Martin Luther. Der Erfinder der neuhochdeutschen Schriftsprache?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2020

26 Seiten, Note: 2

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhalt

1. Einleitung

2. Martin Luther und seine Epoche
2.1. Der Mensch Martin Luther
2.2. Luthers Zeitalter und die Sprache

3. Sprache
3.1. Zuordnung Martin Luthers in die Schriftlichkeit seiner Zeit
3.2. Seine Form der Übersetzung
3.3. Martin Luthers Besonderheiten in Bezug auf die Anwendung der Sprache ...
3.3.1. Martin Luthers Wortwahl, Semantik, Satzlehre und Rechtschreibung

4. Die Erfolgsgeschichte der Bibelübersetzung
4.1. Die Anfänge
4.2. Die Bibelverbreitung und ihr Durchbruch

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Das Wörterbuch... beginnt mit Luther und schliesst ( sic! ) mit Goethe. Zwei solche

Männer, welche, wie die Sonne des Jahrs den edlen Wein, die deutsche Sprache beides feurig und lieblich gemacht haben, stehen mit Recht an dem Eingang und Ausgang.“1- Wilhelm Grimm

Dieses Zitat von Wilhelm Grimm führt vor Augen, welche wichtige Rolle Martin Luther für die deutsche Sprache spielt: Er setzt ihn an den Beginn des Wörterbuchs und somit - laut Verfasserin der Arbeit - an die Anfänge der Vereinheitlichung der deutschen Sprache. Daher kann Luther als eine wesentliche Figur der deutschen Sprachentwicklung gesehen werden.

In folgender Arbeit sollendaher sein Schaffen in Bezug auf die Sprache,aber auch die Hintergründe, vor denen die Standardisierung des Deutschen stattfand, beleuchtet werden. Auf den Sprachstil Luthers wirdhierbei ein besonderes Augenmerk gelegt: So soll u. a. auf seine sprachliche Herkunft, Übersetzungspraxis, Sprachgewandtheit sowie seinen grammatischen und orthografischen Gebrauch näher eingegangen werden.

Die unterschiedlichen Einflüsse, die zum enormen Anklang der Bibelübersetzung -die als Grundlage für die vereinheitlichte Schriftsprache diente - geführt haben, sollen mitberücksichtigt werden. Im Fazit sollen die Ergebnisse dieser unterschiedlichen Faktoren zusammengefasst und analysiert werden.

Daher lautet die wissenschaftliche Frage dieser Arbeit:

- Welchen Einfluss hatte Martin Luther - vor allem mit seinem Sprachstil, aber auch mit der Bibelübersetzung - auf die Vereinheitlichung der deutschen Schriftsprache?

Des Weiteren soll - da es um die Wirkung Luthers auf die Standardisierung der Schriftsprache geht -darauf hingewiesen werden, dass, wann immer von der Sprache gesprochen wird, die Schriftsprache gemeint ist.

2. Martin Luther und seine Epoche

Wenngleich der Schwerpunkt dieser schriftlichen Arbeit auf dem Sprachstil Luthers und dessen Einfluss auf die deutsche Sprache liegt, soll dennoch kurz auf seine Person eingegangen werden, um so sein sprachliches Schaffen und seine Wirkung auf das Volk besser verdeutlichen zu können.

2.1. Der Mensch Martin Luther

Geboren wurde Luther am 10. November 1483 in Eisleben als Kind des ehemaligen Bauern und Bergmanns Hans Luther.2

Im Jahr 1497 besuchte er das Gymnasium in Magdeburg, in dem auf Niederdeutsch unterrichtet wurde.3 Um sich auf das Universitätsstudium vorzubereiten, wechselte er ein Jahr später auf die Domschule St. Georg in Eisenach. Dort war man auf die Lehre der drei Disziplinen Rhetorik, Dialekt und Grammatik spezialisiert: Diese zählen zu den ersten der sieben freien Künste.4 Des Weiteren wurde an der Domschule im Gegensatz zum Gymnasium in Magdeburg ostmitteldeutsch gesprochen.5 Nach der Promovierung zum Magister im Jahr 1505 begann Martin Luther auf Wunsch seines Vaters ein JUS-Studium, daser jedoch im selben Jahr abbrach, um Mönch zu werden.6 Zwei Jahre darauf folgte die Priesterweihe und er begann ein Theologiestudium und erlangte 1511 den Doktor der Theologie.7

Somit kann, laut Verfasserin der Arbeit, davon ausgegangen werden, dass sich Martin Luther bereits während seiner frühen Schulzeit mit den grundlegenden Disziplinen der Sprache auseinandersetzte - u. a. mit Grammatik, Rhetorik und Dialekt. Er ist aber auch mit den unterschiedlichen Varietäten des Deutschen in Kontakt gekommen: So wurde in einer Schule auf Niederdeutsch und in der darauffolgenden auf Ostniederdeutsch unterrichtet. Diese Gegebenheit könnte Luther, laut Verfasserin der Arbeit, in seinem späteren Sprachstil und Wirken beeinflusst haben.

Aber nicht nur seine schulische Laufbahn beeinflusste den Theologen sehr: Die gesellschaftliche Lage seiner Zeit bewegte ihn stark - auch in Bezug auf seine Auffassung bezüglich der Kirche. Er wandte sich immer mehr von der katholischen Konfession ab und gelangte immer stärkerzur Annahme, dass der Mensch allein durch seinen Glauben die Gnade Gottes erhalten könne und die Bibel der zentrale Mittelpunkt der Religion sei, die alle sozialen Schichten ansprechen sollte.8 Besonderen Einfluss auf Luther hatte der Ablasshandel. Dieser wurde um das Jahr 1514 in Deutschland deutlich forciert, um so den Bau der römischen Peterskirche finanziell voranzutreiben. Da der Ablasshandel in starkem Widerspruch zu Luthers Einstellung zur seelsorgerischen Verantwortung stand, formulierte er in lateinscher Sprache 95 Thesen über Ablass und Gnade. Mithilfe dieser Schriften versuchte er als Professor und Doktor der Theologie zu einem Streitgespräch aufzurufen. Am 31. Oktober 1517 wurden diese Thesen amEingang der Kirche in Wittenbergangebracht.9 Daraufhin folgten etliche Lieder und Briefe, welche den Ablasshandel zum Thema hatten. So verfasste Luther im Konflikt mit der katholischen Kirche bis zu seinem Tod 467 Einzelschriften, 2500 Briefe und 2000 Predigten. Ein Viertel seiner Schriften verfasste er auf Latein, einige von seinen Schriften übersetzte er vom Lateinischen ins Deutsche und umgekehrt.10

Es ist laut Verfasserin der Arbeit möglich, dass er die Wahl der Sprache nicht beliebig wählte, sondern seine Entscheidung davon abhing, an wen bzw. an welche Personengruppe das Schreiben adressiert war: So könnte er,wenn er sich an Gelehrte wandte,die lateinische Sprache bevorzugt habenund die deutsche wiederum bei einer Schrift an das Volk.

Werner Killy verweist darauf, dass Martin Luther konsequent Prosa verwendete und auf poetische Elemente verzichtete. Des Weiteren verwendete er Killy zufolge vorsätzlich gewohnte und herkömmliche Formen der damaligen Zeit:11

- Traktate auf Latein und Deutsch, Abhandlungen von Themen, Ereignissen und Schwierigkeiten
- Sermons: Eine schriftliche Fassung einer ursprünglich mündlichen Erzählung wie einer Predigt oder Oratio
- Des Weiteren u. a. Sendschreiben, Postillen, Liturgica und Disputationen

Somit kann festgehalten werden, dass die Lage der Zeit, in der Luther lebte, starken Einfluss auf ihn hatte bzw. dazu brachte, sich gegen die vorherrschende Situation innerhalb der katholischen Glaubensrichtung aufzulehnen. Der Ablasshandel der Kirche regte ihn nicht nur zur Erstellung der 95 Thesen an, sondern wirkte sich auf unzählige weitere seiner Schriften aus, dieer nicht ausschließlich auf Latein verfasste, sondern auch -und zwar den weit größeren Teil -in deutscher Sprache. So kann, laut Verfasserin der Arbeit, davon ausgegangen werden, dass Luther damit beabsichtigte, seine Schriften nicht nur dem kirchlichen Stand und den höhergestellten gesellschaftlichen Schichten zugänglich zu machen, sondern dem gesamten Volk.

Auch Werner Killys Erwähnung, dass Luther in Prosa schrieb und die zur damaligen Zeit bevorzugten Formen und Gattungen verwendete, lässt darauf schließen, dass der Theologe versuchte, mit seinen Schriften eine große Leserschaft zu erreichen.

2.2. Luthers Zeitalter und die Sprache

Im Folgenden soll auf die sprachliche und schriftliche Situation in der Zeit von Martin Luthers Wirken eingegangen werden, um so die Veränderungen des Deutschen - sowohl in Wort als auch Schrift - besser nachvollziehen zu können.

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Theologen Martin Luther führt zurück zum frühen 16. Jahrhundert. In diesem Zeitraum sind Werner Besch zufolge auch die ersten Ursprünge unserer neuhochdeutschen Schriftsprache zu finden. Somit kann davon ausgegangen werden, dass der Theologe mit seinem Schaffen Einfluss auf die Herausbildung einer überregionalen deutschen Schriftsprache genommen hat.12

Zu Luthers Lebzeiten war die sprachliche Situation im Gebiet des heutigen Deutschlands dadurch gekennzeichnet, dass einige Schriftsprachen nebeneinander existierten. Manche dieser Schriftsprachen, die dialektbasiert aufbauten, wurden in einem regional etwas größeren Gebiet (Ostmitteldeutsch, Oberdeutsch) verwendet undetlicheineinem kleinen Territorium.13

Auch Luther stellte in einer Tischrede fest, dass Deutschland in seiner Sprache so viele regionale Unterschiede aufweise, dass man in einer Entfernung von 30 Meilen sich gegenseitig nicht mehr verstehen könne. Es gab daher sowohl sprachlich als auch schriftlich starke Abweichungen: Man musste manche Schriften umschreiben oder sogar übersetzen, wenn der regionale Abstand - und damit auch der sprachliche Unterschied - zu groß war.14

Laut Verfasserin der Arbeit wird so deutlich, wie sehr sich die gesprochene aber auch die schriftliche Sprache zur Zeit des Theologen regional unterschieden haben. Hierbei dürfte es sowohl in der mündlichen Sprache als auch in der Schrift zu sehr starken Abweichungen in den einzelnen Regionen gekommen sein. Nicht umsonst, so die Verfasserin der Arbeit, benötigte man wohl einen Übersetzer für schriftliche Abfassungen bzw. hatte schwerwiegende Probleme bei der mündlichen Verständigung mit jemandem, der nur wenige Meilen entfernt wohnte. Wie Besch bereits erwähnte, galt diese starke Abweichung nicht nur für die mündliche Kommunikation, sondern auch für die schriftliche. Somit kann laut Verfasserin der Arbeit davon ausgegangen werden, dass die sprachlichen regionalen Variationen die Schriftsprache des jeweiligen Gebietes stark beeinflussten und prägten - auch wenn diese auf einem territorial etwas ausgedehnteren Gebietverwendet wurden.

Trotzdem kann diese Ära als Übergangszeit zur sprachlichen Einheit bzw. zu mindestens einer Annäherung gesehen werden. So gab es mehrere Faktoren,die eine sprachliche Einheit förderten: z. B. die Ansiedelung von großen Behörden in Ballungsgebieten, der Handel aber auch der entstehende und sich verbreitende Buchdruck. So hatten die beiden Hauptschriftarten - das Ostmitteldeutsche und das Oberdeutsche - in der Mitte des 15. Jahrhunderts begonnen sich anzunähern. Diese Anpassung ging vor allem von den Ämtern aus, die aufgrund der Handelsbeziehungen und der Administration regionale Ausdrücke vermieden. Trotzdem blieben etliche sprachliche Eigenschaften auf allen Gebieten des Sprachsystems vorhanden.

[...]


1 Rudolf Bentzinger und Gerhard Kettmann: Zu Luthers Stellung im Sprachschaffen seiner Zeit (Anmerkungen zur Sprachverwendung in der Reformationszeit). In: Thomas Stolz (Hrsg.): STUF - Language Typology and Universals Sprachtypologie und Universalienforschung 36 (1983), Heft: 3, S.18. Berlin: De Gruyter 1983.

2 Vgl. Werner Fläschendräger: Martin Luther. Bildbibliographie. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut 1982. S. 5

3 Vgl. Werner Besch: Die Rolle Luther in der deutschen Sprachgeschichte. Heidelberg: Universitätsverlag C. Winter 1999. S.6

4 Vgl. Werner Fläschendräger: Martin Luther. Bildbibliographie. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut 1982. S. 6-7

5 Vgl. Werner Besch: Die Rolle Luther in der deutschen Sprachgeschichte. Heidelberg: Universitätsverlag C. Winter 1999. S. 6-7.

6 Vgl. Werner Fläschendräger: Martin Luther. Bildbibliographie. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut 1982. S. 12

7 Vgl. ebd. S. 8-14

8 Vgl. Ebd. S. 5

9 Vgl. Ebd. S. 21

10 Vgl. Walther Killy (Hrsg.): Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Gütersloh/München: Bertelsman Lexikonverlag 1990. S. 405

11 Vgl. Ebd. 405-408

12 Vgl. Werner Besch: Die Rolle Luthers in der deutschen Sprachgeschichte. Heidelberg: Universitätsverlag C. Winter 1999. S. 7.

13 Vgl. Joachim Schildt: Die Sprache Luthers - Ihre Bedeutung für die Entwicklung der deutschen Schriftsprache. In: Günter Vogler (Hrsg.): Martin Luther. Leben Werk Wirkung. Berlin: Akademie-Verlag 1983. S. 308

14 Vgl. Werner Besch: Die Rolle Luther in der deutschen Sprachgeschichte. Heidelberg: Universitätsverlag C. Winter 1999. S. 7-8

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Martin Luther. Der Erfinder der neuhochdeutschen Schriftsprache?
Hochschule
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Note
2
Jahr
2020
Seiten
26
Katalognummer
V1152115
ISBN (eBook)
9783346540782
ISBN (Buch)
9783346540799
Sprache
Deutsch
Schlagworte
martin, luther, erfinder, schriftsprache
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Martin Luther. Der Erfinder der neuhochdeutschen Schriftsprache?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1152115

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