Im Rahmen dieser Arbeit werden die Optimierungspotenziale für die Wertschöpfungsstufen entlang der Supply Chain in der Fashion-Branche von der Bekleidungsindustrie bis zum Textileinzelhandel, durch die Verwendung vertikaler Geschäftsmodelle betrachtet. Es soll die Dringlichkeit dargestellt werden das bestehende Geschäftsmodell neu zu bewerten und gegebenenfalls ein vertikales Konzept zu implementieren. Als Best Practice Unternehmen werden H&M und Zara gewählt.
Ziel dieser Arbeit ist es zu analysieren, wo die Erfolgsfaktoren der vertikalen Geschäftsmodelle und der ausgewählten Best Practice Modelle liegen. Es soll untersucht werden inwiefern sich die beiden Modelle voneinander unterscheiden und was sich andere Markenhersteller oder Einzelhändler von deren Strategien abschauen können, um an Wettbewerbsfähigkeit aufholen zu können. Abschließend soll eine Handlungsempfehlung für Unternehmen der Fashion-Branche formuliert werden, die sich im Wandel zu einem vertikalen Geschäftsmodell befinden oder selbigen anstreben. Es soll aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten es gibt vertikale Konzepte zu implementieren und was die Erfolgsfaktoren sind. Zudem soll erörtert werden für welche Unternehmen eine Anpassung des Geschäftsmodells sinnvoll erscheint und für welche es eher schwieriger ist.
Der Fokus der Untersuchung liegt auf Supply Chain orientierten Prozessen, wie Beschaffung, Produktion und Distribution. Außerdem werden die Produktentwicklungsprozesse, die Organisationstruktur und die nötigen Informations- und Kommunikationskonzepte betrachtet. Hierbei gilt es besonders den Aspekt der Schaffung von Kosten- und Effizienzvorteilen entlang der Supply Chain durch vertikale Geschäftsmodelle zu beleuchten. Betrachtungsobjekt sind die Unternehmen der Fashion-Branche in Form der Handelsunternehmen und der Herstellerunternehmen. Die Prozesse werden mit dem Hintergrund der Vertikalisierung untersucht.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise & Methodik
1.4 Hypothesen Entwicklung
2 Aktuelle Lage und Grundlagen der Fashion-Branche
2.1 Entwicklung
2.2 Textile Wertschöpfungskette
2.3 Traditionelles textiles Geschäftsmodell
2.3.1 Definitorische Grundlagen
2.3.2 Traditionelles Modell
2.3.3 Nachteile
3 Vertikalisierung in der Fashion-Branche
3.1 Entwicklung
3.2 Vertikales Geschäftsmodell
3.3 Darstellung der Modelle
3.3.1 Vertikalisierungsstrategien
3.3.2 Vorwärtsintegration
3.3.3 Rückwärtsintegration
3.4 Erfolgsfaktoren
3.4.1 Definitorische Grundlagen
3.4.2 Erfolgsfaktoren Vertikalisierung
3.5 Best Practice Unternehmen
3.5.1 H&M Konzept
3.5.1.1 Darstellung Unternehmen
3.5.1.2 Geschäftsmodell
3.5.2 Inditex Konzept
3.5.2.1 Darstellung Unternehmen
3.5.2.2 Geschäftsmodell
4 Implementierung eines vertikalen Geschäftsmodells
4.1 Vergleich traditionelles und vertikales Geschäftsmodell
4.2 Chancen und Risiken Analyse
4.3 Change Management
4.4 Organisationsstruktur
4.4.1 Interne Organisationstrukturen
4.4.2 Vertriebsstruktur
4.5 Informations- und Kommunikationskonzepte
4.5.1 Bedeutung Informationstechnologie
4.5.2 Quick Response Production
4.5.3 Efficient Consumer Response (ECR)
4.5.4 Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment (CPFR)
4.5.5 RFID
4.6 Sourcing Strategien
4.6.1 Make or Buy
4.6.2 Direkter und Indirekter Einkauf
4.6.3 Lieferantenstruktur
4.6.4 Produktionsstandorte
4.6.5 Flexible Beschaffung
4.7 Produktentwicklung und Produktion
4.7.1 Produktionskapazitäten
4.7.2 Entwicklungskonzepte
4.7.3 Order Prozess
4.8 Supply Chain Planung
4.8.1 Supply Chain Ziele
4.8.2 Transportkonzepte Inbound
4.8.3 Lagerkonzepte
4.8.4 Distributionskonzept und Sortimentssteuerung
5 Kritische Analyse Vertikalisierung
5.1 Eignung Vertikalisierung für Unternehmen
5.2 Alternative Geschäftsmodelle
6 Hypothesen und Handlungsempfehlung
6.1 Betrachtung der Hypothesen
6.2 Handlungsempfehlung
7 Fazit
7.1 Zusammenfassung
7.2 Ausblick
Literaturverzeichnis
Verzeichnis sonstiger Quellen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wertschöpfungskette eines Bekleidungsherstellers.
Abbildung 2: Wertketten und Supply Chain Ebenen.
Abbildung 3: Klassische Distributionsstufen.
Abbildung 4: Textiles Wertschöpfungssystem.
Abbildung 5: Vergleich Vorwärtsintegration und Rückwärtsintegration.
Abbildung 6: Controlled und Secured Distribution am Beispiel von s.Oliver.
Abbildung 7: Back-End-Driven Vertikalisierung.
Abbildung 8: Front-End-Driven Vertikalisierung.
Abbildung 9: Kosten und Ertragsvorteile durch Vertikalisierung.
Abbildung 10: Value Chain Inditex.
Abbildung 11: Vertikal Integriertes- und Design-Sourcing-Distribution-Modell.
Abbildung 12: Vergleich traditionelle und vertikale Wertschöpfungskette.
Abbildung 13: Kostensenkung durch Vertikalisierung.
Abbildung 14: Chancen und Risiken Vorwärtsintegration.
Abbildung 15: Traditionelles und vertikales Retail-Organisationsmodell.
Abbildung 16: Vergleich Distributionszentren und Lieferzeit.
Abbildung 17: Vergleich vertikale und traditionelle Sortimentssteuerung.
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Entwicklung H&M 2009 bis 2013.
Tabelle 2: Entwicklung Inditex 2009 bis 2013.
Tabelle 3: Umsatzverteilung Retail und Wholesale.
Tabelle 4: Optimierungspotenziale durch CPFR.
Tabelle 5: Produktionsverteilung nach Region.
Tabelle 6: Zielkonflikte effiziente und reaktionsschnelle Supply Chain.
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Die Fashion-Branche1 befindet sich in einem Wandel.2 Das Umfeld von Handelsunternehmen wird komplexer und bringt auch für die Unternehmen der Fashion-Branche eine Vielzahl an neuen Herausforderungen und Entwicklungen mit sich.3 Die unterschiedlichen Entwicklungen bewirken, dass Unternehmen mit traditionellen Geschäftsmodellen4 immer mehr unter Druck geraten und Marktanteile verlieren. Als Gründe können gesättigte Märkte und eine erhöhte Preissensibilität der Kunden angeführt werden.5 Aber auch neue Konkurrenz, der demographische Wandel, die schnelle Entwicklung der Informationstechnologie, die Veränderung der Kundenloyalität, die steigende Dynamik von Konsumentenbedürfnissen und Trends, sowie die Verkürzung des Produktlebenszyklus sind nur einige Veränderungen mit denen sich die Unternehmen der Branche auseinander setzen müssen.6 Hinzu kommen Trends wie die Expansion der Verkaufsflächen, der Rückgang des Einzelhandelanteils am gesamten Verbrauch der Konsumenten und die Polarisierung der Kundenanforderungen. Zum einen erwarten Konsumenten einen schnellen Kaufprozess mit Erlebnisfaktor, zum anderen auch günstige Preise, was den Kostendruck steigert.7
Der Wandel zeigt sich auch im geänderten Kundenverhalten. Durch die technologischen Möglichkeiten des mobilen Internets hat der Kunde jederzeit die Möglichkeit Preise und Produktinformationen des Artikels zu recherchieren und zu vergleichen. Dies führt zu einer hohen Transparenz und steigert den Preisdruck der Anbieter.8 Durch die hohe Transparenz gewinnt der Konsument an Marktmacht. Seine Loyalität gegenüber dem Einzelhändler sinkt und er wird seine Produkte beim günstigsten Anbieter erwerben.9
Der technologische Fortschritt führt zu einem Aufbrechen der klassischen Vertriebswege. Waren werden nicht mehr nur stationär verkauft sondern auch online. Während für den Online-Handel ein Wachstum erwartet wird, scheint der stationäre Handel zu stagnieren. Wachstumstreiber im Online-Handel ist das mobile Internet via Smartphone und Tablet.10 Wurde in der Vergangenheit das Produkt entweder im stationären Einzelhandel oder via Katalogbestellung an den Kunden verkauft, bieten sich heute durch das Internet neue Vertriebskanäle an.11 In diesem Zusammenhang gibt es Konzepte wie Omni-Channeling12, Multi-Channel-Handel13 und No-Line.14 Der Online Handel ist nicht zwangsläufig als Problem für den stationären Einzelhandel zu bewerten. Er kann auch besonders von den sich entwickelnden No-Line-Systeme profitieren. Der Konsument möchte über alle angebotenen Kanäle vom Händler gleichermaßen betreut werden. Diese Erwartung führt zu einer Verschmelzung der einzelnen Vertriebskanäle.15
Viele Textileinzelhändler und Bekleidungshersteller haben Schwierigkeiten mit dem Strukturwandel in der Fashion-Branche.16 Das in die Krise geratene Modeunternehmen Benetton verzeichnet in einer Phase der Neuausrichtung und Restrukturierung hohe Verluste.17 Auch das ehemals beliebte Modeunternehmen Miss Sixty befindet sich nach einer Restrukturierung, nun in der Relaunch-Phase.18 Diesel weist für das Geschäftsjahr 2013 einen Umsatzrückgang von 8 % und einen Einbruch des Nettogewinns um 50 % zum Vorjahr aus.19 Auch Guess meldet Umsatzrückgänge für die meisten Vertriebsregionen und Vertriebskanäle.20 Das Modeunternehmen Strenesse befindet sich seit Juli 2014 sogar im Insolvenzverfahren.21 Esprit konnte im Geschäftsjahr 2013/2014, trotz weiterer Umsatzreduzierung, wieder einen Gewinn erwirtschaften. Nächster Schritt in der Neuausrichtung des Unternehmens ist die Implementierung eines vertikalen Geschäftsmodells.22 Auch die großen Warenhäuser, wie Karstadt und Kaufhof, sind von dem Strukturwandel betroffen und sehen sich einem wachsenden Konkurrenzdruck, besonders durch die Wettbewerber im Online-Handel, ausgesetzt.23
Wie schwierig eine Neuausrichtung des Geschäftsmodells sein kann zeigt das Beispiel des Modeunternehmens Mexx. Obwohl das Unternehmen sich durch die Schließung von unrentablen Stores, Entwicklung eines neuen Shop Konzeptes, Entwicklung neuer und qualitativ hochwertigeren Kollektionen sowie der Optimierung der IT Lösungen scheinbar stabilisieren konnte, wurde nun zum Jahresende 2014 Insolvenz angemeldet.24 Als Beispiel für eine positive Unternehmensentwicklung kann Garry Weber angeführt werden. Das Unternehmen setzt auf ein vertikal ausgerichtetes Geschäftsmodell und erzielt durch den Ausbau des eigenen Retail25 ein leichtes Umsatzwachstum.26
Um am Markt weiterhin erfolgreich zu sein, sollten Unternehmen der Fashion-Branche ihre Geschäftsmodelle überdenken und entsprechend an die neuen Entwicklungen anpassen. Besonders große Erfolgschancen scheinen Unternehmen zu haben, die genaue Kenntnis über die Bedürfnisse ihrer Kunden haben und das Geschäftsmodell nach diesen ausrichten.27 Es sollten Strategien entwickelt werden um Wettbewerbsvorteile in dieser Zeit des Wandels zu schaffen und sich so gegenüber der Konkurrenz zu behaupten.28
Die veränderten Marktanforderungen wirken sich auch auf die Erfolgsfaktoren aus. Während die Traditionellen nicht mehr zwingend auch zum Erfolg führen, scheinen nun besonders die Erfolgsfaktoren Preis, Spezialisierung, Markenprofilierung und Vertikalisierung zum Unternehmenserfolg zu verhelfen.29 Diese Entwicklung wird durch den Zuwachs von Marktanteilen bei Discountern und bei vertikal ausgerichteten Unternehmen unterstrichen.30 Bei der Betrachtung der Marktlage fällt auf, dass einige Unternehmen mit dem Strukturwandel besser umgehen können. Besonders Unternehmen die sich vertikal ausgerichtet haben verzeichneten in den vergangenen Jahren Umsatzsteigerungen.31 Hervorzuheben sind die Unternehmen H&M und die zum Modekonzern Inditex gehörende Modekette Zara, die ihre Marktanteile ausbauen konnten.32
Durch den Erfolg der vertikal aufgestellten Unternehmen, versuchen andere Unternehmen, mit bisher noch traditionellen Strukturen, dieses erfolgsversprechende Konzept auf ihre Geschäftsmodelle zu übertragen. Jedoch handelt es sich bei den Vertikalisierungsstrategien um komplexe Geschäftsmodelle, die nicht eins zu eins übertragen werden können. Hier kommt die Frage auf, ob Unternehmen mit traditionellen Strukturen in der Lage sind ihr Geschäftsmodell vertikal auszurichten und dabei auch erfolgreich zu sein.33
1.2 Zielsetzung
Im Rahmen dieser Arbeit werden die Optimierungspotenziale für die Wertschöpfungsstufen entlang der Supply Chain in der Fashion-Branche von der Bekleidungsindustrie bis zum Textileinzelhandel, durch die Verwendung vertikaler Geschäftsmodelle betrachtet. Es soll die Dringlichkeit dargestellt werden das bestehende Geschäftsmodell neu zu bewerten und gegebenenfalls ein vertikales Konzept zu implementieren. Als Best Practice Unternehmen werden H&M und Zara gewählt.
Ziel dieser Arbeit ist es zu analysieren, wo die Erfolgsfaktoren der vertikalen Geschäftsmodelle und der ausgewählten Best Practice Modelle von Zara und H&M liegen. Es soll untersucht werden inwiefern sich die beiden Modelle voneinander unterscheiden und was sich andere Markenhersteller oder Einzelhändler von deren Strategien abschauen können, um an Wettbewerbsfähigkeit aufholen zu können. Abschließend soll eine Handlungsempfehlung für Unternehmen der Fashion-Branche formuliert werden, die sich im Wandel zu einem vertikalen Geschäftsmodell befinden oder selbigen anstreben. Es soll aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten es gibt vertikale Konzepte zu implementieren und was die Erfolgsfaktoren sind. Zudem soll erörtert werden für welche Unternehmen eine Anpassung des Geschäftsmodells sinnvoll erscheint und für welche es eher schwieriger ist.
Der Fokus der Untersuchung liegt auf Supply Chain orientierten Prozessen, wie Beschaffung, Produktion und Distribution. Außerdem werden die Produktentwicklungsprozesse, die Organisationstruktur und die nötigen Informations- und Kommunikationskonzepte betrachtet. Hierbei gilt es besonders den Aspekt der Schaffung von Kosten- und Effizienzvorteilen entlang der Supply Chain durch vertikale Geschäftsmodelle zu beleuchten. Betrachtungsobjekt sind die Unternehmen der Fashion-Branche in Form der Handelsunternehmen und der Herstellerunternehmen. Die Prozesse werden mit dem Hintergrund der Vertikalisierung untersucht.
1.3 Vorgehensweise & Methodik
Im Rahmen dieser Arbeit wird eine kritische Analyse der Erfolgsfaktoren der Vertikalisierungsstrategie in der Fashion Branche durchgeführt. Es wird aufgezeigt, dass die traditionellen Geschäftsmodelle in der Fashion-Branche vermehrt z. B. durch die vertikalen Anbieter unter Druck geraten.34 Hierzu einleitend Kapitel 1.1 und 1.2 sowie weiterführend in der Beschreibung der Entwicklung der Fashion-Branche in Kapitel 2. Durch den Erfolg von vertikal agierenden Textilunternehmen, scheint die Implementierung eines vertikal ausgerichteten Geschäftsmodells der Schlüssel zum Erfolg zu sein. Basierend auf den im nachfolgenden Kapitel 1.4 entwickelten Hypothesen wird im Rahmen dieser Arbeit untersucht, wie sich vertikale Strukturen für die Unternehmen auswirken. Die theoretische Vertiefung des vertikalen Geschäftsmodells erfolgt in Kapitel 3. Neben den Grundlagen dieses Modells werden auch Best Practice Beispiele anhand der Unternehmen H&M und Inditex, zumeist am Beispiel der Marke Zara, eingeführt. Beide Unternehmen bieten sich als Best Practice Modelle an, da sie beide auf unterschiedliche Weise in vertikalen Strukturen aufgestellt sind und beide erfolgreich wirtschaften.35 Kapitel 4 legt den Fokus auf die textilen Wertschöpfungsprozesse und betrachtet diese im Hinblick auf die Auswirkungen im Rahmen der Vertikalisierung. In Kapitel 5 erfolgt die Analyse der betrachteten Prozesse und es wird geprüft für welche Unternehmen sich eine Vertikalisierungsstrategie eignet. Weiter werden alternative Modelle aufgezeigt. Kapitel 6 betrachtet die aufgestellten Hypothesen anhand der gewonnen Erkenntnisse. Im Anschluss wird eine Handlungsempfehlung formuliert. Abschließend wird in Kapitel 7 das Fazit und der Ausblick verfasst.
1.4 Hypothesen Entwicklung
Basierend auf der in Kapitel 1.1 beschriebenen Marktsituation werden nachfolgend Hypothesen hinsichtlich eines vertikalen Geschäftsmodells aufgestellt. Die wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen mit traditionellen Modellen und die Umsatzsteigerungen bei vertikalen Unternehmen führt zu der Überlegung das vertikale Geschäftsmodelle wettbewerbsfähiger erscheinen. Dies wird in der grundlegenden Hypothese H0 formuliert.36
H0: Ein vertikales Geschäftsmodell ist in der Fashion-Branche wettbewerbsfähiger als ein traditionelles Geschäftsmodell.
Ein weiterer Punkt scheint der Bedarf zur Änderung der Ausrichtung der Wertschöpfung zu sein.37 Was zu Hypothese H1 führt.
H1: Die Ausrichtung an die Kundenbedürfnisse führt zu langfristigem Erfolg.
Nachfolgend werden noch weitere Hypothesen hinsichtlich Kontroll-, Kosten-, Informationsmanagement- und Geschwindigkeitsaspekten aufgestellt.
H2: Die Kontrolle über die Wertschöpfungsstufen schafft erhöhte Flexibilität und Reaktionsfähigkeit hinsichtlich Marktveränderungen.38
H3: Vertikale Geschäftsmodelle schaffen Kostenvorteile.
H4: Eine erhöhte Transparenz der Informationen und Daten entlang der Wertschöpfungsstufen schafft effiziente Supply Chain Prozesse.39
Mit den immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen in der Fashion-Branche scheint das Thema Geschwindigkeit von besonderer Bedeutung zu sein, was zur abschließenden Hypothese H5 führt.40
H5: Eine effiziente Supply Chain mit kurzen Lead Times bildet einen grundlegenden Erfolgsfaktor im vertikalen Geschäftsmodell und wirkt sich positiv auf die Verkaufsquote aus.
Im Verlauf der Arbeit sollen diese Hypothesen genauer zu betrachtet und nach Möglichkeit belegt werden. Abschließend erfolgt in Kapitel 6.1 eine Betrachtung und Bewertung der aufgestellten Hypothesen.
2 Aktuelle Lage und Grundlagen der Fashion-Branche
Um in Kapitel 3 die Vertikalisierung erläutern und beschreiben zu können, bedarf es zuerst der Erklärung der Grundlagen der Fashion-Branche. In diesem Kapitel wird auf die Entwicklung der Fashion-Branche eingegangen und es wird ein Ausblick auf die zu erwartenden Herausforderungen der nahen Zukunft gegeben. Im Weiteren wird über den allgemeinen Wertkettenansatz die textile Wertschöpfungskette erklärt. Das traditionelle Geschäftsmodell der Fashion-Branche wird betrachtet und es werden die Nachteile dieses Modells aufgezeigt.
2.1 Entwicklung
Die Fashion-Branche ist gekennzeichnet durch die Schnelllebigkeit der Marken, dynamische Sortimente, die Produktionsverlagerung in Niedriglohnländer und eine Vertikalisierung ausgehend von Händler und Hersteller.41 Ein weiteres Kennzeichen sind die innovativen Produkte. Getrieben von immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen und steigenden Saisonanzahlen werden viele unterschiedliche Produktvariationen hergestellt. Der Bedarf ist schwer vorherzusagen. Dabei gilt je modischer das Produkt, desto unsicherer ist der Bedarf.42 Kaufentscheidungen werden häufig erst direkt am POS43 getroffen.44
Der Begriff Fashion-Branche umfasst alle Unternehmen die an der Herstellung von Textilien oder dem Verkauf von Textilen beteiligt sind. Dazu gehören die Rohstoffproduzenten, die Hersteller der Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Textileinzelhändler.45 Die Rohstoffproduzenten haben im Rahmen dieser Arbeit eine untergeordnete Rolle. Die traditionelle Wertschöpfungskette46 in der Fashion-Branche ist durch eine Arbeitsteilung zwischen der Bekleidungsindustrie und Handel geprägt.47
Die Erzeugnisse der Bekleidungsindustrie werden in Damenoberbekleidung, Herren- und Knabenoberbekleidung, Kinderbekleidung, Miederwaren, Berufs- und Sportbekleidung, sowie sonstige Bekleidungserzeugnisse unterteilt.48 Weiter lässt sich Bekleidung nach dem Grad der Mode in hochmodische und modische Bekleidung, sowie Basics unterscheiden. Je modischer die Bekleidung, desto kürzer der Produktlebenszyklus. Unter Basics werden eher zeitlose Artikel verstanden, wie einfache T-Shirts oder Socken.49
Produziert werden Textilien heute vorwiegend in Ländern mit niedrigem Lohnkostenniveau, wie unteranderem China, Taiwan, Vietnam, Bangladesch und Pakistan. Die steigenden Lohnkosten sorgten ab den 70er Jahren für die schrittweise Verlagerung der Produktionsstandorte in Niedriglohnländer. Die niedrige Komplexität der Fertigungsprozesse von Textilprodukten ermöglicht den Einsatz von gering qualifizierten Arbeitskräften. Die dadurch niedrigen Lohnkosten führen zu weniger Automatisierungsdruck der Produktionsprozesse. Eine globale Sourcing Strategie führt zu komplexeren Einkaufprozessen aufgrund neuer Anforderungen hinsichtlich Sprache, Kultur, Gesellschaft und Logistik. Diese gestiegene Komplexität verbunden mit Mangel an Know-How führten dazu, dass Agenten50 und Importeure eingesetzt wurden.51
Traditionell wurden bei der Beschaffung der Produkte besonders auf die preislichen Konditionen geachtet, die der Einkauf in den Verhandlungen mit potenziellen Produzenten erzielen konnte. Allerdings hat sich der Anspruch der Konsumenten geändert, sie entscheiden selbst was sie konsumieren möchten und lassen sich diese Entscheidung nicht vom Handel abnehmen. Dies führt dazu, dass Händler ihre Beschaffungsstrategien hinterfragen und diese verstärkt am Kundenbedarf ausrichten. Beschafft werden Artikel die sich potenziell gut verkaufen lassen.52
Die Fashion-Branche ist durch einige Besonderheiten gekennzeichnet. So wird in Deutschland seit längerem ein sinkendes Marktvolumen verzeichnet. Die Struktur des Marktes in Deutschland weist noch eine hohe Anzahl an mittelständischen Unternehmen, sowie Waren- und Versandhäuser und nationale Filialisten auf. Immer bedeutender werden jedoch auch Discounter, die vermehrt Textilprodukte absetzen. Aber auch Markenhersteller die ihre Produkte auch in eigenen Geschäften vertreiben und somit eine weitere Wertschöpfungsstufe bearbeiten.53
Durch die vertikale Integration verschwimmen die Grenzen zwischen Handel und Hersteller, da zunehmend Händler wie H&M Eigenmarken entwickeln und Markenhersteller wie Zara und Esprit ihre Produkte in eigenen Stores anbieten.54 Diese Entwicklung führt auch zu einer Veränderung der Wettbewerbssituation. Hersteller sind nun nicht mehr nur Lieferanten sondern auch Wettbewerber der Händler.55 Durch den Erfolg der vertikalen Konzepte scheint das traditionelle Geschäftsmodell mit der Aufgabenteilung zwischen Handel und Hersteller nicht mehr den aktuellen Anforderungen der Kunden nach Aktualität, attraktiven Preisen und Verfügbarkeit der Ware gerecht zu werden.56
Für die Zukunft wird für den Onlinehandel ein starkes Wachstum erwartet, jedoch soll der stationäre Handel vorläufig weiterhin die wichtigste Anlaufstelle für die Konsumenten bleiben. Multi-Channel-Strategien werden an Bedeutung gewinnen und auch die RFID-Technik wird sich besonders in der Fashion-Branche verbreiten.57 Während sich die Wettbewerbsposition für die traditionellen Geschäftsmodelle im Textileinzelhandel verschlechtern wird, werden vertikale Konzepte in der Fashion-Branche an Bedeutung gewinnen.58 Zudem wird erwartet, dass sich, aufgrund der niedrigen Eintrittsbarrieren, zukünftig verstärkt neue ausländische vertikale Anbieter auf dem deutschen Markt positionieren werden.59 Besonders aus der Türkei sollen Anbieter nach Europa und somit auch auf den deutschen Markt kommen. Viele dort ansässige Textilproduzenten, haben sich bereits durch eigene Retail-Konzepte in vertikalen Strukturen aufgestellt und vertreiben ihre Produkte verstärkt selbst. Die ersten vertikalen Konzepte aus Indien sind bereits im europäischen Markt vertreten und auch aus China werden ähnliche Konzepte erwartet.60
Weitere künftige Herausforderungen für die Fashion-Branche liegen in den steigenden Beschaffungskosten. Begründet durch steigende Rohstoffpreise und steigende Lohnkosten in den Produktionsländern. Auch werden Kapazitätsengpässe in China erwartet, da vermehrt für den Eigenbedarf im Land produziert wird. Somit wird künftig eine mögliche Verlagerung der Produktionsstandorte in andere Länder betrachtet werden müssen.61
2.2 Textile Wertschöpfungskette
Alle Prozesse, die der Leistungserstellung in einem Unternehmen dienen, werden zusammengefasst als Wertkette bezeichnet. Dazu gehören Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Distribution. Die Wertkette kann von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sein, sie kann sich aber auch innerhalb des Unternehmens je nach Produkt, Vertriebsland oder Distributionskanal unterscheiden.62 Die Aktivitäten der Wertkette lassen sich in Primäraktivitäten und Sekundäraktivitäten bzw. unterstützende Aktivitäten unterscheiden.63 Zu ersteren gehören Aufgaben, wie die Herstellung, Distribution und der Verkauf des Produktes. Demnach die Prozesse, die der eigentlichen Leistungserstellung und dem Absatz an den Kunden dienen. Während unter Sekundäraktivitäten die den Leistungsprozess unterstützenden Prozesse, wie Personalmanagement, Beschaffung oder Technologieentwicklung, summiert werden.64 In der Literatur finden sich diverse graphische Beispiele für textile Wertschöpfungsketten. Abbildung 1 zeigt eine mögliche Wertschöpfungskette eines Bekleidungsherstellers basierend auf dem Wertkettenansatz von Porter.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Wertschöpfungskette eines Bekleidungsherstellers.
Quelle: In Anlehnung an: Breitkopf (1999), S. 171.
Dieser Wertkettenansatz lässt sich auf die gesamte Supply-Chain übertragen. Diese umfasst die gesamten Wertschöpfungsstufen, beginnend mit der Gewinnung und Verarbeitung der Rohmaterialien, über die Produktion, die Logistikprozesse und den Vertrieb. Die einzelnen Wertketten, der am Gesamtprozess beteiligten Unternehmen, können in einem Wertsystem, wie in Abbildung 2 aufgezeigt, dargestellt werden.65 Eine Wertkette bietet die Möglichkeit Wettbewerbsvorteile in den einzelnen Prozessstufen aufzuzeigen und somit auf langfristige Weise dem Unternehmen zu sichern. Auch ein Benchmarking mit Wertketten von Wettbewerbern kann mögliche Wettbewerbsvorteile aufzeigen.66
Gesamte Supply Chain
Interne Supply Chain
Lieferantenbeziehung
Kundenbeziehung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Wertketten und Supply Chain Ebenen.
Quelle: In Anlehnung an: Otto (2002), S. 99.
Die klassischen Distributionsstufen unterteilt in Hersteller, Groß- und Einzelhändler, sowie Konsumenten werden in Abbildung 3 dargestellt. Groß- und Einzelhandel sind beides Handelsunternehmen und unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Kunden. Während der Großhändler seine Produkte an den Einzelhandel verkauft, richtet der Einzelhändler sein Angebot an den Endkonsumenten. Unternehmen weiten ihr Tätigkeitsfeld zunehmend über mehrere Wertschöpfungsstufen aus, was zur Folge hat, dass Unternehmen nicht mehr eindeutig zu einer Distributionsstufe zugeordnet werden können und somit diese klassische Einteilung der Distributionsstufen an Bedeutung verliert.67 Detaillierter wird die Entwicklung hin zu vertikalen Unternehmen in Kapitel 3 beschrieben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Klassische Distributionsstufen.
Quelle: Rudolph (2013): S. 5.
Das textile Wertschöpfungssystem basierend auf den beteiligten Wertschöpfungsstufen wird in nachfolgender Abbildung 4 dargestellt. Ausgangspunkt ist die Gewinnung der Rohstoffe, gefolgt von dem Produktionsprozess der Textilindustrie und der Bekleidungsindustrie. Letztere umfasst den Herstellungsprozess der textilen Produkte durch Konfektionierung, Schneiden und Nähen. Der Beschaffungsprozess umschließt die Bekleidungsindustrie und den Handel. Der Distributionsprozess umfasst Handel und Verkauf an den Endverbraucher.68
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Textiles Wertschöpfungssystem.
Quelle: In Anlehnung an: Heymans (2004): S. 87.
2.3 Traditionelles textiles Geschäftsmodell
Dieses Kapitel behandelt zuerst die definitorischen Grundlagen des Begriffs Geschäftsmodells. Anschließend wird das traditionelle textile Geschäftsmodell beschrieben.
2.3.1 Definitorische Grundlagen
Bisher hat sich keine einheitliche Definition des Begriffs Geschäftsmodell durchgesetzt. In der Literatur finden sich unterschiedliche Definitions- und Erklärungsansätze. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es sich bei einem Geschäftsmodell um die Methode handelt, wie ein Unternehmen Werte generiert. Es beantwortet die Fragen nach der Funktionsweise der Wertschöpfung am Markt, der Kundenbearbeitung, die Ertragserzielung, Modellierung der Wertschöpfungskette, der Zusammenarbeit mit den Partnern, des Leistungsfokus, der Gestaltungsweise, der Innovationen bzgl. Produkt und Leistungen, sowie die Kombination dieser Faktoren, um ein positives Wachstum zu generieren. Dabei dient ein Geschäftsmodell als Erklärungsmodell gegenüber internen und externen Anspruchsgruppen um den Kern der Geschäftstätigkeit zu kommunizieren.69 Ein Geschäftsmodell basiert auf einer Geschäftsidee, hinsichtlich der zu verkaufenden Produkte, der Zielgruppe und der Zielmärkte. Es besteht aus vier weiteren Teilmodellen und umfasst das Prozessmodell, das Teilnehmermodell, das Transaktionsmodell und das Erlösmodell. Während das Prozessmodell die Prozesse der Wertschöpfung betrachtet, beschäftigt sich das Teilnehmermodell mit den an der Wertschöpfung beteiligten Partnern. Die Frage nach der Koordination der einzelnen Partner im Wertschöpfungsprozess wird im Transaktionsmodell beantwortet. Das Erlösmodell betrachtet wie die Erlöse erzielt und entsprechend auf die Partner verteilt werden.70
2.3.2 Traditionelles Modell
Das traditionelle Geschäftsmodell ist geprägt durch die Arbeitsteilung der Bekleidungsindustrie und des Textileinzelhandels.71 Die Bekleidungsindustrie ist für die Entwicklung, Produktion und Lieferung an den Händler verantwortlich. Der Textilhandel erwirbt die Waren von der Bekleidungsindustrie und verkauft diese an den Endkunden.72 Im Folgenden wird dieses Modell am Beispiel des traditionellen Wertschöpfungsprozesses beschrieben.
Die Wertschöpfungskette lässt sich in die Phasen Design, Orderphase und Verkaufsphase, Einkauf, Produktionsphase und Ausgangslogistik unterteilen.73 Zu Beginn der Wertschöpfungskette des Bekleidungsherstellers steht die Produktentwicklung mit dem Design der neuen Kollektionen. Es werden Ideen für neue Artikel entwickelt und anschließend die Musterteile der Artikel durch den Lieferanten gefertigt. Diese werden dann in einer Musterkollektion für die entsprechende Saison zusammengefasst. Diese Phase kann einen Zeitraum von vier bis sechs Monaten umfassen.74
In der nächsten Phase werden die entwickelten Musterkollektionen den Handelskunden, auf Bekleidungsmessen oder in eigenen Showrooms der Bekleidungshersteller, präsentiert. Die Präsentationen erfolgen etwa vier bis acht Monate vor dem eigentlichen Auslieferungstermin der Ware an die Handelskunden bzw. deren Stores. Der Bekleidungshandel wählt aus der aktuellen Kollektion die Artikel aus die er gerne bestellen möchte. Der Bekleidungshersteller gibt erst nach Auftragseingang die Fertigung der Ware in Auftrag.75 Diese Form wird als Auftragsproduktion bezeichnet und ist dadurch gekennzeichnet, dass der Vertriebsprozess mit dem Handelskunden vor dem Fertigungsprozess liegt.76 Die Art des Bestellprozesses, bei dem die Bestellung der Artikel mehrere Monate vor der Lieferung an den Handel erfolgt, wird als Vororder bezeichnet.77
Parallel zu der Kollektionsentwicklung tätigt der Einkauf bereits die Beschaffung der benötigten Produktionsmaterialien und ist für die rechtzeitige Bereitstellung der Produktionsmaterialien zum Produktionsbeginn verantwortlich. Dieser Beschaffungsprozess der Produktionsmaterialien beträgt zwischen zwei und drei Monaten.78
Nach der Auftragserteilung erfolgt die Produktion mit anschließender Lieferung an den Auftraggeber. Abschließend folgt die Distributionsphase, in der die bestellten Waren an den Handel bzw. an die Stores des Handels ausgeliefert werden.79
Bezüglich der Lead Time gibt finden sich in der Literatur unterschiedliche Angaben und Ansätze. Ein Ansatz umfasst den Zeitraum von der Bestellung der Ware durch den Handel bis zum Verkauf der Ware an den Endkunden. Für diesen Zeitraum werden 40 bis 60 Wochen kalkuliert.80 Im Hinblick auf die vertikal ausgerichteten Geschäftsmodelle erscheint es sinnvoller, sich bei der Definition der Lead Time auf den Zeitraum von der Produktentwicklung bis hin zur Auslieferung an den POS festzulegen. In der Vergangenheit wurde für diesen Zeitraum eine Dauer von bis zu 66 Wochen ermittelt.81
Mit Time-to-Market, Time-to-Serve und Time-to-React werden drei Arten von Lead Times unterschieden. Time-to-Market umfasst die Zeitspanne von der Ideenfindung bis hin zum fertigen Produkt im Store. Time-to-Serve umfasst die Zeit von der Annahme der Bestellung durch den Handel bis zur Auslieferung der Ware. Time-to-React beschreibt die Anpassungsgeschwindigkeit der Produktion an den tatsächlichen Bedarf am Markt. Im traditionellen arbeitsteiligen Modell ist es kaum möglich auf die aktuellen Markttrends zu reagieren.82 Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird für die Bedeutung der Lead Time der Time-to-Market Ansatz verwendet.
Das traditionelle Modell folgt dem Push-Prinzip. Die Produktionsplanung richtet sich dabei meist nicht nach der realen Nachfrage seitens des Endverbrauchers. Die produzierte Ware wird dabei in den Markt gedrückt und es besteht das Risiko von großen Warenmengen am POS, die an den Kunden verkauft werden müssen.83
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass traditionelle Geschäftsmodelle in der Fashion-Branche durch die Arbeitsteilung zwischen Bekleidungsindustrie und Handel, dem Vororder-Modell, sowie langen Lead Times und dem Push-Prinzip geprägt sind.
2.3.3 Nachteile
Das traditionelle Geschäftsmodell der Fashion-Branche hat jedoch einige Punkte, die sich nachteilig auf die Wettbewerbsfähig des jeweiligen Unternehmens auswirken können. Durch die, für dieses Modell typische, lange Lead Time ergeben sich eine Reihe von Nachteilen.84 Bei Vorlaufzeiten von mehreren Monaten bis hin zu einem Jahr eine Trendvorhersage zu treffen ist nur schwer möglich.85 Mit dem Risiko den Trend nicht zu treffen ist eine potenziell geringe Verkaufsquote während der regulären Saison verbunden.86 Unverkaufte Ware verbleibt in den Regalen der Stores und der Distributionszentren, bindet Kapital und verursacht Lagerkosten.87 Zum Saisonende werden die Restbestände mit Abschlägen verkauft.88
Als weitere Folgen lassen sich eine reduzierte Lagerumschlagshäufigkeit und eine geringere Aktualität der Waren festhalten. Wegen der traditionellen Strukturen und der damit verbundenen fehlenden Flexibilität, kann nicht zeitnah auf Marktveränderungen reagiert werden.89 Zwei Gewinnmargen, für Hersteller und Handel, machen sich bei den Verkaufspreisen an den Endkunden bemerkbar.90 Zudem besteht ein Kommunikationsdefizit zwischen der Bekleidungsindustrie und dem Textileinzelhandel. Daten über die verkauften Artikel wurden nur sehr spärlich und mit zeitlichem Versatz weitergegeben. Somit kann sich die Bekleidungsindustrie nicht zeitnah an Markttrends orientieren und die Produktion nicht entsprechend danach ausrichten.91
3 Vertikalisierung in der Fashion-Branche
Dieses Kapitel befasst sich mit dem vertikalen Geschäftsmodell der Fashion-Branche. Es werden die unterschiedlichen Formen erklärt, sowie auf die Ziele und die Erfolgsfaktoren dieses Modells eingegangen. Abschließend werden die beiden unterschiedlichen Vertikalisierungsmodelle von H&M und Zara als Best-Practice Beispiele herangezogen.
3.1 Entwicklung
Häufig können Unternehmenskrisen und Branchenkrisen auf veraltete Geschäftsmodelle zurückgeführt werden. Durch Geschäftsmodelle, die besser an den Bedürfnissen der Kunden ausgerichtet sind, können Wettbewerbsvorteile und damit Wachstumspotenziale generiert werden. Die Unternehmen haben meist nur die Möglichkeit ihr Geschäftsmodell grundlegend zu ändern. An dieser Herausforderung scheitern zahlreiche Unternehmen. Eine regelmäßige Überprüfung des Geschäftsmodells könnte eine riskante radikale Neuausrichtung vermeiden, da so eine schrittweise Anpassung an die aktuellen Marktanforderungen möglich wäre.92
Das Traditionelle Geschäftsmodell der Arbeitsteilung zwischen Handel und Hersteller ist zunehmend veraltet und nicht mehr in der Lage die wachsenden Kundenbedürfnisse zu befriedigen.93 Durch die Nachteile des traditionellen Geschäftsmodells, besonders im Hinblick auf die lange Lead Time, kam die Frage auf wie schneller und flexibler auf Kundenwünsche reagiert werden könnte. Neben den technischen Voraussetzungen, die es möglich machten Verkaufsdaten bezogen auf die einzelnen Artikel tagesgenau zu speichern, war es vor allem wichtig die Supply Chain zu optimieren um schnell auf die gewonnenen Kenntnisse reagieren zu können.94 Um schnell und flexibel auf sich ändernde Marktanforderungen in der Fashion-Branche reagieren zu können ist ein vertikales Modell notwendig.95
3.2 Vertikales Geschäftsmodell
Der Vertikalisierungsansatz ist nicht neu und heute besonders in der Fashion-Branche weit verbreitet. Vertikalisierung beschreibt die Ausweitung der Steuerung und Kontrolle auf vor- und nachgelagerte Wertschöpfungsstufen. Dabei können Rohstoffbeschaffung, Textilproduktion, Handel und sogar der Konsument mit einbezogen werden. Die unterschiedlichen Vertikalisierungsvarianten werden in Kapitel 3.3 beschrieben.96
Durch die Kontrolle über die gesamte Wertschöpfungskette erzeugen vertikal aufgestellte Unternehmen Vorteile gegenüber traditionellen Geschäftsmodellen. Sie haben die Möglichkeit eine bessere Warenverfügbarkeit zu gewährleisten und können auch für mehr Abwechslung und eine bessere Inszenierung am POS sorgen.97 Vertikale Unternehmen können flexibel und kurzfristig ihre Strategien ändern, da hier kein bzw. kaum Abstimmungsbedarf mit Partnerunternehmen nötig ist.98 Neben der Kontrolle über die gesamte Supply Chain, sind überdurchschnittliche Wachstumsraten und Erlöse ein Merkmal des vertikalen Konzeptes.99
Im Gegensatz zum Push-Prinzip des traditionellen Geschäftsmodells, handelt es sich bei dem vertikalen Geschäftsmodell um ein Pull-Prinzip.100 Wurde in der Vergangenheit der Wertschöpfungsprozess von der Produktentwicklung getrieben, so erfolgt heute der Anstoß seitens des POS.101 Die Nachfrage des Konsumenten löst die Produktion bzw. Nachbelieferung der Produkte aus.102 Die Wertschöpfung wird demnach am Kunden ausgerichtet.103
Anders als im traditionellen Geschäftsmodell mit einer Winter- und einer Sommersaison im Jahr, bieten vertikale Unternehmen mindestens quartalsweise oder sogar monatlich neue Kollektionen an.104 Effiziente Supply Chain Prozesse ermöglichen es ständig aktuelle und wechselnde Waren zu günstigen Preisen den Konsumenten anzubieten.105
Da es in vertikalen Modellen keine Zwischenhandelsstufe mehr gibt, entfallen auch die im traditionellen Modell üblichen Präsentationen der Produkte in Showrooms für die Handelskunden.106 Dies bedeutet einen Zeit- und Kostenvorteil. Weitere Kosteneinsparungen können u.a. durch eine effiziente Supply Chain, Wegfall der Margen für Handel bzw. Hersteller und geringerer Lagerbestände erzielt werden. Dadurch ist es möglich die Produkte zu attraktiven Preisen anzubieten.107
Vertikale Strukturen ermöglichen eine schnelle und flexible Reaktion auf Veränderungen der Kundenbedürfnisse.108 Durch eine starke Beschleunigung der Geschäftsprozesse lassen sich in vertikalen Geschäftsmodellen die Time-to-Market-Zyklen radikal verkürzen. Realistisch sind Reaktionszeiten von vier Wochen.109
Vertikalisierung bedeutet, dass die gesamte Wertschöpfungskette von der Beschaffung über die Produktion und die abschließende Distribution durch das jeweilige Unternehmen kontrolliert und gesteuert wird. Es bedeutet allerdings nicht, dass alle Prozesse auch von dem Unternehmen in eigener Regie bearbeitet werden müssen. Das schwedische Unternehmen H&M besitzt z. B. keine Produktionsstätten.110
[...]
1 Beschreibung Fashion-Branche in Kap. 2.1.
2 Vgl. Merkle (2008), S. 439.
3 Vgl. Hake, Hüsgen (2013), S. 345.
4 Detaillierte Erläuterung des traditionellen Geschäftsmodells in Kapitel 2.3.
5 Vgl. Merkle (2008), S. 439.
6 Vgl. Hake, Hüsgen (2013), S. 345.
7 Vgl. Kunkel (2013), S. 43.
8 Vgl. Bruhn, Heinemann (2013), S. 42.
9 Vgl. Möhlenbruch, Dölling, Ritschel (2008), S. 222.
10 Vgl. Bruhn, Heinemann (2013), S. 31.; Vgl. Heinemann (2013), S. 5.
11 Vgl. Heinemann (2013), S. 9.
12 Konsument nutz gleichzeitig Medien und Vertriebskanäle, Vgl. Heinemann (2013) S. 9.
13 Der Konsument kann über diverse Kanäle Leistungen beziehen, Vgl. Heinemann (2013) S. 9-10.
14 Maximale Vernetzung und Integration der Vertriebskanäle, Vgl. Heinemann (2013) S. 10.
15 Vgl. Heinemann (2013), S. 3-4.
16 Vgl. Hubik (2014), o. S..
17 Vgl. Crescenti (2014), S. 26-27.
18 Vgl. Wilken (2014a), o. S..
19 Vgl. Wilken (2014b), o. S..
20 Vgl. Wilken (2014c), o. S..
21 Vgl. Seidel (2014), o. S..
22 Vgl. Probe (2014a), o. S..
23 Vgl. Hubik (2014), o. S..
24 Vgl. Probe (2014b), o. S..
25 Retail ist der Vertrieb über eigene Einzelhandelsgeschäfte; Vgl. Hake, Hüsgen (2013), S. 349.
26 Vgl. Wilken (2014d), o. S..
27 Vgl. Hake, Hüsgen (2013), S. 346.
28 Vgl. Bruhn, Heinemann (2013), S. 33.
29 Vgl. Kunkel (2013), S. 44.
30 Vgl. Merkle (2008), S. 439.
31 Vgl. Janz, Swoboda (2007), S. 25-27.
32 Vgl. Hubik (2014), o. S..
33 Vgl. Merkle (2008), S. 439.
34 Vgl. hierzu Kapitel 1.1.
35 Detaillierte Beschreibung der vertikalen Konzepte von H&M und Zara in Kapitel 3.5.1 und 3.5.2.
36 Vgl. Janz, Swoboda (2007), S. 26-28.
37 Vgl. Hake, Hüsgen (2013), S. 346.
38 Vgl. Haar (2011), S. 15.
39 Vgl. Kindler, Wetzel (2006), S. 10.
40 Vgl. Hake, Hüsgen (2013), S. 345.
41 Vgl. Berentzen (2010), S. 249.
42 Vgl. Fernie, Perry (2011), S. 283.
43 Point-of-Sale bzw. Ort des Verkaufs; Vgl. Rudolph (2013), S. 95.
44 Vgl. Christopher, Lowson, Peck (2009), S. 102-103.
45 Vgl. Fuchslocher, Hochheimer (2001), S. 86.
46 Erklärung textile Wertschöpfungskette in Kapitel 2.2.
47 Vgl. Kunkel (2013), S. 45.
48 Vgl. Ahlert, Große-Bölting, Heinemann (2008), S. 44; Folgend werden die Abkürzungen DOB für
Damenoberbekleidung, HAKA für Herren- und Knabenoberbekleidung verwendet.
49 Vgl. Ahlert, Große-Bölting, Heinemann (2008), S. 54-55.
50 Dienstleister, die Händlern und Herstellern Aufgaben im Beschaffungsmarkt abnehmen; Vgl. Kerner
(2010), S. 25.
51 Vgl. Merkel, Breuer, Eltze, Kerner (2008), S. 49-51.
52 Vgl. Merkel, Breuer, Eltze, Kerner (2008), S. 9-10.
53 Vgl. Zentes, Swoboda, Foscht (2012), S. 129-130.
54 Vgl. Berentzen (2010), S. 260.; Vgl. Zentes, Swoboda, Foscht (2012), S. 130.
55 Vgl. Merkel, Breuer, Eltze, Kerner (2008), S. 1.
56 Vgl. Pietersen (2008), S. 38.
57 Vgl. Sievers, Gerling (2012), S. 4-5.
58 Vgl. Janz, Swoboda (2007), S. 26.
59 Vgl. Janz, Swoboda (2007), S. 28; Vgl. Sievers, Gerling (2012), S. 5.
60 Vgl. Janz, Swoboda (2007), S. 29.
61 Vgl. Sievers, Gerling (2012), S. 46.
62 Vgl. Porter (2014), S. 65-66.
63 Vgl. Porter (2014), S. 67.
64 Vgl. Porter (2014), S. 67; Swoboda, Weiber (2013), S. 9; Vgl. Zentes, Swoboda, Morschett (2004), S.
220.
65 Vgl. Hertel, Zentes, Schramm-Klein (2011), S. 6-10; Vgl. Zentes, Swoboda, Morschett (2004), S. 226.
66 Vgl. Müller-Hagedorn, Toporowski, Zielke (2012), S. 284-287.
67 Vgl. Rudolph (2013), S. 4-5.
68 Vgl. Heymans (2004), S. 86-87.
69 Vgl. Bieger, Krys (2011), S. 1-3.
70 Vgl. Bach, Buchholz, Eichler (2003), S. 11-12.
71 Vgl. Merkle (2008), S. 440.
72 Vgl. Merkel, Breuer, Eltze, Kerner (2008), S. 1.
73 Vgl. Ahlert, Große-Bölting, Heinemann (2008), S. 57-60.
74 Vgl. Ahlert, Große-Bölting, Heinemann (2008), S. 58.
75 Vgl. Ahlert, Große-Bölting, Heinemann (2008), S. 58-59.
76 Vgl. Backhaus, Voeth (2014), S. 353..
77 Vgl. Bug (2011), S. 145.
78 Vgl. Ahlert, Große-Bölting, Heinemann (2008), S. 59-60.
79 Vgl. Ahlert, Große-Bölting, Heinemann (2008), S. 60.
80 Vgl. Kunkel (2013), S. 45.
81 Vgl. Bug (2011), S. 145.
82 Vgl. Christopher, Lowson, Peck (2009), S. 104-106.
83 Vgl. Bug (2011), S. 144-145; Vgl. Zentes, Swoboda, Foscht (2012) S. 594.
84 Vgl. Kunkel (2013), S. 45.
85 Vgl. Fernie, Perry (2011), S. 274; Vgl. Lux (2012), S. 66.
86 Vgl. Kunkel (2013), S. 45.
87 Vgl. Lux (2012), S. 66.
88 Vgl. Bug (2011), S. 144-145; Vgl. Kunkel (2013), S. 45.
89 Vgl. Kunkel (2013), S. 45.
90 Vgl. Pietersen (2008), S. 46.
91 Vgl. Bug (2011), S. 141.
92 Vgl. zu Knyphausen-Aufseß, Zollenkop (2011), S. 112-113.
93 Vgl. Heinemann, Schwarzl (2010), S. 74-75.
94 Vgl. Lux (2012), S. 66-67.
95 Vgl. Riekhof (2008), S. 30.
96 Vgl. Bug (2011), S. 138-139.
97 Vgl. Heinemann (2013), S. 204.
98 Vgl. Haar (2011), S. 15.
99 Vgl. Heinemann, Schwarzl (2010), S. 73.
100 Vgl. Bug (2011), S. 145.
101 Vgl. Bug (2011), S. 138.
102 Vgl. Corsten, Gabriel (2004), S. 16.
103 Vgl. Corsten, Gabriel (2004), S. 27.
104 Vgl. Schommer (2013), S. 100-101.
105 Vgl. Müller-Hagedorn, Toporowski, Zielke (2012), S. 81.
106 Vgl. Merkle (2008), S. 440.
107 Vgl. Riekhof (2008), S. 30.
108 Vgl. Lux (2012), S. 67.
109 Vgl. Riekhof (2008), S. 30.
110 Vgl. Müller-Hagedorn, Toporowski, Zielke (2012), S. 81.
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