Chancen und Grenzen tiergestützter Pädagogik. Wie können Schulhunde die emotionalen und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern fördern?


Masterarbeit, 2021

131 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Aktuelle Rahmenbedingungen der Grundschule
2.1 Bildungs- und Erziehungsauftrag der Grundschule
2.2 Individuelle Förderung in der Grundschule

3 Die Fähigkeitsbereiche emotionale und soziale Kompetenz
3.1 Der Fähigkeitsbereich emotionale Kompetenz
3.2 Die Entwicklung emotionaler Kompetenzen
3.3 Der Fähigkeitsbereich soziale Kompetenz
3.4 Die Entwicklung sozialer Kompetenzen
3.5 Der Zusammenhang zwischen emotionalen und sozialen Kompetenzen
3.6 Einflussfaktoren in der Entwicklung emotionaler und sozialer Kompetenz
3.7 Die Bedeutung sozial-emotionaler Kompetenzen in unterschiedlichen Lebensbereichen

4 Tiergestützte Interventionen
4.1 Begriffsbestimmung: Tiergestützte Intervention
4.2 Bisherige Entwicklung der Tiergestützten Interventionen
4.3 Wissenschaftliche Grundlagen zur Mensch-Tier-Beziehung
4.4 Tiergestützte Pädagogik mit dem Einsatz eines Schulhundes
4.4.1 Begriffsbestimmung: Schulhund
4.4.2 Bisherige Entwicklung des Schulhund-Einsatzes
4.4.3 Voraussetzungen und Kriterien für einen professionellen Schulhund­Einsatz
4.4.3.1 Voraussetzungen der Lehrkraft
4.4.3.2 Voraussetzungen des Schulhundes
4.4.3.3 Ausbildung des Schulhund-Lehrkraft-Teams
4.4.3.4 Organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen
4.4.3.5 Einsatzkonzept
4.4.3.6 Häufigkeit und Dauer des Schulhund-Einsatzes
4.4.3.7 Einsatzformen
4.4.3.8 Dokumentation und Evaluation des Schulhund-Einsatzes
4.5 Fördermöglichkeiten des Schulhund-Einsatzes

5 Aktueller Forschungsstand zu Fördermöglichkeiten des Schulhund-Einsatzes im Hinblick auf die emotionalen und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern

6 Empirische Untersuchung hinsichtlich Fördermöglichkeiten des Schulhund­Einsatzes in Bezug auf die emotionalen und sozialen Kompetenzen von
Grundschulkindern
6.1 Erläuterung des eigenen Forschungsvorhabens
6.2 Untersuchungsdesign der Studie
6.2.1 Beschreibung der Stichprobe
6.2.2 Vorstellung und Begründung der Erhebungsmethode
6.2.3 Durchführung
6.2.3 Auswertungsmethode

7 Darstellung der Ergebnisse
7.1 Kategorie 1: Emotionale und soziale Kompetenzen
7.2 Kategorie 2: Einsatz des Schulhundes
7.3 Kategorie 3: Aus-bzw. Weiterbildung hinsichtlich des Schulhund-Einsatzes
7.4 Kategorie 4: Fördermöglichkeiten des Schulhund-Einsatzes hinsichtlich der emotionalen und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern
7.5 Kategorie 5: Grenzen und Herausforderungen des Schulhund-Einsatzes

8 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse

9 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichni s

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.Einleitung

„Wir sind so gerne in der freien Natur, weil sie kein Urteil über uns hat“

Friedrich Nietzsche

Das Zitat von Friedrich Nietzsche nähert sich dem Charakteristikum der Tiergestützten Pädagogik an. Laut Nietzsche fühlen sich Menschen in der Natur wohl, da diese nicht urteilt. (Vgl. Heyer & Kloke 2013, S. 19) Tiere sind eindeutig der Natur zuzuordnen, denn „[.] sie verfügen nicht über die menschlichen Fähigkeiten des Abstrahierens und Verallgemeinerns [.] (ebd.), aufgrund dessen sich Menschen von der Natur ab­grenzen. Tieren bewerten andere Lebewesen nicht aufgrund von sozialüblichen Nor­men oder Kriterien. Demnach nehmen Tiere die Individualität eines Menschen wahr und akzeptieren diese. Die bedingungslose Annahme des Menschen durch Tiere ist die Grundlage der Tiergestützten Pädagogik und somit auch Grundlage der tiergestützten Arbeit mit einem Schulhund. (Vgl. Heyer & Kloke 2013, S. 19)

Seit der Jahrtausendwende ist eine starke Zunahme an Schulhund-Lehrkraft-Teams im deutschsprachigen Raum wahrzunehmen (vgl. Beetz 2021, S. 9). Der Schulhund-Ein­satz hat im Laufe der Zeit an Bedeutung sowie an Professionalität zugenommen (vgl. ebd., S. 12). Bisher gibt es keine einheitlichen und rechtlich bindenden Vorgaben hin­sichtlich des Schulhund-Einsatzes. Aufgrund dessen zeigt sich in der Praxis noch im­mer eine ausgeprägte Heterogenität der Angebote, Strukturen und Akteure (vgl. Wohl­farth & Mutschler 2017, S. 21). Dennoch gehen aus der Literatur Kriterien hervor, die als wesentlich für einen qualifizierten Schulhund-Einsatz angesehen werden. Auf Grundlage eines professionellen Schulhund-Einsatzes kann die tiergestützte Arbeit mit einem Schulhund vielfältige Fördermöglichkeiten bieten (vgl. Beetz 2021, S. 105 f.). Davon ausgegangen wird, dass sich im Zuge der Tiergestützte Pädagogik insbesondere im Bereich der emotionalen und sozialen Kompetenzen vielfältige Möglichkeiten der Förderung ergeben können (vgl. Vernooij & Schneider 2018, S. 131).

Emotionale und soziale Kompetenzen sind von hoher Relevanz für eine Vielzahl an unterschiedlichen Lebensbereichen. Insbesondere in sozialen Beziehungen nehmen sie einen zentralen Stellenwert ein. Aber ebenso sind sie im Hinblick auf die schulische Entwicklung von hoher Relevanz. (Vgl. Pfeffer 2019, S. 15) Inwieweit emotionale und soziale Kompetenzen entwickelt sind, beeinfluss nicht nur die einzelne Person. Ferner stellen emotionale und soziale Kompetenzen grundlegende Kompetenzen für ein de­mokratisches Miteinander dar. (Vgl. ebd., S. 17) Die Entwicklung von sozial- emotionalen Kompetenzen vollzieht sich ein Leben lang. Die Entwicklung einer Viel­zahl wichtiger sozial-emotionaler Kompetenzen beginnt in der Kindheit. Neben den Eltern und anderen Familienangehörigen nehmen weitere Bezugspersonen, wie Lehr­kräfte und Peers, wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der sozial-emotionalen Kompetenzen. (Vgl. Pfeffer 2019, S. 18 ff.)

Aus der KiGGS-Studie, einer Langzeitstudie des Robert Koch-Instituts zur Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in Deutschland, geht hervor, dass in Deutschland eine hohe Anzahl psychisch auffälliger Kinder besteht (vgl. Klipker, Baumgarten, Göbel, Lampert &Hölling 2018, S. 42). Des Weiteren stellt der Förderschwerpunkt emotio­nale und soziale Entwicklung den am zweitstärksten vertretenen Förderschwerpunkt unter der gesamten Schülerpopulation dar. Seit 2009 kann ein Anstieg von knapp 63% der Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung festgestellt werden. (Vgl. Kultusministerkonferenz (KMK) 2020, S.15 f.) Durch die Unterzeichnung der United Nations-Behindertenrechtskonvention (UN- BRK) im Jahr 2009 hat sich die Bundesrepublik Deutschland zu einer Umsetzung ei­nes inklusiven Bildungssystems verpflichtet (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Menschen mit Behinderung 2017, S. 21). Die Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen war bereits davor Aufgabe der Schule (vgl. KMK 2005a, S. 6 f.) „[.] [Jedoch] steht die sozial-emotionale Förderung aller Schülerinnen und Schüler [.] besonders im Fokus und geht auch mit besonderen Herausforderungen bei denjenigen Schülerinnen und Schülern einher, die bereits ausgeprägte Verhaltensprobleme auf­weisen“ (Petermann, Koglin, von Marées & Petermann 2019, S. 13), seitdem die UN- BRK ratifiziert wurde. Folglich ist es notwendig, allen Schülerinnen und Schülern Maßnahmen zukommen zu lassen, die eine Förderung und Prävention emotionaler und sozialer Kompetenzen ermöglichen. Wie aus den Ausführungen entnommen werden kann, nimmt die Schule hinsichtlich der aktuellen Lage eine wesentliche Rolle in Be­zug auf die Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen ein. (vgl. ebd., S. 13 f.)

Wie bereits herausgestellt deuten aktuelle Forschungsbefunde daraufhin, dass der Ein­satz eines Schulhundes Chancen bietet, die emotionalen und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern zu fördern. Dennoch basieren die Erkenntnisse auf einer ge­ringen objektiven Datenmenge aus wenigen Forschungsprojekten (vgl. Beetz 2021, S. 60). Außerdem geht der Schulhund-Einsatz nicht immer ausschließlich mit Akzeptanz einher (vgl. ebd., S. 13). An dieser Stelle knüpft die vorliegende Arbeit an und untersucht, inwieweit der Einsatz von Schulhunden zu einer Förderung der emotiona­len und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern beitragen kann. Im Zuge des­sen sollen potentielle Einsatzmöglichkeiten des Schulhundes abgeleitet werden. Au­ßerdem soll eruiert werden, inwieweit sich die befragten Personen an den für einen professionellen Schulhund-Einsatz empfohlenen Kriterien orientieren.

Zur Beantwortung der Forschungsfrage werden in Kapitel 2 die aktuellen Rahmenbe­dingungen sowie die Individuelle Förderung als Aufgabe der Schule dargelegt, um darzustellen, welche Rolle die Schule und somit auch Lehrkräfte hinsichtlich der För­derung emotionaler und sozialer Kompetenzen einnehmen. Anknüpfend daran werden die theoretischen Grundlagen der vorliegenden Arbeit aufgeführt. Kapitel 3 greift demnach die Fähigkeitsbereiche emotionale und soziale Kompetenz auf. Im Zuge des­sen werden die jeweiligen Fähigkeitsbereiche definiert, ihre Entwicklung darlegt so­wie ihr Zusammenhang erläutert. Außerdem wird herausgestellt, welche Bedeutung sozial-emotionale Kompetenzen für unterschiedliche Lebensbereiche haben und wie die Entwicklung sozial-emotionaler Kompetenzen beeinflusst wird. Daran anschlie­ßend werden wesentliche Begriffe sowie die Entwicklung der Tiergestützten Interven­tionen sowie der Tiergestützten Pädagogik beschrieben (Kapitel 4). Der Fokus dieses Kapitels liegt auf den Kriterien für einen professionellen Schulhund-Einsatz. Außer­dem werden verschieden Bereiche vorgestellt, in denen sich der Einsatz eines Schul­hundes als förderlich erweisen kann. Schließlich wird in Kapitel 5 der aktuelle For­schungsstand zu Fördermöglichkeiten des Schulhund-Einsatzes im Hinblick auf die emotionalen und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern vorgestellt, um die Notwendigkeit dieser Untersuchung zu begründen.

Im weiteren Verlauf widmet sich die Masterarbeit der Vorstellung der eigenen empi­rischen Untersuchung. Folglich wird in Kapitel 6 die für Untersuchung verwendete Methodik sowie das Forschungsvorhaben erläutert. Die im Rahmen der Erhebung ge­wonnenen Ergebnisse werden im darauffolgenden Kapitel dargestellt (Kapitel 7). Die Diskussion sowie Interpretation der Ergebnisse im Hinblick auf die Forschungsfrage erfolgt in Kapitel 8. Die Ergebnisse der Untersuchung werden in einem Fazit zusam­menfasst. Die Arbeit endet schließlich mit einem Ausblick hinsichtlich weiterer For­schungsfragen.

2.Aktuelle Rahmenbedingungen der Grundschule

2.1 Bildungs- und Erziehungsauftrag der Grundschule

Die Grundschule als erste gemeinsame Schule für alle Kinder, nimmt als Ort grundle­gender Bildung vielfältigen Einfluss auf die kindliche Entwicklung.1 Der Erwerb grundlegender Kompetenzen in der Grundschule wird auf den Unterricht der weiter­führenden Schulen ausgerichtet und knüpft an bereits vorhandene Lern- und Entwick­lungsprozesse an. (Vgl. KMK 2015, S. 3 ff.) Der Bildungsbegriff schließt dabei mehr als die Aneignung von fachlichen Kompetenzen ein. Vielmehr geht es darum, Ler­nende in allen möglichen Entwicklungsbereichen2 zu fördern und zu fordern. (Vgl. Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (MSB NRW) &Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nord­rhein-Westfalen (MKFFI NRW) 2018, S. 11) „Gesellschaftliche Teilhabe ist das Leit­ziel einer Bildung von Anfang an. Sie zielt auf die Schaffung von ungehinderten Zu­gängen zu gesellschaftlichen Ressourcen und die Eröffnung und Entwicklung von gleichen Chancen für alle“ (ebd., S.13).

Der Besuch der Grundschule erfolgt von der ersten bis zur vierten, in Berlin und Bran­denburg von der ersten bis zur sechsten Jahrgangsstufe (vgl. KMK o.J., o.S.). Mit dem Eintritt in die Grundschule beginnt für alle Schülerinnen die Schulpflicht. Die Schul­pflicht wird nicht über ein einheitliches Grundgesetz, sondern individuell durch die Bundesländer geregelt. Die Dauer sowie der Beginn und das Ende der Schulpflicht werden durch das jeweilige Bundesland festgelegt. In den meisten Bundesländern be­ginnt diese ab dem sechsten Lebensjahr. (Vgl. Bellenberg & Klemm 2014, S. 48) Ein vorgezogener Schuleintritt sowie die einmalige Zurückstellung kann in Absprache mit der Schulleitung und Schulpsychologinnen bzw. Schulpsychologen durch die Erzie­hungsberechtigten beantragt werden (vgl. Süddeutsche Zeitung o.J., o.S.). Durch die Verankerung der Schulpflicht im Schulgesetz ist der Schulbesuch für jedes Kind gesi­chert (vgl. Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG) o.J, § 34).

Die Grundschule ist dazu verpflichtet jedem Kind Bildung, Erziehung und individuelle Förderung zu ermöglichen (vgl. SchulG o.J., §1). Die Schülerschaft ist vielfältiger geworden, da Kinder aus unterschiedlichen Ländern, Kulturen und ökonomischen Verhältnissen die Grundschule besuchen. Unterschiede hinsichtlich des Geschlechts, des Verhaltens, der Bedürfnisse und des individuellen Unterstützungsbedarf tragen ebenfalls zur Heterogenität bei. (Vgl. MSB NRW & MKFFI NRW 2018, S. 47) Eine zunehmend vielfältigere Schülerschaft kann unter anderem auf die UN-Behinderten­rechtskonvention aus dem Jahre 2009 zurückgeführt werden. Im Rahmen der UN-Be­hindertenrechtskonvention wurde festgelegt, dass Schülerinnen mit sonderpädagogi­schemFörderbedarf das Recht auf den Besuch einer Regelschule haben und demnach nicht vom Grundschulunterricht ausgeschlossen werden dürfen. (Vgl. Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung 2017, S. 21, Artikel 24) Ein konstruktiver Umgang mit Heterogenität bietet vielfältige Möglichkeiten für individuelle Förderung und trägt zu mehr Bildungsqualität und Chancengleichheit bei (vgl. MSB NRW & MKFFI NRW 2018, S. 47). Individuelle Förderung nimmt folglich eine zentrale Rolle im Schulalltag ein.

Neben der individuellen Förderung ist es Aufgabe der Grundschule dem im Schulge­setz verankerten Bildungs- und Erziehungsauftrag nachzukommen (vgl. SchulG o.J., §2). Der Bildungsauftrag zielt auf die Vermittlung grundlegender schulischer Bildung ab (vgl. KMK 2015, S. 8). Der Fokus im Hinblick auf die Schülerinnen und Schüler liegt dabei auf dem Erwerb der Schlüsselkompetenzen Lesen, Schreiben und Mathe­matik, „[.] die eine Basis [.] für weiterführende Bildung sowie für lebenslanges Lernen und selbstständige Kulturaneignung darstellen“ (ebd.). Leitend für die Umset­zung sind die länderübergreifenden Bildungsstandards in den Fächern Deutsch und Mathematik, welche die Unterrichtsqualität sowie das Leistungsniveau der Lernenden verbessern sollen (vgl. KMK 2005, S. 5). Mit Hilfe der von der Kultusministerkonfe­renz vorgelegten Bildungsstandards soll erreicht werden, dass sich das Bildungswesen von einer Inputorientierung hin zu einer Outputorientierung ausrichtet. Dabei werden allgemeine Bildungsziele aufgegriffen sowie Kompetenzen definiert, die an festgeleg­ten Inhalten bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe vorhanden sein sollen. (Vgl. ebd., S. 9) Die Entwicklung sprachlicher Kompetenzen nimmt erheblichen Einfluss auf den „[.] Schulerfolg, denn Sprache ist in allen Fächern Medium des Lernens“ (KMK 2005a, S. 6). Die Entwicklung kognitiver, emotionaler und soziale Kompetenzen so­wie die Handlungsfähigkeit im alltäglichen Leben werden ebenfalls durch sprachliche Kompetenzen bestimmt. Demnach wird die Förderung sprachlicher Kompetenzen in den Bildungsstandards im Fach Deutsch vermehrt aufgegriffen. (Vgl. ebd., S. 6 f.) Neben den Bildungsstandards dient der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen (2001) sowie der Perspektivrahmen Sachunterricht (2012) als Orientierung für die Arbeit in der Grundschule (vgl. KMK 2015, S. 8). Die zuvor genannten Vor­gaben werden auf Landesebene in Form von Richtlinien und Lehrplänen aufgegriffen. Sie „[...] legen Aufgaben, Ziele und Inhalte der Bildungs- und Erziehungsarbeit in der Grundschule fest“ (MSB NRW 2012, S. 11) und konkretisieren die zu erreichenden Kompetenzen der einzelnen Fächer. Der fachliche Kernbereich der Grundschule setzt sich aus den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachunterricht zusammen. Für die Fä­cher des Kernbereichs sowie für die weiteren Fächer3 der Grundschule „[.] ist fach­übergreifendes und fächerverbindendes Arbeiten handlungsleitend“ (KMK 2015, S. 11). Die Anzahl der Wochenstunden für die verschiedenen Jahrgangsstufen sowie die Anzahl der Stunden für die einzelnen Fächer werden in der Stundentafel festgehalten (vgl. MKFFI NRW 2018, S. 23).

Neben der Vermittlung grundlegender Bildung ist es Aufgabe der Grundschule dem Erziehungsauftrag nachzukommen (vgl. SchulG, o.J. §2). Bildungs- und Erziehungs­auftrag sind allerdings nicht unabhängig voneinander zu betrachten sondern fächer­übergreifend. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln insbesondere in den ersten Schuljahren eine Vorstellung von Schule, die sich auf zukünftige Lernprozesse aus­wirkt. (Vgl. Schorch 2009, S. 164) „Im Mittelpunkt des Erziehungsauftrags steht die Schulbefähigung, der Aufbau von Leistungsbereitschaft und -fähigkeit, positiver Lern- und Arbeitshaltung und damit die allgemeine Persönlichkeitsentwicklung (Förderung eines stabilen Selbstkonzepts)“ (ebd.). Der Entwicklung eines angemessenen Sozial­verhaltens kommt in der Grundschule ebenfalls eine hohe Bedeutung zu. Das Sozial­verhalten spielt zum einen in bestimmten Unterrichtssituationen eine wesentliche Rolle und nimmt zum anderen Einfluss auf den Schulalltag. Sozialerziehung stellt folglich einen wesentlicher Baustein einer Kultur des Miteinanders dar. (Vgl. ebd. S. 164 f.) Grundlegende soziale Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler im Laufe ihrer Grundschulzeit entwickeln sollen, sind: „[.] Kontakt-, Kommunikations-, Ko- operations-, Konflikt(lösungs)fähigkeit und Toleranz [.]“ (ebd., S. 164). Die Erzie­hung zur Selbstständigkeit sowie die Unterstützung bei der Entwicklung von gesell­schaftlich anerkannten Wertvorstellungen ist eine weitere Aufgabe der Grundschule (vgl. MSB NRW 2012, S. 14). Die Achtung vor der Würde des Menschen sowie die Achtung vor der Natur sind weitere Aspekte, die dem Erziehungsauftrag zugrunde lie­gen. Im Zuge dessen ist hervorzuheben, dass interkultureller Erziehung eine hohe Be­deutung zukommt. Die Vermittlung von Offenheit und Toleranz im Umgang mit Un­terschieden sowie die Aufhebung bestehender Benachteiligung stellen wesentliche Er­ziehungsaufgaben der Grundschule dar. (Vgl. SchulG NRW 2020 §2)

Des Weiteren nimmt der Anfangsunterricht der Grundschule im Rahmen der Lern- und Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler eine wesentliche Rolle ein (vgl. Hanke 2007, S. 10). Der Anfangsunterricht, der ebenfalls als Schuleingangs­phase bezeichnet wird, schließt die Jahrgangsstufen 1 und 2 ein. Die Schuleingangs­phase kann sowohl jahrgangsbezogen als auch jahrgangsübergreifend organisiert wer­den und ermöglicht den Kindern eine individuelle Verweildauer von einem bis zu drei Jahren. (Vgl. MSB NRW 2012, S. 17) Wird diese jahrgangsbezogen organisiert, han­delt es sich bei der Lerngruppe um Schülerinnen und Schüler mit dem gleichen Ein­schulungszeitpunkt (vgl. Hanke 2005, S. 5). Jahrgangsübergreifende Lerngruppen setzten sich [.] jeweils aus einer Halbgruppe neu eingeschulter Kinder und einer Halbgruppe, die das zweite (bzw. dritte) Schulbesuchsjahr beginnt [.]“ (Hanke 2005, S. 5) zusammen. Die ersten beiden Schuljahre dienen dazu, gemeinsam mit den Schü­lerinnen und Schülern Schulfähigkeit zu entwickeln. Der Fokus liegt dabei auf dem Aufbau von auf Selbstbildung abzielenden Kompetenzen4. (Vgl. Hanke 2007, S. 20)

Das Konzept der ganztägigen Bildung trägt ebenfalls zur Umsetzung des Bildungs­und Erziehungsauftrags bei. „Der im frühkindlichen Bereich bewährte konzeptionelle Dreiklang von Bildung, Erziehung und Betreuung wird in der Grundschule aufgenom­men“ (KMK 2015, S. 7). Dabei sind sowohl verbindliche als auch unverbindliche Or­ganisationsformenmöglich. Die individuelle Gestaltung von Lernprozessen, soziale Interaktion sowie die Rhythmisierung des Lernens und des Tagesablaufs stellen zent­rale Inhalte ganztägiger Bildung dar. (Vgl. ebd.) Ganztägige Bildung trägt dazu bei, dass „[.] altersspezifische Interessen sowie individuelle lern- und entwicklungsbe­dingteBedürfnisse“ (MSB NRW & MKFFI NRW 2018, S. 24) berücksichtigt werden können.

2.2 Individuelle Förderung in der Grundschule

Wie soeben in Kapitel 2.1 dargelegt, nimmt Individuelle Förderung im schulischen Kontext eine zentrale Rolle ein. Aufgrund dessen soll der Bereich Individuelle Förde­rung nachfolgend weiter ausgeführt werden. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen dieser Arbeit die Begriffe Förderung und Individuelle Förderung synonym verwendet werden.

„Unter Förderung wird allgemein die gezielte Unterstützung von Personen verstan­den“ (Fischer 2014, S. 29). Im Rahmen von Bildung und Erziehung zielt Förderung auf die Entfaltung von Begabungen sowie die Entwicklung von Persönlichkeit ab. Eine verbreitete Ansicht ist, dass sich Förderung vorrangig auf Lernende mit besonderem Förderbedarf, wie bspw. Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, be­zieht. (Vgl. ebd., S. 29 f.) Wie bereits in Kapitel 2.1 erläutert, hat sich die Bundesre­publik Deutschland durch die Ratifizierung der UN-BRK dazu verpflichtet, ein inklu­sives Bildungssystem zu schaffen, das Schülerinnen und Schülern mit sonderpädago­gischemFörderbedarf den Besuch einer allgemeinen Schule ermöglichen muss. (Vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Menschen mit Behinderung 2017, S. 21) Ein um­fassendesInklusionsverständnis, das über den sonderpädagogisch geprägten Fokus hinausgeht, „[.] geht von der Besonderheit und den individuellen Bedürfnissen eines jeden Kindes aus“ (Schuhmann 2009, o.S.) und strebt an, der Vielfalt aller Kinder ge­recht zu werden. Bildungsgerechtigkeit, der Abbau von Barrieren sowie die gesell­schaftliche Teilhabe aller können als Ziele inklusiver Bildung bezeichnet werden (vgl. Deutsche UNESCO-Kommission 2014, S. 9). Im Schulgesetz des Landes Nordrhein­Westfalenheißt es außerdem bspw.: „Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Lage und Herkunft und sein Geschlecht ein Recht auf schulische Bil­dung, Erziehung und individuelle Förderung“ (SchulG o.J., §1). Folglich haben alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen ein Recht auf Individuelle Förderung

Bisher herrscht keine Einigkeit darüber, was unter Individueller Förderung verstanden werden kann. Die schulische Praxis, die wissenschaftliche Forschung sowie die Bil­dungspolitik nehmen auf unterschiedliche Definitionen des Begriffes Bezug. (Vgl. Fi­scher, 2014, S. 19) Dennoch beinhalten die unterschiedlichen Definitionen im Allge­meinen die gleichen Grundgedanken.

Die vorliegende Arbeit stützt sich auf die folgende Definition von Fischer u.a. (2008, S. 1): „Individuelle Förderung bedeutet die Anpassung des Forder-Förder-Angebotes der vorschulischen und schulischen Umwelt an die kognitiven, sozial-emotionalen und psychomotorischen Forder-Förder-Bedürfnisse des Kindes und Jugendlichen mit dem Ziel seiner optimalen Begabungsentfaltung und Persönlichkeitsentwicklung“. Indivi­duelleFörderung stellt einen zirkulären kommunikativen Prozess dar, der aus drei ide­altypischen Kernphasen besteht. Dazu zählen Diagnose, Förderung sowie Evaluation. (Vgl. Fischer 2014, S. 14 f.)

Die Wahl dieser Definition liegt darin begründet, dass Fischer u.a. (2008, S. 1) durch die Formulierung Begabungsentfaltung einer defizitorientierten Perspektive entgegen wirken und stattdessen eine an den Fähigkeiten der Lernenden ausgerichtete Individu­elleFörderung anstreben. Besonders begabte Lernende sowie Schülerinnen und Schü­ler mit Lernschwierigkeiten werden durch die Formulierung Forder-Förder-Angebot gleichermaßen berücksichtigt. Des Weiteren greift die Definition explizit die emotio­nalen und sozialen Kompetenzen auf, die Gegenstand dieser Arbeit sind. Demnach verweist die Definition darauf, das Forder-Förder-Angebot an die sozial-emotionalen Forder-Förder-Bedürfnisse anzupassen. Ferner greift die Definition als ein Ziel die Persönlichkeitsentwicklung auf, welche die soziale sowie emotionale Entwicklung einschließt. Durch die Benennung der vorschulischen sowie schulischen Umwelt als Ausgangspunkt der Individuellen Förderung kann das Forder-Förder-Angebot durch unterschiedliche Institutionen, Personen sowie pädagogische Maßnahmen, wie bspw. der Tiergestützten Pädagogik, erfolgen.

Die vorangegangen Kapitel (vgl. Kapitel 2.1, Kapitel 2.2) verdeutlichen die Verant­wortung der Grundschule neben dem Bildungsauftrag dem Erziehungsauftrag nachzu­kommen. Durch die Ratifizierung der UN-BRK und der damit einhergehenden Ver­pflichtungSchülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf den Besuch einer allgemeinen Schule zu ermöglichen und ein inklusives Bildungssystem zu schaffen wird individueller Förderung im Schulalltag einen höherer Stellenwert bei­gemessen als zuvor. Die Grundschule ist demnach gefordert alle Schülerinnen in ih­rer Entwicklung zur fördern. Dies schließt die Förderung der emotionalen und sozialen Entwicklung der Kinder mit ein.

3. Die Fähigkeitsbereich emotionale und soziale Kompetenz

„Die Bedeutung des Wortes Kompetenz wird bereits aus dem lateinischen Ursprung competencia (Herv. im Original) - zu etwas geeignet, fähig oder befugt sein - deut­lich“ (North, Reinhardt & Sieber-Suter 2018, S. 35). Bisher liegt keine einheitliche Definition des Begriffes vor. Dagegen lässt sich eine Vielzahl an unterschiedlichen Definitionen ausmachen, denen verschiedene Schwerpunkte zugrunde liegen.

Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff Kompetenz wie folgt definiert: „ Kompetenz (Herv. im Original) beschreibt die Relation zwischen den an eine Person oder Gruppe herangetragenen oder selbst gestalteten Anforderungen und ihren Fähig­keiten bzw. Potenzialen, diesen Anforderungen gerecht zu werden (Reinhardt und North 2003, o.S. zit. n. North u.a. 2018, S. 36). Sie ist die erlernbare Fähigkeit, in zukunftsoffenen Problem- und Entscheidungssituationen selbstorganisiert, situations­adäquat und kreativ zu handeln (Erpenbeck et al. 2017 zit. n. North u.a. 2018, S. 36)“. Ferner kommt es im Rahmen von Kompetenz „[.] zum Einsatz von persönlichen Ressourcen für die erfolgreiche Bewältigung von anspruchsvollen und komplexen Si­tuationen, Handlungen und Aufgaben“ (North u.a. 2018, S. 36).

Im Folgenden werden die Fähigkeitsbereiche emotionale und soziale Kompetenz defi­niert und deren Entwicklung sowie Einflussfaktoren im Hinblick auf die Entwicklung erläutert. Daran anschließend wird der Zusammenhang zwischen emotionalen und so­zialen Kompetenzen dargestellt. Zudem wird dargelegt, für welche Lebensbereiche sozial-emotionale Kompetenzen von besonderer Relevanz sind.

3.1 Der Fähigkeitsbereich emotionale Kompetenz

Die Beschreibung von Emotionen erfolgt über Gefühlszustände durch die natürliche, körperliche Reaktionen, wie bspw. das Erröten bei Scham, hervorgerufen werden (vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 37). Emotionen beeinflussen das Verhalten und nehmen Einfluss auf zwischenmenschliche Beziehungen (vgl. Petermann u.a. 2019, S. 18) „Allgemein kann unter emotionaler Kompetenz (Herv. L.F.) die Fähigkeit verstan­den werden, mit den eigenen Emotionen und den Emotionen anderer Personen ange­messen umzugehen“ (Scheithauer, Bondü, Hess & Meyer 2016, S. 155). Je nach Alter und Entwicklung sind Kinder dazu fähig, eigene Gefühle passend auszudrücken, zu regulieren, zu unterscheiden sowie die Gefühle des Gegenübers zu erkennen und zu verstehen (vgl. Pfeffer 2019, S. 9). Die Ausbildung einer umfassenden emotionalen Kompetenz stellt eine wesentliche Entwicklungsaufgabe dar und bildet die Grundlage für weitere Entwicklungsschritte (vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 13). Nach Petermann und Wiedebusch (2016, S. 14) liegen emotionaler Kompetenz folgende Be­reiche, in denen emotionale Kompetenzen entwickelt werden, zugrunde: „[.] der ei­gene mimische Emotionsausdruck, das Erkennen des mimischen Emotionsausdrucks anderer Personen, der sprachliche Emotionsausdruck, das Emotionswissen und -ver­ständnis und die selbstgesteuerte Emotionsregulation (Herv. L.F.)“.

In der Literatur findet sich eine Vielzahl an Modellen und Konzepten, die sich der emotionalen Kompetenz widmen. Eines der bekanntesten Konzepte geht auf Saarni (2002) zurück (vgl. Tabelle 1). Saarni (2011) sieht emotionale Kompetenz als Res­source an, die als Unterstützung für die Bewältigung von Herausforderungen in unter­schiedlichen Entwicklungsbereichen herangezogen werden kann (vgl. Saarni 2011, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 14). Ein Kind kann als emotionalen kompetent bezeichnet werden, wenn es emotionale Fähigkeiten in sozialen Beziehun­gen anwenden kann und ein Bewusstsein über den Nutzen der Verwendung emotiona­lerFähigkeiten entwickelt hat (vgl. Petermann u.a. 2019, S. 19). Saarni (2002, S. 10) bezeichnet dies als emotionale Selbstwirksamkeit. Diese zeigt sich durch das Wissen über den Einfluss des eigenen Emotionsausdrucks auf das Gegenüber sowie die Fä­higkeit, die eigenen Emotionen zu steuern, um beim Gegenüber bestimmte Reaktionen zu bewirken (vgl. Petermann u.a. 2019, S. 19). Im Rahmen des Konzepts benennt Saarni acht Schlüsselfähigkeiten der emotionalen Kompetenz (vgl. Saarni 2002, S. 12). Diese werden im Laufe des Lebens in sozialen Beziehungen entwickelt und wer­den durch das familiäre sowie kulturelle Umfeld beeinflusst (vgl. Petermann u.a. 2019, S. 19).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Acht Schlüsselfertigkeiten der emotionalen Kompetenz (Saarni 2002, o.S. zit. n. Pfeffer 2019,S. 10 f.)

Saarni (2002, S. 12) verweist auf die Unabgeschlossenheit des Konzepts. Demnach kann es durch weitere Fähigkeiten ergänzt werden. Des Weiteren merkt die Autorin an, dass die sich Fähigkeiten, obwohl sie einzeln aufgeführt werden, gegenseitig be­einflussen (Vgl. ebd.). Das Modell macht die hohe Relevanz von emotionalen Kom­petenzenfür soziale Interkation und zwischenmenschliche Beziehungen deutlich. Folglich nehmen emotionale Kompetenzen im Bereich der sozialen Kompetenzen eine zentrale Rolle ein.

3.2 Die Entwicklung emotionaler Kompetenzen

Nach Holodynski (2006, S. 2) erleben Erwachsene ganz andere Emotionen als Kinder. Die Entwicklung emotionaler Kompetenzen geht demnach über die Kindheit und Ju­gend hinaus (vgl. ebd.). Mit zunehmendem Alter werden außerdem neue Emotions­qualitäten erkennbar, „[.] während gleichzeitig die Häufigkeit und Intensität der Emotionen im Allgemeinen abnimmt“ (ebd.). Emotionale Kompetenzen entwickeln sich demnach über die gesamte Lebensspanne (vgl. Pfeffer 2019, S. 18).

Nachfolgend soll die Entwicklung der von Petermann und Wiedebusch (2016, S. 14) benannten Bereiche der emotionaler Kompetenz beschrieben werden. Im Rahmen der Entwicklung des Emotionsausdrucks wird zwischen primären Emotionen, auch als Ba­sisemotionen bezeichnet, und sekundären Emotionen, auch als selbstbezogene, soziale Emotionen bezeichnet, unterschieden. Freude, Ärger, Traurigkeit, Angst, Überra­schung sowie Interesse werden den primären Emotionen zugeordnet. Die Entwicklung der primären Emotionen erfolgt ab dem 3. Lebensmonat. (Vgl. Petermann &Wiede­busch 2016, S. 37) Fest steht, dass „[.] deren universelles Auftreten in verschiedenen Kulturen zu beobachten ist“ (ebd.). Die Entwicklung der sekundären Emotionen setzt hingegen erst gegen Ende des 2. Lebensjahres ein. Zu den sekundären Emotionen zäh­len Stolz, Scham, Schuld, Neid, Verlegenheit und Empathie. (Vgl. ebd.) Damit sekun­däre Emotionen ausgebildet werden können, sind einige Voraussetzungen erforderlich (vgl. ebd. S. 40). Sich seiner selbst bewusst zu sein, sich selbst reflektieren zu können, gesellschaftlich anerkannte Verhaltensmaßstäbe sowie -regeln zu kennen, das eigenen Verhalten dahingehend in Beziehung setzen zu können sowie die Verantwortung für das eigene Handeln im Kontext dieser Verhaltensmaßstäbe und -regeln übernehmen zu können, stellen die Grundlage für die Ausbildung sekundärer Emotionen dar (vgl. Denham 1998, o.S.; Saarni 1999, o.S. zit. n. Petermann & Wiederbusch 2016, S. 40). „Soziale Emotionen, die sich auf andere Personen beziehen [.]“ (Petermann &Wie­debusch 2016, S. 42), wie Empathie (vgl. ebd.) und die Fähigkeit zur emotionalen Perspektivübernahme entwickeln sich ebenfalls ab dem 2. Lebensjahr (vgl. Pfeffer 2019, S. 18). Insbesondere zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr fällt es Kin­dern zunehmend leichter, die Perspektive anderer einzunehmen, deren Gefühle nach­zuvollziehen (vgl. ebd.) und Mitgefühl zu empfinden (vgl. Decety, Jackson & Brunet 2007, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 44). Des Weiteren ist erwiesen, dass Kinder, die über Empathie verfügen, häufig prosoziale Verhaltensweisen zeigen (vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 44). Das subjektive Erleben eines Kindes spiegelt sich bis zum Vorschulalter intensiv im Emotionsausdruck wider. Außerdem bildet sich ein eigener Stil des emotionalen Ausdrucksverhaltens aus. (Vgl. ebd., S. 40)

Mit dem Erwerb sprachlicher Fähigkeiten beginnt die Entwicklung des sprachlichen Emotionsausdrucks. Die Kinder entwickeln die Fähigkeit, die eigenen Emotionen so­wie die Emotionen anderer zu beschreiben. Außerdem können Bedürfnisse sowie Ge­fühle im Rahmen sozialer Interaktionen kommuniziert werden. Diese verbale Kom­munikation der eigenen Bedürfnisse und Gefühle wird im Laufe der Entwicklung zu­nehmend relevanter. (Vgl. ebd., S. 46) Ferner ist erwiesen, dass unzureichend entwi­ckelte sozial-emotionale Kompetenzen die Sprachentwicklung negativ beeinflussen und zu einer Verzögern in der Sprachentwicklung führen können (vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 46). „Kleinkinder erwerben im Verlauf ihr sprachlichen Ent­wicklung ein zunächst rudimentäres Emotionsvokabular, das sich in den folgenden Jahren zunehmend erweitert und differenziert“ (ebd.). Sind Kinder fähig, erfolgreiche emotionale Kommunikation mit anderen zu führen, wirkt sich das positiv auf ihr sozi­alen Beziehungen aus (vgl. ebd., S. 50).

Ein weiterer grundlegender Aspekt emotionaler Kompetenz ist das Emotionsverständ­nis. Eine Vielzahl an Studien zeigt, dass ein adäquat ausgebildetes Emotionsverständ­nis zu angemessenem Sozialverhalten und weniger emotionalen Problemen führt (vgl. Izard, Woodburn, Finlon, Krauthamer-Ewing, Grossmann & Seidenfeld 2011, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 51).

Im Laufe des ersten Lebensjahres entwickelt sich die Fähigkeit des Säuglings mimi­sche sowie stimmliche emotionale Ausdrücke bei anderen Personen zu erkennen zu­nehmend weiter. Angenommen wird, dass Säuglinge bereits im frühen Alter dazu fä­hig sind, verschieden Emotionen zu unterscheiden. Das Erkennen von unterschiedli­chenGesichtsausdrücken gelingt Säuglingen bei vertrauten Personen früher als bei fremden Personen. Des Weiteren besitzen Säuglinge die Fähigkeit, positive und nega­tive Basisemotionen zu differenzieren. (Vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 55 ff.) Mit zunehmendem Alter gelingt es Kindern immer häufiger mimische Ausdrücke richtig zu erkennen und zu benennen. Dennoch haben Kindern bis zum Schulalter Schwierigkeiten damit sekundäre Emotionen in mimischen Emotionsausdrücke zu er­kennen.Primäre Emotionen werden von Kindern bis dahin leichter erkannt. (Vgl. ebd., S. 57 f.) „Spätestens ab dem Schulalter scheinen Kinder in der Lage zu sein, neben dem mimischen Emotionsausdruck weitere körperliche Anzeichen zu beachten, die auf das Erleben bestimmter Gefühle hinweisen“ (Petermann & Wiedebusch 2016, S. 59).

Bis zum Kindergartenalter verknüpfen Kinder Basisemotionen mit bestimmten emo­tionsauslösenden Situationen, wie bspw. Freude mit einer Geburtstagsfeier (vgl. Sa- lisch 2000, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 60). Das Verständnis dafür, dass Emotionen verschiedene Ursachen haben können, durch unterschiedliche Situa­tionen hervorgerufen und sich von Person zu Person unterscheiden können, entwickelt sich ab dem Vorschulalter (vgl. Petermann & Wiederbusch 2016, S. 61). Die Ursa­chenbeschreibungen der eigenen Emotionen sind in der Regel passender als die Ursa­chenbeschreibungen der Emotionen anderer (vgl. Denham 1998, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 61). Ferner entwickeln Kinder bis zum Schulalter die Fähig­keit, anderen Personen Intentionen zuzuweisen und versehentliche sowie absichtliche Handlungen zu differenzieren (vgl. Salisch 2000, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 62). Ab dem Schulalter ist es Kindern möglich, Persönlichkeitscharakteristika bei der Emotionsinterpretation einzubeziehen (vgl. Saarni 1999, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 62).

Das Verständnis, dass Kognitionen wie Wünsche, Erwartungen, Überzeugungen so­wie Bewertungen mit Emotionen zusammenhängen, bildet sich im Laufe der kindli­chen Entwicklung aus (vgl. Saarni, Mumme & Campos 1998, o.S; Dunn, Cutting & Demetriou 2000, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 62 f.). Die Entwick­lung dieses Verständnisses beginnt bereits im Kleinkindalter. Das „[...] Wissen dar­über, warum und in welcher Weise kognitive Prozesse Emotionen hervorrufen und beeinflussen können [.]“ (Lagattuta, Wellmann & Flavell 1997, o.S. zit. n. Peter- mann & Wiedebusch 2016, S. 64) erwerben Kinder kurz vor dem Schuleintritt. Das zunehmende Wissen in Bezug auf die kogntiven Ursachen von Emotionen lässt Kinder seltener situationsbezogene Erklärungen für Emotionen heranziehen (vgl. ebd.). Das Verständnis widersprüchlicher Emotionen, die als multiple oder ambivalente Emotio­nen bezeichnet werden, entwickelt sich ab dem Vorschulalter. Mit zunehmenden Alter nimmt das Wissen über multiple bzw. ambivalente Gefühle zu. (Vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 64 f.) Zwischen dem vierten und fünften Lebensjahr vollziehen Kinder dahingehend einen relevanten Entwicklungsschritt und sind dazu fähig den mi­mischen Ausdruck primärer und multipler Emotionen, wie bspw. traurige Augen und ein lachender Mund, zu differenzieren. (Vgl. Kestenbaum & Gelman 1995, S. 65 zit. n. Petermann & Wiedebusch, S. 65) Mit dem Erreichen des Grundschulalters können Kinder multiple Emotionen klarer ausdrücken und verstehen (vgl. Zajdel, Bloom, Fi­reman & Larsen 2013, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 65).

Den Unterschied zwischen subjektivem Erleben und dem äußerlich sichtbaren Emoti­onsausdruckkönnen Kinder ab dem dritten Lebensjahr wahrnehmen. „Sie lernen, ih­ren Emotionsausdruck in Interaktionen mit anderen Personen situationsabhängig zu variieren sowie Emotionen vorzutäuschen und strategisch einzusetzen“ (Denham 1998, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 65). Kinder orientieren sich spä­testens mit Erreichen des Grundschulalters im Rahmen des Emotionsausdrucks an so genannten sozialen Darbietungsregeln. Diese berücksichtigen gesellschaftlich akzep­tierte Normen für den Emotionsausdruck - insbesondere im Hinblick auf negative Emotionen. (Vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 66)

Emotionsregulation setzt sich aus folgenden zwei Komponenten zusammen: Der phy­siologischenReaktivität, die auch als Stressanfälligkeit bezeichnet werden kann und der Verfügbarkeit von Regulationsstrategien. Die beiden Komponenten stehen in einer engen Verbindung zueinander. Abhängig vom Ausmaß der physiologischen Reaktivi­tät muss das Kind unterschiedliche Emotionsregulationsstrategien für verschiedene Erregungsgrade auswählen. (Vgl. Grolnick, McMenamy & Kurowski 1999, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 69).

Physiologische Reaktivität entwickelt sich bereits im Säuglingsalter, wohingegen sich die Fähigkeiten zur Emotionsregulation bis in die mittlere Kindheit weiterentwickeln (vgl. Kullik & Petermann 2011, o.S. zit. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 69). Das Zusammenspiel beider Komponenten der Emotionsregulation verändert sich folglich im Laufe der Entwicklung (vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 69).

Damit Kinder Emotionen erfolgreich regulieren können, ist es notwendig, dass sie be­reits im Säuglings- und Kleinkindalter unterschiedliche Emotionsregulationsstrate­gien kennen- und anwenden lernen (vgl. Holodynski 2006, S. 84 f.). Bis zum zweiten Lebensjahr handelt es sich bei der Emotionsregulation um eine interpsychische Emo­tionsregulation, da Kinder bei der Regulation von Emotionen auf die Unterstützung von Bezugspersonen angewiesen sind. Zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr vollzieht sich der Wechsel von der interpsychischen zur intrapsychischen Emotions­regulation, da Kinder in dieser Altersspanne dazu fähig sind, eigenständige Emotionsregulationsstrategien anzuwenden. Sind sie zu starker emotionaler Erregung ausgesetzt, greifen sie weiterhin auf die Unterstützung von Bezugspersonen zurück. Ab dem fünften Lebensjahr sind Kinder dazu fähig, Emotionen selbstständig und ohne Unterstützung von Bezugspersonen zu regulieren. (Vgl. Friedlmeier 1999, S. 205 ff.) Aufgrund des Wechsels von der interphysischen Emotionsregulation zur intraphysi­schen Emotionsregulation im Vorschulalter (vgl. Friedlmeier 1999, S. 208) sollten Kinder in dieser Altersspanne verstärkt Emotionsregulationsstrategien kennenlernen und erproben (vgl. Holodynski 2006, S. 85). „Im Laufe des Schulalters vollzieht sich der Wandel zu einer bewussten eigenständigen Emotionsregulation“ (Petermann & Wiedebusch 2016, S. 88).

Die Aneignung von Emotionsregulationsstrategien beginnt bereits im ersten Lebens­jahr (vgl. Denham 1998, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 80). Mit zu­nehmendem Alter werden die erlebten Gefühle differenzierter und komplexer. Dem­zufolge ist es notwendig, dass Emotionsregulationsstrategien in Abhängigkeit von der Differenziertheit und Komplexität der Gefühle im Laufe des Lebens weiterentwickelt werden. (Vgl. Pfeffer 2019, S. 18)

Aus den Ausführungen wird deutlich, dass [.] die Entwicklung einer hinreichenden emotionalen Kompetenz als einer der zentralen Entwicklungsaufgaben des Kindesal­ters angesehen werden [kann]“ (Petermann & Wiedebusch 2016, S. 9). Liegen Defizite im Bereich emotionaler Kompetenz vor, zeigen Kinder problematische Sozialverhal­ten, wie aggressives oder ängstliches Verhalten (Petermann u.a. 2019, S. 22 f.). Folg­lich spielen emotionale Kompetenzen eine wesentliche Rolle im Bereich der sozialen Kompetenz.

3.3 Der Fähigkeitsbereich soziale Kompetenz

Damit eine Person ein vollwertiges Mitglied einer Gesellschaft sein kann, ist es not­wendig, „[.] sich den Umgangsformen der Gesellschaft anzupassen“ (Schick 2012, S. 224). Die Anforderungen unterschiedlicher sozialer Situationen bewältigen zu kön­nen ist stark davon abhängig, inwieweit die soziale Kompetenzen einer Person entwi­ckelt sind (vgl. ebd., S. 238).

Wie bereits erwähnt, steht die soziale Kompetenz in einer engen Verbindung zur emo­tionalen Kompetenz. Als Basis für gelingende zwischenmenschliche Beziehungen kann ein adäquater Umgang mit den eigenen Gefühlen bezeichnet werden. (Vgl. Pfef­fer 2019, S. 10) „Wenn die emotionalen Fähigkeiten auf hohem Niveau entwickelt sind, sind auch die Wahrnehmung von und der Umgang mit gegenseitigen Befindlich­keiten und Bedürfnissen im Zusammensein mit anderen eher von Achtsamkeit ge­prägt“ (Pfeffer 2019, S. 11 f.).

Die soziale Kompetenz schließt neben emotionalen Kompetenzen weitere Fertigkeiten ein. Dazu zählen bspw. Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Fähigkeiten zur Konfliktlösung, die Identitätsentwicklung sowie die Entwicklung von Selbstwert und Selbstwirksamkeit. Die Herausbildung der eigenen Persönlichkeit im Umgang mit an­deren Personen steht hierbei im Mittelpunkt. Der Moralentwicklung wird bei der Aus­bildung sozialer Kompetenz ebenfalls ein hoher Stellenwert beigemessen. (Vgl. ebd.) Deutlich wird, dass die Fähigkeiten, die soziale Kompetenz ausmachen, komplex sind. Aufgrund dessen findet sich eine Vielzahl an Definitionen, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen.

Die Definition von Hinsch und Pfingsten (2015) heben die Durchsetzungsfähigkeit der Person hervor. Kann eine Person in einer zwischenmenschlichen Interaktion die eige­nen Interessen durchsetzen, verfügt sie nach Hinsch und Pfingsten (2015) über soziale Kompetenz (vgl. Hinsch und Pfingsten 2015, S. 18). DuBois und Felner (1996, o.S. zit. n. Kanning 2002, S. 155) sehen eine Person als sozial kompetent an, wenn es dieser gelingt, sich an seine soziale Umwelt anzupassen. Im Gegensatz zur Definition von Hinsch und Pfingsten (2015) liegt der Schwerpunkt dieser Definition auf der Adaption der Person an das Umfeld. Die Definition von Kanning (2002, S. 155) schließt beide der soeben genannten Schwerpunkt ein. Eine Person verhält sich laut Kanning (2002, S. 155) als soziale kompetent, wenn sie einen Interessensausgleich beider Parteien an­strebt. Ziel ist es, „[.] dass alle Beteiligten ihre Interessen in gleichem Maße verwirk­lichenkönnen“ (Pfeffer 2019, S. 12). Ferner unterscheidet Kanning (2002, S. 155) zwischen sozialer Kompetenz und sozial kompetentem Verhalten. Soziale Kompetenz stell demzufolge Potenzial dar, das es einer Person ermöglicht, sozial kompetentes Verhalten zu zeigen. (Vgl. Kanning 2002, S. 155) Kanning (2002, S. 155) versteht unter sozialer Kompetenz die „[.] Gesamtheit des Wissens, der Fähigkeiten und Fer­tigkeiten einer Person, welche die Qualität eigenen Sozialverhaltens - im Sinne der Definition sozial kompetenten Verhaltens - fördert“. Ist die soziale Kompetenz um­fangreich ausgeprägt, liegt es nahe, dass die Person sozial kompetentes Verhalten zeigt (vgl. ebd.). Kanning (2002, S. 155) verweist allerdings darauf, dass das Sozialverhal­ten nicht festgelegt und situationsabhängig ist. Demnach unterscheidet sich das Sozialverhalten je nach Kontext (vgl. Kanning 2002, S. 155). Pfeffer (2019, S. 14) verdeutlicht zudem, dass es von Person zu Person unterschiedlich ist, welches Verhal­ten als sozial kompetent bewertet wird. Nicht nur die Interessen der Person sind für die Bewertung entscheidend. Die Bewertung einer Situation wird durch jeweilige Kul­tur sowie die Gesellschaft, mit ihren Normen und Werten, mitbestimmt. Es gibt dem­zufolge kein sozial kompetentes Verhalten, das allgemeingültig ist. (Vgl. Pfeffer 2019, S. 14)

In ihrem Drei-Ebenen-Modell (vgl. Abbildung 1) bemühen sich Malti und Perren (2016, S. 285) um eine definitorische Vereinheitlichung des Begriffs soziale Kompe­tenz, indem sie erforderliche Kompetenzen und Prozesse zueinander in Beziehung set­zen. Die Autorinnen verweisen im Hinblick auf das folgende Modell darauf, dass „[.] die Ebenen [.] durchlässig [sind] und [.] in kontinuierlicher Beziehung zueinander [stehen]“ (ebd.).

Auf der ersten Ebene befinden sich unterschiedliche intrapsychische Prozesse. Dazu zählen sozial-emotionale Kompetenzen, wie z.B. das Erkennen von Emotionen, Emo­tionsregulation und Empathie; sozial-kognitive Kompetenzen, wie Perspektivüber­nahme und die soziale Informationsverarbeitung sowie motivationale Kompetenzen.

Die zweite Ebene bilden soziale Verhaltensweisen, die sich in selbst- und fremdbezo­gene Verhaltensweisen aufteilen lassen. Als selbstbewogen gelten Verhaltensweisen, wie soziale Initiative und Durchsetzungsfähigkeiten. Sie zielen auf die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse ab. Fremdbezogene Verhaltensweisen berücksichtigen hinge­gen die Bedürfnisse des Gegenübers. Dazu zählen z.B. prosoziales und kooperatives Verhalten.

Die dritte Ebene stellt die psychosoziale Anpassung dar. Die Auswirkungen auf das Gesundheit und das Wohlbefinden der Person selbst sowie auf die sozialen Beziehung werden darunter zusammenfasst. Dabei kann es sich sowohl um positive als auch um negative Auswirkungen handeln. (Vgl. ebd., S. 284 f.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das Drei-Ebenen-Modell der sozialen Kompetenz (Malti & Perren 2016, S. 285)

Deutlich wird, dass „soziale Kompetenzen [.] sich auf ein sehr heterogenes Feld ver­schiedensterFähigkeiten [beziehen][.]“ (Jerusalem &Klein-Heßling 2002, S. 164).

Caldarella und Merrell (1997) definieren fünf wesentliche Fähigkeitsbereiche sozialer

Kompetenz, die für Kinder und Jugendliche von Relevanz sind (vgl. Petermann u.a. 2019, S. 25). Diese fünf Fähigkeitsbereiche werden in der folgenden Tabelle (vgl. Ta­belle 2) beschrieben. Zum besseren Verständnis werden Beispiele zu den einzelnen Fähigkeitsbereichen aufgeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Fünf Fähigkeitsbereich sozialer Kompetenz (vgl. Caldarella & Merrell 1997, o.S. zit. n. Pe- termann u.a. 2019, S. 25)

Das von Crick und Dodge (1994) entwickelte Modell der sozialen Informationsverar­beitung (vgl. Abbildung 2) widmet sich der Erklärung von sozial kompetentem Ver­halten. Im Rahmen des Modells wird der in sozialen Situationen ablaufende Denkpro­zess beschrieben. Der Denkprozess findet statt, bevor eine Handlung durchgeführt wird und nimmt Einfluss auf diese. Die Art der Handlung wird demnach maßgeblich von dem Denkprozess mitbestimmt. (Vgl. Petermann u.a. 2019, S. 26) Nachfolgend werden die einzelnen Schritte des Modells erläutert.


[...]

1 Dieses Kapitel bezieht sich an einigen Stellen exemplarisch auf die Rahmenbedingungen des Bun­deslandes Nordrhein-Westfalen. Ähnliche Formulierungen finden sich in den Rahmenbedingungen der anderen Bundesländer wieder.

2 Die Entwicklungsbereiche sind: sensorischer, motorischer, emotionaler, sozialer, ästhetischer, kreati­ver, kognitiver, sprachlicher und mathematischer Entwicklungsbereich (vgl. MSB NRW & MKFFI NRW 2018, S. 11).

3 Die weiteren Fächer der Grundschule sind insbesondere: Fremdsprache, Kunst, Werken/Textiles Ge­stalten, Musik, Sport, Religion/Ethik (vgl. KMK 2015, S. 11).

4 Die auf Selbstbildung abzielenden Kompetenzen sind: Ich-, Sozial-, Sach-, Planungs- und Hand­lungskompetenz, kommunikative Kompetenz (vgl. Hanke 2007, S. 20).

Ende der Leseprobe aus 131 Seiten

Details

Titel
Chancen und Grenzen tiergestützter Pädagogik. Wie können Schulhunde die emotionalen und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern fördern?
Note
1,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
131
Katalognummer
V1151384
ISBN (eBook)
9783346550651
ISBN (Buch)
9783346550668
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Mit Academic Plus bietet GRIN ein eigenes Imprint für herausragende Abschlussarbeiten aus verschiedenen Fachbereichen. Alle Titel werden von der GRIN-Redaktion geprüft und ausgewählt. Unsere Autor:innen greifen in ihren Publikationen aktuelle Themen und Fragestellungen auf, die im Mittelpunkt gesellschaftlicher Diskussionen stehen. Sie liefern fundierte Informationen, präzise Analysen und konkrete Lösungsvorschläge für Wissenschaft und Forschung.
Schlagworte
Tiergestützte Pädagogik, Sonderpädagogik, Hundgestützte Pädagogik, Schulhund, Emotionale Kompetenzen, Soziale Kompetenzen, Förderung, Grundschule, Schulhund-Lehrkraft-Team
Arbeit zitieren
Lena Fugmann (Autor:in), 2021, Chancen und Grenzen tiergestützter Pädagogik. Wie können Schulhunde die emotionalen und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern fördern?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1151384

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