In dieser empirischen Arbeit werden Zusammenhänge zwischen der MA und zwei psychopathologischen Variablen, nämlich Depressivität sowie Ängstlichkeit, untersucht. Ergänzend wird ein Gruppenvergleich von weiblichen und männlichen Personen bezüglich zwei Aspekten der MA (Identifying und Processing) vorgenommen. Gemessen wird die MA anhand der Mentalized Affectivity Scale (MAS). Greenberg und Kollegen (2017) haben im Rahmen ihrer explorativen Studie bereits Zusammenhänge von Depressionen und Angststörungen mit verschiedenen Aspekten der MAS nachgewiesen. Das in dieser Arbeit verwendete Messinstrument für Depressivität misst eine „Traurigkeit bis hin zur schweren klinisch manifesten Depression“ und weist daher eindeutige Schnittstellen zu einer klinischen Depression auf.
Die Ängstlichkeit misst „körperlich spürbare Nervosität bis hin zu tiefer Angst“ und weist deutliche Parallelen zu einer klinischen Angststörung auf. Es soll in diesem Rahmen untersucht werden, ob und inwieweit Depressivität und Ängstlichkeit mit Aspekten der MA und der MAS zusammenhängt, um die Ergebnisse aus der Greenberg-Studie konzeptionell in anderer Form („Depressivität“ statt einer Depression und „Ängstlichkeit“ statt einer Angststörung) zu replizieren. Zunächst werden die relevanten Konzepte zum besseren Verständnis der Arbeit näher erläutert (Kapitel 2). Daraufhin wird ein aktueller, themenspezifischer Forschungsstand vorgestellt. Nach Ableitung der Hypothesen (Kapitel 3) werden die Methoden präsentiert (Kapitel 4). Anschließend werden die Ergebnisse zu den Hypothesen übersichtlich dargelegt (Kapitel 5), um sie abschließend zu diskutieren (Kapitel 6) und kritisch zu beleuchten (Kapitel 7).
Die Ergebnisse dieser Arbeit sollen dazu beitragen, Zusammenhänge und Unterschiede zwischen den Variablen und dem Geschlecht zu untermauern und damit Ansätze für zukünftige Forschungen zu legen. Zudem nähert sich die Arbeit der Frage an, ob die Mentalisierte Affektivität und die MAS im Therapiekontext bei Depressivität und/oder Ängstlichkeit einen Nutzen hat. Durch weitere bekräftigende Forschungen, die den Zusammenhang mit Depressivität und Ängstlichkeit bestätigen, könnten adäquate therapeutische Maßnahmen unter Berücksichtigung der MA und der MAS abgeleitet bzw. das Konzept könnte in den Therapieprozess eingebunden werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretischer Hintergrund
2.1 Mentalisierte Affektivität
2.2 Depressivität und Ängstlichkeit
2.2.1 Depressivität
2.2.2 Ängstlichkeit
2.3 Emotionsregulation
2.3.1 Emotionsregulation: Hintergrund
2.3.2 Emotionsregulation und Psychopathologie
2.3.3 Emotionsregulation und Geschlechterunterschiede
2.4 Mentalisierung
2.4.1 Mentalisierung: Hintergrund
2.4.2 Mentalisierung und Psychopathologie
2.4.3 Messungen der Mentalisierungsfähigkeit
2.5 Forschungsstand
2.5.1 MA und Depressivität bzw. Ängstlichkeit
2.5.2 Geschlechterunterschiede in der MA
3. Fragestellung und Hypothesen
3.1 Haupthypothesen
3.1.1 Hypothese 1
3.1.2 Hypothese 2
3.1.3 Hypothese 3
3.1.4 Hypothese 4
3.2 Nebenhypothesen
3.2.1 Hypothese 5
3.2.2 Hypothese 6
4. Methodik
4.1 Studiendesign
4.2 Stichprobe
4.3 Erhebungsinstrumente
4.3.1 Mentalized Affectivity Scale (MAS)
4.3.2 Brief Symptom Inventory (BSI)
4.4 Auswertung
5. Ergebnisse
5.1 . Ergebnisse (Haupthypothesen)
5.1.1 Hypothese 1
5.1.2 Hypothese 2
5.1.3 Hypothese 3
5.1.4 Hypothese 4
5.1.5 Interkorrelationen
5.2 Ergebnisse (Nebenhypothesen)
5.2.1 Hypothese 5
5.2.2 Hypothese 6
6. Diskussion und Limitation
6.1 Diskussion Haupthypothesen
6.2 Diskussion Nebenhypothesen
6.3 Limitation der Schlussfolgerungen
7. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Der Anhang wurde aus urheberrechtlichen Gründen von der Redaktion entfernt
A) Mentalized Affectivity Scale
B). Brief Symptom Inventory
C). Informationen und Instruktionen der Studie (Teilnehmeransicht)
Abstract
Jurist stellte im Jahr 2005 erstmals ein erweitertes Konzept der Emotionsregulation vor: Die Mentalisierte Affektivität. Mögliche Zusammenhänge der Mentalisierten Affektivität mit psychopathologischen Variablen wurden bisher von Greenberg und Kollegen (2017) untersucht. In dieser groß angelegten Studie wurden Patienten mit diagnostizierten psychischen Störungen, unter Anderem mit Depression und Angststörung, befragt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, auch unabhängig von einer klinischen Diagnose Zusammenhänge zwischen Aspekten der Mentalisierten Affektivität und Depressivität bzw. Ängstlichkeit nachzuweisen. Hierfür wurden ausschließlich die Skalen Identifying Emotions und Processing Emotions der Mentalized Affectivity Scale (MAS) (Greenberg et al., 2017) berücksichtigt. Die hier gewonnenen Erkenntnisse über die Zusammenhänge der MAS- Skalen mit Depressivität bzw. Ängstlichkeit sollen in abgeänderter methodischer Form bestätigt und generalisiert werden, um somit eine mögliche Relevanz der Mentalisierten Affektivität für den therapeutischen Kontext im Zusammenhang mit Ängstlichkeit bzw. Depressivität aufzuzeigen. Es wurde eine quantitative Querschnittsstudie mit N=137 Teilnehmern durchgeführt: Die Ergebnisse zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen „Identifying Emotions“ mit Depressivität (r=.06) sowie mit Ängstlichkeit (r=.01), welcher allerdings jeweils keine Signifikanz aufweist. Bei Processing Emotions hingegen sind die Ergebnisse hochsignifikant. So zeigte sich ein signifikant negativer Zusammenhang zwischen Depressivität (r= -.41) sowie Ängstlichkeit (r= - .36) und Processing Emotions. Zusätzlich wurden Geschlechterunterschiede untersucht: Einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Teilnehmern gibt es in vorliegender Arbeit nicht. Da zwei der Hypothesen bestätigt wurden, kann man nur bedingt auf eine Relevanz im therapeutischem Kontext hinweisen. Allerdings müsste hierfür die methodische Vorgehensweise in weiteren Studien mit der MAS verbessert werden.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Einflussfaktoren für die Entwicklung der MA eines Menschens (Greenberg et al.,2017)
Abbildung 2: ER-Messungen, welche den Skalen der MAS ähneln (Greenberg et al., 2017)
Abbildung 3: Boxplot zu Geschlechterunterschieden auf der Skala Identifying Emotions
Abbildung 4: Boxplot zu Geschlechterunterschieden auf der Skala Processing Emotions
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
Emotionen sind ein grundlegender Bestandteil unseres menschlichen Wesens. Eine angemessene Emotionsregulation, d. h., die eigenen Emotionen zu erkennen und adäquat mit ihnen umzugehen, stellt eine wichtige Ressource für die psychische Gesundheit dar (Aldao et al., 2010). Emotionen können bewusst oder unbewusst reguliert werden (Gross, 1998). Dysfunktionale Strategien (bewusst oder unbewusst) und strukturelle Beeinträchtigungen der Emotionsregulation (ER) liegen bei zahlreichen psychischen Störungen im DSM-IV und ICD-10 vor (Aldao, 2010; Barnow, 2012). Nach Gross und Jazaieri (2014) liegen bei 40-70 % der psychischen Störungen massive affektive Probleme und Probleme bei der entsprechenden ER vor. Die Verbesserung der ER ist daher wichtiger Bestandteil der Behandlung zahlreicher klinischer Störungsbilder und wird mittlerweile auch im Rahmen transdiagnostischer und verfahrensübergreifender Therapieansätze diskutiert (Holl et al., 2020). Aber auch bei gesunden Menschen haben die individuellen Unterschiede in der ER einen erheblichen Einfluss: Bezogen auf den affektiven, kognitiven und sozialen Bereich gibt es z. B. ER-Strategien, welche sich positiv auf genannte Aspekte auswirken (z. B. Neubewertung; engl.: reappraisal) und solche, die sich negativ auswirken (z. B. Unterdrückung; engl.: suppression) (John & Gross, 2004). Die unterschiedlichen ERStrategien werden vorwiegend in der Kindheit und Jugend erworben, wobei der familiäre Kontext und die biologischen Voraussetzungen eine bedeutende Rolle spielen (Morris et al., 2007).
Ein junges, erweitertes Konzept der ER ist die Mentalisierte Affektivität (engl: Mentalized Affectivity; MA; Jurist, 2005). Sie beruht auf der Mentalisierungstheorie von Fonagy und Target (1998). MA wird nach Jurist (2005) anhand von drei Skalen gemessen: Identifying Emotions, Processing Emotions und Expressing Emotions. Diese Skalen beschreiben einen hierarchischen Prozess des Erkennens, Einordnens, Verarbeitens und Ausdrückens von Emotionen (Jurist, 2018). Im Gegensatz zu einigen bisherigen Konzepten zur ER (s. Gross, 1998; Morris et al., 2007; Walden & Smith, 1997) könnte die MA nicht nur ein Erklärungsmodell bieten, welches sich hauptsächlich auf frühe Kindheitserfahrungen bezieht. Es könnte vielmehr als ein neues Konzept angesehen werden, welches einen vielschichtigen und komplexen Prozess definiert und somit Ansatzpunkte für neue, ressourcenorientierte und therapeutische Möglichkeiten bietet.
In dieser empirischen Arbeit werden Zusammenhänge zwischen der MA und zwei psychopathologischen Variablen, nämlich Depressivität sowie Ängstlichkeit, untersucht. Ergänzend wird ein Gruppenvergleich von weiblichen und männlichen Personen bezüglich zwei Aspekten der MA (Identifying und Processing) vorgenommen. Gemessen wird die MA anhand der Mentalized Affectivity Scale (MAS) (Greenberg et al., 2017).
Greenberg und Kollegen (2017) haben im Rahmen ihrer explorativen Studie bereits Zusammenhänge von Depressionen und Angststörungen mit verschiedenen Aspekten der MAS nachgewiesen. Das in dieser Arbeit verwendete Messinstrument für Depressivität misst eine „Traurigkeit bis hin zur schweren klinisch manifesten Depression“ und weist daher eindeutige Schnittstellen zu einer klinischen Depression auf (Franke, 2000). Die Ängstlichkeit misst „körperlich spürbare Nervosität bis hin zu tiefer Angst“ und weist deutliche Parallelen zu einer klinischen Angststörung auf (Franke, 2000). Es soll in diesem Rahmen untersucht werden, ob und inwieweit Depressivität und Ängstlichkeit mit Aspekten der MA und der MAS zusammenhängt, um die Ergebnisse aus der Greenberg-Studie konzeptionell in anderer Form („Depressivität“ statt einer Depression und „Ängstlichkeit“ statt einer Angststörung) zu replizieren.
Zunächst werden die relevanten Konzepte zum besseren Verständnis der Arbeit näher erläutert (s. ges. Kapitel 2). Daraufhin wird ein aktueller, themenspezifischer Forschungsstand vorgestellt (s. Kapitel 2.5). Nach Ableitung der Hypothesen (s. Kapitel 3) werden die Methoden präsentiert (s. Kapitel 4). Anschließend werden die Ergebnisse zu den Hypothesen übersichtlich dargelegt (s. Kapitel 5), um sie abschließend zu diskutieren (s. Kapitel 6) und kritisch zu beleuchten (s. Kapitel 7).
Die Ergebnisse dieser Arbeit sollen dazu beitragen, Zusammenhänge und Unterschiede zwischen den Variablen und dem Geschlecht zu untermauern und damit Ansätze für zukünftige Forschungen zu legen. Zudem nähert sich die Arbeit der Frage an, ob die Mentalisierte Affektivität und die MAS im Therapiekontext bei Depressivität und/oder Ängstlichkeit einen Nutzen hat. Durch weitere bekräftigende Forschungen, die den Zusammenhang mit Depressivität und Ängstlichkeit bestätigen, könnten adäquate therapeutische Maßnahmen unter Berücksichtigung der MA und der MAS abgeleitet bzw. das Konzept könnte in den Therapieprozess eingebunden werden.
2. Theoretischer Hintergrund
Im Folgenden wird das zentrale Konzept, die MA; Kapitel 2.1, und die relevanten Variablen, nämlich Depressivität und Ängstlichkeit; Kapitel 2.2, näher erläutert. Daraufhin wird zum besseren Verständnis auf die bezugsnahen Konzepte näher eingegangen. Zu den relevanten Konzepten gehören: Emotionsregulation (Kapitel 2.3) und Mentalisierung (Kapitel 2.4). Im Abschluss des Theorieteils wird ein Abriss des themenspezifischen Forschungsstands anhand von aktueller, relevanter Literatur dargestellt (Kapitel 2.5).
2.1 Mentalisierte Affektivität
Das zugrundeliegende Konzept dieser Arbeit, die MA, integriert die Mentalisierungsfähigkeit in die ER (Rinaldi et al., 2021). MA wurde als detailliertes Konzept der ER entwickelt, welches einen umfassenden Prozess in mehreren aufeinanderfolgenden Teilschritten beschreibt. Eine adäquate MA wird als Fähigkeit beschrieben, sich des eigenen Affekts bewusst zu werden, in diesem affektiven Zustand zu verbleiben und ihm im Kontext der vergangenen Erfahrungen und des Selbstkonzepts einen anderen Bedeutungskontext zu verleihen. Der Affekt wird dabei moduliert und schließlich sich selbst und anderen Personen gegenüber angemessen ausgedrückt (Jurist, 2018). MA basiert auf der Erkenntnis, dass die ER durch Persönlichkeitsstil, Werte und vor allem durch das autobiographische Gedächtnis beeinflusst wird (Jurist, 2018). Greenberg und Kollegen (2017) beschreiben die Entwicklung der MA als abhängig von biologischen Grundlagen, der kindlichen Entwicklung und der Kultur bzw. Ethnizität eines Individuums. Zudem spielen die (elterlichen) Bindungen in der Kindheit und die psychischen und kognitiven Fähigkeiten eine bedeutende Rolle (s. Abbildung 1). Jurist fügt hinzu, dass „die Grundidee der MA in dem Wunsch liegt zu verstehen, wie die eigene Vergangenheit und Identität das eigene, aktuelle emotionale Erleben prägen“ (2018, S.3). Die MA wird anhand von drei Skalen definiert: Identifying Emotions, Processing Emotions und Expressing Emotions (Greenberg et al., 2017). Identifying meint das Erkennen der aktuellen, eigenen Emotionen im Kontext mit dem autobiographischen Gedächtnis. Es werden hier also bisher unreflektierte Gefühle und deren Ursprung erkannt und somit eine Basis für das Verarbeiten der jeweiligen Emotionen gelegt. In Processing Emotions werden die Emotionen hinsichtlich Dauer und Intensität reguliert. Es wird in Processing Emotions den Emotionen ggf. auch ein anderer Bedeutungskontext verliehen. Processing Emotions steht darüber hinaus stark im Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit (Greenberg et al., 2017). Dieser Befund liefert erste Hinweise darauf, dass Processing
Emotions ein Schlüsselelement ist, auf das man sich in der psychologischen Behandlung konzentrieren sollte.
Die Greenberg-Studie lieferte zudem Ergebnisse, wonach die Anzahl der Jahre in Therapie positiv mit Identifying Emotions korrelierte, nicht aber mit Processing Emotions (Greenberg et al., 2017). D.h. je länger die Person eine therapeutische Behandlung in Anspruch nahm, desto besser ausgeprägt waren die Fähigkeiten, welche die Skala Identifying Emotions beschreibt. Die Werte zu Processing Emotions wiesen keine signifikante Verbesserung in Bezug auf den Faktor Jahre in therapeutischer Behandlung auf. In folgender Abbildung (Abbildung 1) sind noch einmal die Einflussfaktoren der MA grafisch dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1:Einflussfaktoren für die Entwicklung der MA eines Menschens (Greenberg et al.,2017)
Die einzelnen Skalen der MAS werden zum besseren Verständnis in
Kapitel 4.3 weiter näher erläutert. Frühere Messungen zur ER beinhalten bereits verwandte Skalen der MA-Theorie und der MAS (s. Abbildung 2). Die MAS ist allerdings das erste Messinstrument, welche alle drei Komponenten auf einmal misst.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ein der MA verwandtes Konstrukt ist die Empathie (Greenberg et al.,2017). Empathie bedeutet, die Emotionen anderer zu verstehen und auf diese zu reagieren. Sie umfasst sowohl kognitive als auch affektive Fähigkeiten. Mit kognitiv ist hier die Fähigkeit zur Mentalisierung gemeint, bei der sich eine Person in die Lage eines anderen Menschen hineinversetzt, um dessen Gedanken und Emotionen zu erkennen. Mit affektiv ist die Fähigkeit gemeint, auf andere Menschen mit einer angemessenen Emotion zu reagieren, indem man die Situation, in der sich eine andere Person befindet, und die Gefühle, die sie auslöst, verarbeitet (Baron-Cohen & Wheelwright, 2004). Der Empathie-Quotient (EQ; Baron-Cohen &
Wheelwright, 2004) misst diese Fähigkeiten anhand von drei Skalen: Kognitive Empathie, Emotionale Reaktivität (bzw. affektive Empathie) und Soziale Fähigkeiten. Der EQ und ihre drei Skalen ähneln stark den drei Skalen der MAS (Greenberg et al., 2017). Allerdings ist die Fähigkeit „auf andere mit einer angemessenen Emotion zu reagieren“ im EQ ausschließlich nach extern, auf Menschen und Objekte, gerichtet, und nicht nach innen auf das Selbst, wie es in der MAS definiert ist.
2.2 Depressivität und Ängstlichkeit
2.2.1 Depressivität
Die (Major) Depression hat weltweit 264 Millionen Betroffene (WHO, 2020) und gehört zu den häufigsten psychischen Störungen.
Depressivität wird als prädisponierte, genetisch bedingte Eigenschaft beschrieben, die die Entstehung einer depressiven Episode begünstigen kann, wobei der Übergang von Depressivität zu einer schweren Depression nicht immer fließend verläuft (Schmitt & Altstötter-Gleich, 2010). Depressive Episoden werden nach ICD-10 unter F32 (affektive Störungen) codiert und es gibt verschiedene Ausprägungen hinsichtlich Intensität und Dauer der einzelnen Episoden (Cooper, 2012). Depressive Verstimmungen (F32.9) fallen im ICD-10 unter die depressiven Episoden und kommen bei den meisten Menschen im Laufe des Lebens mehr oder weniger stark ausgeprägt vor. Die Tendenz, aus einer depressiven Verstimmung in eine klinisch- depressive Episode zu geraten, variiert allerdings individuell und ist mitunter abhängig von situativen Faktoren. (Kandel & Davies, 1982).
Bezüglich ER wird angenommen, dass ER-Defizite bzw. dysfunktionale ER-Strategien eine klinische Depression begünstigen können. Im Rahmen einer Metaanalyse fassten Wissenschaftler Studien zusammen, die den
Zusammenhang zwischen ER und einer klinischen Depression untersuchten. Dabei fanden sie heraus, dass depressive Patienten vermehrt dysfunktionale ER-Strategien wie Rumination, Unterdrückung und Vermeidung nutzen (Barnow et al., 2013). Zusammenhänge zwischen einer klinischen Depression und dysfunktionalen ER-Strategien wurden demnach in einigen Studien nachgewiesen.
Die Depressivität wird in vorliegender Arbeit anhand des Brief Symptom Inventory (BSI) (Franke, 2000) gemessen. Der BSI misst die subjektive Belastung durch körperliche und psychische Symptome in den letzten sieben Tagen und wird in Kapitel 4.3.2 (Messinstrumente) näher erläutert.
2.2.2 Ängstlichkeit
Ängstlichkeit wird in der Psychologie, genauso wie Depressivität, als Eigenschaft bzw. Persönlichkeitsdisposition beschrieben (Schellhas, 1993). Danach indiziert Ängstlichkeit eine erhöhte Neigung, auf als bedrohlich wahrgenommene Situationen schneller und intensiver mit Angstzuständen zu reagieren als weniger ängstliche Menschen (Schellhas, 1993). Eine hohe, zeitstabile Ängstlichkeit weist auf latente fortwährende Bedrohungszustände des Individuums hin, die durch angstfördernde soziale Kontexte (z. B. in der Familie, Schule usw.), ungelöste Entwicklungsaufgaben oder traumatische Ereignisse hervorgerufen sein können. Eine solche, auch chronisch genannte Ängstlichkeit, kann über längere Zeiträume hinweg die Bedingungen von Anpassungsprozessen einschränken bzw. stören (Schellhas, 1993). Ängstlichkeit wird klinisch interessant, wenn notwendige Anpassungsleistungen mit ihren angstregulierenden Effekten vom Individuum nicht erbracht werden (können). In der Folge können chronische Ängste auf einem hohen Niveau in einer Angststörung resultieren (Bandelow et al., 2014).
Klinische Angststörungen liegen mit einer 12-Monatsprävalenz von 14 % bei den 14-65-Jährigen in Europa an der Spitze der psychischen Erkrankungen (Ärzteblatt, 2017). Pathologische Ängste sind in erster Linie dadurch gekennzeichnet, dass Menschen in bestimmten Lebenssituationen - aber auch (scheinbar) plötzlich und unvermittelt - starke bis sehr starke Ängste erleben, die die Betroffenen selbst und auch ihre Umwelt als nicht angemessen oder unangebracht erscheinen. Solche Angststörungen können zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen (Bandelow et al., 2014).
Auch Patienten mit Angststörungen weisen dysfunktionale ER- Strategien auf wie z. B. die Unterdrückung, welche häufig bei Patienten mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung zu beobachten ist (Amstadter, 2008). In dieser Arbeit soll untersucht werden, inwieweit Ängstlichkeit mit bestimmten Aspekten der MA und der MAS zusammenhängt. Dazu lieferten Greenberg und Kollegen (2017) in ihrer Studie ebenfalls eine Vorarbeit. Die Ergebnisse deuten auf Zusammenhänge bei Ängstlichkeit und bestimmten Aspekten der MA und der MAS hin. Die Ängstlichkeit wird in dieser Arbeit ebenfalls anhand des Brief Symptom Inventory (BSI) (Franke, 2000) gemessen.
2.3 Emotionsregulation
2.3.1 Emotionsregulation: Hintergrund
Aufgrund unterschiedlicher Konzeptauslegungen und Forschungsansätze besteht kein eindeutiger Konsens bei der Definition von ER. Einige Wissenschaftler definieren ER als „Initiation von neuen oder Änderung bereits bestehender Emotionen, die Akzentuierung, Verringerung, Unterdrückung oder Aufrechterhaltung emotionaler Reaktionen“ (Gross & John, 2003, S.349; Sloan & Kring, 2007, S.309). Thompson (2008) versuchte es mit einer weiteren Definition von ER, die weitgehend anerkannt wird: ER sind „die extrinsischen und intrinsischen Prozesse, die dafür verantwortlich sind emotionale Reaktionen, insbesondere ihre Intensität und ihre zeitlichen Merkmale, zu überwachen, zu bewerten und zu modifizieren, um die eigenen Ziele zu erreichen“ (S.27). Eine andere Definition ist eher allgemeiner verfasst und beschreibt ER als „eine Reihe von Prozessen, mit welchen Individuen versuchen, spontan aufkommende Emotionen zu beeinflussen“ (Gross, 2008, S.500). Bekannte ERStrategien sind Akzeptanz, Vermeidung, Problemlösung, Neubewertung, Rumination und Unterdrückung (Aldao et al., 2010). Sie bilden sich während der gesamten kindlichen Entwicklung heraus und spielen auch im Erwachsenenalter eine bedeutende Rolle (Holl et al., 2020).
Vergangene Forschung beschäftigte sich mit individuellen Unterschieden zwischen bestimmten ER-Strategien und ihrer Auswirkung auf das Wohlbefinden, Gefühle und zwischenmenschliche Beziehungen. So zeigte sich ein positiver Zusammenhang zwischen der Strategie Neubewertung (engl.: reappraisal) und positiven Gefühlen bzw. Wohlbefinden. Selbige Studie zeigte, dass die Strategie Unterdrückung (engl.: suppression) negative Auswirkungen auf Gefühle und zwischenmenschliche Beziehungen hat (Gross & John, 2003).
ER-Strategien wurden in vergangenen Forschungsarbeiten unterschiedlich klassifiziert. So unterscheiden einige Forschende zwischen antizipatorischen Strategien (z.B. Neubewertung) und reaktiven Strategien (z.B. Unterdrückung) (John & Gross, 2004). Koole (2009) hingegen unterscheidet ER-Strategien hinsichtlich ihrer Funktionsbereiche (kurzfristig/langfristig). Zum einen nennt er Strategien, welche eine unmittelbare Befriedigung hedonistischer Bedürfnisse zum Ziel haben wie z. B. Ablenkung, Sport und Vermeidung. Und zum anderen solche, die langfristig zur Stabilisierung und Entwicklung beitragen wie z. B. Neubewertung (eng. reappraisel).
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