Das Risiko-Nutzen-Verhältnis von Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter


Hausarbeit, 2021

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Explikation grundlegender Begriffe
2.1 Psychopharmaka
2.2 Off-Label-Use
2.3 Zulassung & Zulassungsverfahren

3 Anwendungsbereiche bei Kindern und Jugendlichen
3.1 Angststörungen
3.2 Depressionen
3.3 ADHS

4 Potenziale der Medikation

5 Zweifelhafter Nutzen von Psychopharmaka

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Psychopharmaka sind Substanzen die auf das zentrale Nervensystem Einfluss ausüben und damit Wahrnehmung, Stimmung und Verhalten verändern. Sie sind seit Urzeiten bekannt und wurden sowohl zu kultischen als auch religiösen Zwecken benutzt. Inzwischen werden sie seit über 50 Jahren zur Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen eingesetzt (Reiche, 2013, o.S.). Nach der Bundespsychotherapeutenkammer (2010, o.S.) erkrankt in der Zeit von einem Jahr jeder dritte Erwachsene in Deutschland an einer psychischen Erkrankung. Sie zählen zu den häufigsten Auslösern für Krankschreibungen oder Frühberentungen. Geschätzt werden, dass 65% bis 90% aller Suizide durch psychische Krankheiten begangen werden, davon vermehrt durch eine Depression. Beachtenswerte 20% der Kinder und Jugendliche leiden an psychischen Auffälligkeiten. Zufolge dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) der Bundespsychotherapeutenkammer (2010, o.S.) leidet jedes zehnte Kind unter Ängsten, schätzungsweise erkrankt jedes 20. Kind an Depressionen und etwa jedes 50. Kind unter Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS).

Bachmann et al. (2015, S. 411) zeigen eine Zunahme von Psychopharmaka-Verordnungen in den letzten Jahren für Kinder und Jugendliche sowohl in Deutschland als auch international auf. Trotz des erhöhten Suizidrisikos und anderen schwerwiegenden Nebenwirkungen erscheint es paradox, dass die Psychopharmaka-Verordnungen zunehmen und ein leidendes Kind mit derart gefährlichen Präparaten behandelt wird.

Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Risiko-Nutzen-Verhältnis von Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter. Nach der Einleitung geht es im zweiten Kapitel um grundlegende Begriffsbestimmungen zum weiteren Verständnis. Anschließend befasst sich das Kapitel mit der Zulassung bzw. dem Zulassungsverfahren von Psychopharmaka. Das dritte Kapitel setzt sich mit dem Anwendungsbereich bei Kindern und Jugendlichen auseinander. Um das Risiko-Nutzen-Verhältnis besser veranschaulichen zu können, wird auf drei psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen eingegangen nämlich Angststörungen, Depressionen und ADHS. Daraufhin befasst sich das vierte Kapitel mit den Potenzialen der Medikation. Zuletzt handelt das letzte Kapitel über den zweifelhaften Nutzen von Psychopharmaka und verdeutlicht den wirtschaftlichen Nutzen. Die Hausarbeit befasst sich mit folgender Fragestellung: „Überwiegt die Zweckmäßigkeit von Psychopharmaka den dabei entstehenden gesundheitlichen Risiken bei Kindern und Jugendlichen?“

2 Explikation grundlegender Begriffe

Zum Einstieg wird in diesem Kapitel vorerst der Begriff „Psychopharmaka“ erläutert und anschließend in die Substanzgruppen unterteilt. Nachfolgend befasst sich das Kapitel mit dem Begriff „Off-Label-Use“. Zuletzt greift das Kapitel die Zulassung und die Zulassungsverfahren kurz auf.

2.1 Psychopharmaka

Bereits seit dem Mittelalter ist der Begriff „Psychopharmakon“ unter einem anderen Zusammenhang bekannt. Zum ersten Mal wurde der Begriff, nach Dietmaier et al. (2019, S. 12) von Reinhardus Lorichius (1548) als Titel in seiner erschienenen Sammlung von Trost- und Sterbegebeten verwendet. Der Psychiater Emil Kraepelin widmete sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschiedenen Arznei- und Genussmittel und dessen Auswirkungen auf einfache psychische Vorgänge. Seine Studien befassten sich mit Alkohol und Tee, schließlich aber auch mit Morphium und Chloralhydrat, sodass er zum Begründer der „Pharmakopsychologie“ ernannt wurde (Dietmaier et al. 2019, S. 12). Nach Dietmaier et al. (2019, S. 12) handelt es sich bei dem Begriff „Psychopharmaka“ um Substanzen, welche gestörte Stoffwechselprozesse im Gehirn beeinflussen und diese bei Fehlregulationen zurück ins Gleichgewicht bringen. Entsprechend ist jede Substanz ein Psychopharmakon, das therapeutisch in die Steuerungsfunktion des zentralen Nervensystems eingreift und dabei psychische Abläufe verändert. Der Begriff umfasst ebenso zentrale wirksame Schmerzmittel wie Analgetika, Parkinson- und Epilepsie-Mittel.

Auf Grund von verschiedenen Faktoren lassen sich Psychopharmaka in unterschiedliche Gruppen einteilen. Durch die zunehmend steigende Zahl, werden immer mehr Klassifizierungen vorgeschlagen. Folglich lassen sich die klassischen Psychopharmaka nach Dietmaier et al. (2019, S. 12) in folgende Gruppen unterteilen:

- Antidepressiva
- Stimmungsstabilisierer
- Antipsychotika bzw. Neuroleptika
- Tranquilizer (Beruhigungsmittel)
- Hypnotika (Schlafmittel)
- Antidementiva
- Psychostimulanzien
- Entzungs- und Entwöhnungsmittel

Zusätzlich lassen sich folgende weitere Psychopharmaka nach Dietmaier et al (2019, S. 12f) klassifizieren: Antimanika (Behandlung von Manien), Sedativa (Beruhigungsmittel), Anxiolytika (Behandlung von Angsterkrankungen) und Antiaddiktiva (Entzungs- und Entwöhnungsmittel). Des Weiteren sind Psycholeptika und Psychoanaleptika als Untergruppen von Psychopharmaka bekannt. Psycholeptika dienen als dämpfendes Mittel auf die Psyche und beinhaltet Antipsychotika, Tranquilizer und Hypnotika. Dagegen dienen Psychoanaleptika als anregendes Mittel auf die Psyche und begrenzen sich auf Antidepressiva, Simmungsstabilisierer, Psychostimulanzien sowie Antidementiva.

2.2 Off-Label-Use

Als „Off-Label-Use“ wird nach Kölch et al. (2009, S. 789) die Verordnung von Arzneimitteln außerhalb der Zulassung bezeichnet. Viele Medikamente, die zur Behandlung von psychischen Erkrankungen bei Kindern verwendet werden, sind gemäß Conroy et al. (2000, S. 79) entweder nicht für die Anwendung zugelassen oder werden außerhalb der Produktverordnungen verschrieben. Es fehlt an Alternativen für die Möglichkeit einer rationalen Pharmakotherapie. Einige Substanzgruppen sind zwar aus früheren Zeiten für die Verwendung bei Minderjährigen offiziell zugelassen, deren Wirksamkeit wird jedoch durch Studien widerlegt. Dagegen erhalten neuere und wirksamere Substanzen mittlerweile keine offizielle Zulassung für die Anwendung an Kindern und Jugendlichen. Nach Conroy et al. (2000, S. 79) wird ein Arzneimittel außerhalb einer zugelassenen Altersgruppe verordnet, wenn von einem „Off-Label“ gesprochen wird. Dagegen gilt ein Arzneimittel außerhalb der Indikation verordnet als „Off-Label-Use“. Von „Unlicensed Use“ ist die Rede bei einem Arzneimittel mit keinerlei Zulassung in Deutschland.

2.3 Zulassung & Zulassungsverfahren

Das deutsche Zulassungsverfahren zielt nach Köhl et al. (2009, S. 789) zuerst auf die Vermarktung eines Arzneimittels, demzufolge das in Umlauf bringen eines Medikamentes und daher weniger auf die Verordnung durch Ärzte. Als nationale Zulassungsbehörde gelten das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), sowie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), welches zuständig für Blutprodukte, Gentransferarzneimittel, Impfstoffe etc. ist. Als übernationale Zulassungsbehörde ist die Europäische Arzneimittelagentur (EMEA) innerhalb der europäischen Union (EU) tätig. Eine Zulassung kann über unterschiedliche Wege erfolgen, nur national, für mehrere EU-Staaten sowie für die gesamte EU. Das Zulassungsverfahren in einem nationalen Verfahren wird durch gegenseitige Anerkennung (mutual regocnition) durchgeführt. Beantragen hingegen mehrere Mitgliedstaaten eine Zulassung, findet das Verfahren dezentralisiert statt. Als Rechtsgrundlage gilt dabei das Arzneimittelgesetz (AMG), das Medizinproduktegesetz (MPG), darüber hinaus mehrere EU-Verordnungen. Bei Zulassungen betreffend der gesamten EU findet eine zentralisierte Beantragung statt. Über eine Zulassung entscheiden die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels. Weiterhin geben Köhl et al. (2009, S. 789) an, dass ein Wirksamkeitsnachweis nicht zwingend notwendig für eine Zulassung ist. So müssen z.B. homöopathische Arzneimittel keinen Nachweis über ihre Wirksamkeit aufzeigen, vielmehr ist einer über deren Ungefährlichkeit vorzulegen. Eine Zulassung kann nicht nur auf eine bestimmte Altersgruppe oder Altersbereich, sondern auch auf bestimmte Indikationen erfolgen.

Anhand von dem Zulassungsstatus lässt sich keine Sicherheit oder Wirksamkeit erschließen. Vielmehr darf ein Arzt grundsätzlich jedes Arzneimittel in Rahmen der Therapieverfahren verordnen, sobald über den Zulassungsstatus des verordneten Arzneimittels informiert und auf Nebenwirkungen hingewiesen wurde (Köhl et al., 2009, S. 789).

3 Anwendungsbereiche bei Kindern und Jugendlichen

Psychopharmaka gehören nach Steinhausen (2014, S. 639) zu den international am häufigsten verwendeten Medikamenten. Gemäß Lockhart und Guthrie (2011, S. 565f) sind die Verordnungszahlen in den westlichen Industrienationen anhand der letzten Jahrzehnte ersichtlich gestiegen.

Die Querschnittergebnisse der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen (KiGGS) des Robert Koch-Instituts zeigen eine Häufigkeit von insgesamt 16,9% psychischer Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen im Zeitraum von 2014-2017 (Klipker, et al., 2018, S. 37). Dabei besitzen die Jungen im Alter von 3 bis 14 Jahren eine erheblich höhere Prävalenz von 19,1% als die Mädchen mit 14,5%. Vergleichbar ist die Häufigkeit zwischen Jungen und Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren. Auffallend häufiger durch psychische Auffälligkeiten betroffen, sind Kinder und Jugendliche aus niedrigen sozioökonomischen Familien. Tatsächlich ist hierbei jedes vierte Mädchen und jeder dritte Junge auffällig.

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Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das Risiko-Nutzen-Verhältnis von Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter
Hochschule
Hamburger Fern-Hochschule
Note
1,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
18
Katalognummer
V1151421
ISBN (eBook)
9783346540744
ISBN (Buch)
9783346540751
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sehr hochwertige Arbeit, die ein anspruchsvolles Thema strukturiert bearbeitet: - Pharmakologische Vertiefung - Skizzierung affektiver Störungsbilder bei Kindern und Jugendlichen - umfangreiche Fachliteratur
Schlagworte
Psychopharmaka, Risiko-Nutzen-Verhältnis, Off-labe-use, Zulassung, Zulassungsverfahren, Anwendungsbereiche bei Kindern, Angststörungen, Depressionen, ADHS, Potenziale, Medikation, zweifelhafter Nutzen, psychische Erkrankung, psychische Auffälligkeiten, Antidepressiva, Stimmungsstabilisierer, Antipsychotika, Neuroleptika, Tranquilzer, Hypnotike, Antidementiva, Psychostimulanzien, Entzugs- und Entwöhnungsmittel, Tic Störungen, Schizophrenie, Autismus, Zwangsströrungen, affektive Störungen, Pharmakologie
Arbeit zitieren
Ludmila Kravets (Autor:in), 2021, Das Risiko-Nutzen-Verhältnis von Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1151421

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