Wie drei Frauen die Rokoko Mode revolutionierten und eine dabei den Kopf verlor. Der Einfluss von Marie Antoinette, Rose Bertin und Vigée Lebrun auf die Textil- und Kunstgeschichte um 1800


Dossier / Travail, 2021

31 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Fancy Fashion - Die raffinierte Mode des Rokokos

3. Das Dreigestirn der Rokoko Fashion Revolution
3.1. Fashion Victim - der "lavish taste" der Marie Antoinette
3.2. Fashion Ministerin - der Aufstieg der Rose Bertin
3.3. Fashion & Art - das Werk der Vigée Lebrun

4. Mode im Umbruch- zwischen Trend, Skandal und Schafott
4.1. Das Court Dress - ein unbequemer Traum aus Tüll
4.2. Der Skandal um das Chemise à la Reine
4.3. Mode und Politik - die Robe á l'anglaise

5. Französische Revolution und Exil - ein Überblick

6. Resümee

Literaturverzeichnis

Bildverzeichnis

1 Einleitung

Die Epoche des Rokokos ist bis heute verbunden mit den pompösen Darstellungen des Sonnenkönigs Louis XIV. und seinem goldenen Versailles. Aus Seide und Tüll geformte raschelnde Tanzkleider, aufgetuffte Turmfrisuren und Loaferschuhe mit roten Sohlen machten aus der Epoche um 1800 eine der modisch bedeutsamsten der Textilgeschichte. Frankreich fungierte als Zentrum der Mode und setzte weltweit die Trends jener Zeit. Dies war jedoch vor allem der Verdienst der Queen of Fashion, Marie Antoinette, welche schon vor der eigentlichen Revolution, eine Rokoko Fashion Revolution in Gang setzte, deren Einfluss bis weit in die Gegenwart reicht. Um Ihre modernen Fashionideen, fernab der Versailler Hofetikette ausleben zu können, benötigte die Königin zahlreiche Unterstützer. Neben Ihrem Hoffriseur Leonard Autié waren es vor allem die Modistin Rose Bertin und die Malerin Vigée Lebrun, welche das rasante Leben der Marie Antoinette beeinflussen sollten.

„Wie die erste Kammerfrau, Madame Campan, nahm auch die Garderoben- Intendantin der >Modeministerin< persönlich übel, dass sie die Königin unentwegt mit Mode zu verführen verstand, ganz gleich, welche gerade an der Reihe war. Dazu hätte die Bertin eine Finanzpolitik entwickelt, die, ohne illegal zu sein, doch auf Verschleierung der wahren Kosten hinauslief. Rose hatte das Privileg direkt an die Königin liefern zu dürfen statt an die Garderobe. Die Rechnungen schickte sie mit Absicht erst einige Monate später, weil sie die Zustände hinter den Kulissen des Hofes kannte: Keiner konnte sich dann mehr genau an das Gelieferte erinnern, deshalb auch nicht exakt nachprüfen. Man musste es anerkennen und bezahlen, und zwar mit Haute- Couture Preisen.“1 (Dion, Anna: Die Kleidermacherin. Augsburg.1997. S. 292-293.)

Warum sorgte die Fashionaffinität der Marie Antoinette für so viel Aufregung im französischen Volk und in welchem Zusammenhang stehen Mode, Kunst und Politik um 1800? Wie hatte es die modeaffine Königin geschafft einen so großen Einfluss auf die Textilgeschichte zu nehmen? Welches Zutun hatte hierbei die Marchande de Mode Rose Bertin? Wie kam es dazu, dass die romantisch-pittoresken Darstellungen der Marie Antoinette in den Gemälden von Vigée Lebrun einen der größten Skandale der französischen Textilgeschichte auslösten? Welchen Einfluss hatte die Kooperation von Marie Antoinette, Rose Bertin und Vigée Lebrun auf die Modeentwicklung in ganz Europa?

„Marie- Antoinette is remembered as history’s definitive fashion victim. She has been accused of single-handedly bringing down the French monarchy through her frivolity and her enormous expenditure on clothing. Her name remains a byword for sartorial extravagance and self- indulgence.“2 (Campbell- Chrisman, Kimberly: Fashion Victims. China. 2015.S. xii.)

2 Fancy Fashion – die raffinierte Mode des Rokokos

„Die beliebtesten Stoffe der Rokokozeit waren Atlas und Satin, beides Textilien, die mit Hilfe des Lichts das für jene Zeit so wichtige reiche Spiel der Falten hervorzuzaubern instande waren. Der Glanz des Atlas verband sich mit dem matten feinen Samt und mit Spitzen, alles in hellen, zarten Pastelltönen die die ausdrucksvollen Farben des 17, Jahrhunderts ersetzten(…) Diese Mode, die auf den Bildern Watteaus, Bouchers, Chardins und Fragonards festgehalten ist, übernahmen später auch die einfachen Frauen, doch paßten sie sie ihren Möglichkeiten an. Zur raschen Verbreitung der Mode trugen jetzt Modezeitschriften bei, die in Frankreich eine ungewöhnliche Verbreitung erfuhren und von da aus in andere Länder und Weltteile gelangten.“3 (Sronkova, Olga: Die Mode von der Renaissance bis zum Rokoko. Prag. 1959. S.171.)

Feinste Seidenstoffe, Ballkleider aus Taft und Wespentaillen geformt durch eng geschnürte Corsagen. Das Ganze kombiniert mit einem Walknochen- Gestell für ein üppiges Hinterteil, ummantelt von endlosen Schichten von glänzendem Tüll. Die Epoche des Rokokos, war an textiler Raffinesse kaum zu übertreffen. Die Regentschaft des Sonnenkönigs, Louis dem XIV., verhalf nicht nur der Architektur und den Gärten Versailles zu neuem Glanz und Glamour. Mit seiner Vorliebe für Kunst, Kultur und Mode erschuf er ein schillerndes Erbe, welches uns noch heute durch seine Dekadenz und Opulenz in Staunen versetzt. Sein berühmtes Krönungsbild von Hyacinthe Rigaud (Abbildung 1) im blauen Hermelin Mantel und den dazu passenden Tanzschuhen, zeugt von Louis exquisiten Modegeschmack. Seit dem 17. Jahrhundert war es üblich das auch Männer Absatzschuhe trugen. Der Sonnenkönig ließ sich diese zusätzlich mit einer roten Sohle verzieren, welche er auf dem Gemälde durch seine Fußstellung zusätzlich prominent in Szene setzt.

„Near the end oft the 17.th century the demand for lace decreased. Replacing ist popularity was Indian muslin imported by the East India Company. Corresponding tot he new seasonality apparent in the 17th- century clothes, light, printed calicoes were used for summer garments.“4 (Hamlyn: costume & fashion a complete history. London.2000.S. 155.)

Ebenso exquisit waren auch die verarbeiteten Stoffe. Aus indischer Baumwolle und regional gefertigte französischer Seide wurden aufwendige Couture- Roben von Hofschneidern kreiert und dem gut betuchten Klientel, passgenau auf den Leib geschneidert. Ein Outfit in der Epoche des Rokokos war jedoch nicht komplett ohne die perfekt auf Farbe und Stoff angepassten Accessoires. So zeigte man sich mit Fächern, kleinen Stoffbeutel- Handtaschen, auffälligem Schmuck und vor allem mit opulenten Frisuren. Die aufwendig gepuderten und hochtoupierten Perücken wurden mit Kronen, Federn, Perlen, und Blüten verziert. Anlässlich einer Feier für die französische Fregatte entwarf der Hoffriseur Marie Antoinettes, Leonard Autié ein Miniaturschiff aus Seide, welches er Ihr in die auftoupierte Haarpracht setzte (Abbildung 2). Einige der Perücken- Kunstwerke waren so schwer, dass stets ein Diener nebenherlaufen musste, um das Haar seiner Herrin zu stützen. Andere Perücken, welche mit brennenden Kerzenleuchtern geschmückt waren, fingen sogar Feuer. Aufsehen erregen und die neusten Trends um keinen Preis verpassen, hieß die Devise. Die Zeit des Rokokos eignete sich perfekt für fashionaffine Selbstdarstellung. Couture in den Farben von Konfekt und Röcke aus unendlich vielen Tüllschichten wie bei einem Petit Four. Diesen textilen Luxus konnte man sich nur mit ausreichend finanziellen Mitteln leisten. Und so formte der Adel und die Oberschicht Frankreichs die Trends um 1800, welche in Modemagazinen und Almanachen abgedruckt und beschrieben wurden. Hier konnte man nachlesen welche Stoffe, Farben und Schnitte zu den Trends der Saison gehörten. Das einfache Volk konnte sich die erlesenen Spitzen- und Seidenstoffe zwar nicht selbst leisten, jedoch versuchte man im Rahmen der eigenen finanziellen Möglichkeiten die Pariser Modetrends am eigenen Leib nach zu kreieren. So zeigt das Gemälde von Michel Garnier von 1787 eine modisch angezogene junge Frau in den Arcarden des Palais Royal beim Blumenkauf (Abbildung 3). Der blassblaue Rock ist ummantelt mit weißen Volants und Rüschen. Farblich abgestimmt dazu, das flaschengrüne Oberteil, welches an den Ärmeln mit Rüschen- Volants versäumt ist. Das in Raffungen drapierte grüne Schößchen, bildet den Übergang zwischen Rock und Oberteil und wird durch eine übergroße roséfarbene Schleife in Szene gesetzt. Über der Schulter der jungen Frau liegt ein weißer Spitzenbesatz, welcher dem Rock gleicht. Um den Rokoko- typischen Look zu perfektionieren trägt die junge Französin einen opulent bestückten Hut mit breiter Krempe. Dieser korrespondiert mit dem blassblauen Rock und ist verziert mit Federn und Schleifenbändern. An den Füßen trägt sie perlmutt-farbene Seidenschuhe und weiße Strümpfe. Die dargestellte Szenerie zeigt nicht nur ein bis ins kleinste Detail farblich abgestimmte Outfit einer Rokoko – Fashionista, sondern zugleich auch eine epochentypische Situation. Die im Bild dargestellte Dame kauft einen Strauß Rosen, welcher sich nicht nur farblich perfekt in Ihr Outfit einfügt, sondern auch eine besondere Bewandtnis hat für die Menschen um 1800.

„Perfume was another substitute for cleanliness. To disguise body odour people wore pomanders, made from ambergris and benzoinm fastened to belts and neck chains. They also carried sweet bags- purses made from light silk taffeta in which scented powder and perfume sachets were placed.“5 (Hamlyn: costume & fashion a complete history. London.2000.S. 156.)

So war es zu jener Zeit Gang und gebe, frische Blumen im Arm oder kleinen Seiden- Beuteltaschen mit sich zu führen, um stets parfümiert und wohltuend zu duften. Die auf dem Gemälde von Garnier dargestellte Blumenmagd korrespondiert farblich zu der reichen Dame. So trägt auch diese diverse Blautöne am Leib, sowie ein rotes Kopftuch. Dies erinnert schon an die textilen Vorläufer in den Farben der Trikolore. Ehrfürchtig schaut die Blumenverkäuferin zur gutbetuchten Dame hinauf, während sie Ihr den Rosenstrauß reicht. Die Pariserin als modebewusste Frau ist bis heute ein gängiges und tatsächlich mit Wahrheit behaftetes Klischee geblieben. Die Epoche des Rokokos machte aus Paris die Modemetropole schlechthin. Während der Sonnenkönig Louis XIV. den Grundstein für ein gesteigertes Fashionbewusstsein legte war es Marie Antoinette, welche Frankreich zum modischen Zentrum Europas machte (Abbildung 6).

3 Das Dreigestirn der Rokoko Fashion Revolution

3.1. Fashion Victim- der „lavish taste“ der Marie Antoinette

„Allerdings war es zu keinem Zeitpunkt Aufgabe der französischen Königinnen gewesen, modische Neuerungen eizuführen. Dies konnten sich bestenfalls die königlichen Favoritinnen leisten. Zwar drückten die Hofgewänder in ihrer Pracht die Vorrangstellung der Monarchin aus, auf die Mode hatte sie jedoch ungefähr soviel Einfluss wie heute Queen Elisabeth II. Dies allerdings sollte sich mit Marie Antoinette grundsätzlich ändern, woran zwei Personen entscheidenden Anteil hatten: die Modehändlerin Rose Bertin und Léonard Autié, seines Zeichens Coiffeur voller Phantasie und Wage-mut.“6 (Autié, Léonard: Léonard, der Coiffeur der Königin. Berlin.2012.S.11.)

Marie Antoinette wurde im Alter von 14 Jahren mit dem Dauphin von Frankreich Louis dem XVI. aus politischem Kalkül verheiratet. Zwar war sie durch Ihre Kindheit als Tochter der Erzherzogin Maria Antonia von Österreich schon daran gewöhnt in textilen Pomp und Zwängen zu leben (Abbildung 4), jedoch erreichte dies mit Ihrer Ankunft am französischen Hof eine ganze neue Dimension. So musste sie sich auf halber Strecke zwischen alter und neuer Heimat Ihrer gesamten Kleidung und Ausstattung entledigen und wurde im Stil des französischen Hofes neu eingekleidet. Als Dauphine von Frankreich hatte sich Marie Antoinette an das strenge Versailler Hofprotokoll zu halten, welches in modischer Hinsicht das Tragen von Court Dresses verlangte. Die Vorliebe für exzentrische Mode am Hof in Versailles war auch nach dem Ableben des Sonnenkönigs noch allgegenwärtig. Nach der Krönung Louis XVI. zum König von Frankreich im Jahr 1774 war die „Eingewöhnungszeit“ für Marie Antoinette am französischen Königshof vorbei. Ihr Mann befasste sich von nun an mit den Staatsgeschäften Frankreichs und der Jagd, jedoch weniger mit Marie Antoinette selbst oder der Familienplanung. Um Zeit mit Ihrem Mann zu verbringen wohnte die Königin also des Öfteren dessen Jagdausflügen bei und entwarf ganz nebenbei den ersten revolutionären Modetrend. Entgegen der herrschenden Norm ritt Marie Antoinette nicht im dafür entworfenen „Reit-Rock“ im Damensattel, sondern trug enganliegenden und praktische Männerhosen wie es auf dem Gemälde von Louis-Auguste Brun de Versoix von 1783 zu sehen ist (Abbildung 5). Praktikabel und weit entfernt vom Pomp und Glanz eines Hofkleides. Nach den ersten unglücklichen Eingewöhnungsjahren am französischen Hof führte es Marie Antoinette immer häufiger nach Paris. Hier verbrachte sie ihre Zeit bei Theater- und Oper Aufführungen und hier ließ sie sich von der Kreativität und modischen Raffinesse der Stadt inspirieren. Hatte Ihre Garderobe und die so genannte „Morgen-Toilette“, also die aufwendige Ankleidezeremonie am Morgen zuvor schon Unsummen an Geld verschlungen so sollte sich dies durch die Bekanntschaft zu Rose Bertin noch weiter steigern.

[...]


1 Dion, Anna: Die Kleidermacherin. Augsburg.1997. S. 292-293.

2 Campbell- Chrisman, Kimberly: Fashion Victims. China. 2015.S. xii.

3 Sronkova, Olga: Die Mode von der Renaissance bis zum Rokoko. Prag. 1959. S.171.

4 Hamlyn: costume & fashion a complete history. London.2000.S. 155.

5 Hamlyn: costume & fashion a complete history. London.2000.S. 156.

6 Autié, Léonard: Léonard, der Coiffeur der Königin. Berlin.2012.S.11.

Fin de l'extrait de 31 pages

Résumé des informations

Titre
Wie drei Frauen die Rokoko Mode revolutionierten und eine dabei den Kopf verlor. Der Einfluss von Marie Antoinette, Rose Bertin und Vigée Lebrun auf die Textil- und Kunstgeschichte um 1800
Université
http://www.uni-jena.de/
Note
1,3
Auteur
Année
2021
Pages
31
N° de catalogue
V1154919
ISBN (ebook)
9783346548085
ISBN (Livre)
9783346548092
Langue
allemand
Mots clés
frauen, rokoko, mode, kopf, einfluss, marie, antoinette, rose, bertin, vigée, lebrun, textil-, kunstgeschichte
Citation du texte
Sarah Popp (Auteur), 2021, Wie drei Frauen die Rokoko Mode revolutionierten und eine dabei den Kopf verlor. Der Einfluss von Marie Antoinette, Rose Bertin und Vigée Lebrun auf die Textil- und Kunstgeschichte um 1800, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1154919

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