Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Aktuelle Rahmenbedingungen der Grundschule
2.1 Bildungs- und Erziehungsauftrag der Grundschule
2.2 Individuelle Förderung in der Grundschule
3 Die Fähigkeitsbereiche emotionale und soziale Kompetenz
3.1 Der Fähigkeitsbereich emotionale Kompetenz
3.2 Die Entwicklung emotionaler Kompetenzen
3.3 Der Fähigkeitsbereich soziale Kompetenz
3.4 Die Entwicklung sozialer Kompetenzen
3.5 Der Zusammenhang zwischen emotionalen und sozialen Kompetenzen
3.6 Einflussfaktoren in der Entwicklung emotionaler und sozialer Kompetenz
3.7 Die Bedeutung sozial-emotionaler Kompetenzen in unterschiedlichen Lebensbereichen
4 Tiergestützte Interventionen
4.1 Begriffsbestimmung: Tiergestützte Intervention
4.2 Bisherige Entwicklung der Tiergestützten Interventionen
4.3 Wissenschaftliche Grundlagen zur Mensch-Tier-Beziehung
4.4 Tiergestützte Pädagogik mit dem Einsatz eines Schulhundes
4.4.1 Begriffsbestimmung: Schulhund
4.4.2 Bisherige Entwicklung des Schulhund-Einsatzes
4.4.3 Voraussetzungen und Kriterien für einen professionellen SchulhundEinsatz
4.4.3.1 Voraussetzungen der Lehrkraft
4.4.3.2 Voraussetzungen des Schulhundes
4.4.3.3 Ausbildung des Schulhund-Lehrkraft-Teams
4.4.3.4 Organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen
4.4.3.5 Einsatzkonzept
4.4.3.6 Häufigkeit und Dauer des Schulhund-Einsatzes
4.4.3.7 Einsatzformen
4.4.3.8 Dokumentation und Evaluation des Schulhund-Einsatzes
4.5 Fördermöglichkeiten des Schulhund-Einsatzes
5 Aktueller Forschungsstand zu Fördermöglichkeiten des Schulhund-Einsatzes im Hinblick auf die emotionalen und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern
6 Empirische Untersuchung hinsichtlich Fördermöglichkeiten des SchulhundEinsatzes in Bezug auf die emotionalen und sozialen Kompetenzen von
Grundschulkindern
6.1 Erläuterung des eigenen Forschungsvorhabens
6.2 Untersuchungsdesign der Studie
6.2.1 Beschreibung der Stichprobe
6.2.2 Vorstellung und Begründung der Erhebungsmethode
6.2.3 Durchführung
6.2.3 Auswertungsmethode
7 Darstellung der Ergebnisse
7.1 Kategorie 1: Emotionale und soziale Kompetenzen
7.2 Kategorie 2: Einsatz des Schulhundes
7.3 Kategorie 3: Aus-bzw. Weiterbildung hinsichtlich des Schulhund-Einsatzes
7.4 Kategorie 4: Fördermöglichkeiten des Schulhund-Einsatzes hinsichtlich der emotionalen und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern
7.5 Kategorie 5: Grenzen und Herausforderungen des Schulhund-Einsatzes
8 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse
9 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichni s
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.Einleitung
„Wir sind so gerne in der freien Natur, weil sie kein Urteil über uns hat“
Friedrich Nietzsche
Das Zitat von Friedrich Nietzsche nähert sich dem Charakteristikum der Tiergestützten Pädagogik an. Laut Nietzsche fühlen sich Menschen in der Natur wohl, da diese nicht urteilt. (Vgl. Heyer & Kloke 2013, S. 19) Tiere sind eindeutig der Natur zuzuordnen, denn „[.] sie verfügen nicht über die menschlichen Fähigkeiten des Abstrahierens und Verallgemeinerns [.] (ebd.), aufgrund dessen sich Menschen von der Natur abgrenzen. Tieren bewerten andere Lebewesen nicht aufgrund von sozialüblichen Normen oder Kriterien. Demnach nehmen Tiere die Individualität eines Menschen wahr und akzeptieren diese. Die bedingungslose Annahme des Menschen durch Tiere ist die Grundlage der Tiergestützten Pädagogik und somit auch Grundlage der tiergestützten Arbeit mit einem Schulhund. (Vgl. Heyer & Kloke 2013, S. 19)
Seit der Jahrtausendwende ist eine starke Zunahme an Schulhund-Lehrkraft-Teams im deutschsprachigen Raum wahrzunehmen (vgl. Beetz 2021, S. 9). Der Schulhund-Einsatz hat im Laufe der Zeit an Bedeutung sowie an Professionalität zugenommen (vgl. ebd., S. 12). Bisher gibt es keine einheitlichen und rechtlich bindenden Vorgaben hinsichtlich des Schulhund-Einsatzes. Aufgrund dessen zeigt sich in der Praxis noch immer eine ausgeprägte Heterogenität der Angebote, Strukturen und Akteure (vgl. Wohlfarth & Mutschler 2017, S. 21). Dennoch gehen aus der Literatur Kriterien hervor, die als wesentlich für einen qualifizierten Schulhund-Einsatz angesehen werden. Auf Grundlage eines professionellen Schulhund-Einsatzes kann die tiergestützte Arbeit mit einem Schulhund vielfältige Fördermöglichkeiten bieten (vgl. Beetz 2021, S. 105 f.). Davon ausgegangen wird, dass sich im Zuge der Tiergestützte Pädagogik insbesondere im Bereich der emotionalen und sozialen Kompetenzen vielfältige Möglichkeiten der Förderung ergeben können (vgl. Vernooij & Schneider 2018, S. 131).
Emotionale und soziale Kompetenzen sind von hoher Relevanz für eine Vielzahl an unterschiedlichen Lebensbereichen. Insbesondere in sozialen Beziehungen nehmen sie einen zentralen Stellenwert ein. Aber ebenso sind sie im Hinblick auf die schulische Entwicklung von hoher Relevanz. (Vgl. Pfeffer 2019, S. 15) Inwieweit emotionale und soziale Kompetenzen entwickelt sind, beeinfluss nicht nur die einzelne Person. Ferner stellen emotionale und soziale Kompetenzen grundlegende Kompetenzen für ein demokratisches Miteinander dar. (Vgl. ebd., S. 17) Die Entwicklung von sozial- emotionalen Kompetenzen vollzieht sich ein Leben lang. Die Entwicklung einer Vielzahl wichtiger sozial-emotionaler Kompetenzen beginnt in der Kindheit. Neben den Eltern und anderen Familienangehörigen nehmen weitere Bezugspersonen, wie Lehrkräfte und Peers, wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der sozial-emotionalen Kompetenzen. (Vgl. Pfeffer 2019, S. 18 ff.)
Aus der KiGGS-Studie, einer Langzeitstudie des Robert Koch-Instituts zur Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in Deutschland, geht hervor, dass in Deutschland eine hohe Anzahl psychisch auffälliger Kinder besteht (vgl. Klipker, Baumgarten, Göbel, Lampert &Hölling 2018, S. 42). Des Weiteren stellt der Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung den am zweitstärksten vertretenen Förderschwerpunkt unter der gesamten Schülerpopulation dar. Seit 2009 kann ein Anstieg von knapp 63% der Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung festgestellt werden. (Vgl. Kultusministerkonferenz (KMK) 2020, S.15 f.) Durch die Unterzeichnung der United Nations-Behindertenrechtskonvention (UN- BRK) im Jahr 2009 hat sich die Bundesrepublik Deutschland zu einer Umsetzung eines inklusiven Bildungssystems verpflichtet (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Menschen mit Behinderung 2017, S. 21). Die Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen war bereits davor Aufgabe der Schule (vgl. KMK 2005a, S. 6 f.) „[.] [Jedoch] steht die sozial-emotionale Förderung aller Schülerinnen und Schüler [.] besonders im Fokus und geht auch mit besonderen Herausforderungen bei denjenigen Schülerinnen und Schülern einher, die bereits ausgeprägte Verhaltensprobleme aufweisen“ (Petermann, Koglin, von Marées & Petermann 2019, S. 13), seitdem die UN- BRK ratifiziert wurde. Folglich ist es notwendig, allen Schülerinnen und Schülern Maßnahmen zukommen zu lassen, die eine Förderung und Prävention emotionaler und sozialer Kompetenzen ermöglichen. Wie aus den Ausführungen entnommen werden kann, nimmt die Schule hinsichtlich der aktuellen Lage eine wesentliche Rolle in Bezug auf die Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen ein. (vgl. ebd., S. 13 f.)
Wie bereits herausgestellt deuten aktuelle Forschungsbefunde daraufhin, dass der Einsatz eines Schulhundes Chancen bietet, die emotionalen und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern zu fördern. Dennoch basieren die Erkenntnisse auf einer geringen objektiven Datenmenge aus wenigen Forschungsprojekten (vgl. Beetz 2021, S. 60). Außerdem geht der Schulhund-Einsatz nicht immer ausschließlich mit Akzeptanz einher (vgl. ebd., S. 13). An dieser Stelle knüpft die vorliegende Arbeit an und untersucht, inwieweit der Einsatz von Schulhunden zu einer Förderung der emotionalen und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern beitragen kann. Im Zuge dessen sollen potentielle Einsatzmöglichkeiten des Schulhundes abgeleitet werden. Außerdem soll eruiert werden, inwieweit sich die befragten Personen an den für einen professionellen Schulhund-Einsatz empfohlenen Kriterien orientieren.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage werden in Kapitel 2 die aktuellen Rahmenbedingungen sowie die Individuelle Förderung als Aufgabe der Schule dargelegt, um darzustellen, welche Rolle die Schule und somit auch Lehrkräfte hinsichtlich der Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen einnehmen. Anknüpfend daran werden die theoretischen Grundlagen der vorliegenden Arbeit aufgeführt. Kapitel 3 greift demnach die Fähigkeitsbereiche emotionale und soziale Kompetenz auf. Im Zuge dessen werden die jeweiligen Fähigkeitsbereiche definiert, ihre Entwicklung darlegt sowie ihr Zusammenhang erläutert. Außerdem wird herausgestellt, welche Bedeutung sozial-emotionale Kompetenzen für unterschiedliche Lebensbereiche haben und wie die Entwicklung sozial-emotionaler Kompetenzen beeinflusst wird. Daran anschließend werden wesentliche Begriffe sowie die Entwicklung der Tiergestützten Interventionen sowie der Tiergestützten Pädagogik beschrieben (Kapitel 4). Der Fokus dieses Kapitels liegt auf den Kriterien für einen professionellen Schulhund-Einsatz. Außerdem werden verschieden Bereiche vorgestellt, in denen sich der Einsatz eines Schulhundes als förderlich erweisen kann. Schließlich wird in Kapitel 5 der aktuelle Forschungsstand zu Fördermöglichkeiten des Schulhund-Einsatzes im Hinblick auf die emotionalen und sozialen Kompetenzen von Grundschulkindern vorgestellt, um die Notwendigkeit dieser Untersuchung zu begründen.
Im weiteren Verlauf widmet sich die Masterarbeit der Vorstellung der eigenen empirischen Untersuchung. Folglich wird in Kapitel 6 die für Untersuchung verwendete Methodik sowie das Forschungsvorhaben erläutert. Die im Rahmen der Erhebung gewonnenen Ergebnisse werden im darauffolgenden Kapitel dargestellt (Kapitel 7). Die Diskussion sowie Interpretation der Ergebnisse im Hinblick auf die Forschungsfrage erfolgt in Kapitel 8. Die Ergebnisse der Untersuchung werden in einem Fazit zusammenfasst. Die Arbeit endet schließlich mit einem Ausblick hinsichtlich weiterer Forschungsfragen.
2.Aktuelle Rahmenbedingungen der Grundschule
2.1 Bildungs- und Erziehungsauftrag der Grundschule
Die Grundschule als erste gemeinsame Schule für alle Kinder, nimmt als Ort grundlegender Bildung vielfältigen Einfluss auf die kindliche Entwicklung.1 Der Erwerb grundlegender Kompetenzen in der Grundschule wird auf den Unterricht der weiterführenden Schulen ausgerichtet und knüpft an bereits vorhandene Lern- und Entwicklungsprozesse an. (Vgl. KMK 2015, S. 3 ff.) Der Bildungsbegriff schließt dabei mehr als die Aneignung von fachlichen Kompetenzen ein. Vielmehr geht es darum, Lernende in allen möglichen Entwicklungsbereichen2 zu fördern und zu fordern. (Vgl. Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (MSB NRW) &Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (MKFFI NRW) 2018, S. 11) „Gesellschaftliche Teilhabe ist das Leitziel einer Bildung von Anfang an. Sie zielt auf die Schaffung von ungehinderten Zugängen zu gesellschaftlichen Ressourcen und die Eröffnung und Entwicklung von gleichen Chancen für alle“ (ebd., S.13).
Der Besuch der Grundschule erfolgt von der ersten bis zur vierten, in Berlin und Brandenburg von der ersten bis zur sechsten Jahrgangsstufe (vgl. KMK o.J., o.S.). Mit dem Eintritt in die Grundschule beginnt für alle Schülerinnen die Schulpflicht. Die Schulpflicht wird nicht über ein einheitliches Grundgesetz, sondern individuell durch die Bundesländer geregelt. Die Dauer sowie der Beginn und das Ende der Schulpflicht werden durch das jeweilige Bundesland festgelegt. In den meisten Bundesländern beginnt diese ab dem sechsten Lebensjahr. (Vgl. Bellenberg & Klemm 2014, S. 48) Ein vorgezogener Schuleintritt sowie die einmalige Zurückstellung kann in Absprache mit der Schulleitung und Schulpsychologinnen bzw. Schulpsychologen durch die Erziehungsberechtigten beantragt werden (vgl. Süddeutsche Zeitung o.J., o.S.). Durch die Verankerung der Schulpflicht im Schulgesetz ist der Schulbesuch für jedes Kind gesichert (vgl. Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG) o.J, § 34).
Die Grundschule ist dazu verpflichtet jedem Kind Bildung, Erziehung und individuelle Förderung zu ermöglichen (vgl. SchulG o.J., §1). Die Schülerschaft ist vielfältiger geworden, da Kinder aus unterschiedlichen Ländern, Kulturen und ökonomischen Verhältnissen die Grundschule besuchen. Unterschiede hinsichtlich des Geschlechts, des Verhaltens, der Bedürfnisse und des individuellen Unterstützungsbedarf tragen ebenfalls zur Heterogenität bei. (Vgl. MSB NRW & MKFFI NRW 2018, S. 47) Eine zunehmend vielfältigere Schülerschaft kann unter anderem auf die UN-Behindertenrechtskonvention aus dem Jahre 2009 zurückgeführt werden. Im Rahmen der UN-Behindertenrechtskonvention wurde festgelegt, dass Schülerinnen mit sonderpädagogischemFörderbedarf das Recht auf den Besuch einer Regelschule haben und demnach nicht vom Grundschulunterricht ausgeschlossen werden dürfen. (Vgl. Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung 2017, S. 21, Artikel 24) Ein konstruktiver Umgang mit Heterogenität bietet vielfältige Möglichkeiten für individuelle Förderung und trägt zu mehr Bildungsqualität und Chancengleichheit bei (vgl. MSB NRW & MKFFI NRW 2018, S. 47). Individuelle Förderung nimmt folglich eine zentrale Rolle im Schulalltag ein.
Neben der individuellen Förderung ist es Aufgabe der Grundschule dem im Schulgesetz verankerten Bildungs- und Erziehungsauftrag nachzukommen (vgl. SchulG o.J., §2). Der Bildungsauftrag zielt auf die Vermittlung grundlegender schulischer Bildung ab (vgl. KMK 2015, S. 8). Der Fokus im Hinblick auf die Schülerinnen und Schüler liegt dabei auf dem Erwerb der Schlüsselkompetenzen Lesen, Schreiben und Mathematik, „[.] die eine Basis [.] für weiterführende Bildung sowie für lebenslanges Lernen und selbstständige Kulturaneignung darstellen“ (ebd.). Leitend für die Umsetzung sind die länderübergreifenden Bildungsstandards in den Fächern Deutsch und Mathematik, welche die Unterrichtsqualität sowie das Leistungsniveau der Lernenden verbessern sollen (vgl. KMK 2005, S. 5). Mit Hilfe der von der Kultusministerkonferenz vorgelegten Bildungsstandards soll erreicht werden, dass sich das Bildungswesen von einer Inputorientierung hin zu einer Outputorientierung ausrichtet. Dabei werden allgemeine Bildungsziele aufgegriffen sowie Kompetenzen definiert, die an festgelegten Inhalten bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe vorhanden sein sollen. (Vgl. ebd., S. 9) Die Entwicklung sprachlicher Kompetenzen nimmt erheblichen Einfluss auf den „[.] Schulerfolg, denn Sprache ist in allen Fächern Medium des Lernens“ (KMK 2005a, S. 6). Die Entwicklung kognitiver, emotionaler und soziale Kompetenzen sowie die Handlungsfähigkeit im alltäglichen Leben werden ebenfalls durch sprachliche Kompetenzen bestimmt. Demnach wird die Förderung sprachlicher Kompetenzen in den Bildungsstandards im Fach Deutsch vermehrt aufgegriffen. (Vgl. ebd., S. 6 f.) Neben den Bildungsstandards dient der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen (2001) sowie der Perspektivrahmen Sachunterricht (2012) als Orientierung für die Arbeit in der Grundschule (vgl. KMK 2015, S. 8). Die zuvor genannten Vorgaben werden auf Landesebene in Form von Richtlinien und Lehrplänen aufgegriffen. Sie „[...] legen Aufgaben, Ziele und Inhalte der Bildungs- und Erziehungsarbeit in der Grundschule fest“ (MSB NRW 2012, S. 11) und konkretisieren die zu erreichenden Kompetenzen der einzelnen Fächer. Der fachliche Kernbereich der Grundschule setzt sich aus den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachunterricht zusammen. Für die Fächer des Kernbereichs sowie für die weiteren Fächer3 der Grundschule „[.] ist fachübergreifendes und fächerverbindendes Arbeiten handlungsleitend“ (KMK 2015, S. 11). Die Anzahl der Wochenstunden für die verschiedenen Jahrgangsstufen sowie die Anzahl der Stunden für die einzelnen Fächer werden in der Stundentafel festgehalten (vgl. MKFFI NRW 2018, S. 23).
Neben der Vermittlung grundlegender Bildung ist es Aufgabe der Grundschule dem Erziehungsauftrag nachzukommen (vgl. SchulG, o.J. §2). Bildungs- und Erziehungsauftrag sind allerdings nicht unabhängig voneinander zu betrachten sondern fächerübergreifend. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln insbesondere in den ersten Schuljahren eine Vorstellung von Schule, die sich auf zukünftige Lernprozesse auswirkt. (Vgl. Schorch 2009, S. 164) „Im Mittelpunkt des Erziehungsauftrags steht die Schulbefähigung, der Aufbau von Leistungsbereitschaft und -fähigkeit, positiver Lern- und Arbeitshaltung und damit die allgemeine Persönlichkeitsentwicklung (Förderung eines stabilen Selbstkonzepts)“ (ebd.). Der Entwicklung eines angemessenen Sozialverhaltens kommt in der Grundschule ebenfalls eine hohe Bedeutung zu. Das Sozialverhalten spielt zum einen in bestimmten Unterrichtssituationen eine wesentliche Rolle und nimmt zum anderen Einfluss auf den Schulalltag. Sozialerziehung stellt folglich einen wesentlicher Baustein einer Kultur des Miteinanders dar. (Vgl. ebd. S. 164 f.) Grundlegende soziale Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler im Laufe ihrer Grundschulzeit entwickeln sollen, sind: „[.] Kontakt-, Kommunikations-, Ko- operations-, Konflikt(lösungs)fähigkeit und Toleranz [.]“ (ebd., S. 164). Die Erziehung zur Selbstständigkeit sowie die Unterstützung bei der Entwicklung von gesellschaftlich anerkannten Wertvorstellungen ist eine weitere Aufgabe der Grundschule (vgl. MSB NRW 2012, S. 14). Die Achtung vor der Würde des Menschen sowie die Achtung vor der Natur sind weitere Aspekte, die dem Erziehungsauftrag zugrunde liegen. Im Zuge dessen ist hervorzuheben, dass interkultureller Erziehung eine hohe Bedeutung zukommt. Die Vermittlung von Offenheit und Toleranz im Umgang mit Unterschieden sowie die Aufhebung bestehender Benachteiligung stellen wesentliche Erziehungsaufgaben der Grundschule dar. (Vgl. SchulG NRW 2020 §2)
Des Weiteren nimmt der Anfangsunterricht der Grundschule im Rahmen der Lern- und Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler eine wesentliche Rolle ein (vgl. Hanke 2007, S. 10). Der Anfangsunterricht, der ebenfalls als Schuleingangsphase bezeichnet wird, schließt die Jahrgangsstufen 1 und 2 ein. Die Schuleingangsphase kann sowohl jahrgangsbezogen als auch jahrgangsübergreifend organisiert werden und ermöglicht den Kindern eine individuelle Verweildauer von einem bis zu drei Jahren. (Vgl. MSB NRW 2012, S. 17) Wird diese jahrgangsbezogen organisiert, handelt es sich bei der Lerngruppe um Schülerinnen und Schüler mit dem gleichen Einschulungszeitpunkt (vgl. Hanke 2005, S. 5). Jahrgangsübergreifende Lerngruppen setzten sich [.] jeweils aus einer Halbgruppe neu eingeschulter Kinder und einer Halbgruppe, die das zweite (bzw. dritte) Schulbesuchsjahr beginnt [.]“ (Hanke 2005, S. 5) zusammen. Die ersten beiden Schuljahre dienen dazu, gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern Schulfähigkeit zu entwickeln. Der Fokus liegt dabei auf dem Aufbau von auf Selbstbildung abzielenden Kompetenzen4. (Vgl. Hanke 2007, S. 20)
Das Konzept der ganztägigen Bildung trägt ebenfalls zur Umsetzung des Bildungsund Erziehungsauftrags bei. „Der im frühkindlichen Bereich bewährte konzeptionelle Dreiklang von Bildung, Erziehung und Betreuung wird in der Grundschule aufgenommen“ (KMK 2015, S. 7). Dabei sind sowohl verbindliche als auch unverbindliche Organisationsformenmöglich. Die individuelle Gestaltung von Lernprozessen, soziale Interaktion sowie die Rhythmisierung des Lernens und des Tagesablaufs stellen zentrale Inhalte ganztägiger Bildung dar. (Vgl. ebd.) Ganztägige Bildung trägt dazu bei, dass „[.] altersspezifische Interessen sowie individuelle lern- und entwicklungsbedingteBedürfnisse“ (MSB NRW & MKFFI NRW 2018, S. 24) berücksichtigt werden können.
2.2 Individuelle Förderung in der Grundschule
Wie soeben in Kapitel 2.1 dargelegt, nimmt Individuelle Förderung im schulischen Kontext eine zentrale Rolle ein. Aufgrund dessen soll der Bereich Individuelle Förderung nachfolgend weiter ausgeführt werden. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen dieser Arbeit die Begriffe Förderung und Individuelle Förderung synonym verwendet werden.
„Unter Förderung wird allgemein die gezielte Unterstützung von Personen verstanden“ (Fischer 2014, S. 29). Im Rahmen von Bildung und Erziehung zielt Förderung auf die Entfaltung von Begabungen sowie die Entwicklung von Persönlichkeit ab. Eine verbreitete Ansicht ist, dass sich Förderung vorrangig auf Lernende mit besonderem Förderbedarf, wie bspw. Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, bezieht. (Vgl. ebd., S. 29 f.) Wie bereits in Kapitel 2.1 erläutert, hat sich die Bundesrepublik Deutschland durch die Ratifizierung der UN-BRK dazu verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem zu schaffen, das Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischemFörderbedarf den Besuch einer allgemeinen Schule ermöglichen muss. (Vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Menschen mit Behinderung 2017, S. 21) Ein umfassendesInklusionsverständnis, das über den sonderpädagogisch geprägten Fokus hinausgeht, „[.] geht von der Besonderheit und den individuellen Bedürfnissen eines jeden Kindes aus“ (Schuhmann 2009, o.S.) und strebt an, der Vielfalt aller Kinder gerecht zu werden. Bildungsgerechtigkeit, der Abbau von Barrieren sowie die gesellschaftliche Teilhabe aller können als Ziele inklusiver Bildung bezeichnet werden (vgl. Deutsche UNESCO-Kommission 2014, S. 9). Im Schulgesetz des Landes NordrheinWestfalenheißt es außerdem bspw.: „Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Lage und Herkunft und sein Geschlecht ein Recht auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung“ (SchulG o.J., §1). Folglich haben alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen ein Recht auf Individuelle Förderung
Bisher herrscht keine Einigkeit darüber, was unter Individueller Förderung verstanden werden kann. Die schulische Praxis, die wissenschaftliche Forschung sowie die Bildungspolitik nehmen auf unterschiedliche Definitionen des Begriffes Bezug. (Vgl. Fischer, 2014, S. 19) Dennoch beinhalten die unterschiedlichen Definitionen im Allgemeinen die gleichen Grundgedanken.
Die vorliegende Arbeit stützt sich auf die folgende Definition von Fischer u.a. (2008, S. 1): „Individuelle Förderung bedeutet die Anpassung des Forder-Förder-Angebotes der vorschulischen und schulischen Umwelt an die kognitiven, sozial-emotionalen und psychomotorischen Forder-Förder-Bedürfnisse des Kindes und Jugendlichen mit dem Ziel seiner optimalen Begabungsentfaltung und Persönlichkeitsentwicklung“. IndividuelleFörderung stellt einen zirkulären kommunikativen Prozess dar, der aus drei idealtypischen Kernphasen besteht. Dazu zählen Diagnose, Förderung sowie Evaluation. (Vgl. Fischer 2014, S. 14 f.)
Die Wahl dieser Definition liegt darin begründet, dass Fischer u.a. (2008, S. 1) durch die Formulierung Begabungsentfaltung einer defizitorientierten Perspektive entgegen wirken und stattdessen eine an den Fähigkeiten der Lernenden ausgerichtete IndividuelleFörderung anstreben. Besonders begabte Lernende sowie Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten werden durch die Formulierung Forder-Förder-Angebot gleichermaßen berücksichtigt. Des Weiteren greift die Definition explizit die emotionalen und sozialen Kompetenzen auf, die Gegenstand dieser Arbeit sind. Demnach verweist die Definition darauf, das Forder-Förder-Angebot an die sozial-emotionalen Forder-Förder-Bedürfnisse anzupassen. Ferner greift die Definition als ein Ziel die Persönlichkeitsentwicklung auf, welche die soziale sowie emotionale Entwicklung einschließt. Durch die Benennung der vorschulischen sowie schulischen Umwelt als Ausgangspunkt der Individuellen Förderung kann das Forder-Förder-Angebot durch unterschiedliche Institutionen, Personen sowie pädagogische Maßnahmen, wie bspw. der Tiergestützten Pädagogik, erfolgen.
Die vorangegangen Kapitel (vgl. Kapitel 2.1, Kapitel 2.2) verdeutlichen die Verantwortung der Grundschule neben dem Bildungsauftrag dem Erziehungsauftrag nachzukommen. Durch die Ratifizierung der UN-BRK und der damit einhergehenden VerpflichtungSchülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf den Besuch einer allgemeinen Schule zu ermöglichen und ein inklusives Bildungssystem zu schaffen wird individueller Förderung im Schulalltag einen höherer Stellenwert beigemessen als zuvor. Die Grundschule ist demnach gefordert alle Schülerinnen in ihrer Entwicklung zur fördern. Dies schließt die Förderung der emotionalen und sozialen Entwicklung der Kinder mit ein.
3. Die Fähigkeitsbereich emotionale und soziale Kompetenz
„Die Bedeutung des Wortes Kompetenz wird bereits aus dem lateinischen Ursprung competencia (Herv. im Original) - zu etwas geeignet, fähig oder befugt sein - deutlich“ (North, Reinhardt & Sieber-Suter 2018, S. 35). Bisher liegt keine einheitliche Definition des Begriffes vor. Dagegen lässt sich eine Vielzahl an unterschiedlichen Definitionen ausmachen, denen verschiedene Schwerpunkte zugrunde liegen.
Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff Kompetenz wie folgt definiert: „ Kompetenz (Herv. im Original) beschreibt die Relation zwischen den an eine Person oder Gruppe herangetragenen oder selbst gestalteten Anforderungen und ihren Fähigkeiten bzw. Potenzialen, diesen Anforderungen gerecht zu werden (Reinhardt und North 2003, o.S. zit. n. North u.a. 2018, S. 36). Sie ist die erlernbare Fähigkeit, in zukunftsoffenen Problem- und Entscheidungssituationen selbstorganisiert, situationsadäquat und kreativ zu handeln (Erpenbeck et al. 2017 zit. n. North u.a. 2018, S. 36)“. Ferner kommt es im Rahmen von Kompetenz „[.] zum Einsatz von persönlichen Ressourcen für die erfolgreiche Bewältigung von anspruchsvollen und komplexen Situationen, Handlungen und Aufgaben“ (North u.a. 2018, S. 36).
Im Folgenden werden die Fähigkeitsbereiche emotionale und soziale Kompetenz definiert und deren Entwicklung sowie Einflussfaktoren im Hinblick auf die Entwicklung erläutert. Daran anschließend wird der Zusammenhang zwischen emotionalen und sozialen Kompetenzen dargestellt. Zudem wird dargelegt, für welche Lebensbereiche sozial-emotionale Kompetenzen von besonderer Relevanz sind.
3.1 Der Fähigkeitsbereich emotionale Kompetenz
Die Beschreibung von Emotionen erfolgt über Gefühlszustände durch die natürliche, körperliche Reaktionen, wie bspw. das Erröten bei Scham, hervorgerufen werden (vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 37). Emotionen beeinflussen das Verhalten und nehmen Einfluss auf zwischenmenschliche Beziehungen (vgl. Petermann u.a. 2019, S. 18) „Allgemein kann unter emotionaler Kompetenz (Herv. L.F.) die Fähigkeit verstanden werden, mit den eigenen Emotionen und den Emotionen anderer Personen angemessen umzugehen“ (Scheithauer, Bondü, Hess & Meyer 2016, S. 155). Je nach Alter und Entwicklung sind Kinder dazu fähig, eigene Gefühle passend auszudrücken, zu regulieren, zu unterscheiden sowie die Gefühle des Gegenübers zu erkennen und zu verstehen (vgl. Pfeffer 2019, S. 9). Die Ausbildung einer umfassenden emotionalen Kompetenz stellt eine wesentliche Entwicklungsaufgabe dar und bildet die Grundlage für weitere Entwicklungsschritte (vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 13). Nach Petermann und Wiedebusch (2016, S. 14) liegen emotionaler Kompetenz folgende Bereiche, in denen emotionale Kompetenzen entwickelt werden, zugrunde: „[.] der eigene mimische Emotionsausdruck, das Erkennen des mimischen Emotionsausdrucks anderer Personen, der sprachliche Emotionsausdruck, das Emotionswissen und -verständnis und die selbstgesteuerte Emotionsregulation (Herv. L.F.)“.
In der Literatur findet sich eine Vielzahl an Modellen und Konzepten, die sich der emotionalen Kompetenz widmen. Eines der bekanntesten Konzepte geht auf Saarni (2002) zurück (vgl. Tabelle 1). Saarni (2011) sieht emotionale Kompetenz als Ressource an, die als Unterstützung für die Bewältigung von Herausforderungen in unterschiedlichen Entwicklungsbereichen herangezogen werden kann (vgl. Saarni 2011, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 14). Ein Kind kann als emotionalen kompetent bezeichnet werden, wenn es emotionale Fähigkeiten in sozialen Beziehungen anwenden kann und ein Bewusstsein über den Nutzen der Verwendung emotionalerFähigkeiten entwickelt hat (vgl. Petermann u.a. 2019, S. 19). Saarni (2002, S. 10) bezeichnet dies als emotionale Selbstwirksamkeit. Diese zeigt sich durch das Wissen über den Einfluss des eigenen Emotionsausdrucks auf das Gegenüber sowie die Fähigkeit, die eigenen Emotionen zu steuern, um beim Gegenüber bestimmte Reaktionen zu bewirken (vgl. Petermann u.a. 2019, S. 19). Im Rahmen des Konzepts benennt Saarni acht Schlüsselfähigkeiten der emotionalen Kompetenz (vgl. Saarni 2002, S. 12). Diese werden im Laufe des Lebens in sozialen Beziehungen entwickelt und werden durch das familiäre sowie kulturelle Umfeld beeinflusst (vgl. Petermann u.a. 2019, S. 19).
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Tabelle 1: Acht Schlüsselfertigkeiten der emotionalen Kompetenz (Saarni 2002, o.S. zit. n. Pfeffer 2019,S. 10 f.)
Saarni (2002, S. 12) verweist auf die Unabgeschlossenheit des Konzepts. Demnach kann es durch weitere Fähigkeiten ergänzt werden. Des Weiteren merkt die Autorin an, dass die sich Fähigkeiten, obwohl sie einzeln aufgeführt werden, gegenseitig beeinflussen (Vgl. ebd.). Das Modell macht die hohe Relevanz von emotionalen Kompetenzenfür soziale Interkation und zwischenmenschliche Beziehungen deutlich. Folglich nehmen emotionale Kompetenzen im Bereich der sozialen Kompetenzen eine zentrale Rolle ein.
3.2 Die Entwicklung emotionaler Kompetenzen
Nach Holodynski (2006, S. 2) erleben Erwachsene ganz andere Emotionen als Kinder. Die Entwicklung emotionaler Kompetenzen geht demnach über die Kindheit und Jugend hinaus (vgl. ebd.). Mit zunehmendem Alter werden außerdem neue Emotionsqualitäten erkennbar, „[.] während gleichzeitig die Häufigkeit und Intensität der Emotionen im Allgemeinen abnimmt“ (ebd.). Emotionale Kompetenzen entwickeln sich demnach über die gesamte Lebensspanne (vgl. Pfeffer 2019, S. 18).
Nachfolgend soll die Entwicklung der von Petermann und Wiedebusch (2016, S. 14) benannten Bereiche der emotionaler Kompetenz beschrieben werden. Im Rahmen der Entwicklung des Emotionsausdrucks wird zwischen primären Emotionen, auch als Basisemotionen bezeichnet, und sekundären Emotionen, auch als selbstbezogene, soziale Emotionen bezeichnet, unterschieden. Freude, Ärger, Traurigkeit, Angst, Überraschung sowie Interesse werden den primären Emotionen zugeordnet. Die Entwicklung der primären Emotionen erfolgt ab dem 3. Lebensmonat. (Vgl. Petermann &Wiedebusch 2016, S. 37) Fest steht, dass „[.] deren universelles Auftreten in verschiedenen Kulturen zu beobachten ist“ (ebd.). Die Entwicklung der sekundären Emotionen setzt hingegen erst gegen Ende des 2. Lebensjahres ein. Zu den sekundären Emotionen zählen Stolz, Scham, Schuld, Neid, Verlegenheit und Empathie. (Vgl. ebd.) Damit sekundäre Emotionen ausgebildet werden können, sind einige Voraussetzungen erforderlich (vgl. ebd. S. 40). Sich seiner selbst bewusst zu sein, sich selbst reflektieren zu können, gesellschaftlich anerkannte Verhaltensmaßstäbe sowie -regeln zu kennen, das eigenen Verhalten dahingehend in Beziehung setzen zu können sowie die Verantwortung für das eigene Handeln im Kontext dieser Verhaltensmaßstäbe und -regeln übernehmen zu können, stellen die Grundlage für die Ausbildung sekundärer Emotionen dar (vgl. Denham 1998, o.S.; Saarni 1999, o.S. zit. n. Petermann & Wiederbusch 2016, S. 40). „Soziale Emotionen, die sich auf andere Personen beziehen [.]“ (Petermann &Wiedebusch 2016, S. 42), wie Empathie (vgl. ebd.) und die Fähigkeit zur emotionalen Perspektivübernahme entwickeln sich ebenfalls ab dem 2. Lebensjahr (vgl. Pfeffer 2019, S. 18). Insbesondere zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr fällt es Kindern zunehmend leichter, die Perspektive anderer einzunehmen, deren Gefühle nachzuvollziehen (vgl. ebd.) und Mitgefühl zu empfinden (vgl. Decety, Jackson & Brunet 2007, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 44). Des Weiteren ist erwiesen, dass Kinder, die über Empathie verfügen, häufig prosoziale Verhaltensweisen zeigen (vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 44). Das subjektive Erleben eines Kindes spiegelt sich bis zum Vorschulalter intensiv im Emotionsausdruck wider. Außerdem bildet sich ein eigener Stil des emotionalen Ausdrucksverhaltens aus. (Vgl. ebd., S. 40)
Mit dem Erwerb sprachlicher Fähigkeiten beginnt die Entwicklung des sprachlichen Emotionsausdrucks. Die Kinder entwickeln die Fähigkeit, die eigenen Emotionen sowie die Emotionen anderer zu beschreiben. Außerdem können Bedürfnisse sowie Gefühle im Rahmen sozialer Interaktionen kommuniziert werden. Diese verbale Kommunikation der eigenen Bedürfnisse und Gefühle wird im Laufe der Entwicklung zunehmend relevanter. (Vgl. ebd., S. 46) Ferner ist erwiesen, dass unzureichend entwickelte sozial-emotionale Kompetenzen die Sprachentwicklung negativ beeinflussen und zu einer Verzögern in der Sprachentwicklung führen können (vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 46). „Kleinkinder erwerben im Verlauf ihr sprachlichen Entwicklung ein zunächst rudimentäres Emotionsvokabular, das sich in den folgenden Jahren zunehmend erweitert und differenziert“ (ebd.). Sind Kinder fähig, erfolgreiche emotionale Kommunikation mit anderen zu führen, wirkt sich das positiv auf ihr sozialen Beziehungen aus (vgl. ebd., S. 50).
Ein weiterer grundlegender Aspekt emotionaler Kompetenz ist das Emotionsverständnis. Eine Vielzahl an Studien zeigt, dass ein adäquat ausgebildetes Emotionsverständnis zu angemessenem Sozialverhalten und weniger emotionalen Problemen führt (vgl. Izard, Woodburn, Finlon, Krauthamer-Ewing, Grossmann & Seidenfeld 2011, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 51).
Im Laufe des ersten Lebensjahres entwickelt sich die Fähigkeit des Säuglings mimische sowie stimmliche emotionale Ausdrücke bei anderen Personen zu erkennen zunehmend weiter. Angenommen wird, dass Säuglinge bereits im frühen Alter dazu fähig sind, verschieden Emotionen zu unterscheiden. Das Erkennen von unterschiedlichenGesichtsausdrücken gelingt Säuglingen bei vertrauten Personen früher als bei fremden Personen. Des Weiteren besitzen Säuglinge die Fähigkeit, positive und negative Basisemotionen zu differenzieren. (Vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 55 ff.) Mit zunehmendem Alter gelingt es Kindern immer häufiger mimische Ausdrücke richtig zu erkennen und zu benennen. Dennoch haben Kindern bis zum Schulalter Schwierigkeiten damit sekundäre Emotionen in mimischen Emotionsausdrücke zu erkennen.Primäre Emotionen werden von Kindern bis dahin leichter erkannt. (Vgl. ebd., S. 57 f.) „Spätestens ab dem Schulalter scheinen Kinder in der Lage zu sein, neben dem mimischen Emotionsausdruck weitere körperliche Anzeichen zu beachten, die auf das Erleben bestimmter Gefühle hinweisen“ (Petermann & Wiedebusch 2016, S. 59).
Bis zum Kindergartenalter verknüpfen Kinder Basisemotionen mit bestimmten emotionsauslösenden Situationen, wie bspw. Freude mit einer Geburtstagsfeier (vgl. Sa- lisch 2000, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 60). Das Verständnis dafür, dass Emotionen verschiedene Ursachen haben können, durch unterschiedliche Situationen hervorgerufen und sich von Person zu Person unterscheiden können, entwickelt sich ab dem Vorschulalter (vgl. Petermann & Wiederbusch 2016, S. 61). Die Ursachenbeschreibungen der eigenen Emotionen sind in der Regel passender als die Ursachenbeschreibungen der Emotionen anderer (vgl. Denham 1998, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 61). Ferner entwickeln Kinder bis zum Schulalter die Fähigkeit, anderen Personen Intentionen zuzuweisen und versehentliche sowie absichtliche Handlungen zu differenzieren (vgl. Salisch 2000, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 62). Ab dem Schulalter ist es Kindern möglich, Persönlichkeitscharakteristika bei der Emotionsinterpretation einzubeziehen (vgl. Saarni 1999, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 62).
Das Verständnis, dass Kognitionen wie Wünsche, Erwartungen, Überzeugungen sowie Bewertungen mit Emotionen zusammenhängen, bildet sich im Laufe der kindlichen Entwicklung aus (vgl. Saarni, Mumme & Campos 1998, o.S; Dunn, Cutting & Demetriou 2000, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 62 f.). Die Entwicklung dieses Verständnisses beginnt bereits im Kleinkindalter. Das „[...] Wissen darüber, warum und in welcher Weise kognitive Prozesse Emotionen hervorrufen und beeinflussen können [.]“ (Lagattuta, Wellmann & Flavell 1997, o.S. zit. n. Peter- mann & Wiedebusch 2016, S. 64) erwerben Kinder kurz vor dem Schuleintritt. Das zunehmende Wissen in Bezug auf die kogntiven Ursachen von Emotionen lässt Kinder seltener situationsbezogene Erklärungen für Emotionen heranziehen (vgl. ebd.). Das Verständnis widersprüchlicher Emotionen, die als multiple oder ambivalente Emotionen bezeichnet werden, entwickelt sich ab dem Vorschulalter. Mit zunehmenden Alter nimmt das Wissen über multiple bzw. ambivalente Gefühle zu. (Vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 64 f.) Zwischen dem vierten und fünften Lebensjahr vollziehen Kinder dahingehend einen relevanten Entwicklungsschritt und sind dazu fähig den mimischen Ausdruck primärer und multipler Emotionen, wie bspw. traurige Augen und ein lachender Mund, zu differenzieren. (Vgl. Kestenbaum & Gelman 1995, S. 65 zit. n. Petermann & Wiedebusch, S. 65) Mit dem Erreichen des Grundschulalters können Kinder multiple Emotionen klarer ausdrücken und verstehen (vgl. Zajdel, Bloom, Fireman & Larsen 2013, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 65).
Den Unterschied zwischen subjektivem Erleben und dem äußerlich sichtbaren Emotionsausdruckkönnen Kinder ab dem dritten Lebensjahr wahrnehmen. „Sie lernen, ihren Emotionsausdruck in Interaktionen mit anderen Personen situationsabhängig zu variieren sowie Emotionen vorzutäuschen und strategisch einzusetzen“ (Denham 1998, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 65). Kinder orientieren sich spätestens mit Erreichen des Grundschulalters im Rahmen des Emotionsausdrucks an so genannten sozialen Darbietungsregeln. Diese berücksichtigen gesellschaftlich akzeptierte Normen für den Emotionsausdruck - insbesondere im Hinblick auf negative Emotionen. (Vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 66)
Emotionsregulation setzt sich aus folgenden zwei Komponenten zusammen: Der physiologischenReaktivität, die auch als Stressanfälligkeit bezeichnet werden kann und der Verfügbarkeit von Regulationsstrategien. Die beiden Komponenten stehen in einer engen Verbindung zueinander. Abhängig vom Ausmaß der physiologischen Reaktivität muss das Kind unterschiedliche Emotionsregulationsstrategien für verschiedene Erregungsgrade auswählen. (Vgl. Grolnick, McMenamy & Kurowski 1999, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 69).
Physiologische Reaktivität entwickelt sich bereits im Säuglingsalter, wohingegen sich die Fähigkeiten zur Emotionsregulation bis in die mittlere Kindheit weiterentwickeln (vgl. Kullik & Petermann 2011, o.S. zit. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 69). Das Zusammenspiel beider Komponenten der Emotionsregulation verändert sich folglich im Laufe der Entwicklung (vgl. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 69).
Damit Kinder Emotionen erfolgreich regulieren können, ist es notwendig, dass sie bereits im Säuglings- und Kleinkindalter unterschiedliche Emotionsregulationsstrategien kennen- und anwenden lernen (vgl. Holodynski 2006, S. 84 f.). Bis zum zweiten Lebensjahr handelt es sich bei der Emotionsregulation um eine interpsychische Emotionsregulation, da Kinder bei der Regulation von Emotionen auf die Unterstützung von Bezugspersonen angewiesen sind. Zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr vollzieht sich der Wechsel von der interpsychischen zur intrapsychischen Emotionsregulation, da Kinder in dieser Altersspanne dazu fähig sind, eigenständige Emotionsregulationsstrategien anzuwenden. Sind sie zu starker emotionaler Erregung ausgesetzt, greifen sie weiterhin auf die Unterstützung von Bezugspersonen zurück. Ab dem fünften Lebensjahr sind Kinder dazu fähig, Emotionen selbstständig und ohne Unterstützung von Bezugspersonen zu regulieren. (Vgl. Friedlmeier 1999, S. 205 ff.) Aufgrund des Wechsels von der interphysischen Emotionsregulation zur intraphysischen Emotionsregulation im Vorschulalter (vgl. Friedlmeier 1999, S. 208) sollten Kinder in dieser Altersspanne verstärkt Emotionsregulationsstrategien kennenlernen und erproben (vgl. Holodynski 2006, S. 85). „Im Laufe des Schulalters vollzieht sich der Wandel zu einer bewussten eigenständigen Emotionsregulation“ (Petermann & Wiedebusch 2016, S. 88).
Die Aneignung von Emotionsregulationsstrategien beginnt bereits im ersten Lebensjahr (vgl. Denham 1998, o.S. zit. n. Petermann & Wiedebusch 2016, S. 80). Mit zunehmendem Alter werden die erlebten Gefühle differenzierter und komplexer. Demzufolge ist es notwendig, dass Emotionsregulationsstrategien in Abhängigkeit von der Differenziertheit und Komplexität der Gefühle im Laufe des Lebens weiterentwickelt werden. (Vgl. Pfeffer 2019, S. 18)
Aus den Ausführungen wird deutlich, dass [.] die Entwicklung einer hinreichenden emotionalen Kompetenz als einer der zentralen Entwicklungsaufgaben des Kindesalters angesehen werden [kann]“ (Petermann & Wiedebusch 2016, S. 9). Liegen Defizite im Bereich emotionaler Kompetenz vor, zeigen Kinder problematische Sozialverhalten, wie aggressives oder ängstliches Verhalten (Petermann u.a. 2019, S. 22 f.). Folglich spielen emotionale Kompetenzen eine wesentliche Rolle im Bereich der sozialen Kompetenz.
3.3 Der Fähigkeitsbereich soziale Kompetenz
Damit eine Person ein vollwertiges Mitglied einer Gesellschaft sein kann, ist es notwendig, „[.] sich den Umgangsformen der Gesellschaft anzupassen“ (Schick 2012, S. 224). Die Anforderungen unterschiedlicher sozialer Situationen bewältigen zu können ist stark davon abhängig, inwieweit die soziale Kompetenzen einer Person entwickelt sind (vgl. ebd., S. 238).
Wie bereits erwähnt, steht die soziale Kompetenz in einer engen Verbindung zur emotionalen Kompetenz. Als Basis für gelingende zwischenmenschliche Beziehungen kann ein adäquater Umgang mit den eigenen Gefühlen bezeichnet werden. (Vgl. Pfeffer 2019, S. 10) „Wenn die emotionalen Fähigkeiten auf hohem Niveau entwickelt sind, sind auch die Wahrnehmung von und der Umgang mit gegenseitigen Befindlichkeiten und Bedürfnissen im Zusammensein mit anderen eher von Achtsamkeit geprägt“ (Pfeffer 2019, S. 11 f.).
Die soziale Kompetenz schließt neben emotionalen Kompetenzen weitere Fertigkeiten ein. Dazu zählen bspw. Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Fähigkeiten zur Konfliktlösung, die Identitätsentwicklung sowie die Entwicklung von Selbstwert und Selbstwirksamkeit. Die Herausbildung der eigenen Persönlichkeit im Umgang mit anderen Personen steht hierbei im Mittelpunkt. Der Moralentwicklung wird bei der Ausbildung sozialer Kompetenz ebenfalls ein hoher Stellenwert beigemessen. (Vgl. ebd.) Deutlich wird, dass die Fähigkeiten, die soziale Kompetenz ausmachen, komplex sind. Aufgrund dessen findet sich eine Vielzahl an Definitionen, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen.
Die Definition von Hinsch und Pfingsten (2015) heben die Durchsetzungsfähigkeit der Person hervor. Kann eine Person in einer zwischenmenschlichen Interaktion die eigenen Interessen durchsetzen, verfügt sie nach Hinsch und Pfingsten (2015) über soziale Kompetenz (vgl. Hinsch und Pfingsten 2015, S. 18). DuBois und Felner (1996, o.S. zit. n. Kanning 2002, S. 155) sehen eine Person als sozial kompetent an, wenn es dieser gelingt, sich an seine soziale Umwelt anzupassen. Im Gegensatz zur Definition von Hinsch und Pfingsten (2015) liegt der Schwerpunkt dieser Definition auf der Adaption der Person an das Umfeld. Die Definition von Kanning (2002, S. 155) schließt beide der soeben genannten Schwerpunkt ein. Eine Person verhält sich laut Kanning (2002, S. 155) als soziale kompetent, wenn sie einen Interessensausgleich beider Parteien anstrebt. Ziel ist es, „[.] dass alle Beteiligten ihre Interessen in gleichem Maße verwirklichenkönnen“ (Pfeffer 2019, S. 12). Ferner unterscheidet Kanning (2002, S. 155) zwischen sozialer Kompetenz und sozial kompetentem Verhalten. Soziale Kompetenz stell demzufolge Potenzial dar, das es einer Person ermöglicht, sozial kompetentes Verhalten zu zeigen. (Vgl. Kanning 2002, S. 155) Kanning (2002, S. 155) versteht unter sozialer Kompetenz die „[.] Gesamtheit des Wissens, der Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person, welche die Qualität eigenen Sozialverhaltens - im Sinne der Definition sozial kompetenten Verhaltens - fördert“. Ist die soziale Kompetenz umfangreich ausgeprägt, liegt es nahe, dass die Person sozial kompetentes Verhalten zeigt (vgl. ebd.). Kanning (2002, S. 155) verweist allerdings darauf, dass das Sozialverhalten nicht festgelegt und situationsabhängig ist. Demnach unterscheidet sich das Sozialverhalten je nach Kontext (vgl. Kanning 2002, S. 155). Pfeffer (2019, S. 14) verdeutlicht zudem, dass es von Person zu Person unterschiedlich ist, welches Verhalten als sozial kompetent bewertet wird. Nicht nur die Interessen der Person sind für die Bewertung entscheidend. Die Bewertung einer Situation wird durch jeweilige Kultur sowie die Gesellschaft, mit ihren Normen und Werten, mitbestimmt. Es gibt demzufolge kein sozial kompetentes Verhalten, das allgemeingültig ist. (Vgl. Pfeffer 2019, S. 14)
In ihrem Drei-Ebenen-Modell (vgl. Abbildung 1) bemühen sich Malti und Perren (2016, S. 285) um eine definitorische Vereinheitlichung des Begriffs soziale Kompetenz, indem sie erforderliche Kompetenzen und Prozesse zueinander in Beziehung setzen. Die Autorinnen verweisen im Hinblick auf das folgende Modell darauf, dass „[.] die Ebenen [.] durchlässig [sind] und [.] in kontinuierlicher Beziehung zueinander [stehen]“ (ebd.).
Auf der ersten Ebene befinden sich unterschiedliche intrapsychische Prozesse. Dazu zählen sozial-emotionale Kompetenzen, wie z.B. das Erkennen von Emotionen, Emotionsregulation und Empathie; sozial-kognitive Kompetenzen, wie Perspektivübernahme und die soziale Informationsverarbeitung sowie motivationale Kompetenzen.
Die zweite Ebene bilden soziale Verhaltensweisen, die sich in selbst- und fremdbezogene Verhaltensweisen aufteilen lassen. Als selbstbewogen gelten Verhaltensweisen, wie soziale Initiative und Durchsetzungsfähigkeiten. Sie zielen auf die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse ab. Fremdbezogene Verhaltensweisen berücksichtigen hingegen die Bedürfnisse des Gegenübers. Dazu zählen z.B. prosoziales und kooperatives Verhalten.
Die dritte Ebene stellt die psychosoziale Anpassung dar. Die Auswirkungen auf das Gesundheit und das Wohlbefinden der Person selbst sowie auf die sozialen Beziehung werden darunter zusammenfasst. Dabei kann es sich sowohl um positive als auch um negative Auswirkungen handeln. (Vgl. ebd., S. 284 f.)
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Abbildung 1: Das Drei-Ebenen-Modell der sozialen Kompetenz (Malti & Perren 2016, S. 285)
Deutlich wird, dass „soziale Kompetenzen [.] sich auf ein sehr heterogenes Feld verschiedensterFähigkeiten [beziehen][.]“ (Jerusalem &Klein-Heßling 2002, S. 164).
Caldarella und Merrell (1997) definieren fünf wesentliche Fähigkeitsbereiche sozialer
Kompetenz, die für Kinder und Jugendliche von Relevanz sind (vgl. Petermann u.a. 2019, S. 25). Diese fünf Fähigkeitsbereiche werden in der folgenden Tabelle (vgl. Tabelle 2) beschrieben. Zum besseren Verständnis werden Beispiele zu den einzelnen Fähigkeitsbereichen aufgeführt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Fünf Fähigkeitsbereich sozialer Kompetenz (vgl. Caldarella & Merrell 1997, o.S. zit. n. Pe- termann u.a. 2019, S. 25)
Das von Crick und Dodge (1994) entwickelte Modell der sozialen Informationsverarbeitung (vgl. Abbildung 2) widmet sich der Erklärung von sozial kompetentem Verhalten. Im Rahmen des Modells wird der in sozialen Situationen ablaufende Denkprozess beschrieben. Der Denkprozess findet statt, bevor eine Handlung durchgeführt wird und nimmt Einfluss auf diese. Die Art der Handlung wird demnach maßgeblich von dem Denkprozess mitbestimmt. (Vgl. Petermann u.a. 2019, S. 26) Nachfolgend werden die einzelnen Schritte des Modells erläutert.
[...]
1 Dieses Kapitel bezieht sich an einigen Stellen exemplarisch auf die Rahmenbedingungen des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Ähnliche Formulierungen finden sich in den Rahmenbedingungen der anderen Bundesländer wieder.
2 Die Entwicklungsbereiche sind: sensorischer, motorischer, emotionaler, sozialer, ästhetischer, kreativer, kognitiver, sprachlicher und mathematischer Entwicklungsbereich (vgl. MSB NRW & MKFFI NRW 2018, S. 11).
3 Die weiteren Fächer der Grundschule sind insbesondere: Fremdsprache, Kunst, Werken/Textiles Gestalten, Musik, Sport, Religion/Ethik (vgl. KMK 2015, S. 11).
4 Die auf Selbstbildung abzielenden Kompetenzen sind: Ich-, Sozial-, Sach-, Planungs- und Handlungskompetenz, kommunikative Kompetenz (vgl. Hanke 2007, S. 20).