und neuerdings interkulturelle Literatur genannt. Der Begriff steht noch nicht fest aber viele Autoren in Deutschland befinden sich in diesem „Dazwischen“. Emine Sevgi Özdamar, die seit mehr als einem Jahrzehnt auf Deutsch schreibt, ist auch einer dieser Fälle. Einer der Gründe weshalb ich mich für Özdamar entschieden habe, ist dass sie sehr viel in ihren Büchern über die Sprache nachdenkt und experimentiert. Für das Buch Mutterzunge habe ich mich entschieden, weil es fast etwas wie eine Zusammenfassung der Thematik in der Literatur Özdamars präsentiert: Suche einer Heimat, Gefühle der Fremde, Kindheit Erinnerungen und fremdsprachliche Kompetenz. In der zu analysierenden ausgewählten Kurzgeschichte, Großvaterzunge, fühlte ich mich direkt angesprochen, da ich selbst seit meiner Kindheit auf der Suche nach einer Muttersprache bin. Das Hauptthema dieser Arbeit, Sprache und Kultur, ist meiner Meinung nach überhaupt nicht abstrakt, kann sehr gut verstanden werden und entspricht der Wirklichkeit vieler. Die Arbeit ist in zwei Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel werden das Leben und die Werke der Autorin kurz dargestellt. Schwerpunkt dieser Arbeit ist jedoch das zweite Kapitel mit der Interpretation der Kurzgeschichte Großvaterzunge. Es werden auch noch Angaben zur Geschichte der Türkei, die eine wichtige Rolle zur besseren Verständigung der Erzählung spielen, gemacht. Diese Arbeit stützt sich vorwiegend auf die Primärliteratur, da kaum Sekundärliteratur vorhanden ist. Auch Bücher aus dem Linguistikbereich, vor allem das von Wolfgang Kühlwein herausgegebene Buch, Sprache, Kultur und Gesellschaft.
Einleitung
Schwer zu definieren aber faszinierend zu analysieren. So ist die Migrantenliteratur. In den 60ern wurde sie Gastarbeiterliteratur, dann Migrantenliteratur und neuerdings interkulturelle Literatur genannt. Der Begriff steht noch nicht fest aber viele Autoren in Deutschland befinden sich in diesem „Dazwischen“. Emine Sevgi Özdamar, die seit mehr als einem Jahrzehnt auf Deutsch schreibt, ist auch einer dieser Fälle.
Einer der Gründe weshalb ich mich für Özdamar entschieden habe, ist dass sie sehr viel in ihren Büchern über die Sprache nachdenkt und experimentiert. Für das Buch Mutterzunge habe ich mich entschieden, weil es fast etwas wie eine Zusammenfassung der Thematik in der Literatur Özdamars präsentiert: Suche einer Heimat, Gefühle der Fremde, Kindheit Erinnerungen und fremdsprachliche Kompetenz. In der zu analysierenden ausgewählten Kurzgeschichte, Großvaterzunge, fühlte ich mich direkt angesprochen, da ich selbst seit meiner Kindheit auf der Suche nach einer Muttersprache bin. Das Hauptthema dieser Arbeit, Sprache und Kultur, ist meiner Meinung nach überhaupt nicht abstrakt, kann sehr gut verstanden werden und entspricht der Wirklichkeit vieler.
Die Arbeit ist in zwei Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel werden das Leben und die Werke der Autorin kurz dargestellt. Schwerpunkt dieser Arbeit ist jedoch das zweite Kapitel mit der Interpretation der Kurzgeschichte Großvaterzunge. Es werden auch noch Angaben zur Geschichte der Türkei, die eine wichtige Rolle zur besseren Verständigung der Erzählung spielen, gemacht.
Diese Arbeit stützt sich vorwiegend auf die Primärliteratur, da kaum Sekundärliteratur vorhanden ist. Auch Bücher aus dem Linguistikbereich, vor allem das von Wolfgang Kühlwein herausgegebene Buch, Sprache, Kultur und Gesellschaft.
1. Über die Autorin und ihr Werk
1.1 Über die Autorin
Emine Sevgi Özdamar ist 1946 in Malatya, Ost-Anatolien in der Türkei geboren. 1964 kam sie nach Deutschland zum ersten Mal als Geistarbeiterin und kehrt 2 Jahre später in der Türkei zurück. Zu Hause besuchte Özdamar die Schauspielschule in Istanbul. Im Jahre 1976 kam sie wieder nach Deutschland und machte Regiemitarbeit an der Ostberliner Volksbühne bei Brechts Schüler Benno Bessons. Als Schauspielerin spielte sie verschiedene Rollen, so wie z. B. in Dorris Dörrie „Happy Birthday, Türke“. Zwei Jahre war sie in Frankreich auch in der Kulturszene aktiv. Im Moment lebt sie in Berlin und arbeitet an ihrem neuen Roman.
1.2 Ihr Werk
Das erste Buch Özdamars, „Mutterzunge“, ist 1990 entstanden. Da dies der erste Versuch war, zu berichten was sie als Ausländerin in Deutschland empfindet oder empfunden hatte, ist das Buch eine Zusammenfassung von allem, was sie erlebte. Der Verlust ihre Mutterzunge, die Suche nach Sprache und Identität, Gefühle in einem neuen Land und die Erinnerung an frühere Zeiten im neuen Land.
Das 1992 erschienene zweite Buch heißt „Das Leben ist eine Karawanserei/Hat zwei Türen/ Aus einer kam ich rein/ Aus der anderen ging ich raus“. In diesem Roman beschäftigt sie sich mit Erinnerrungen aus ihrer Kindheit und ihrer Jungend. Mit diesem Roman erhielt die bis dahin noch unbekannte Autorin den Ingeborg- Bachmann Preis.
Ihr drittes Buch erschien 1998 mit dem Name „Die Brücke vom Goldenen Horn“. Hier beschäftigt sich die Autorin wieder mit Erinnerungen. Dieses Mal aber mit denen von ihrer Zeit als Gastarbeiterin in Deutschland: den ersten Tagen, den Erlernen der deutschen Sprache, der Politische Situation in den 60ern und den Gedanken an die hinterlassene Familie in der Türkei.
Letztes Jahr, 2001, erschien das vierte Buch Özdamars „Der Hof im Spiegel“, ein Erzählungsband. Eine Analyse von sich selbst und von der Identität anderer Menschen sowie Lebenserinnerungen, so kann man das Buch resümieren. Um die Wichtigkeit des Werks von Özdamar zu beweisen sind die Wörter Scot MacElvanys mehr als genügend:
In 1992, became the first non-German author [Emine Sevgi Özdamar] to be awarded the Ingeborg-Bachmann prize for her work „Life is a Caravanserai“. It was an indication that what was once on the margins of German culture was beginning to be more centrally accepted. No longer was the work strictly reflective or informative of German culture, but to some it was considered to be German itself.1
2. Zur Interpretation der Erzählung Großvaterzunge
2.1 Überblick über die Geschichte der Türkei bis zu den 30ern
2.1.1 Geschichte der Türkei
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.1.2 Hintergründe der Sprachreform in der Türkei
Seit dem Anfang des osmanischen Reichs bis 1928 wurden in der Türkei die persische-/ arabische Sprache und das arabische Alphabet benutzt, obwohl in den Herrscherfamilien und in der militärischen und administrativen Oberschicht Türkisch gesprochen wurde. Damals war die Türkei das Zentrum des osmanischen Reichs, eine der bedeutsamsten arabischen Dynastien in der Geschichte der arabischen Völker.
Die Sprachreform in der Türkei wurde im Jahre 1928 verwirklicht. In diesem Jahr wurde das arabische Alphabet abgeschafft und die lateinische Schriftweise adoptiert. In den 30ern wurde die Reform fortgesetzt und die „Vertürkischung“ des Wortschatzes angefangen.
Warum wurde die Reform gemacht?
In der Regierung Atatürks wurde die Türkei modernisiert. D. h., dass eine klare Trennung zwischen Religion und Politik geschaffen wurde. Frauen bekamen das Wahlrecht, Monogamie wurde von der Regierung unterstützt und Männern wurde empfohlen, westliche Kleidung zu tragen. Atatürk wollte auch ein starkes Nationalgefühl in der türkischen Gesellschaft erwecken und er glaubte, dass die arabische Sprache und die persische Sprache konnten durch seine eigene
„Sprachbilder“ die türkische Mentalität beeinträchtigen. Er wusste, dass die Sprache sehr tief mit Gefühlen und Ideen verbunden ist. Um ein Nationalgefühl zu schaffen, musste er eine ´[…] development of the Turkish language and Turkish culture.2 entwickeln. Dabei hoffte er, einen anderen Blick der Welt für die Türkisch sprechende Bevölkerung zu schaffen. Mit der „Säuberung“ der Sprache brachte Atatürk alte und unbekannte Wörter der Osmanensprache wieder ins Leben, in anderen Wörtern brachte er den Türken eine neue türkische Sprache bei. Damit wollte er die Jungend wieder mit den Osmanen verbinden und die nicht so erfolgreiche von den Arabern dominierte Gesellschaft der letzten Jahre vergessen lassen. Die Regierung dachte, diese Reform würde auch den Prozentsatz am Lesen und Schreiben erhöhen, weil nach seiner Sicht die Sprache vereinfacht werden würde. Aber man sollte nicht vergessen, die Reform functioned as an adjunct to the mental manipulation of the younger generation, by severing its cultural ties with the Ottoman past.3
Man sollte auch ganz genau das damalige Gesellschaftsbild untersuchen. Es war nicht einfach für die Leute, die aufgezwungene Sprache zu lernen. Die Jungend konnten die alten Wörter nicht begreifen und die Älteren hatten Schwierigkeiten, die neue Art des Schreibens zu lernen und eine fast neue Sprache zu beherrschen. Viele Menschen benutzten immer noch die alte Schreibweise und Sprache, was den Plänen der Reformanten nicht direkt entsprach, weil damit kein Nationalismus erweckt wurde.
Schließlich sollte man auch wissen, dass Atatürk nicht der einzige war, der eine Sprachreform wollte. Im Jahre 1864 and 1914 führten Ali Ahunzade und Enver Pasa eine Reform im arabischen Alphabet durch, um es phonemischer zu machen. Hüseyin Cahit und Abdullah Cevdet wollten schon 1912 das lateinische Alphabet anwenden.
2.2 Sprache und Kultur
2.2.1 Verbindung zwischen Sprache und Kultur
Saussure sagte schon 1908, die Sprache sei sozial4, d.h., mit den Menschen stark verbunden und ein Gesellschaftsmittel von hohem Wert. So kann man Sprache „als ein typisch menschliches und dadurch auch soziales Phänomen“5 betrachten. Auch ist es wichtig zu wissen, dass Sprache oft als reiner Bestandteil einer bestimmten Kultur angesehen wird und dadurch keine eigene Erscheinung hat. Damit kommen wir zur Definition, bzw. zum Versuch einer Definition von Kultur. Oft wird sie als alles, „was mit den menschlichen Lebensmöglichkeiten zu tun hat“.6, verknüpft. Oder auch als pure Kenntnis von Musik, Literatur und Theater. Aber was ist denn Kultur? Auf jeden Fall, etwas Generelles, „alles, was eine Person und eine Gruppe besonders kennzeichnet […]„7, darunter ist auch die Sprache zu verstehen. Beide, Kultur und Sprache, haben eine wichtige Funktion in der Gesellschaft und dadurch in der Identität der Menschen.
Heutzutage ist klar geworden, dass die Sprache
[…] -selbst ein gesellschaftliches und selbst ein kulturelles Produkt – ein Instrument zum Erkennen gesellschaftlicher und kultureller Eigenarten und Gemeinsamkeiten ist […].8
So sind Sprache und Kultur sehr eng verbunden und können kaum auseinander definiert werden.
So wie Rösch sehr schön formulierte
[…] Sprache [ist] nicht nur ein interner Bestandteil eines kulturellen Systems, sondern auch ein externes Medium, ein Ausdrucksmittel für Kultur. Diese Doppelfunktion gilt in ähnlicher Weise für Literatur.9
2.2.2 Identitätssuche durch die Sprache in der Erzählung
In den Texten der so genannten Migrantenliteratur findet man oftmals das Thema Identitätskonflikt bzw. Identitätssuche, da die Autoren und Autorinnen nicht mehr wissen, wo sie ihre Wurzeln haben, wo sie hingehören. Anders gesagt, diese Autoren haben sehr oft den Konflikt mit eigener Herkunft als Hauptthema ihrer Werke.
[...]
1 Scott MacElvany (2000): Insider or outsider: identity and the new German Literature. <http://www.welt.de/daten/2000/05/12/0512b11b167486.htx?search=insider+or+outsider> 22.04.02
2 Zitiert nach M. Sabri Akural (1984): “Kemalist Views on Social Change”. In: Atatürk and the Modernization of Turkey. Landau, Jacob M. et al. Colorado: Westview Press, Inc. Boulder und Netherlands: E. J. Brill Leiden, S. 133.
3 Ebd.
4 Saussure, Ferdinand de (²1967) [1931]: Grundfragen der Allgemeinen Sprachwissenschaft. Übers. Herman Lommel. Berlin: Walter de Gruyter. [Originaltitel: Cours de linguistique générale. Hrsg. C. Bally & A. Sechehaye. Paris/Lausanne, 1916].
5 Els, Oksaar (1983): „Sprache, Gesellschaft und interkulturelle Verständigung“. In: Sprache, Kultur und Gesellschaft. Herausgegeben von Wolfgang Kühlwein. Tübingen: Günter Narr Verlag (Sprache, Kultur und Gesellschaft; 6), S. 25. Nachfolgend zitiert als: Els und Seitenangabe.
6 Els, S. 25.
7 Ebd.
8 Kühlwein, Wolfgang (1983): „Sprache, Kultur, Gesellschaft: Erkennen- Verstehen- Verständnis“. In: Sprache, Kultur und Gesellschaft. Herausgegeben von Wolfgang Kühlwein. Tübingen: Günter Narr Verlag (Angewandte Linguistik; 6), S. 15. Hervorhebung wie Original Nachfolgend zitiert als: Kühlwein und Seitenangabe.
9 Rösch, Heidi (2000): Jim Knopf ist nicht schwarz - Anti-Rassismus in der Kinder- und Jungendliteratur und ihrer Didaktik. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S. 31.
- Arbeit zitieren
- Dipl. Übersetzer Alessandra Gusatto (Autor:in), 2002, Analyse der Erzählung "Großvaterzunge" von Emine S. Özdamar, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114981
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