Organisationsentwicklung als interne Beratung im Krankenhaus. Erfolgsfaktoren der Implementierung


Masterarbeit, 2021

75 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Methodik und Aufbau der Arbeit

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Organisationsentwicklung
2.1.1 Entwicklung der Organisationsentwicklung in Deutschland
2.1.2 Definition(en) von Organisationsentwicklung
2.1.3 Ziele der Organisationsentwicklung
2.1.4 Der Beratungsansatz in der Organisationsentwicklung
2.2 Interne Beratung
2.2.1 Begriffsklärung
2.2.2 Entstehungsgeschichte interner Beratung
2.2.3 Professionalisierung interner Beratung
2.2.4 Funktionen und Aufgaben interner Beratung
2.2.5 Beratungsformen
2.2.6 Zielgruppen interner Beratung
2.2.7 Die Rollen intern Beratendener
2.2.8 Anforderungen an interne Beratung
2.2.9 Vor- und Nachteile interner Beratung
2.2.10 Organisatorische Verankerung interner Beratung
2.3 Expertenorganisation Krankenhaus
2.3.1 Expertenorganisationen im Allgemeinen
2.3.2 Expertenorganisationen im Speziellen – Das Krankenhaus
2.3.3 Die Experten und Expertinnen im Krankenhaus
2.3.3.1 Beruf
2.3.3.2 Profession
2.3.3.3 Professionalisierung
2.3.3.4 Semi-Profession
2.3.3.5 Professionalität
2.3.3.6 Experten
2.3.4 Aspekte interprofessioneller Zusammenarbeit im Krankenhaus

3 Erfolgsfaktoren der Implementierung
3.1 Allgemeine Bedingungen
3.2 Organisatorische Verankerung
3.2.1 Organisationsentwicklung als Untereinheit der Personalabteilung
3.2.2 Die eigene Abteilung für Organisationsentwicklung
3.2.3 Organisationsentwicklung als eigenständiges Tochterunternehmen
3.2.4 Dezentrale Organisationsentwicklung in Trägerstrukturen
3.2.5 Personal- und Organisationsentwicklung in Personalunion
3.2.6 Strategische Organisationsentwicklung in der Unternehmensleitung
3.2.7 Experten und Führungskräfte als temporär Mitarbeitende in der Organisationsentwicklung
3.3 Definition und Aufgaben
3.4 Kompetenzprofil
3.4.1 Fachkompetenz
3.4.2 Methodenkompetenz
3.4.3 Sozialkompetenz
3.4.4 Selbstkompetenz
3.5 Rollenset
3.6 Zusammenarbeit mit Führung
3.6.1 Nähe und Unabhängigkeit
3.6.2 Commitment
3.6.3 Beurteilung
3.6.4 Dienstleistung für Führungskräfte
3.6.5 Anpassung an die organisationale Rationalität
3.6.6 Akzeptanz und Vertrauen
3.7 Schaubild der Erfolgsfaktoren

4 Fazit
4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
4.2 Limitationen
4.3 Ausblick

5 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Sinnbild der Organisationsentwicklungsberatung

Abbildung 2: Funktionen interner Beratung

Abbildung 3: Vier Formen der Beratung

Abbildung 4: Zusammensetzung der Klienten je Beratungseinheit

Abbildung 5: Aufgaben- und prozessorientierte Rollen von Beratenden

Abbildung 6: Direktive und nicht-direktive Beratendenrollen

Abbildung 7: Unterschiedliche Beraterrollen entlang der Dimensionen Lernen und Ergebnisverantwortung

Abbildung 8: Funktionale und zeitliche Dimension der internen Beratung

Abbildung 9: Die fünf Teile einer Organisation

Abbildung 10: Die Profibürokratie

Abbildung 11: Beurteilung intern Beratender

Abbildung 12: Erfolgsfaktoren der Implementierung

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Unterscheidung zwischen Manager und Berater

Tabelle 2: Expertenberater – Prozessberater

1 Einleitung

Unsere heutige Gesellschaft ist durch einen kontinuierlichen und zunehmend dynamischen Wandel gekennzeichnet.1 Treiber dieses Wandels sind Megatrends, wie z. B. Globalisierung, Digitalisierung, Zunahme von Informations- und Kommunikationstechnologien, Verbreitung einer Wissenskultur, fortschreitende Umwandlung von einer Industrie- in eine Dienstleistungsgesellschaft, Individualisierung oder demographischer Wandel.2 Dieser gesellschaftliche Wandel betrifft auch unsere Organisationen3 und stellt diese vor große Herausforderungen, die sie bewältigen müssen, um überleben zu können.4 Unsere Gesellschaft und Organisationen sind wechselseitig eng miteinander verbunden5 und eine demokratische Gesellschaft ist auf gut funktionierende und erfolgreiche Organisationen angewiesen.6 Folglich ist unsere Gesellschaft davon abhängig, dass sich unsere Organisationen verändern, weiterentwickeln und an den kontinuierlichen Wandel anpassen können.7 Die organisationalen Probleme, die es in Organisationen zu bewältigen gilt, werden komplexer und erfordern eine höhere Problemlösekompetenz, was sich in einem steigenden Beratungsbedarf8 und einer zunehmenden Bedeutung des Ansatzes der Organisationsentwicklung (kurz: OE9 ) widerspiegelt.10 Basierend auf diesem Beratungsbedarf hat sich in den vergangenen Jahrzehnten in den unterschiedlichsten Organisationen zunehmend das Aufgabengebiet der internen Beratung entwickelt mit Aufgaben wie z. B. der OE, die sich damit zunehmend in schon länger etablierte Beratungsfelder und Querschnittsfunktionen wie z. B. dem Personalmanagement, dem Qualitätsmanagement oder der IT einreiht.11

Zu den vorgenannten Organisationen zählen auch Krankhäuser12, die sich seit den 1980er Jahren in einem umfassenden Organisationswandel befinden13 und vermehrt interne Beratungseinheiten etablieren.14 Bis zur Jahrtausendwende wurde das deutsche Gesundheitswesen überwiegend sozialpolitisch gesteuert. Ein steigender Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen im primären Gesundheitsmarkt15 in Verbindung mit steigenden Kosten bei knappen Finanzmitteln der Sozialversicherungsträger und öffentlichen Haushalte, leitete dann die Weiterentwicklung von einem Gesundheitssystem zu einer Gesundheitswirtschaft ein. Ab dem Jahr 2004 wurden schrittweise wirtschaftspolitische Aspekte zur Steuerung ergänzt; bis heute werden sowohl sozialstaatliche als auch wettbewerbliche Instrumente kombiniert eingesetzt.16 Dieser Paradigmenwechsel und Wandel im Krankenhauswesen wird durch vielfältige Treiber beschleunigt. Hierzu zählen im Bereich der Krankenhausfinanzierung z. B. jeweils die Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems in den somatischen Krankenhäusern im Jahre 200417 und in den psychiatrischen Krankenhäusern im Jahre 2018.18 Fortschritte in Medizin und Technik sowie die zunehmende Digitalisierung der Leistungsprozesse bieten den Krankenhäusern mehr Chancen für neue Wege in der Patientenbehandlung, erfordern aufgrund dessen jedoch auch ein kontinuierliches Überdenken und Verändern bestehender Strukturen und Prozesse. Die fortschreitende Ambulantisierung der Patientenbehandlung und der Einzug neuer Ansätze wie der Telemedizin, fördern zusätzlich die Diskussion um neue zukunftsfähige sektorenübergreifende Versorgungsstrukturen sowie deren auskömmliche Finanzierung.19 Im personellen Bereich prägen die zunehmende Professionalisierung bestehender Berufe, die Entstehung neuer Berufsbilder,20 der Fachkräftemangel und die schrittweise Einführung von Personaluntergrenzen zunehmend das Management von Krankenhäusern.21

Krankenhäuser gelten als die komplexesten Organisationen in unserer heutigen Gesellschaft. Sie stehen unter einem hohen Veränderungsdruck, der auf einem sehr dynamischen Wandel des Krankenhauswesens beruht. Aufgrund einer seit Jahren zunehmenden Arbeitsverdichtung in der direkten Patientenversorgung, fokussieren sich die Krankenhäuser zunehmend auf die Bewältigung des operativen Tagesgeschäftes. Dringend notwendige organisationale Entwicklungs- und Veränderungsprozesse kommen dadurch zu kurz. Bestehende Strukturen und Prozesse werden nur unzureichend an sich ständig ändernde Bedingungen angepasst und optimiert. In der Folge kommt es zu einer Verschiebung der Organisationsprobleme von der Organisationsebene auf die Ebene der Organisationsmitglieder, die die Organisationsdefizite tagtäglich kompensieren.22 In Bezug auf diese Problematik zeigen Grossmann & Lobnig (2013) folgenden Ausweg auf: „Dem ist nur durch bewusst geplante und im Routinebetrieb verankerte Arbeit an der Entwicklung der Organisation zu begegnen. Einerseits durch kontinuierliche Optimierung im Alltag und durch gezielt eingerichtete Projekte der Organisationsentwicklung.“23

1.1 Zielsetzung

Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist es aufzuzeigen, warum die Implementierung einer internen Beratungseinheit für OE im Krankenhaus eine gründliche Auseinandersetzung der Praktiker bzw. Praktikerinnen mit dieser Entscheidung erfordert und welche Implikationen sich für den Fachbereich der OE daraus ergeben. Der Fokus liegt auf den Aspekten und Bedingungen, die beeinflussen, ob die intern Beratenden dauerhaft wirksam und erfolgreich sein können. Hierzu ist es notwendig die spezifischen Merkmale der Konzepte Expertenorganisation Krankenhaus, interne Beratung und OE aufzuzeigen, weil deren Verständnis und Berücksichtigung für die Implementierung von entscheidender Bedeutung sind. Die vorliegende Arbeit richtet sich an das Top-Management im Krankenhauswesen, da dieses die strategische Entscheidung zur Implementierung bewerten, treffen und verantworten muss. Sie richtet sich außerdem an (potentielle) interne OE-Beratende, um die Anforderungen, Komplexität und Besonderheiten dieser Funktion aufzuzeigen. Abschließend soll die vorliegende Arbeit auch zum wissenschaftlichen Fachdiskurs der OE beitragen und Anknüpfungspunkte für weitere Forschung aufzeigen.

Die hieran anschließende Forschungsfrage lautet:

Was sind die Erfolgsfaktoren zur Implementierung von Organisationsentwicklung als interne Beratung im Krankenhaus?

1.2 Methodik und Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit basiert auf einer eingehenden Analyse der wissenschaftlichen Fachliteratur zu Thema, Zielsetzung und Forschungsfrage. Zum Einstieg werden im theoretischen Hintergrund die Konzepte OE (Kapitel 2.1), Interne Beratung (Kapitel 2.2) und Expertenorganisation Krankenhaus (Kapitel 2.3) beschrieben. Anschließend werden die Erfolgsfaktoren der Implementierung von OE als interne Beratung im Krankenhaus dargestellt (Kapitel 3). Abschließend werden im Fazit die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zusammenfassend dargestellt und es wird ein Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen gegeben (Kapitel 4).

2 Theoretischer Hintergrund

Zielsetzung dieses Kapitels ist die Einleitung in die Thematik mittels Darstellung der Konzepte OE, interne Beratung und Expertenorganisation Krankenhaus. Bei allen drei Konzepten finden sich begriffliche Unschärfen. Der begrifflichen Klärung wird daher eine verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet, mit dem Anspruch, das für die vorliegende Arbeit erforderliche Begriffsverständnis sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund werden die Konzepte OE und interne Beratung, trotz oder auch gerade wegen ihrer inhaltlichen Überschneidungen, getrennt dargestellt.

2.1 Organisationsentwicklung

Eine umfassende Darstellung des theoretischen Hintergrundes zur OE kann und soll an dieser Stelle nicht erfolgen. Stattdessen werden die Entwicklung der OE in Deutschland, eine Begriffsklärung, die Ziele und der Beratungsansatz der OE in aller Kürze skizziert.

2.1.1 Entwicklung der Organisationsentwicklung in Deutschland

Der Beginn der OE in Deutschland lässt sich auf das Jahr 1978 zurückdatieren, als in Aachen das ‚1. Europäische Forum über Organisationsentwicklung‘ stattfand.24 Seitdem hat sich der Ansatz der OE in Deutschland etabliert,25 wobei die Professionalisierung der OE in Deutschland bisher noch nicht gelungen ist und sich noch am Anfang befindet.26 Es fehlt z. B. an einem Berufsverband für OE27, einer geschützten Berufsbezeichnung, Qualitätsstandards, Zugangsbarrieren oder einer Berufsethik.28

Freimuth & Barth (2011) bestätigen diesen Befund, relativieren ihn jedoch zugleich:

„Aus professionssoziologischer Sicht kann man zu der Erkenntnis kommen, dass die Professionalisierung der OE gescheitert ist, aber deswegen ist die OE nicht gescheitert. Ihre Pioniere haben ein Virus in die Welt gesetzt, das sich inzwischen im Repertoire der Führungskonzepte festgesetzt, sich dort vervielfältigt, unterschiedliche Formen angenommen und über eine Generation hinweg gleichsam den ‚Marsch durch die Institutionen‘ angetreten hat.“29

Forschung und Lehre zur OE sind im Vergleich zu den USA auch erst wenig verbreitet, sie nehmen aber zunehmend Einzug in universitäre Fakultäten, die sich mit Veränderungsprozessen in Organisationen auseinandersetzen, wie z. B. der Wirtschaftswissenschaft oder Arbeits- und Organisationspsychologie.30 Freimuth & Barth (2010) stellen bzgl. der wissenschaftlichen Fundierung von OE fest: „OE ist angewandte Wissenschaft oder Praxeologie31.“32 OE greift dabei auf verschiedene theoretische Ansätze zurück, um die komplexen Fragestellungen unserer Organisationen bearbeiten und beantworten zu können.33 Elbe & Erhardt (2020) stellen zur wissenschaftlichen Fundierung von OE fest, dass diese: „(…) erst in Ansätzen als sozialwissenschaftlich fundierte Handlungswissenschaft.“34 gesehen wird. Die Autoren kommen auch zum Ergebnis, dass der Bedarf nach und die Weiterentwicklung von OE fortschreitet. Sie begründen dies mit dem zunehmenden gesellschaftlichen Wandel, der einen steigenden Bedarf an Organisationsberatung nach sich zieht, wozu die OE neben der klassischen35 und systemischen Organisationsberatung zählt.36

2.1.2 Definition(en) von Organisationsentwicklung

OE zu definieren ist ein schwieriges Unterfangen,37 was am Begriff liegen mag, denn Kahn (1977) merkt an: „Organisationsentwicklung ist kein Begriff, zumindest nicht im wissenschaftlichen Sinne des Wortes“.38 Trebesch (1982) stellte im Rahmen einer Untersuchung der Definitionen von OE fest, dass sich der Ansatz der OE nicht eindeutig abgrenzen und definieren lässt und eine Vielzahl von Definitionen vorliegt: „Es wurden über 50 Definitionen der Organisationsentwicklung gesammelt. Es hätten leicht 100 werden können (…).“39 Untermarzoner (2013) bestätigt diese Schwierigkeit über die Definition von OE hinaus: „Während (…) Qualitätsmanagement, Personalentwicklung oder Controlling über ein gut eingeführtes Set an Leistungsbeschreibungen verfügen, bleibt das, was Organisationsentwicklung leisten kann, diffus und nicht so recht fassbar.“40 In der Fachliteratur zur OE spiegelt sich dies wider und die Definitionen unterscheiden sich z. B. hinsichtlich ihres Grades an Konkretisierung. Elbe & Erhardt (2020) führen in ihrem aktuellen Fachbuch zur OE die Definitionen von French & Bell (1994) und der Gesellschaft für Organisationsentwicklung (1980) an,41 die als vergleichsweise konkret eingeordnet werden können.

French & Bell (1994) definieren OE als:

„eine langfristige Bemühung, die Problemlösungs- und Erneuerungsprozesse in einer Organisation zu verbessern, vor allem durch eine wirksamere und auf Zusammenarbeit gründende Steuerung der Organisationskultur – unter besonderer Berücksichtigung der Kultur formaler Arbeitsteams durch die Hilfe eines OE-Beraters oder Katalysators und durch Anwendung der Theorie und Technologie der angewandten Sozialwissenschaften unter Einbeziehung der Aktionsforschung.“42

Die Gesellschaft für Organisationsentwicklung e. V. (GOE) (1980) definierte43 OE als:

„(…) einen längerfristig angelegten, organisationsumfassenden Entwicklungs- und Veränderungsprozess von Organisationen und der in ihr tätigen Menschen. Der Prozess beruht auf Lernen aller Betroffenen durch direkte Mitwirkung und praktische Erfahrung. Sein Ziel besteht in einer gleichzeitigen Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Organisationen (Effektivität) und der Qualität des Arbeitslebens (Humanität)“44

Neben diesen konkreteren Definitionen bietet z. B. Gairing (2017) eine etwas allgemeinere Definition von OE an: „OE wird heute allgemein als ein sozialwissenschaftlich basiertes Handlungskonzept verstanden, dass die Planung, Gestaltung und Steuerung eines längerfristigen Veränderungsprozesses in Organisationen umfasst.“45 Schiersmann & Thiel (2018) gehen in ihrem aktuellen Lehrbuch zur OE noch weiter und bieten gar keine Definition an. Die Autoren führen, unter Bezugnahme auf Trebeschs Untersuchung von Definitionen zur OE, lediglich einen gemeinsamen Nenner der zahlreichen Definitionen an, nämlich: „(…) dass, OE eine Hilfe zur Bewältigung organisationaler Probleme ist“.46 Hieran anknüpfend werden Grossmann & Lobnig (2013) angeführt, die den Standpunkt vertreten, dass OE ein offenes Konzept ist. Organisationsentwickler und -entwicklerinnen können sich demnach bei der Auswahl von Modellen, Methoden oder Interventionen in Veränderungsprozessen am konkreten Bedarf oder auch den eigenen Präferenzen orientieren.47

2.1.3 Ziele der Organisationsentwicklung

In der Grundidee von OE wurden ursprünglich zwei Zielsetzungen miteinander verbunden, die gleichzeitige: „(…) Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Organisation (Effektivität) und der Qualität des Arbeitslebens (Humanität).“48 Während Elbe & Erhardt (2020) diese Zielsetzungen weiterhin als gültig bewerten,49 sieht Gairing (2017) diese Zielsetzungen kritisch: „Diese optimistisch-emanzipatorische Grundidee der OE, die gleichzeitige Verbesserung von Produktivität und Humanität, wirkt in unserer heutigen Welt mit permanent gesteigerten Performance-Ansprüchen etwas weltfremd und sozialromantisch verklärt.“50 Gairing (2017) bezieht sich dabei auf den deutschen OE-Pionier Karsten Trebesch,51 der schon 1994 empfahl, die OE von einer Beziehungslastigkeit hin zu einer engeren Einbindung strategischer und ökonomischer Ansätze, weiterzuentwickeln.52 Neben dem Fachdiskurs trägt aber auch der gesellschaftliche Wandel und hohe Veränderungsdruck in den Organisationen zur Weiterentwicklung der OE bei.53 Abschließend wird auf Schiersmann & Thiel (2018) verwiesen, die folgende vorrangige Zielsetzung von OE in Bezug auf Veränderungsprozessen in Organisationen im Kontext von gesellschaftlichem Wandel sehen: „Das Ziel von OE sehen wir in der Stärkung der Selbstorganisationsfähigkeit der Organisation, die dazu beiträgt, das Problemlösungspotential der Mitarbeiter und die Innovationsfähigkeit der Organisation zu erhöhen.“54

2.1.4 Der Beratungsansatz in der Organisationsentwicklung

OE als Ansatz zur Gestaltung von Veränderungsprozessen in Organisationen wird in der Regel im Rahmen beratender Tätigkeit angewendet.55 Beratung in der OE erfolgt unter der Annahme, dass der Klient bzw. die Klientin die Lösung für ein organisationales Problem in sich trägt, diese aber noch identifiziert und erarbeitet werden muss. OE-Beratende unterstützen den Klienten bzw. die Klientin dabei, indem sie ihn bzw. sie reflektieren und bei der Lösungsfindung, im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe, unterstützen.56 Abbildung 1 veranschaulicht diesen Beratungsansatz.

Abbildung1: Sinnbild der Organisationsentwicklungsberatung57

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieser Beratungsansatz der OE ist auch bekannt als Prozessberatung und geht auf Edgar H. Schein zurück, der die Prozessberatung von der klassischen Unternehmensberatung, d. h. Expertenberatung, unterscheidet.58 Die Beschreibung der Prozessberatung, in Abgrenzung zur Expertenberatung, folgt in Kapitel 2.2.5 in Zusammenhang mit der ausführlichen Darstellung des Konzeptes der internen Beratung.

2.2 Interne Beratung

In Kapitel 2.2 wird der theoretische Hintergrund zur internen Beratung beschrieben. Zuerst wird der Begriff der internen Beratung erläutert. Danach wird die Entstehungsgeschichte und Professionalisierung der internen Beratung kurz skizziert. Anschließend werden die Funktionen, Beratungsformen, Zielgruppen und Rollen der internen Beratung dargestellt. Dann werden die Anforderungen an sowie die Vor- und Nachteile von interner Beratung beschrieben. Abschließend werden die grundlegenden Ansätze der organisatorischen Verankerung in der Organisation aufgezeigt. Auf die externe Beratung als Beratungsform wird so weit eingegangen, wie dies für das Verständnis von interner Beratung erforderlich ist.

2.2.1 Begriffsklärung

Einleitend muss festgestellt werden, dass es der internen Beratung an einer eigenen Theorie fehlt59 und es nur sehr wenig wissenschaftliche Evidenz dazu gibt.60 In der vorhandenen Beratungsliteratur ist zudem die externe Beratung die bestimmende Perspektive.61 So bezeichnet z. B. Zirkler (2005) die externe Beratung im Vergleich zur internen Beratung als das Normalmodell und begründet dies allein mit einer höheren Anzahl an Publikationen im Vergleich zur internen Beratung.62

Lippitt & Lippitt (2015) verstehen unter Beratung ganz allgemein einen: „(…) Prozess des Helfens (…)“63 und unterscheiden zwischen professioneller, halbprofessioneller und freiwilliger Beratung.64 Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt auf der professionellen Beratung, die mit einer entsprechenden Qualifikation und beruflichen Ausübung einhergeht65 und im Kontext organisationaler Beratung als professionelle Intervention verstanden wird.66 Professionelle Intervention meint konkret die: „(…) Einflussnahme eines Beratersystems bei einem Kundensystem.“67 In Bezug auf die Organisationszugehörigkeit wird zwischen internen und externen Beratenden unterschieden. Intern Beratende sind Mitglieder der Organisation, die sie beraten und externe Beratende sind dies eben nicht.68 Während die Rollen- bzw. Funktionsträger als interne Berater bzw. interne Beraterinnen bezeichnet werden69, steht interne Beratung für die konkrete Tätigkeit bzw. Beratungsdienstleistung, die von den intern Beratenden erbracht wird.70 Neben dem Begriff der internen Beratung71 finden sich regelmäßig auch andere Bezeichnungen, wie z. B. internes Consulting, Inhouse Consulting, interne Organisationsberatung, Business Consulting, Unternehmensentwicklung, Change Management, Prozessberatung oder Organisationsentwicklung; letztere Bezeichnung wird vor allem in Unternehmen verwendet, die nicht zur ‚Konzern-Welt‘ gehören.72 Richter & Wendlandt (2010) unterscheiden bei den intern Beratenden nochmals zwischen den innerorganisatorisch eigenständigen und nicht-eigenständigen Beratungseinheiten. Den nicht-eigenständigen Beratungseinheiten ordnen die Autoren vor allem Organisationsentwickler bzw. -entwicklerinnen, Change Manager bzw. Change Managerinnen, systemisch Beratende oder Business Developer bzw. Business Developerinnen zu.73 Der (interne) Beratungsbegriff und verwandte Begriffe sind nicht geschützt und werden aufgrund dessen sehr unterschiedlich verstanden und verwendet,74 wie die vorangegangene Aufzählung eindrücklich zeigt. Nach dieser ersten Annäherung an den Beratungsbegriff im Kontext interner Beratung, stellt sich die Frage was interne Beratung nun konkret ist.

Klein (2006) stellt fest, dass der Begriff schwierig zu bestimmen ist:

„Es ist diese Unbestimmtheit interner Beratung. In der Auseinandersetzung mit dieser Unbestimmtheit interner Beratung sind Journalisten und Wissenschaftler nicht allein. Auch Manager und Unternehmen und sogar die interne Beratung selbst vermögen eine weitergehende Bestimmung interner Beratung nicht oder nur schwerlich zu leisten.“75

Klein (2006) wählt eine erste begriffliche Einordnung, anhand von zwei Unterscheidungen, die das Konzept interner Beratung bestimmen. Zum einen die Unterscheidung zwischen Manager und Berater und zum anderen zwischen intern und extern.76 Tabelle 1 veranschaulicht diese beiden Unterscheidungsdimensionen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle1: Unterscheidung zwischen Manager und Berater77

Für die Funktionen der internen Managerin bzw. des internen Managers und der externen Beratenden stellt Klein (2006) fest, dass die beiden Unterscheidungsdimensionen diese Funktionen jeweils wechselseitig unterstützen78 und erklärt dies wie folgt: „Der Manager ist Interner. Er ist in erster Linie eingebunden, er ist im Geschäft, er ist der Macher. Der Berater ist Externer. Er ist draußen, er hat die Distanz, er kommt herein, ohne Teil oder Mitglied der Organisation zu werden, er ist und bleibt Berater.“79 Klein (2006) unterscheidet von den vorgenannten Funktionen den externen Manager bzw. die externe Managerin und die intern Beratenden. Der externe Manager bzw. die externe Managerin, z. B. in einer Interimsfunktion, stehen für eine noch junge Entwicklung bei steigendem Bedarf und mit einer Überschneidung zu den externen Beratenden.80 Die intern Beratenden versteht der Autor folgendermaßen:

„Er ist ein Berater, der zum Unternehmen gehört und vorwiegend im Unternehmen seine Beratungsleistung erbringt. Unternehmenspolitisch jedoch steht er zwischen allen Fronten. Er muss zum Management eine Abgrenzung leisten, die eben nicht auf der Grundlage der Unterscheidung extern | intern erfolgt, und er muss zum externen Berater eine Abgrenzung leisten, die nicht auf der Grundlage der Unterscheidung Manager | Berater beruht. Unternehmenspolitisch ist der interne Berater jemand, der stets um kulturelle Anschlussfähigkeit und Akzeptanz ringt.“81

In den Folgejahren werden die Definitionen der internen Beratung im wissenschaftlichen Diskurs konkreter. Eine weitere Annäherung an den Begriff erfolgt wieder bei Klein (2007) über die Frage, welchen Beitrag interne Beratung für eine Organisation leistet. Der Autor ist dem nachgegangen und hat dies im Rahmen von zwei Studien mit der Fragestellung: „Welches Problem glaubt eine Organisation zu haben, auf das interne Beratung eine Lösung darstellt?“82 untersucht. Der Autor kommt zu diesem Ergebnis:83

1. Interne Beratung identifiziert Entwicklungsmöglichkeiten, die es dem Top-Management als Handlungs- und Entscheidungsoptionen vorstellt. In diesem Sinne ist interne Beratung Hilfe zur organisationalen Selbsterkenntnis.
2. Interne Beratung ist ein Prozess, in dem organisationale Selbstbeobachtung betrieben wird, mit dem Ziel sich dauerhaft als Querschnittsfunktion in der Organisation zu etablieren.
3. Interne Beratung professionalisiert die Organisationsentwicklung mit dem Fokus auf Veränderungsmanagement und der Gestaltung organisationaler Entwicklung.

Daraus resultierend hebt Klein (2007) die Bedeutung von interner Beratung als Organisationsentwicklung für die Organisation vor:

„Wenn das Management von Veränderungen das Problem ist, zu dessen Lösung Organisationen temporär interne Beratungseinheiten ausprägen, dann ist mit der Professionalisierung der Organisationsentwicklung in internen Beratungseinheiten eine weitere Frage beantwortet, die Frage nämlich nach der Zukunft und Zukunftsfähigkeit unserer gegenwärtigen Organisationen und Institutionen.“84

Krizanits (2011) vertritt den Standpunkt, dass interne Beratung für einen Beratungsansatz steht: „(…) der das ganze System als Auftraggeber versteht und im Dienste von dessen Entwicklungsfähigkeit steht (…).“85 In Bezug auf den Dienstleistungsaspekt von interner Beratung bzw. Inhouse Consulting führen Herbst & Klinge (2010) folgende Definition an: „Inhouse Consulting als lösungsorientierte Dienstleistung ist die Initiierung und professionelle Beratung projekthafter Aufgaben durch eine institutionalisierte interne Beratungseinheit.“86

2.2.2 Entstehungsgeschichte interner Beratung

Die Anfänge der Beratung von Organisationen geht auf die Industrialisierung in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. Sogenannte Managementberater bzw. -beraterinnen unterstützten in Unternehmen Linienmanager bzw. -managerinnen in Bereichen wie z. B. Produktion, Vertrieb und Verwaltung mit branchenspezifischem Fachwissen. Der wachsende Beratungsbedarf erreichte in den 1960er Jahren dann Europa. Beratung adressierte zu dieser Zeit aufgrund sich ändernder Marktbedingungen zunehmend die Organisation als Ganzes in Beratungsfeldern wie z. B. Qualitätsmanagement, Marketing, Personalmanagement oder IT. Die ersten internen Beratungseinheiten im deutschsprachigen Raum entstanden dann Ende der 1970er Jahre.87 Die Organisationen hatten zu dieser Zeit angefangen, die zuvor extern eingekauften Beratungsdienstleistungen intern selbst aufzubauen und zu etablieren.88 Diese internen Beratungseinheiten adressierten als Querschnittsfunktionen zur Linienorganisation die Organisation in Ihrer Gesamtheit. Sie übernahmen neben der beratenden Funktion jedoch zunehmend weitere Funktionen und Aufgaben wie z. B. Dokumentation, Berichtswesen oder Auditierung.89 Den entscheidenden Aufschwung erfuhr die interne Beratung in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre. Zu dieser Zeit wurden zahlreiche interne Unternehmensberatungen gegründet. Diese Entwicklung ist auf eine Krise der externen Unternehmensberatungsbranche Mitte der 1990er Jahre zurückzuführen, als deren Legitimation zunehmend infrage gestellt wurde90 und die zunehmende Nutzung externer Beratung auch zu einer erheblichen Kostensteigerung in den Unternehmen führte.91 Spätestens seit der Jahrtausendwende hat sich interne Beratung, trotz anfänglicher Kritik, in der Unternehmenslandschaft etabliert und gilt nicht mehr als Modeerscheinung.92 Mohe (2005) fasst fünf Treiber für diese Entwicklung zusammen:93

1. Vor dem Hintergrund des Wachstums des Dienstleistungssektors und der zunehmenden Bedeutung von Wissen als unternehmerischer Ressource, wird interne Beratung zu einer wissensbasierten Dienstleistung mit strategischer Bedeutung.
2. Externe Beratungsunternehmen stehen in der Kritik abgehoben zu sein, überteuerte Standard-Konzepte zu verkaufen und umsetzungsschwach zu sein.
3. Externe Beratung führt zu einem Abfluss von internem Wissen, dass von den Beratungsunternehmen evtl. bei konkurrierenden Unternehmen eingesetzt wird.
4. Im Zuge der Lean-Management-Welle führten kostensenkende Verschlankungsmaßnahmen im Bereich der Unterstützungsprozesse und des mittleren Managements zu Expertiseverlust und zunehmender Abhängigkeit von externer Beratung.
5. Zunehmend kontinuierlicher Beratungsbedarf führt für Unternehmen zur Entscheidung Beratungskapazitäten selbst aufzubauen und vorzuhalten.

Galal et al. (2010) bestätigen diesen Befund. Die Autoren fanden in einer Studie heraus, dass ca. 70% der DAX30-Unternehmen eine interne Beratungseinheit vorhalten. Von den ehemals extern erbrachten Beratungsdienstleistungen, werden schon ca. 40% von den internen Beratungseinheiten übernommen und abgewickelt.94

Neben den heute fest integrierten und etablierten internen Beratungseinheiten, sieht Krizanits (2011) weitere Felder für interne Beratung. Sie zählt dazu das General Management, die Strategieberatung, die Unternehmenstransformation, die Produktivitäts- und Leistungssteigerung, das Wissensmanagement und die soziale Verantwortung im Business.95 Ameln (2015a) sieht einen steigenden Beratungsbedarf vor allem im Bereich des Veränderungsmanagements in Organisationen: „Der rapide Wandel, den die relevanten Umwelten von Organisationen in den vergangenen Jahrzehnten durchlaufen haben, betrifft nicht nur Wirtschaftsunternehmen (…) sondern fast alle Arten von Organisationen (…)“96 „Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen.“97 Veränderungsmanagement beschränkt sich in Organisationen heute zudem nicht mehr auf einzelne Projekte98 sondern ist zur Daueraufgabe geworden.99 Vor diesem Hintergrund haben die Organisationen angefangen ihre Veränderungskompetenz auf- und auszubauen.100

2.2.3 Professionalisierung interner Beratung

Krizanits (2011) merkt an, dass alle Formen interner Beratung ein gemeinsames Selbstverständnis vorweisen. Dazu zählen: „(…) ein Rollenset, die besondere Qualität der Zusammenarbeit mit Führung, eine Governance-Wirkung und das Merkmal der Doppelzugehörigkeit zur Organisation einerseits und zu einer Profession andererseits.“101 Die Professionszugehörigkeit begründet die Autorin damit, dass interne Berater bzw. Beraterinnen Mitglieder professioneller Netzwerke sind. Diese Netzwerke entwickeln Standards, eine Fachsprache und Qualifizierungsangebote und sozialisieren ihre Vertreter bzw. Vertreterinnen auf eine Professionskultur hin.102 Bohn & Kühl (2004) vertreten einen anderen Standpunkt. Sie kommen zum Ergebnis, dass die Professionalisierung der Organisationsberatung103 gescheitert ist. Es fehlen Professionsmerkmale wie z. B. eine Interessenvertretung, Standards oder eine Berufsethik.104 Die Autoren rechnen auch zukünftig nicht mit einer Professionsbildung und begründen dies wie folgt. Erfolgreiche Professionalisierungsversuche finden sich z. B. in der Medizin oder Supervision, die sich immer an Personen richten. Veränderungen bei den Personen können den professionellen Handlungen der Professionsmitglieder, im Sinne eines Wirksamkeitsnachweises, angerechnet werden. Organisationsberatung hingegen richtet sich an Organisationen. In diesem Fall ist der Wirksamkeitsnachweis von Beratungshandlungen kaum zu erbringen, da Organisationen komplexer als Personen sind und eine Vielzahl anderer Faktoren mitwirken. Dieser kaum mögliche Wirksamkeitsnachweis steht einer Professionsbildung entgegen. Die Autoren bewerten die nicht gelungene Professionsbildung jedoch als nachrangig, da die Organisationsberatungsbranche boomt.105

2.2.4 Funktionen und Aufgaben interner Beratung

Baur (2000) unterscheidet bei interner Beratung die Funktionen Prüfung und Entwicklung und bewertet es positiv, dass sich die entwickelnde Funktion, im Sinne eines modernen Beratungsverständnisses, in Deutschland durchsetzt. Der entwickelnden Funktion ordnet der Autor drei Aufgaben zu: „Projektbezogene Problemlösung, Kommunikations- und Koordinationsfunktion, Personalentwicklungsfunktion.“106 Leker et al. (2007) nennen acht Funktionen, die eine interne Beratungseinheit für eine Organisation erfüllt: Organisationsentwicklung, Personalentwicklung, Innovationsfunktion, Wissensförderung, Problemlösungsfunktion, Kommunikationsfunktion, Wissenszentrum und Koordinationsfunktion. In einer Untersuchung von 15 internen Beratungseinheiten von Unternehmen unterschiedlicher Branchen wurden diese dazu befragt, wie hoch sie die Bedeutung dieser internen Beratungsfunktionen für die Organisation bewerten. Die Autoren stellen fest, dass die befragten internen Beratungseinheiten allen Funktionen eine Bedeutung zumessen, jedoch den Funktionen Organisations- und Personalentwicklung eine besonders hohe Bedeutung zuschreiben.107 Abbildung 2 stellt die Funktionen mit Ihrer Gewichtung dar.

Abbildung 2: Funktionen interner Beratung108

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Krizanits (2011) versteht die übergeordnete Aufgabe von interner Beratung bzw. interner Organisationsberatung wie folgt: „Interne Organisationsberatung stellt die Verfasstheit der Organisation im Gefüge von Strategie, Struktur und Kultur immer wieder vor und nach und hinterfragt dabei mitunter auch das Geschäftsmodell selbst.“109 Zu den konkreten Aufgaben zählt sie: „(…) die Arbeit an Strategien, Aufbau- und Ablaufstrukturen, die Einrichtung von Systemen, das Nachstellen der Unternehmenskultur, die Förderung von Innovation, organisationales Lernen, die Steigerung der Wirksamkeit von Führung und andere mehr.“110 Ein weiteres zentrales Aufgabengebiet sind Veränderungsvorhaben. Heuck (2000) führt dazu die Vorbereitung von Veränderungsprozessen an.111 Hoyer (2000) sieht die übergeordnete Aufgabe interner Beratungseinheiten darin, Veränderungsprozesse in Organisationen zu initiieren und zu begleiten. Die konkreten Aufgaben ordnet er den Handlungsfeldern Strategie, Humankapital, Struktur und Wissen zu. Die intern Beratenden wirken in diesen Handlungsfeldern als Betreiber des Wandels, mit dem Ziel Veränderungsprozesse erfolgreich zu gestalten, zum Zweck einer positiven Entwicklung der Organisation.112 Eine weitere Aufgabe kann auch die Beratung bei der Bearbeitung abteilungsübergreifender Fragestellungen sein.113

2.2.5 Beratungsformen

Beratung kann auf unterschiedliche Art und Weise angewendet werden. Deelmann & Krämer (2020) unterscheiden vier Beratungsformen (siehe Abbildung 3):

„Es lassen sich vier unterschiedliche Beratungsformen unterscheiden, die gutachterliche Beratung, die Expertenberatung, die Organisationsentwicklung sowie die systemische Beratung. Gutachterliche und Expertenberatung sind stärker inhaltsbasiert, Organisationsentwicklung und systemische Beratung sind stärker prozessorientiert. Bei der Inhaltsberatung steht die Fachexpertise im Vordergrund, bei der Prozessberatung das Beratungsvorgehen.“ 114

Abbildung 3: Vier Formen der Beratung115

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der internen Beratung findet sich sowohl der Ansatz der Fach- bzw. Expertenberatung als auch der Prozessberatung wieder,116 auf die nun genauer eingegangen wird. Die nachfolgende Unterscheidung dieser beiden Beratungsformen bezieht sich auf die Ausführungen von Schein (2010).

Im Fall der Expertenberatung erteilt ein Klient bzw. eine Klientin einem Expertenberater bzw. eine Expertenberaterin den Auftrag zur Lösung eines Problems, für das dem Klienten bzw. der Klientin die erforderlichen Informationen, Zeit und Expertise fehlt. Der Expertenberater bzw. die Expertenberaterin stellt dann die erforderlichen Informationen und Expertise zur Verfügung und präsentiert dem Klienten bzw. der Klientin die Problemlösung.

Beim Ansatz der Prozessberatung hingegen ist die Vorgehensweise eine andere. Prozessberatende unterstützen den Klienten bzw. die Klientin dabei, die Lösung für sein bzw. ihr Problem selbst zu finden. Hierzu binden sie ihren Klienten bzw. ihre Klientin von Beginn bis Ende des Beratungsprozesses mit ein. Sie helfen dem Klienten bzw. der Klientin dabei eine Problemdiagnose zu stellen und einen passenden Maßnahmenplan zur Problemlösung zu entwickeln. Prozessberatende vermitteln zum einen die dazu notwendigen methodischen Kenntnisse, nutzen zum anderen aber auch das in der Organisation vorhandene Wissen. Der Klient bzw. die Klientin gibt im Beratungsprozess zu keiner Zeit Entscheidungsmacht ab und behält jederzeit die volle Verantwortung.117

Ellebracht et al. (2011) stellen die Unterschiede zwischen Experten- und Prozessberatung wie folgt gegenüber:

[...]


1 Vgl. Gairing, 2017, S. 11; Vgl. Ameln, 2015c, S. 1; Vgl. Schiersmann & Thiel, 2018, S. 38

2 Vgl. Schiersmann & Thiel, 2018, S. 3-5

3 Anmerkung: Der Begriff „Organisationen“ bezieht sich grundsätzlich auf alle Formen von Organisationen, wie z. B. Wirtschaftsunternehmen, Non-Profit-Unternehmen oder auch öffentliche Organisationen und umfasst somit auch Krankenhäuser.

4 Vgl. Ameln, 2015c, S. 1

5 Vgl. Krizanits, 2011, S. 17

6 Vgl. Krizanits, 2011, S. 17; Vgl. Elbe & Erhardt, 2020, S. 1

7 Vgl. Elbe & Erhardt, 2020, S. 5

8 Vgl. Lippitt & Lippitt, 2015, S. 4-5

9 Anmerkung: Im Folgenden wird fast durchgängig die Abkürzung OE für Organisationsentwicklung verwendet. Vereinzelte Abweichungen hiervon dienen der besseren Lesbarkeit und der Notwendigkeit der korrekten Zitation von Literaturquellen.

10 Vgl. Gairing, 2017, S.12

11 Vgl. Krizanits, 2011, S. 11 und 16

12 Anmerkung: Im Folgenden wird durchgängig der Begriff Krankenhaus verwendet. Er steht sowohl für Krankenhäuser als auch für Kliniken.

13 Vgl. Iseringhausen & Staender, 2012, S. 185

14 Vgl. Klein, 2007, S. 142

15 Anmerkung: (Vgl. Haubrock, 2015, S. 16) Die deutsche Gesundheitswirtschaft wird in einen primären und sekundären Gesundheitsmarkt unterschieden. Der primäre Gesundheitsmarkt, auch Gesundheitssystem genannt, umfasst die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung mit Maßnahmen der Vorsorge, Behandlung von Krankheiten und Rehabilitation, der überwiegend durch die Sozialversicherungen finanziert ist. Zu den Institutionen des Gesundheitssystems zählen u. a. Krankenhäuser. Der sekundäre Gesundheitsmarkt umfasst unterschiedliche Gesundheitsdienstleistungen, wie z. B. Fitness, Wellness, Sport und Ernährung, die von den Kunden privat finanziert werden.

16 Vgl. Haubrock, 2015, S. 15-16

17 Vgl. Schmola, 2019, S. 75

18 Vgl. ebda., S. 104. Anmerkung: (Schmola, 2019, S. 104): Das pauschalierende Entgeltsystem sollte ursprünglich ab 2013 gelten. Aufgrund mehrjähriger Verhandlungen zur Umsetzung wird es erst seit 2018 angewendet. Das System gilt als umstritten.

19 Vgl. Jensch, 2021, S. 53-54

20 Vgl. Grossmann & Lobnig, 2013, S. 15

21 Vgl. Jensch, 2021, S. 54

22 Vgl. Grossmann & Lobnig, 2013, S. 13-14

23 Ebda., S. 14

24 Vgl. Gairing, 2017, S. 42

25 Vgl. Elbe & Erhardt, 2020, S. 5

26 Vgl. ebda., S. 177

27 Anmerkung: (vgl. Freimuth & Barth, 2011, S. 9): Der Beginn der Professionalisierungsbemühungen von OE in Deutschland geht auf die 1980er Jahre zurück. So wurde 1980 die Gesellschaft für Organisationsentwicklung (GOE) gegründet und 1997 aufgrund von inhaltlichen Differenzen zwischen den OE-Pionieren wieder aufgelöst.

28 Vgl. Schanne, 2010, S. 200

29 Freimuth & Barth, 2011, S. 9

30 Vgl. Grossmann & Lobnig, 2013, S. 33-34

31 Anmerkung: (Elbe & Erhardt, 2020, S. 177): Praxeologie steht in diesem Kontext für eine: „(…) Ansammlung von Best-Practise-Moden.“

32 Freimuth & Barth, 2010, S. 12

33 Vgl. ebda., S. 12-13

34 Elbe & Erhardt, 2020, S. 177; Anmerkung: (Schiersmann & Thiel, 2018, S. V) Schiersmann & Thiel äußern sich kritisch zur Diskussion um die gescheiterte Professionalisierung der OE in Deutschland und tragen mit ihrem Lehrbuch: „(…) angesichts des jahrzehntelangen Gejammers über die mangelnde Wissenschaftlichkeit der OE (…) zu deren theoretischer Fundierung und Professionalisierung (…)“ bei.

35 Anmerkung: (vgl. Elbe & Erhardt, 2020, S. 61) Die Autoren verstehen unter klassischer Organisationsberatung diejenigen Beratungsansätze, die ökonomisch-naturwissenschaftlich ausgerichtet sind.

36 Vgl. ebda., S. 58-61.

37 Vgl. Gairing, 2017, S. 13

38 Kahn, 1977, S. 286, zitiert nach Gairing, 2017, S. 13

39 Trebesch, 1982, zitiert nach Trebesch, 2000, S. 50

40 Untermarzoner, 2013, S. 219

41 Vgl. Elbe & Erhardt, 2020, S. 16

42 French & Bell, 1994, S. 31

43 Anmerkung: (vgl. Freimuth & Barth, 2011, S. 9) Die Gesellschaft für Organisationsentwicklung hat sich 1997 wieder aufgelöst.

44 Gesellschaft für Organisationsentwicklung, 1980, zitiert nach Becker & Langosch, 2002, S. 6

45 Gairing, 2017, S. 14

46 Schiersmann & Thiel, 2018, S. 48

47 Vgl. Grossmann & Lobnig, 2013, S. 33

48 Trebesch, 1982, zitiert nach Trebesch, 2000, S. 12

49 Vgl. Elbe & Erhardt, 2020, S. 51

50 Gairing, 2017, S. 14

51 Vgl. ebda., S. 14

52 Vgl. Trebesch, 1994, S. 23

53 Vgl. Gairing, 2017, S. 16

54 Schiersmann & Thiel, 2018, S. 5

55 Vgl. Gairing, 2017, S. 14; Vgl. Elbe & Erhardt, 2020, S. 54; Vgl. Schiersmann & Thiel, 2018, S. 8

56 Vgl. Deelmann & Krämer, 2020, S. 217

57 Deelmann & Krämer, 2020, S. 218

58 Vgl. Elbe & Erhardt, 2020, S. 54; Vgl. Gairing, 2017, S. 125

59 Vgl. Klein, 2006, S. 3

60 Vgl. Galal et al., 2010, S. 12; Vgl. Ameln, 2015b, S. 1

61 Vgl. Ameln, 2015b, S. 1

62 Vgl. Zirkler, 2005, 23

63 Lippitt & Lippitt, S. 2015, S. 1

64 Vgl. ebda., S. 6-7

65 Vgl. ebda., S. 116

66 Vgl. Deelmann & Krämer, 2020, S. 243

67 Ebda., S. 243

68 Vgl. Lippitt & Lippitt, 2015, S. 1; Vgl. Hoyer, 2000, S. 57

69 Vgl. ebda., S. 1

70 Vgl. Krizanits, 2010, S. 5

71 Anmerkung: Der Begriff ‚interne Beratung‘ wird in der vorliegenden Arbeit durchgängig verwendet. Vereinzelte Abweichungen hiervon beruhen auf der Notwendigkeit der korrekten Zitation von Literaturquellen.

72 Vgl. Krizanits, 2010, S. 5, Vgl. Krizanits, 2011, S. 11

73 Vgl. Richter & Wendlandt, 2010, S. 14

74 Vgl. Bamberger & Wrona, 2012; S. 158

75 Klein, 2006, S. 4

76 Vgl. ebda., S. 4

77 Ebda., S. 5

78 Vgl. ebda., S. 4-5

79 Ebda., S. 4-5

80 Vgl. ebda., S. 5

81 Ebda., S. 5. Anmerkung: (Ebda., S. 4) Klein entscheidet sich bewusst für die Verwendung eines vertikalen Striches, um die Unterscheidung zwischen extern | intern bzw. Manager | Berater zu betonen.

82 Vgl. Klein, 2007, S. 129

83 Vgl. ebda., S. 137-141

84 Ebda., S. 141

85 Krizanits, 2011, S. 11

86 Herbst & Klinge, 2010, S. 53

87 Vgl. Mohe, 2005, S. 303

88 Vgl. Krizanits, 2011, S. 20-23

89 Vgl. ebda., S. 22-23

90 Vgl. Deelmann et al., 2007, S. 229-232

91 Vgl. Mohe, 2005, S. 303; Vgl. Ameln, 2015a, S. 6-7

92 Vgl. Krizanits, 2011, S. 27; Vgl. Klein, 2006, S. 3; Leker et al., 2007, S. 149; Vgl. Mohe, 2005, S. 304-307

93 Vgl. Mohe, 2005, S. 304-307

94 Vgl. Galal et al., 2010, S. 26-27

95 Vgl. Krizanits, 2011, S. 24

96 Ameln, 2015a, S. 12-13

97 Ebda., S. 13

98 Vgl. Ameln, 2015a, S. 13

99 Vgl. Schreyögg & Noss, 2000, S. 55

100 Vgl. Ameln, 2015a, S. 13

101 Krizanits, 2011, S. 11

102 Vgl. ebda., S. 268

103 Anmerkung: (Bohn & Kühl, 2000, S. 61-62) Die Autoren fassen unter dem Begriff Organisationsberatung die drei Beratungsansätze Organisationsentwicklung, systemische Beratung und Managementberatung zusammen.

104 Anmerkung: Zu Professionen und Professionsmerkmalen s. auch Kapitel 2.3.3.2.

105 Vgl. Bohn & Kühl, 2004, S. 74-75

106 Baur, 2000, S. 169-170

107 Vgl. Leker et al., 2007, S. 151

108 Ebda., S. 151; Anmerkung der Autoren: „Bei den Werten handelt es sich um einen gewichteten Mittelwert, wobei die fünf Abstufungen aufsteigend gewichtet werden, indem einer niedrigen Bedeutung der Wert 1 und einer hohen Bedeutung der Wert 5 zugeteilt wird.“

109 Krizanits, 2011, S. 11

110 Ebda., S. 33

111 Vgl. Heuck, 2000, S. 90

112 Vgl. Hoyer, 2000, S. 59

113 Vgl. Heuck, 2000, S. 90

114 Deelmann & Krämer, 2020, S. 215

115 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Deelmann & Krämer, 2020, S. 215

116 Vgl. Ameln, 2015a, S. 8

117 Vgl. Schein, 2010, S. 25-28

Ende der Leseprobe aus 75 Seiten

Details

Titel
Organisationsentwicklung als interne Beratung im Krankenhaus. Erfolgsfaktoren der Implementierung
Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Note
1,3
Autor
Jahr
2021
Seiten
75
Katalognummer
V1154097
ISBN (eBook)
9783346547064
ISBN (Buch)
9783346547071
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Organisationsentwicklung, interne Beratung, inhouse consulting, Krankenhaus, Implementierung
Arbeit zitieren
Mario Schneider (Autor:in), 2021, Organisationsentwicklung als interne Beratung im Krankenhaus. Erfolgsfaktoren der Implementierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1154097

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