Eine Erklärung für den Zusammenhang von Emotionen und Werten? Untersuchung der Argumentation Deonnas und Teronis


Essay, 2019

19 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Deonna, J.; Teroni, F. — Introducing Values
2.1 Emotionen und Werte
2.2 Subjektivismus
2.3 Fitting Attitude-Analyse
2.4 Formen des Wertrealismus
2.5 Konklusion

3. Diskussion der Thesen und Argumente
3.1 David Wiggins: Ein vernünftiger Subjektivismus
3.2 Sabine A. Döring: Why Recalcitrant Emotions Are not Irrational
3.3 Eigene Position

4. Konklusion

1. Einleitung

Das Thema ,Emotionen‘ hat in der Philosophie der Gegenwart eine große Bedeutung erlangt.1 Bereits Platon, Aristoteles, Spinoza, Descartes und Hume haben sich mit diesem Thema ausei­nandergesetzt. In der Philosophie des 20. Jahrhunderts wurde den Emotionen jedoch nicht mehr viel Aufmerksamkeit geschenkt.2 3 Dies liegt begründet in der Polysemie und der damit einhergehenden Ungenauigkeit des Begriffs ,Gefühl‘.3 Die zugehörige Debatte wird überwie­gend in englischer Sprache geführt, wo zwischen ,sentiments‘ und ,emotions‘ unterschieden wird.4 In Deutschland rücken Emotionen erst um die Jahrtausendwende wieder in den Fokus philosophischer Arbeiten. Als Auslöser hierfür wird die kognitive Wende gesehen.5

In meiner Arbeit möchte ich mich jedoch nicht mit dem Verlauf der kognitiven Wende beschäftigen, sondern mit einem Auszug aus Julien A. Deonnas und Fabrice Teronis Werk „The Emotions. A Pholosophical Introduction.“6 Dieses Werk reiht sich in die Debatte um Emotio­nen ein, denn es werden verschiedene Theorien, die die Autoren für zentral ansehen, zum Thema Emotionen diskutiert und bewertet.

Deonna und Teroni gliedern das zu untersuchende Problemfeld um die Emotionen in die Teilbereiche Phänomenologie, Intentionalität und ihre erkenntnistheoretische Bedeutung. Mit deren Einführung beschäftigen sie sich intensiv im Rahmen von Kapitel eins. Im Folgenden stellen die Autoren fest, dass im Zusammenhang mit Emotionen immer wieder verschiedene Entscheidungen getroffen werden müssen. So gibt es reflexive und nicht reflexive, bewusste und unbewusste, aber auch positive und negative Emotionen. Die Bedeutung dieser Entschei­dungen wird also untersucht. Daran knüpfen sie an, indem sie Emotionen in Bezug zu Wün­schen setzen und sich die Frage stellen, inwiefern sie in Bezug auf ebendiese verstanden werden sollten. Ab hier beschäftigen sich die Autoren dann damit, die Verbindungen zwischen Emoti­onen und Werturteilen zu begutachten.

An dieser Stelle setzt nun meine Arbeit an. Ich beziehe mich auf das vierte Kapitel des Buches, in welchem die Autoren den Zusammenhang zwischen Werteigenschaften und Emoti­onen herausarbeiten und die Natur von Werteigenschaften zu erklären versuchen. Dabei unter­suchen sie Positionen des Subjektivismus, der Fitting Attitude-Analyse und des Wertrealismus. Die Ansichten von Vertretern des Subjektivismus werden dabei stark kritisiert und schließlich verworfen. Im Rahmen meiner Arbeit möchte ich sowohl die Argumente der Autoren als auch die von subjektivistischen Vertretern erneut prüfen. Dazu ist es notwendig, zunächst die Argu­mentationsschritte der Autoren nachzuverfolgen und deren Struktur zu untersuchen. Dem an­schließend werde ich unter Betrachtung weiterer Forschungsliteratur die Argumente Deonnas und Teronis diskutieren, um dann selbst Stellung dazu zu nehmen.

2. Deonna, J.; Teroni, F. — Introducing Values

Das zu untersuchende Kapitel knüpft an eines über Emotionen als Erfüllung oder Enttäu­schung von Wünschen an. Im Zusammenhang damit wurde oft von einer Verbindung zwischen Emotionen und Werten gesprochen. Nun setzen sich die Autoren als Ziel, die Idee zu untersu­chen, dass Emotionen Werturteile sind oder beinhalten. Dazu wird zunächst die substantielle Rolle, die Werte in Verbindung mit Emotionen spielen, erläutert und im Folgenden geklärt, inwiefern dies mit der Natur von Werten übereinstimmt.7

2.1 Emotionen und Werte

In ihrem ersten Unterkapitel legen die Autoren zunächst dar, dass die enge Verbindung zwi­schen Emotionen und Werten bereits im alltäglichen Sprachgebrauch ersichtlich wird.8 Zu je­dem Emotionstyp gehört ein wertendes Prädikat, welches abgeleitet wird vom Namen der zu­gehörigen Emotion. Die Autoren gehen zunächst davon aus, dass Emotionen Arten von Wer­tungen sind und schlussfolgern daraus, dass eine Emotion zu erleben bedeutet, den Gegenstand der Emotion wertend aufzufassen. Diese Aspekte schieben die Autoren jedoch auf und wollen zu einem späteren Zeitpunkt darauf eingehen.

Wichtig ist ihnen zunächst die begriffliche Abgrenzung des Terminus ,Wert‘. Zu unter­scheiden sind Werte, welche positiv (Schönheit, Mut), aber auch negativ (Hässlichkeit, Feigheit) sein können und Werte, welche als politische oder persönliche Ideale aufgefasst werden oder auch als Eigenschaften, die durch konkrete Objekte, Situationen oder Ereignisse veranschau­licht werden.9

Emotionen können also auf viele Einzelobjekte gerichtet sein. Das Auftreten verschie­dener Emotionstypen wird dann durch die zugehörige Werteigenschaft vereinheitlicht. Diese bezeichnen die Autoren als „formales Objekt“10 des Emotionstyps. Die Angst kann sich also beispielsweise um einen Hund, eine Prüfung („spezifisches Objekt“11 ) oder Ähnliches drehen, aber jedes Auftreten von Angst besteht darin, dass das spezifische Objekt als gefährlich oder bedrohlich wahrgenommen wird.12 Die Autoren messen der Einführung der formalen Objekte eine hohe Bedeutung zu, da sie ihrer Meinung nach wichtig sind, um die Korrektheits- und Begründungsbedingungen von Emotionen zu spezifizieren.13 Gerechtfertigt ist eine Emotion demnach dann, wenn es gute Gründe für sie gibt und ungerechtfertigt, wenn das formale Objekt — also das Werturteil — nicht der Realität entspricht. Dies geschieht bspw. dann, wenn der Hund, vor dem ich Angst habe, sich in Wirklichkeit als ungefährlich herausstellt. Dazu müsste jedoch zwischen der Auffassung eines Wertes und der Art, wie ein Wert sich bildhaft darstellt, unter­schieden werden. Daraus folgern die Autoren, dass die Werteigenschaften nicht im Auge des Betrachters liegen können.14

2.2 Subjektivismus

An die letzte Folgerung anknüpfend beschäftigen sich die Autoren nun mit den Ansichten des Subjektivismus, dessen zentrale Idee es ist, dass Werteigenschaften in Bezug auf das Subjekt und die Zeit zu relativieren sind.15 Dies zeigt das folgende Beispiel der Autoren: Die Figuren Max und Claudette betrachten ein Bild. Max findet es bewundernswert, während Claudette es als nicht bewundernswert einstuft. Das gleiche Objekt kann also für ein Subjekt bewunderns­wert sein, für ein anderes jedoch nicht. Außerdem kann Max das Bild zu einem Zeitpunkt be­wundernswert finden, nicht jedoch zu einem späteren.

Die Autoren stellen nun zwei Gegenargumente vor, die sich gegen die „radikale“16 Form des Subjektivismus aussprechen. Als Erstes wenden sie ein, dass Diskussionen über die Recht- fertigbarkeit und Korrektheit von Emotionen im Rahmen des Subjektivismus zwar geführt wer­den, aber zu keiner Lösung kommen können.17 Die Autoren bewerten ein solches Führen von Diskussionen als Folgen der getäuschten Annahme, dass es eine substantielle Antwort auf die Frage nach der Veranschaulichung von Werteigenschaften gibt.18

Daraus folgern sie zweitens, dass eine subjektive Bewertung nie als falsch bewertet wer­den kann. Grund dafür ist, dass die Eigenschaften dem Objekt aus Sicht des Subjekts zugewie­sen werden. Ein neuer Bewertungsaspekt würde also lediglich bedeuten, dass das Objekt eine neue Eigenschaft gewonnen hat. Eine Aussage über die Korrektheit der Emotion lässt sich da­raus jedoch nicht folgern.19

Als Lösung der Problematik stellen die Autoren nun eine Modifikation dieser Form des Subjektivismus vor: das dispositionalistische Modell. Dieses postuliert, dass Objekte gewisse Eigenschaften innehaben, durch die eine Emotion beim Subjekt ausgelöst wird.20 Die Vorteile liegen darin, dass Fehler in Bezug auf Werteigenschaften und Meinungsverschiedenheiten zu­gelassen werden.21

Als Kritik führen die Autoren jedoch an, dass das Modell sehr ungenau wirkt. Grund dafür ist, dass ein voll entwickeltes dispositionalistisches Modell festlegen muss, an welche Sub­jekte es sich richtet und was als Manifestation der relevanten Dispositionen gelten soll.22 Sie stellen etwa die Frage, ob die Disposition ,bewundernswert‘ eines Gemäldes davon abhängt, ob diese Eigenschaft pauschal in jedem ausgelöst wird oder nur in denen, die sich für Kunst inte­ressieren oder bei Kunstexperten.23 Außerdem sind ihrer Meinung nach nicht alle Reaktionen geeignet, um als Sichtbarwerdung der Eigenschaften des Objekts zu gelten, denn sie unterliegen inneren Einflüssen wie der Laune, Müdigkeit oder Gefühlen und äußeren Einflüssen wie etwa der Beleuchtung eines Gemäldes.24

Ein von den Autoren vorgestellter Lösungsvorschlag liegt darin, einen unparteiischen Zuschauer auszuwählen, welcher die Klasse von Subjekten und Reaktionen spezifiziert. Für sie ist es jedoch nur wenig wahrscheinlich, dass dieser Zuschauer tatsächlich in der Lage ist, eine solche Einschätzung zu liefern. Unabhängig von der Tatsache machen sie klar, dass der Dispo- sitionalismus sie trotzdem nicht überzeugt.25 Folglich verwerfen die Autoren neben dem Modell des Subjektivismus auch dessen Modifikation, den Dispositionalismus.

2.3 Fitting Attitude-Analyse

26 In einem neuen Versuch ziehen die Autoren das Modell der FA-Analyse zurate. Diesem zufolge muss die tatsächliche Verteilung der Eigenschaften, auf die reagiert wird, nicht mit der Vertei­lung der Werteigenschaften übereinstimmen, weshalb Emotionen normativ qualifiziert werden müssen.27 Per Definition gilt eine Emotion dann als normativ qualifiziert, wenn sie unter gege­benen Umständen, in denen sich das Subjekt befindet, notwendig oder angemessen ist, wenn es also gute Gründe für die emotionale Reaktion gibt.28 Der Grund, weshalb ein Gemälde Bewun­derung auslöst, liegt also nicht in den Eigenschaften des Objekts, sondern in einem komplexen Set an Normen, welches die Bewunderung ihm gegenüber als erforderlich oder angemessen festlegt.29 Die Aufgabe besteht darin, eine Reihe von Normen zu finden, die dazu dienen, die Angemessenheit von Emotionen zu prüfen. Hierfür stellen die Autoren zwei Möglichkeiten vor:

[...]


1 Vgl. Döring, Sabine A.: Allgemeine Einleitung: Philosophie der Gefühle heute. In: Döring, Sabine A. (Hg.): Phi­losophie der Gefühle. Frankfurt, 2009. S. 12-64. Hier: S. 12.

2 Vgl. ebd.

3 Vgl. ebd.

4 Vgl. ebd.

5 Vgl. ebd., S. 13.

6 Deonna, Julien A., Teroni, Fabrice: The Emotions. A Philosophical Introduction. New York, 2012.

7 Vgl. Deonna/Teroni (2012), S. 40.

8 Vgl. ebd., S. 40.

9 Vgl. ebd.

10 Ebd., S. 41. Im Original: formal objects’.

11 Deonna/Teroni (2012), S. 41. Im Original: ,particular object’.

12 Vgl. ebd.

13 Vgl. ebd.

14 Vgl. ebd.

15 Vgl. ebd., S. 42.

16 Ebd., S. 43. Im Original: ,radical‘.

17 Vgl. ebd., S. 42f.

18 Vgl. ebd., S.43.

19 Vgl. Deonna/Teroni (2012), S.43.

20 Vgl. ebd.

21 Vgl. ebd.

22 Vgl. ebd.

23 Vgl. ebd., S. 44.

24 Vgl. ebd.

25 Vgl. ebd.

26 Im Folgenden abgekürzt mit ,FA-Analyse‘

27 Vgl. ebd., S. 44.

28 Vgl. Deonna/Teroni (2012), S. 44.

29 Vgl. ebd., S. 44f.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Eine Erklärung für den Zusammenhang von Emotionen und Werten? Untersuchung der Argumentation Deonnas und Teronis
Note
1,0
Jahr
2019
Seiten
19
Katalognummer
V1151973
ISBN (eBook)
9783346546142
ISBN (Buch)
9783346546159
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Subjektivismus, Emotionen, Deonna, Teroni, Gefühle, Philosophie der Emotionen, Philosophie der Gefühle
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Eine Erklärung für den Zusammenhang von Emotionen und Werten? Untersuchung der Argumentation Deonnas und Teronis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1151973

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