Augmented Reality. Das Werk "Grosse Fatigue" von Camille Henrot


Akademische Arbeit, 2021

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Hinführung

2. Definition Augmented Reality

3. Augmented Reality in der Kunst : Das Werk Grosse Fatigue
3.1 Die Entstehung des Kunstwerks
3.2 Beschreibung des Kunstwerks
3.3 Interpretationsmöglichkeiten des Kunstwerks

4. Diskussion

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang

1. Hinführung

Als Einstieg in diese Hausarbeit soll eine seit 2016 vermehrt zu beobachtende Situation dienen, welche sich gerne bildlich vorgestellt werden soll: Kinder schlendern mit gesenktem Kopf durch Parks, laufen unbeabsichtigt gegen Straßenlaternen oder rennen— stets ihr Smartphone vor sich ausgestreckt— kreischend hintereinander her. Der Grund dafür ist die Spiele-App Pokémon Go. Bei dieser handelt es sich um eine Augmented Reality App, in der die virtuellen Figuren aus dem Spiel Pokémon in die Realität einfügt werden. Die Figuren wirken somit greifbar und können von den Spielenden gefangen und gesammelt werden. Das Medium Augemented Reality findet in der Entertaining-Branche und anderen Sektoren, wie beispielsweise dem Marketing, bereits vermehrt Verwendung.

Wie das Medium in der Kunst genutzt wird und welche Themen durch Augmented Reality verhandelt werden können, soll in dieser Hausarbeit anhand eines Beispiels aufgezeigt werden. Dafür wird die künstlerische Videoarbeit Grosse Fatigue (2013), der französischen Künstlerin Camille Henrot, untersucht und im Bezug auf das Medium der Augmented Reality diskutiert. Bei Betrachtung des Kunstwerks entwickelt sich die Forschungsfrage, die wie folgt lautet: Inwiefern handelt es sich bei dem Kunstwerk Grosse Fatigue um Augmented Reality ­Kunst? Dafür wird in Kapitel 2 zunächst der Begriff Augmented Reality definiert und erläutert. In Kapitel 3 folgt, nach kurzer Zusammenfassung der Entstehungsgeschichte von Grosse Fatigue, eine Beschreibung des Kunstwerks und eine Darlegung der Interpretationsmöglichkeiten. Daraus resultiert in Kapitel 4 eine Diskussion darüber, inwiefern Grosse Fatigue als Augmented Reality -Kunst bezeichnet werden kann. Zum Schluss der Ausarbeitung folgt ein Fazit, welches die Ergebnisse zusammenfasst und einen Ausblick auf weitere Forschungsmöglichkeiten bietet.

2. Definition Augmented Reality

In diesem Kapitel soll das Medium Augmented Reality definiert werden. Es werden Beispiele erwähnt, die verdeutlichen sollen, in welchen Bereichen die Augmented Reality Verwendung findet.

Eine einheitliche Definition des Begriffs Augmented Reality scheint es in der Literatur nicht zu geben. Oft wird Bezug zur Definition von Azuma genommen, die festzulegen versucht, an welchen Aspekten die Augmented Reality festzumachen ist: „Kombination von virtueller Realität und realer Umwelt in teilweiser Überlagerung, Interaktion in Echtzeit, Dreidimensionaler Bezug virtueller und realer Objekte.“1 Daneben wird häufig eine Visualisierung des sogenannten Reality-Virtuality-Continuum aufgezeigt, um eine Erläuterung des Begriffs Augmented Reality zu ermöglichen. Das Reality-Virtuality-Continuum zeigt zwei Gegenteile auf — auf der linken Seite die reale Welt und auf der rechten Seite die virtuelle Welt.2 Die Abbildung I verdeutlicht, inwiefern sich die reale und virtuelle Welten überlagern und annähern. Das Reality-Virtuality-Continuum beschreibt zum einen das Wahrnehmbare in realen Umgebungen, beispielsweise der Blick durch einen Fotoapparat und zum anderen beschriebt es das Wahrnehmbare in einer Umgebung, in der alle Objekte virtuell sind, beispielsweise die Welt in einem Computerspiel. Innerhalb dieses Kontinuums wird die übergeordnete Mixed Reality als ein Raum definiert, in dem Objekte und Umgebungen der realen und virtuellen Welten in beliebiger Weise miteinander kombiniert werden können. Vor diesem Hintergrund lässt sich feststellen, dass bei der Augmented Reality der reale Anteil überwiegt, während bei Augmented Virtuality der virtuelle Anteil dominiert.3

Anhand Abbildung II lässt sich feststellen, dass bei dem Medium der Augmented Reality die Objekte aus der virtuellen und realen Welt miteinander vermischt werden, während die Anteile der realen Umgebung überwiegen. Virtuelle Objekte werden in einen realen Raum gesetzt und können so mit den Betrachtenden agieren, beziehungsweise etwas real nicht Vorhandenes visualisieren. Überdies sollte nicht unerwähnt bleiben, dass für die Augmented Reality die Interaktion mit virtuellen Elementen als wesentlicher Aspekt definiert wird. Diese Art der Interaktionen durch Augmented Reality finden beispielsweise Verwendung im Marketing, bei Handy- oder Computerspielen und in Bildungs-App's. Zusammenfassend ist das Medium Augmented Reality eine Möglichkeit, die Realität durch ein virtuelles Element zu erweitern.4

3. Augmented Reality in der Kunst : Das WerkGrosse Fatigue

In diesem Kapitel soll die Videoarbeit Grosse Fatigue untersucht werden. Dabei handelt es sich um eine Videoarbeit der Künstlerin Camille Henrot, die 2013 für Grosse Fatigue den Silbernen Löwen auf der 55. Biennale in Venedig erhalten hat. Im Folgenden wird erläutert, unter welchen Bedingungen die Videoarbeit entstanden ist, was sie genau zeigt und welche Analyseansätze im Diskurs aufgegriffen werden.

3.1 Die Entstehung des Kunstwerks

In diesem Abschnitt soll dargestellt werden, wie künstlerische Videoarbeit Grosse Fatigue konzipiert ist und welche Grundlagen für diese künstlerische Arbeit genutzt werden. Zu Beginn ist erwähnenswert, dass das Werk das Ergebnis eines Stipendiums ist. Durch dieses wird Camille Henrot Zugang zum Archiv des Smithsonian Instituts in Washington gewährt, das als eines der grössten wissenschaftlichen Museumskomplexe der Welt gilt. Unter das Institut fallen unter anderem das National History Museum, das National Museum of the American Indian und das National Air and Space Museum, welche etwa 142 Millionen Exponate aufweisen.5 Vor allem nutzt Camille Henrot das National History Museum als Basis für ihre künstlerische Forschungsarbeit. Sie präsentiert unter anderem Objekte aus Eroberungszügen gegen amerikanische Ureinwohner*innen6, kategorisierte Tierarten, und Artefakte aus Raubzügen, wodurch sie Objekten, die in „[...] museale Kategorien gedrängt [...]“ wurden und „[...] ihr Dasein im Archiv[...]“ fristen, wieder eine Präsentationsfläche bietet. Aber nicht nur Objekte aus den musealen Archiven dienen Camille Henrot als Gegenstände ihrer Arbeit. Auch Darstellungen, welche die Künstlerin während Google­Suchen und Recherchearbeiten im Internet auffindet und screenshottet, begegnen den Zuschauenden in dem 13-minütigen Film. Während ihrer Arbeit wird „[..] ihr Computer [.] zum medialen Fenster zwischen diesen Welten und eröffnet ihr ein Universum mit unendlich vielen Möglichkeiten.“7 Dies wird auch bei Betrachtung des Videos deutlich, denn der Bildschirm ihres Computers wird zum Hauptschauplatz der Darstellung. Zusammenfassend bricht sie während des Entstehungsprozesses von Grosse Fatigue zwei 'Welten des Wissens' auf — die des Museums und des Internets— und vereint dieser wieder in einem Werk.

3.2 Beschreibung des Kunstwerks

In diesem Abschnitt wird dargelegt, was in dem Film Grosse Fatigue zu sehen ist. Die Beschreibung soll als Grundlage dienen, um im darauffolgenden Abschnitt fundierte Interpretationsansätze aufgreifen zu können.

Die künstlerische Videoarbeit der Künstlerin Camille Henrot zeigt einen 13-minütigen Film, welcher sich dadurch auszeichnet, dass verschiedene Elemente aus der Recherchearbeit der Künstlerin in schneller Abfolge gezeigt werden. Die Arbeit wirkt bei erster Betrachtung irritierend, modern, chaotisch und aufwühlend.

Das Video zeigt ineinander übergehenden Screenshots von Browsern, Fotografien und Filmsequenzen. Überdies finden pantone, monochrome Farbflächen und bewegte Bilder Verwendung in Grosse Fatigue.8 Das Werk zeigt eine hohe Anzahl an Objekten, durch welche verschiedene Themen wie Mythologie, der Ursprung der Welt, Religion und sich überlagernden Wissensdisziplinen ausgehandelt werden. Eine Vorstellung des Zusehenden und das Gefühl einer überrollenden „Bilderflut“9, wird durch eine Aufzählung der Objekte deutlich spürbar: „Naturaufnahmen, manikürte Hände blättern durch grosse Bildbände, ein dicklicher Mann unter der Dusche, Vogeleier, Vogelpräparate10, getrocknete Pflanzen in riesigen Schränken im Keller, konserviert für die Unendlichkeit, eine Orange wird gerollt, manchmal auch ein Ei, ein Augapfel, dann läuft eine Schildkröte betörend langsam über die Bildfläche.“11 12

Die Elemente werden auf einem Computerbildschirm präsentiert — ein Browser legt sich über den nächsten und über den nächsten und über den nächsten.13 Durch die Verbindung der verschiedenen Objekte, die sich aus Wissenschaft, Mythologie und Alltag zusammensetzten, „[…] löst [Camille Henrot] die Objekte aus ihrem vermeintlichen Kontext und haucht ihnen neues Leben ein.“14 Sie verbindet beispielsweise eine Fotografie von Füßen im Sand mit einer Abbildung von sortierten Skeletten und einer Darstellung einer Hand in einem blauen Silikonhandschuh.15 Eine folgende Abbildung zeigt tote Flamingos und Pinguine, die aufgereiht und beschriftet in einer Schublade liegen.16 Getötet, um sie zu bestimmen, zu kategorisieren und dann in den institutionellen Archiven aufzubewahren. Durch die Vermischung dieser ganz unterschiedlichen Darstellungen, werden Themen verbunden und bildnerische Bezüge hergestellt, die wie ein rastloses Sortieren, Systematisieren und Kategorisieren anmuten. Camille Henrot scheint damit auch eine menschliche Ordnungswut zu behandelt, „[…] die dazu verdammt ist, ihre eigene Unordnung hervorzubringen.“17 Überdies fällt bei der Betrachtung etwas auf: Obwohl sich die Browser übereinander legen und hervorzutreten scheinen, tritt kein Element als solches hervor und damit hinein in die Realität der Betrachtenden— alle Bewegungen bleiben auf dem zweidimensionalen Screen des Kunstwerks. Vor dem Hintergrund der theoretischen Grundlage aus Kapitel 1, lässt sich bei Betrachtung von Grosse Fatigue deswegen die Frage stellen, wo Elemente der Augmented Reality in dem Kunstwerk Verwendung finden.

[...]


1 vgl. Mehler-Bicher, Anett/ Steiger, Lothar 2014, S.10.

2 siehe Abb.I.

3 siehe Abb.II.

4 vgl. Mehler-Bicher, Anett/ Steiger, Lothar 2014, S.9-24.

5 vgl. o.A. 2014.

6 vgl. Hauswaldt 2015, S.8.

7 vgl. ebd.

8 vgl. Larossa 2015.

9 vgl. Mbuti 2016.

10 siehe Abb. III.

11 vgl. Mbuti 2016.

12 siehe Abb.IV.

13 siehe Abb.V.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Augmented Reality. Das Werk "Grosse Fatigue" von Camille Henrot
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Sprach- und Kulturwissenschaften)
Veranstaltung
Masterseminar: Realismen und Realitäten. Von antiken Legenden bis „Fake News“
Note
1,3
Autor
Jahr
2021
Seiten
19
Katalognummer
V1152985
ISBN (eBook)
9783346545336
ISBN (Buch)
9783346545343
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Augmented Reality, zeitgenössische Kunst, Camille Henrot, Installation, Grosse Fatigue, Biennale
Arbeit zitieren
Alicia Alexy (Autor:in), 2021, Augmented Reality. Das Werk "Grosse Fatigue" von Camille Henrot, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1152985

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