Die vorliegende Arbeit bezieht sich auf eine fiktive Pflege-Residenz mit Sitz in Bayern. Das Unternehmen bietet professionelle Pflege- und Betreuungsleistungen für Senioren an und besteht aus zwei vollstationären Pflegeeinrichtungen mit insgesamt 270 Beschäftigten. Die Belegschaft besteht zum Großteil aus Pflegekräften die sich um die Pflege,
Betreuung sowie Beratung der pflege- und hilfsbedürftigen älteren Menschen kümmert. Bewohner sämtlicher Pflegegrade sowie Menschen mit Demenz leben in den vollstationären Pflegewohnbereichen.
Inwiefern und weshalb ein Unternehmen in die Gesundheit, Wohlbefinden und Sicherheit der Mitarbeiter investieren sollte, wird im nächsten Schritt, mit den wichtigsten Handlungsansätzen in der Pflege-Residenz beschrieben. Die jeweiligen Handlungsansätze sind nach Prioritäten, welche den größten Handlungsbedarf haben, zugeordnet.
Inhaltsverzeichnis
1 BELASTUNGEN IN DER PFLEGE-RESIDENZ
1.1 Belastungsfaktoren für die berufsgruppe Pflegekräfte
1.1.1 Physischen Belastungen der Pflegekräfte
1.1.2 Psychische Anforderungen der Pflegekräfte
1.1.3 Zeitliche Anforderung
1.2 Darstellung von Belastungen als Herausforderung oder als Überbeanspruchung
2 HANDLUNGSANSÄTZE UND FORMULIERUNG DER ZIELSETZUNG
2.1 Erster Handlungsansatz
2.2 Zweiter Handlungsansatz
2.3 Dritter Handlungsansatz
3 KONZEPTION UND PLANUNG DES BGM-PROJEKTS
3.1 BGM-Konzept in der Pflege-Residenz
3.2 Drei Zentrale Erfolgsfaktoren für das BGM-Projekt
3.2.1 Partizipation der Belegschaft
3.2.2 Einbeziehung der Führungskräfte
3.2.3 Ganzheitlichkeit
4 ENTWICKLUNG EINES FRAGEBOGENS
4.1 Auswahl und Formulierung der Items
4.2 Begründung des Fragebogenaufbaus
5 LITERATURVERZEICHNIS
6 ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS
6.1 Abbildungsverzeichnis
6.2 Tabellenverzeichnis
1 Belastungen in der Pflege-Residenz
Die vorliegende Arbeit bezieht sich auf eine fiktive Pflege-Residenz mit Sitz in Bayern. Das Unternehmen bietet professionelle Pflege- und Betreuungsleistungen für Senioren an und besteht aus zwei vollstationären Pflegeeinrichtungen mit insgesamt 270 Beschäftigten. Die Belegschaft besteht zum Großteil aus Pflegekräften die sich um die Pflege, Betreuung sowie Beratung der pflege- und hilfsbedürftigen älteren Menschen kümmert. Bewohner sämtlicher Pflegegrade sowie Menschen mit Demenz leben in den vollstationären Pflegewohnbereichen. Folgendes Kapitel befasst sich mit den Arbeitsbelastungen die auf die Pflegekräfte in ihrem Arbeitsalltag treffen.
1.1 Belastungsfaktoren für die berufsgruppe Pflegekräfte
Aus dem Stressreport Deutschland (2012, S. 34) geht hervor, dass deutsche Erwerbstätige vor hohen psychischen Anforderungen stehen. Der Berufsgruppe Pflegekräfte in Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Pflegen können neben psychischen Anforderungen zugleich auch erhebliche körperliche Anforderungen zugeschrieben werden (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin [BAuA], 2014, S. 1). Neben diesen zwei Belastungsfaktoren tituliert die BAuA (2014, S. 1) ebenso, bedingt durch ein Fachkräftemangel und Schichtarbeiten, hohe zeitliche Anforderungen an die Beschäftigten. Eine spezifischere Erläuterung zu den arbeitsbedingten physischen, psychischen und zeitlichen Anforderungen von Pflegekräften findet nachfolgend statt.
1.1.1 Physischen Belastungen der Pflegekräfte
„Körperliche Belastung wie .Arbeiten im Stehen', .Heben und Tragen schwerer Lasten' sowie .Arbeiten in Zwangshaltung' werden von Pflegekräften deutlich öfter als vom Durchschnitt der anderen Erwerbstätigen berichtet“ (BAuA, 2012, S. 35). Durch das häufige notwendige Lagern der Patienten, haben die Altenpfleger/-innen mit 72 Prozent im Vergleich zu den anderen Erwerbstätigen, die bei 21 Prozent liegen, eine mehr als drei Mal so hohe Belastung bezüglich häufiges, schweres Heben und Tragen von Lasten. Bei häufigem Arbeiten unter Zwangshaltung sieht es ähnlich aus (44 zu 16 Prozent) und auch das Arbeiten im Stehen liegt mit 91 Prozent weit über dem Durchschnitt (BAuA, 2012, S. 35).
1.1.2 Psychische Anforderungen der Pflegekräfte
Auch die Psychischen Belastungen sind in den Pflegeberufen im Vergleich zu anderen Berufsgruppen erhöht. Altenpfleger/-innen berichten überdurchschnittlich oft von hohen psychischen Anforderungen wie verschiedene Arbeiten gleichzeitig ausführen zu müssen (64 Prozent), starker Termin- und Leistungsdruck zu haben (62 Prozent) und oft bei der Arbeit unterbrochen beziehungsweise gestört zu werden (48 Prozent) (BAuA, 2014, S. 1).
1.1.3 Zeitliche Anforderung
Ein dritter zentraler Belastungsfaktor stellt die zeitliche Anforderung an die Pflegkräfte dar. 38 Prozent der Altenpfleger arbeiten im Schichtdienst, wodurch einerseits das Sozialleben als auch die Erholungsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Hinzu kommen, ein häufiger Pausenausfall, von dem 38 Prozent berichten und aufwändige Pflegedokumentationen. Grund dafür sei in den meisten Fällen zu viel Arbeit. Darüber hinaus stellt der demografische Wandel sowie Fachkräftemangel ebenso bei den Pflegekräften ein großes Problem dar (BAuA, 2014, S. 1). 2018 meldete das Ärzteblatt 15.300 freie Stellen, wobei es 183 Tage dauert bis Heimbetreiber eine frei gewordene Stelle neu besetzt haben. Im Umkehrschluss bedeutet das für die besetzten Stellen, dass sie wesentlich mehr Arbeit leisten müssen, was wiederrum die zeitliche Anforderung auf das Personal verstärkt (Stagge, 2016, S. 70). Die überdurchschnittlichen Arbeitsunfähigkeitstage erhöhen ebenso die Arbeitsverdichtung bei den gesunden Pflegern (Stagge, 2016, S. 85 f.).
1.2 Darstellung von Belastungen als Herausforderung oder als Überbeanspruchung
Am Arbeits- oder Ausbildungsplatz gehören Belastungen zum täglichen Geschäft und sind nicht direkt als krankmachend einzustufen. Aufgrund dessen dass sich Personen hinsichtlich ihrer individuellen Fertig- und Fähigkeiten, ihrem Gesundheitszustand und ihrer Bewältigungsstrategien voneinander unterscheiden, ist die Höhe der Belastung und die Ausprägung dieser Faktoren entscheidend, ob Belastungen als gesunderhaltende Herausforderung oder als krankmachende Beanspruchung wahrgenommen werden (Rohmert & Rutenfranz, 1975). Diese Thematik wird anhand der folgenden modifizierten Abbildung verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Das Belastungs-Beanspruchungs-Konzept für menschliche Tätigkeiten (DHfPG, 2019, S. 95 modifiziert nach Rohmert & Rutenfranz, 1975)
Das Belastungs-Beanspruchungs-Konzept dient der Erforschung des Zusammenhangs zwischen beruflicher Tätigkeit und Auswirkungen auf die Gesundheit der Mitarbeiter. Nach Rohmert und Rutenfranz (1975) wird die Belastung als objektive, von außen her auf den Menschen einwirkende Größe definiert. Die Kenzeichnung der Beanspruchung hingegen ist durch die Auswirkungen, die unterschiedlich sein können, definiert, da konkrete und objektive Belastungen auf unterschiedliche individuelle Eigenschaften und Fähigkeiten von Menschen treffen. Die gleiche Belastung kann demnach bei unterschiedlichen Menschen mit ihren verschiedenen Eigenschaften und Fähigkeiten differenzierte Beanspruchungen hervorrufen (Rohmert & Rutenfranz, 1975, S. 8).
Verantwortung als gesunderhaltende Herausforderung oder krankmachende Überbeanspruchung:
Wird einer Pflegekraft Verantwortung übertragen, kann diese, laut Schorn, Grüner, Werner und Frerichs (2016, S. 199), ihre eigenen Kompetenzen bewusst einsetzen und die Übertragung als Ausdruck von Wertschätzung und Anerkennung ansehen. Diese Verantwortung kann aufgrund der vorhandenen Ressourcen wie Fähigkeiten, Motivation, Umgang mit Stresssituation, der Dauer der Aufgabe und sonstigen leistungsbestimmenden Faktoren des Individuums situativ unterschiedlich sein. Es kommt entweder zu einer Anpassung oder einer Funktionsminderung. Sofern sich die Person durch die übertragene Verantwortung, wie bereits beschrieben, angespornt und wertgeschätzt fühlt, kommt es zu einer Anpassung. Kommt es jedoch zu einer Überforderung aufgrund der persönlichen Ressourcen und situativen Faktoren, wird die übertragene Verantwortung zu einer Funktionsminderung führen.
Bewegung als gesunderhaltende Herausforderung oder krankmachende Überbeanspruchung
In der Pflege-Residenz kann die ständige Bewegung als gesunderhaltende Herausforderung angesehen werden. Durch das ständige Stehen, Tragen von Gerätschaften und vor allen Dingen das Händeln der Patienten und die Bewegung auf den Fluren kann sich diese körperliche Aktivität positiv auf den Körper auswirken. Ähnlich wie im letzten Abschnitt, ist das Resultat abhängig von den vorhandenen Ressourcen wie körperliche Konstitution, den Arbeitsbedingungen (Dauer der Belastung, unterstützende Gerätschaften oder Personal und weitere) des Mitarbeiters. Kommt es aufgrund der Beanspruchung zu einer Anpassung, so entsteht ein Trainingseffekt, welcher die körperliche Konstitution verbessert. Sofern jedoch die vorhandenen Ressourcen durch unzureichende Muskulatur, oder ein geschwächtes Immunsystem eingeschränkt ist, kommt es bei kontinuierlicher, repetitiver Belastung zu einer Beanspruchung, die zu muskuloskelettalen schmerzen führen. Eine Funktionsminderung wäre die Folge.
2 Handlungsansätze und Formulierung der Zielsetzung
Inwiefern und weshalb ein Unternehmen in die Gesundheit, Wohlbefinden und Sicherheit der Mitarbeiter investieren sollte, wird im nächsten Schritt, mit den wichtigsten Handlungsansätzen in der Pflege-Residenz beschrieben. Die jeweiligen Handlungsansätze sind nach Prioritäten, welche den größten Handlungsbedarf haben, zugeordnet. Hierfür werden zu den jeweiligen Handlungsansätzen ein Oberziel und zwei Teilziele beschrieben.
2.1 Erster Handlungsansatz
Laut § 5 Abs. 1 ArbSchG verpflichtet das Arbeitsschutzgesetz jeden Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Die Gefährdungsbeurteilung soll potentielle Gefahren und Risiken aufdecken um notwendige Schutzmaßnahmen treffen zu können. Das Arbeitsschutzgesetz beschreibt folgende Gefahren:
1. „die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
2. physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
3. die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit,
4. die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken,
5. unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten,
6. psychische Belastungen bei der Arbeit“ (Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, 2013).
Da zum einen in der Pflege-Residenz lediglich eine unvollständige Gefährdungsbeurteilung vorliegt, der Bereich Psyche wurde gar nicht berücksichtigt und zum anderen bereits die European Foundation for the Improvement of Living and Working (2003; Destatis, 1998) eine Zunahme der psychischen Belastungen von Mitarbeitern eruiert haben, liegt der erste und priorisierte Handlungsansatz (vgl. Abb. 2, S. 7)in einer vollständigen Gefährdungsbeurteilung mit Fokus auf die psychischen Belastungen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Erster Handlungsansatz mit Oberziel und Teilzielen (eigene Darstellung, 2020)
In der Pflege-Residenz herrschen hohe Arbeitsbelastungen, das Durchschnittsalter der Mitarbeiter und Bewohner steigt stetig an. Demgegenüber sinken die finanziellen Möglichkeiten der Einrichtung (vgl. Abschnitt 1.). Aus diesem Grund soll mit der Einstellung von Pflegeauszubildenden zum einen dem demografischem Wandel entgegen getreten werden und zum anderen die finanzielle Belastung der Pflege-Residenz im Rahmen gehalten werden. Um das eigene Fachkräftepotenzial auch in Zukunft dauerhaft an das Unternehmen zu binden und die eigene Arbeitgeberattraktivität zu stärken, soll ein altersgerechtes Schichtmodell, welches auch 20 Minuten Gleitzeit vor Arbeitsbeginn zulässt, umgesetzt werden.
2.2 Zweiter Handlungsansatz
Wie eingangs unter 1.1.1 geschildert, sind die physischen Anforderungen bei Altenpflegern, im Vergleich zu anderen Branchen und Erwerbstätigen, deutlich erhöht. Aus diesem Grund, soll mit dem zweiten Handlungsansatz, die körperliche Belastung der Beschäftigten am Arbeitsplatz reduziert werden. So kann gegebenenfalls auch dem überdurchschnittlichen Krankenstand entgegengewirkt werden. Kramer, Sockoll und Bödeker (2009, S. 65 ff.) beschreiben, dass Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit zu einer Reduzierung der betrieblichen Krankheitskosten führen kann. Gleichzeitig können sich laut Behr, Rixgens und Badura (2008, S. 31 ff.) möglicherweise auch die wichtigen Erfolgsfaktoren wie das Human- und Sozialkapital erhöhen. Nachfolgende Abb. 5 zeigt den Handlungsansatz für eine Reduzierung körperlicher Belastungen am Arbeitsplatz.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Zweiter Handlungsansatz mit Oberziel und Teilzielen (eigene Darstellung, 2020)
Durch das Schaffen rückenfreundlicher Arbeitsplätze, soll die körperliche Belastung in Zwangslagen und langfristig die muskuloskelettalen Beschwerden vermindert werden. Nach einer genauen Analyse des Arbeitsplatzes, sollen adäquate Hebeanlagen zur Erleichterung des Arbeitsplatzes integriert werden. Ziel ist es, in allen notwendigen Abteilungen, nach einem halben Jahr, eine Integration von solchen Hebeanlagen zu schaffen. Außerdem findet einmal pro Woche ein Rückentrainingskurs statt, welcher sich über ein Jahr erstreckt. Inhalte sind, Verhältnis- und Verhaltensprävention, Rückenaufbautraining und Kollegenaustausch bezüglich Erfahrungen bei der Umsetzung im Arbeitsalltag. Ziel ist es, die täglichen Belastungen besser kompensieren zu können.
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