Der erste Teil dieser Arbeit behandelt die Diskurse der Hysterie. Dabei soll zunächst ein knapper historischer Überblick über die medizinisch-psychiatrischen Theorien der Hysterie am Ende des 19. Jahrhunderts gegeben werden. Im Anschluss daran liegt der Fokus auf den um die Jahrhundertwende zirkulierenden Konzeptionen von Weiblichkeit und Krankheit respektive Hysterie.
Der zweite Teil dieser Arbeit behandelt den literarischen Kontext der Jahrhundertwende. Der Fokus liegt dabei vor allem auf den Lebensbedingungen der schreibenden Frauen dieser Zeit. In einem nächsten Schritt soll anhand der Texte weiblicher und männlicher Signatur skizziert werden, wie diese AutorInnen die herrschenden Deutungen um Weiblichkeit und weiblicher Psychopathologie behandeln und welche Unterschiede gegebenenfalls signifikant sind. Bei den analysierten Texten handelt es sich um Theodor Fontanes Roman „Cécile“ (1887), Hedwig Dohms Novelle „Werde, die du bist!“ (1894) und dem Roman „Halbtier“ (1897) von Helene Böhlau.
Die Analyse des Romans „Aus guter Familie“ von Gabriele Reuter bildet den Hauptteil der vorliegenden Arbeit. Der ‚Leidensweg’ der Protagonistin Agathe Heidling soll anhand der Faktoren nachgezeichnet werden, die die Zerstörung ihrer Identität und Individualität bedingen und die letztendlich zur Internierung in eine Nervenheilanstalt führen. Neben der im Vordergrund stehenden textimmanenten Interpretation sollen immer wieder die theoretischen Ausführungen Irigarays zu Weiblichkeit und weiblicher Subjektivität miteinbezogen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hysterie-Diskurse
- Hysteriekonzepte im medizinisch-psychiatrischen Diskurs
- Weiblichkeit um die Jahrhundertwende
- Sigmund Freud
- ,,Studien über Hysterie“ – Der Fall Anna O.
- ,,Bruchstück einer Hysterie-Analyse“ – Der Fall Dora
- Hysteriekonzepte im feministischen Poststrukturalismus
- Luce Irigaray
- Literatur um 1900
- Andere Hysterikerinnen
- „Aus guter Familie. Leidensgeschichte eines Mädchens"
- Erziehung zur Weiblichkeit
- Doppelmoral der Gesellschaft
- Sexualität – gesellschaftliche Norm und individuelles Begehren
- Agathes, Wahnsinn'
- Schlussbetrachtung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht den Roman „Aus guter Familie. Leidensgeschichte eines Mädchens" von Gabriele Reuter im Kontext der Hysterie-Diskurse und Weiblichkeitsideologien um 1900. Ziel ist es, die Auseinandersetzung der Autorin mit den herrschenden Konzepten von Weiblichkeit und Hysterie zu analysieren und zu erforschen, ob der Text einen affirmativen oder subversiven Umgang mit diesen Konzeptionen verfolgt.
- Die Konstruktion von Weiblichkeit im späten 19. Jahrhundert
- Die Rolle der Hysterie als kulturelles Deutungsmuster
- Die Darstellung von Sexualität und gesellschaftlichen Normen
- Die Kritik an der Doppelmoral der wilhelminischen Gesellschaft
- Die literarische Auseinandersetzung mit dem „anderen Geschlecht“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Geschlechterverhältnisse im 19. Jahrhundert ein und beleuchtet die Entwicklung vom Ein- zum Zwei-Geschlechter-Modell. Dabei wird die Pathologisierung der Frau und die Entstehung des Krankheitsbildes der Hysterie als Ausdruck der weiblichen „Anormalität“ hervorgehoben.
Das zweite Kapitel befasst sich mit den Diskursen der Hysterie. Es werden die medizinisch-psychiatrischen Theorien der Hysterie am Ende des 19. Jahrhunderts vorgestellt, sowie die Konzepte von Weiblichkeit in dieser Zeit. Der Fokus liegt dabei auf den Arbeiten von Sigmund Freud und Luce Irigaray.
Das dritte Kapitel widmet sich der Literatur um 1900 und beleuchtet die Darstellung von Hysterie in anderen Werken dieser Zeit.
Das vierte Kapitel analysiert den Roman „Aus guter Familie. Leidensgeschichte eines Mädchens" von Gabriele Reuter. Es werden die Erziehung zur Weiblichkeit, die Doppelmoral der Gesellschaft, die Darstellung von Sexualität und die Figur der Agathe im Kontext des „Wahnsinns“ untersucht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Hysterie, Weiblichkeit, Geschlechterverhältnisse, Literatur um 1900, Gabriele Reuter, „Aus guter Familie“, wilhelminische Gesellschaft, Sexualität, Doppelmoral, kulturelle Konstruktionen, feministische Literaturwissenschaft.
- Arbeit zitieren
- Christina Baumann (Autor:in), 2008, Hysterie und Weiblichkeit in der Literatur um 1900 am Beispiel von Gabriele Reuters "Aus guter Familie", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115429
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