Homosexualität und Diskriminierung im Mittelalter. Die "stumme Sünde"


Hausarbeit, 2021

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Hauptteil

1. Verfolgung der Homosexuellen in Köln

2. Drei aufgezeichnete sodomitische Vorkommnisse
2.1 Der Fall des Johann Greeffroide
2.2 Der Fall des Seger Sydverwer
2.3 Der Fall des Jacobs dem Grecken

3. Allgemeine Schlussfolgerung der betrachteten Quellen .

III. Fazit

IV. Wissenschaftlicher Apparat

Quellenverzeichnis .

Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Verfolgung, der Ausschluss und die Diskriminierung von Menschen, ist wahrscheinlich so alt ist wie die Menschheit selbst. Keine Epoche ist davon verschont geblieben. Geschichtlich sind Diskriminierungen zwischen ethnischen Gruppen, Männern und Frauen, differierender Religionen und von Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Neigungen gezeichnet. Nicht angepasstes Verhalten wurde oft als Sünde bezeichne und öffentlich gemacht. Dies führte nicht nur zu gesetzlichen Ahndungen, sondern auch zum Außenseitertum und materiellen Verlusten.

Die Arbeit setzt sich mit der Diskriminierung von Homosexuellen in Mittelalter auseinander. Sie geht der Frage nach welchem Umgang mit Homosexualität im Mittelalter gepflegt wurde und in welchen gesellschaftlichen Schichten sie auftauchte. Der Fokus richtet sich dabei auf homosexuelle Vorfälle, bei Männern in Köln in den Jahren 1448 und 1500.

„Homosexualität ist ein 1868/69 durch K.M. geprägter Neologismus zur Bezeichnung eigenständiger gleichgeschlechtlicher Grundneigungen und Praktiken. Im Mittelalter wurden sexuelle Kontakte zwischen Männern bzw. Frauen (nach Röm, 1,26f.) als heidn. Laster, als sündhaftes Abweichen von gottgewollten und naturgesetzl. Verhaltensnormen angesehen und mit dem Begriff „victium sodomiticum“, „peccatum contra naturam“, „stumme Sünde“, „rote, rufende Sünde“ oder Ketzerei vage umschrieben.“1 Genauere Definitionen lassen sich z.B. bei Albertus Magnus finden, der den Terminus „Sodomie“ explizit zur Bezeichnung männlicher und weiblicher Homosexualität nutzte. Laut Magnus war „Sodomie“ eine widerwärtige Sünde, die die Ordnung der Natur untergrub, eine ansteckende Krankheit war, von der sich nicht befreit werden konnte.2 Der Begriff „Sodomie“ lässt sich auf die biblische Erzählung der Stadt Sodom zurückführen. Gott schickte zwei Engel in diese Stadt, die bei einem Herr Unterkunft fanden. In der Nacht kamen alle Männer der Stadt Sodom zu dem Haus, in dem die Engel nächtigten, und forderten, dass die Engel herausgeschickt werden sollten, dass die männlichen Bürger sich an ihnen sexuell befriedigen konnten. Noch in derselben Nacht ließ Gott Feuer und Schwefel auf die Stadt regnen.3 Auch Thomas von Aquin berief sich auf die Ansichten Magnus´. Für Aquin gehörte das „victium sodomiticum“ zu den vier widernatürlichen Sünden der Unzucht (Selbstbefriedigung, Bestialität, Anal- oder Oralverkehr).4 Mit ihm „erfolgte nun die Synthese hochmittelalterlicher Moraltheologie, die auch im weiteren die römisch- katholischen Philosophie wesentlich dominiert.“5 Auch heute noch wird Homosexualität von vielen nicht toleriert. Papst Franziskus „sprach sich in einem Interview kürzlich für rechtlichen Schutz gleichgeschlechtlicher Paare aus,“6 aber „die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare lehnt die katholische Kirche weiter ab.“7 Dies ist kein Vorwurf gegen die katholische Kirche sein. Es ist mir wichtig zu verdeutlichen, dass das Handeln aus dem Mittelalter bis in die Gegenwart zu spüren ist.

In vielen kommunalen Archivbeständen des späten Mittelalters lassen sich Hinweise auf „Sodomiter“ und deren Verfolgung finden, u.a. in Augsburg, Köln, Paris, Florenz, Rom, Venedig.8 Bei Betrachtung der Quellen konnten Forscher kein einheitliches Vorgehen feststellen.9 Im spätmittelalterlichen Venedig und Florenz wurden zu Formen der Sonder- und Geheimgerichtbarkeit übergegangen, die in ein engmaschiges System verschiedener Kontroll- und Gesetzmaßnahmen eingegliedert wurden.10 In Venedig war die Kontrollinstanz das „collegium contra sodomitas“, eine geheime Sonderkommission aus vier Männern,11 mit dem Ziel Homosexualität in Venedig komplett auszurotten.12 Der Rat konnte frei über ihr Vorgehen und mögliche Urteile entscheiden.13 Maßnahmen des Collegiums waren Ausschreibungen von Belohnungsgeldern.14 Das Collegium verfolgte zum einem angezeigten Delikt, leitete auch präventive Maßnahmen,15 z.B. die Kontrolle „übler Stätten“, 16 ein.17 Dem gegenüber stellt diese Arbeit den Umgang mit sodomitischen Vorfällen in Köln.

Für die mittelalterliche Alltagsgesichte ist die Betrachtung Homosexualität insofern interessant, da sie anders als erwartet in jeder Gesellschaftsform auftauchte und so für viele Teil des Alltags wurde. Die Arbeit geht im Folgenden genauer darauf ein. Außerdem wird beleuchtet, welche Auskunft die betrachteten Quellen über den alltäglichen Sprachgebrauch geben und wie mit Homosexuellen im mittelalterlichen Köln umgegangen wurde.

Homosexualität ist damals so wie heute ein aktuelles Thema, deshalb scheint mir eine Auseinandersetzung damit besonders wichtig. Wird die historische Forschung des Mittelalters betrachtet, hat sie sich besonders im deutschen Raum, noch nicht ausreichend mit dem Thema Homosexualität befasst. Diese Ansicht vertritt u.a. der Historiker Bernd-Ulrich Hergemöller, der eine Überblickdarstellung über die Geschichte der Homosexualität im deutschen Raum als kaum vorhanden sieht.18 Hergemöllers Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Gebiet der städtischen Sozialgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der Randgruppen. „Schon heute hat er einen Ehrenplatz in der Geschichte der Geschichtsschreibung der Homosexuellen.“19 Auch die Historikerin Brigitte Spreizer teilt Hergemöllers Ansichten und will mit ihrem Werk einen Beitrag zu Enttabuisierung des Themas leisten.20 Auch die eher geringe Menge an deutschsprachiger Forschungsliteratur unterstreicht die Aussagen beider Autoren.

II. Hauptteil

1. Verfolgung der Homosexuellen in Köln

An einem Beispiel aus dem Jahr 1484 wird verdeutlicht, wie sodomitischen Anschuldigen in Köln nachgegangen wurde. Am 21. Juni 1484 stellte der Kölner Rat eine Kommission zur Untersuchung der „unsprechlich[en] stumme[n] sunden“21 auf. Ausschlaggebend hierfür waren die Gerüchte, die der Pfarrer von Aposteln verbreiten ließ. Er gab bekannt, dass ein bereits verstorbener hochangesehener Herr, sich jahrelang der Homosexualität hingegeben hätte.22

[...]


1 Bernd-Ulrich Hergemöller, Art. „Homosexualität, I. Westlicher Bereich“, in: LexMA 5, Stuttgart 1999, Sp. 113–114. (abgerufen am 3. Juni 2021)

2 Vgl. Brigitte Spreitzer, Die stumme Sünde. Homosexualität im Mittelalter, Göppingen 1988, S.38f.

3 Vgl. Sodom und Gomorra werden zerstört, in: Neues Leben. Die Bibel, 1. Mo 19,1–29, hrsg. v. SCM R. Brockhaus, 2019, S. 33–34.

4 Vgl. Art. „Homosexualität, I. Westlicher Bereich“, in: LexMA 5, Sp. 113–114 .

5 Vgl. Spreitzer, Die stumme Sünde, S.39.

6 Elisabeth Pongratz, Vatikan lehnt Segnung ausdrücklich ab, in: Tagesschau Online (März 2021). URL: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/vatikan-segnung-homosexuelle-101.html (10. Juni 2021)

7 Ebd.

8 Vgl. Art. „Homosexualität, I. Westlicher Bereich“, in: LexMA 5, Sp. 113–114.

9 Vgl. Ebd.

10 Vgl. Bernd-Ulrich Hergemöller, Sodomiter – Erscheinungsformen und Kausalfaktoren des spätmittelalterlichen Kampfes gegen Homosexuelle, in: Bernd-Ulrich Hergemöller (Hrsg.), Randgruppen der spätmittelalterlichen Gesellschaft, [2] Fahlbusch 1994, S. 377.

11 Vgl. Patricia H. Labalme, Sodomy and Venetian Justice in the Resaissance, in: Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis 52 (1984), S. 224.

12 Vgl. Hergemöller, Sodomiter – Erscheinungsformen und Kausalfaktoren, S. 379.

13 Vgl. Labalme, Sodomy and Venetian Justice in the Resaissance, S. 224.

14 Vgl. Art. „Homosexualität, I. Westlicher Bereich“, in: LexMA 5, Sp. 113–114.)

15 Vgl. Hergemöller, Sodomiter – Erscheinungsformen und Kausalfaktoren, S. 378.

16 Vgl. Art. „Homosexualität, I. Westlicher Bereich“, in: LexMA 5, Sp. 113–114.)

17 Vgl. Ebd.

18 Vgl. Bernd-Ulrich Hergmöller, Sodom und Gomorrha. Zur Alltagswirklichkeit und Verfolgung Homosexueller im Mittelalter, Hamburg 2000, S.7.

19 Patrick Bahners, Bernd-Ulrich Hergemöller. Und wie verschwenderisch sein Schreiben. Mann für Mann, Buch für Buch. Ein Pionier der Historiographie der Homosexuellen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr.242, 18. Oktober 2010, S. 32.

20 Vgl. Spreitzer, Die stumme Sünde, S.3.

21 Beauftragung der Untersuchungskommission (21. Juni und 12. Juli 1484), in: Sodom und Gomorrha. Zur Alltagswirklichkeit und Verfolgung Homosexueller im Mittelalter, hrsg. v. Bernd-Ulrich Hergemöller, Hamburg 2000, S. 123.

22 Vgl. Klagen des Pfarrers von St. Aposteln (Anfang Juni 1484) ), in: Sodom und Gomorrha. Zur Alltagswirklichkeit und Verfolgung Homosexueller im Mittelalter, hrsg. v. Bernd-Ulrich Hergemöller, Hamburg 2000, S. 124f.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Homosexualität und Diskriminierung im Mittelalter. Die "stumme Sünde"
Hochschule
Universität Mannheim
Note
1,7
Autor
Jahr
2021
Seiten
15
Katalognummer
V1151389
ISBN (eBook)
9783346541703
ISBN (Buch)
9783346541710
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mittelalter, Köln, 15. Jh., Homosexualität
Arbeit zitieren
Greta Gamba (Autor:in), 2021, Homosexualität und Diskriminierung im Mittelalter. Die "stumme Sünde", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1151389

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