Zusammenfassung der Studie "Marijuana and Actual Driving Performance" von Robbe, H.W.J. & O´Hanlon, J.F. (1993) und einer psychopathologischen Zusammenfassung der Auswirkungen von Cannabis und Alkohol.
Cannabis und Fahrleistung, Cannabis - zur Substanz und ihrem Vorkommen, Cannabiskonsum - Entwicklungstendenzen, Konsummuster, Konsumfolgen, das Unfallrisiko unter Alkohol.
Inhaltsverzeichnis
ABSTRACT
KAPITEL 1: EINLEITUNG
KAPITEL 2: ALLGEMEINE METHODISCHE UNTERSUCHUNGSANSÄTZE
KAPITEL 3: PILOTSTUDIE ZUM AUSWÄHLEN DER THC-DOSEN
KAPITEL 4: MARIHUANA UND AUTOFAHREN AUF EINEM ABGESPERRTEN HIGHWAY
KAPITEL 5: MARIHUANA UND AUTOFAHREN AUF EINER ÖFFENTLICH BEFAHRENEN AUTOBAHN
KAPITEL 6: MARIHUANA, ALKOHOL UND FAHREN IM STADTVERKEHR
KAPITEL 7: ALLGEMEINE DISKUSSION UND SCHLUßFOLGERUNGEN
LITERATUR
Abstract
Die Studie untersucht die Effekte von Marihuana auf die aktuelle Fahrleistung. Es werden die Ergebnisse einer Pilotstudie und von drei aktuellen Fahrstudien vorgestellt. Hauptanliegen der Pilotstudie war die Bestimmung der THC-Dosis, welche MarihuanaKonsumenten heutzutage rauchen, um ihr gewünschtes „High“ zu erreichen. Anhand der Ergebnisse der Pilotstudie wurde die maximale THC-Dosis für die folgenden Fahrstudien auf 300 Hg THC / kg Körpergewicht festgelegt. Die erste Fahrstudie wurde auf einem für den öffentlichen Verkehr abgesperrten Abschnitt einer niederländischen Autobahn durchgeführt. Nachdem die Probanden Marihuana-Zigaretten geraucht hatten, welche zu THC-Konzentrationen von 0, 100, 200, bzw. 300 Hg THC / kg Körpergewicht führten, hatten die Versuchspersonen für eine bestimmte Zeit Auto zu fahren, wobei sie eine konstante Geschwindigkeit und eine lateral mittige Fahrbahnposition einhalten sollten. Diese Studie wurde in der zweiten Untersuchung mit neuen Versuchspersonen und nun auch in der Anwesenheit anderen, öffentlichen Verkehrs repliziert. Anschließend wurde ein „Car Following“-Test durchgeführt, bei welchem die Probanden die Aufgabe hatten, einem vorausfahrendem Fahrzeug mit wechselnder Geschwindigkeit in konstantem Abstand hinterherzufahren. Die dritte Fahrstudie schließlich verglich die Effekte von mäßigen THC-Dosen (100 Hg THC / kg Körpergewicht) und Alkohol (BAC von 0,4 %) auf die Fahrleistung beim Fahren im Stadtverkehr. Ergebnis dieses wissenschaftlichen Projektes war, daß die alleinige Einnahme von Marihuana in Abhängigkeit von der konsumierten THC-Dosis zu einer geringen Verschlechterung der Fahrleistung führt. Diese Verschlechterung zeigt sich vor allem in einer eingeschränkten Fähigkeit, eine konstante laterale Fahrbahnposition einzuhalten. Die Schwere dieser Verschlechterung ist aber im Vergleich mit den Veränderungen, welche durch viele Psychopharmaka und Alkohol hervorgerufen werden, nicht außergewöhnlich. Fahrer, die unter dem Einfluß von Marihuana stehen, behalten Einsicht in ihre Leistungsfähigkeit und werden versuchen, Schwächen, so weit es ihnen möglich ist, zu kompensieren. Dies gelingt ihnen z.B. durch langsameres Fahren oder eine erhöhte Anstrengung. Folglich ist also festzuhalten, daß nachteilige Effekte von THC auf die Fahrleistung relativ gering erscheinen.
Kapitel 1: Einleitung
Der primäre psychoaktive Wirkstoff von Marihuana ist ®[9]-tetrahydrocannabinol (THC). Die THC-Konzentration in Marihuana-Zigaretten liegt in den USA zwischen 0,5% und 11% und in den Niederlanden ungefähr zwischen 5% und 25%. Auch die tatsächlich inhalierte Menge von THC unterliegt wiederum starken Schwankungen, abhängig von der jeweiligen Rauchtechnik und dem THC-Anteil, welcher bei der Verbrennung zerstört wird. Es kann jedoch grob davon ausgegangen werden, daß höchstens 25% des verfügbaren THC auch tatsächlich den Blutkreislauf erreichen. Wichtigster Metabolit von THC ist die psychisch unwirksame 11-nor-THC-9-Carboxyl-Säure (THC-COOH), deren Konzentration auch im Urin ermittelt werden kann. Obwohl die höchste Konzentration von THC im Blutplasma bereits während des Rauchens auftritt, erreicht die psychische Wirkung des THC ihr „High“ erst 15 bis 30 Minuten nach dem Rauchen. Nach ca. 4 Stunden ist das psychische „High“ wieder abgeklungen, und nur noch sehr niedrige Blutplasmakonzentrationen von THC können gemessen werden. Sowohl in den Blutplasmakonzentrationen von THC, als auch in dessen psychischer Wirkung existieren sehr große interindividuelle Differenzen.
Die Ergebnisse früherer Untersuchungen zum Thema können zusammenfassend so dargestellt werden, daß bis jetzt kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Rauchen von Marihuana und einer ernsthaft verschlechterten Fahrleistung oder einem erhöhten Unfallrisiko festgestellt werden konnte. Sowohl die Ergebnisse bisheriger Untersuchungen mit Fahrsimulatoren, als auch die aus Studien, in welchen abgesperrte Teststrecken verwendet wurden, untermauern die bisherigen epidemiologischen Schlußfolgerungen: Bis zu einer THC-Konzentration von 250 Hg THC / kg Körpergewicht ist mit nur relativ geringfügigen Effekten auf die Fahrleistung zu rechnen. Im Vergleich dazu treten bei einer Blutalkoholkonzentration (BAC) von 0,8%o - 1,0^ mit Sicherheit stärkere Beeinträchtigungen der Fahrleistung auf.
Kapitel 2: Allgemeine methodische Untersuchungsansätze
Hauptziel der aktuellen Untersuchung war es, der Frage nachzugehen, ob THC in einer möglichst realen Fahrsituation einen dosisabhängigen Einfluß auf die Fahrleistung hat. Hierzu wurden folgende „Fahraufgaben“ verwendet:
- „Road Tracking“-Test: Einhalten einer konstanten Geschwindigkeit und eines gleichen lateralen Fahrzeugabstands bezüglich Seiten- und Mittelstreifen der Straße auf einer Autobahn mit stockungsfreiem Verkehrsfluß
- „Car Following“-Test: In konstantem Abstand einem vorausfahrendem Fahrzeug auf der Autobahn folgen, welches die Geschwindigkeit variiert
- „City Driving“: Fahren im Stadtverkehr einer Großstadt auf einer festgelegten Strecke
Die Studie besteht aus einer kleineren und drei größeren Untersuchungen, welche sukzessiv immer realitätsnaher wurden. Dieses Design war nötig, um die Sicherheit der Versuchspersonen während des gesamten Projekts zu optimieren. Begonnen wurde mit einer Pilotstudie (Kapitel 3), welche in einem Krankenhaus unter medizinischer Betreuung durchgeführt wurde. Ziel dieser Pilotstudie war es, die THC-Menge festzustellen, bei welcher gelegentliche Marihuana-Raucher nach Einnahme der Droge noch autofahren würden.
Anschließend fand die erste Fahrstudie statt, die auf einem gesperrten Teilstück einer niederländischen Autobahn durchgeführt wurde (Kapitel 4). Hauptziel dieser Studie war es, die Beziehungen zwischen THC-Dosis, Einfluß der Wirkung auf die Fahrleistung und verstrichener Zeit festzustellen, diese mit den Ergebnissen früherer Studien zu vergleichen und schließlich auch herauszufinden, ob die Fahrleistungen der Versuchspersonen es erlauben, eine ähnliche Untersuchung auch auf einer Autobahn mit regulärem, öffentlichen Verkehr durchzuführen. Diese potentielle Nachfolgeuntersuchung wurde dann in der nächsten Studie in die Tat umgesetzt (Kapitel 5). In der letzten Studie wurde schließlich der Einfluß von THC auf die Fahrleistung in dichtem Stadtverkehr untersucht (Kapitel 6). An dieser Studie nahm aus Vergleichsgründen eine zusätzliche Gruppe von Probanden teil, die an Stelle von THC bzw. Placebo Alkohol (BAC von 0,4 bzw. Placebo verabreicht bekamen.
Als Versuchspersonen wurden freiwillig teilnehmende männliche und weibliche Autofahrer rekrutiert welche gelegentlich (öfter als einmal im Monat, aber nicht täglich) Marihuana rauchten, psychisch und physisch gesund waren, zwischen 21 und 40 Jahre alt waren und ein normales Gewicht und eine normale Sehkraft besaßen.
Die Versuchspersonen wurden bei jeder Fahraufgabe von staatlich geprüften Fahrlehrern begleitet, welche in einer potentiellen Notfallsituation mit einem redundantem Kontrollsystem, wie es aus den Autos der Fahrschulen bekannt ist, die Führung des Fahrzeugs übernehmen konnten.
Sowohl die Marihuana-Zigaretten, als auch die Placebo-Zigaretten wurden vom nationalen Institut für Drogenmißbrauch der Vereinigten Staaten von Amerika (NIDA) zur Verfügung gestellt.
Kapitel 3: Pilotstudie zum Auswählen der THC-Dosen
Um zu gewährleisten, daß die in der Studie verwendeten THC-Dosen auch denen entsprechen, die die Konsumenten in ihrer Freizeit verwenden, wurde unter dem Aspekt der Bestimmung der geeigneten THC-Dosen eine Pilotstudie durchgeführt. In allen früheren Studien wurden die verwendeten THC-Dosen ohne Berücksichtigung des gewöhnlichen Konsumverhaltens der Probanden festgelegt. Hierzu wurde nun den Probanden in der Pilotstudie wiederholt Blut zur Bestimmung der THC- und THC-COOH Konzentrationen im Blut entnommen, die Probanden wurden wiederholt mehreren Labortests (Critical Tracking Test (CTT) und Hand Steadiness Test) unterzogen, sie mußten subjektiv ihren Intoxikationsgrad beurteilen und ihre augenblickliche Bereitschaft zum Autofahren unter verschiedenen hypothetischen Notfallsituationen einstufen. Zusätzlich wurde gleichzeitig ihre Herzrate gemessen. Einen weiteren Schwerpunkt der Pilotstudie stellte die Frage dar, ob sich ein spezifischer Zusammenhang zwischen THC- und THC-COOH Konzentrationen im Blut und Veränderungen in Physiologie, Verhalten oder subjektiven Variablen aufzeigen läßt.
An der Pilotstudie nahmen 24 Probanden beiderlei Geschlechts teil. Jede Versuchsperson erhielt drei Marihuana-Zigaretten und durfte davon soviel rauchen, bis die erwünschte psychische Wirkung eintrat. Hierbei sollten sie kontinuierlich und höchstens 15 Minuten inhalieren. Wenn die Versuchspersonen freiwillig aufhörten zu rauchen, bevor sie alle drei Marihuana-Zigaretten konsumiert hatten, wurde im Labor die inhalierte THC-Menge bestimmt. Sechs Versuchspersonen rauchten nur eine Zigarette, 13 rauchten zwei und vier rauchten alle drei Marihuana-Zigaretten. Im Durchschnitt nahmen die Versuchspersonen 20,8 mg THC auf (308 Bg THC / kg Körpergewicht). Aufgrund dieser Ergebnisse wurde die maximale THC-Dosis für die folgenden Fahrstudien auf 300 Bg THC / kg Körpergewicht festgelegt. In vorherigen Studien wurde durchschnittlich nur 100- 200 Hg THC / kg Körpergewicht verabreicht.
Als weiteres Ergebnis der Pilotstudie erhielt man, daß das wahrgenommene subjektive „High“ und die Bestimmung der Herzrate der Versuchspersonen sehr genaue „Meßinstrumente“ zur Bestimmung einer Marihuana-Intoxikation darstellen. Die folgende Abbildung zeigt grafisch den zeitlichen Verlauf der Stärke des subjektiv wahrgenommenen „High“ nach dem Rauchen einer Marihuana-Zigarette.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Zeitlicher Verlauf des wahrgenommenen „High“ nach THC-Konsum: Mittelwerte und Standardfehler
In der nachfolgenden Abbildung wird der zeitliche Verlauf der Herzrate (Schläge pro Minute) nach dem Rauchen einer Marihuana-Zigarette grafisch dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2: Zeitlicher Verlauf der Herzrate nach THC-Konsum: Mittelwerte und Standardfehler
Außerdem fand man Verschlechterungen bei den Verhaltenstests im Labor zum Zeitpunkt der höchsten subjektiven Wirkung. Allerdings ließ die objektive Verschlechterung wieder erheblich schneller nach, als dies die subjektive Wirkung der Droge tat.
Es konnten keine Aussagekräftigen Korrelationen zwischen den ermittelten THC- bzw. THC-COOH Konzentrationen im Blut und der Leistungen in den Tests ermittelt werden.
Kapitel 4: Marihuana und Autofahren auf einem abgesperrten Highway Die erste Fahrstudie fand auf einem Highway statt, der für den öffentlichen Verkehr abgesperrt wurde. Ein Hauptanliegen dieser Studie war es herauszufinden, ob es verantwortet werden könnte, für spätere Studien öffentlich befahrene Straßen zu verwenden. Außerdem sollte der Zusammenhang zwischen inhalierter THC-Dosis und daraus resultierenden Veränderungen der Fahrleistung ermittelt werden.
Es nahmen dieselben Versuchspersonen wie in der Pilotstudie teil. Jeder Proband erhielt in einer Doppelblind-Anordnung und in durchvariierter Reihenfolge THC-Dosen von 0, 100, 200 Hg THC / kg Körpergewicht und 300 Hg THC / kg Körpergewicht. Jeweils 40 Minuten und erneut 100 Minuten nach jeder inhalierten Dosis mußten die Versuchspersonen unter Begleitung eines Fahrlehrers 22 km auf dem abgesperrten Highway fahren. Hierbei sollten sie einige von O'Hanlon et al. (1982, 1986) entwickelten und standardisierten Aufgaben befolgen: Sie sollten mit einer konstanten Geschwindigkeit von 90 km/h fahren und eine lateral gleichabständige Position zwischen den beiden Begrenzungsstreifen der Fahrbahnspur einhalten.
Als abhängige Variablen dienten die Standardabweichung von der lateralen Fahrbahnposition (SDLP), die Durchschnittsgeschwindigkeit und die Standardabweichungen von der Geschwindigkeit und vom Einschlagwinkel des Lenkrads. Außerdem wurden vor und nach jedem Fahrtest Blutproben entnommen, Labortests (CTT und Hand Steadiness Test) durchgeführt, Herzrate und Blutdruck gemessen und Fragebögen zur subjektiven Einschätzung des Befindens vorgelegt. In der folgenden Tabelle sind die Aktivitäten, die eine Versuchsperson an einem Testtag durchzuführen hatte, in zeitlicher Abfolge aufgelistet.
Tabelle 1: Zeitlicher Ablaufplan der Aktivitäten an Testtagen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tracking and Hand Steadiness Tests Heart rate and Blood Pressure
Alle Versuchspersonen bewältigten die Fahrtests ohne größere Schwierigkeiten. im Vergleich zur Placebo-Bedingung ließ sich bei allen drei THC-Dosen eine signifikante Zunahme der Standardabweichung von der lateralen Fahrbahnposition (SDLP)
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- Arbeit zitieren
- Hendrik Beierstettel (Autor:in), 1998, Grundlagen der Verkehrspsychologie. Fahren unter Einfluss psychoaktiver Substanzen insbesondere Cannabis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1154507
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