Hayden White im historiographischen Kontext


Hausarbeit, 2005

20 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Einführung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Theoretische Aufarbeitung
2.1 Hayden White
2.1.1 Kurze Biographie
2.1.2 Schriften
2.1.3 Die Tropen und die Torheit
2.1.4 White im wissenschaftlichen Kontext
2.2 Reaktionen und Kritik
2.3 Geschichtsphilosophie und White

3 Persönliche Interpretation
3.1 Hayden White
3.2 Geschichte und Geschichte
3.3 Geschichte erzählen

4 Zusammenfassung

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

1.1 Einführung

„Seit Jahren versuche ich aufrichtig, deinen Lehren entsprechend zu leben“, sagte ich. „Offenbar ist es mir nicht gelungen. Wie kann ich es jetzt besser machen?“

„Ich glaube, du sprichst zuviel. Du musst aufhören, mit dir selbst zu sprechen... Ich will dir sagen, worüber wir mit uns selbst sprechen. Wir sprechen über unsere Welt. Tatsächlich halten wir unsere Welt mit unserem inneren Gespräch aufrecht... Die Welt ist so-und-so, nur weil wir uns sagen, dass sie so-und-so ist... Wann immer wir aufhören, mit uns zu sprechen, ist die Welt stets so, wie sie sein sollte.“[1]

Dieses Zitat des Yaqui-Indianers Don Juan soll die Thematik dieser Hausarbeit einleiten, deren Hauptaufgabe es ist, sich den Schriften Hayden Whites und seinen Bedeutungen und Auswirkungen auf die Geschichtswissenschaften zu widmen. Die zentrale Theorie seiner Ausführungen beruht auf der die Wirklichkeit konstruierenden Erzählstruktur und steht so dem obigen Zitat sehr nahe.

1973 erschien Hayden Whites berühmtestes Buch „Metahistory“[2], das bis heute großen Einfluß auf die Geschichtswissenschaft ausgeübt hat. Einer persönlichen Fehlannahme zu Folge ging ich davon aus, dass dieses Buch nahezu revolutionär und einzigartig eine Darstellung der Welt beschreibt, die die Wissenschaft an das Irrationale des Daseins heranführt. Dem ist nicht so. Whites Schrift stellt einen sicherlich besonderen Punkt der Geschichtswissenschaft dar, es gibt aber unzählige Parallelen zu einem Großteil anderer Schriften, speziell in der Geschichtsphilosophie und auch in der Wissenschaftsgeschichte an sich. Es ist daher nicht zu vermeiden und äußerst wichtig diese übergeordneten Strukturen mit in diese Hausarbeit - zumindest in Ansätzen - zu integrieren.[3]

Begriffe, die in diesem Diskurs häufig zu Tage treten sind unter anderem: Kulturgeschichte, Historische Anthropologie, Postmoderne oder Strukturalismus. Sie alle bemühen sich den Diskurs als solchen selbst zu bezeichnen oder zu benennen. Es ist jedoch Hayden Whites Vermächtnis, diesen historischen Diskurs von seiner absoluten Wahrhaftigkeit zu trennen und ihn auf eine narrative Ebene zu stellen, die unterschiedliche Herangehensweisen ermöglicht, letztlich aber nicht zu einem ultimativen Ziel führen kann. In meinen eigene Worten möchte ich dies als die unvermeidliche Torheit des Tuns bezeichnen (darauf komme ich später genauer zu sprechen), in der auch ich, der ich diesen Diskurs innerhalb dieser Hausarbeit führe, meine Argumentation aufbaue. Es ist mir nicht möglich, welche Wahrheit auch immer zu beschreiben, ich will mich jedoch so weit es geht annähern.

Ich hoffe zeigen zu können, dass, so wie Don Juan es bezeichnet, die Welt ohne unsere Gespräche erst wirklich wird und die hier vorgestellten Diskurse notwendigerweise daran vorbeiführen müssen, wiewohl sie scheinbar unerlässlich sind und, Hayden White sei Dank, die Richtung anzeigen können.

Eine weitere Konsequenz aus Hayden Whites Argumentation soll auch beachtet werden. Diejenige nämlich, dass das sprachliche Mittel des Diskurses nicht festgelegt werden kann und so die bisher übliche, scheinbar korrekte Schreibweise, sei es bei der reinen Geschichtserzählung oder der Selbstreflektion in Form von Geschichtsphilosophie oder Hausarbeiten, nicht unumstößlich ist.

1.2 Aufbau der Arbeit

Diese Arbeit erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, es sollen jedoch die notwendigen Gesichtspunkte der Whiteschen Thematik erörtert werden. Dazu gehört in aller erster Linie das Schrifttum Whites selbst, was nach der Einleitung vorgestellt wird. Daran anschließend werden selektiv verschiedene Reaktionen bzw. Kritiken gegenüber White vorgestellt, die bereits den umfassenden Kontext, mit dem White sich auseinander setzte, spiegeln werden. Das Kompendium Kulturgeschichte von Ute Daniel sei hier stellvertretend als notwendige Basislektüre für diese Hausarbeit erwähnt. Persönliche Interpretation und Zusammenfassung werden die Arbeit beschließen.

2 Theoretische Aufarbeitung

2.1 Hayden White

2.1.1 Kurze Biographie

Hayden White wurde 1928 geboren, absolvierte Schule und Studium und erlangte eine Professor für "Geschichte des Bewusstseins" an der University of California sowie eine für vergleichende Literaturwissenschaft an der Stanford University. Die beiden Professuren deuten bereits sein Forscherinteresse an, dem es um die Zusammenhänge zwischen Geschichts- und Literaturwissenschaft geht.[4] Bevor er sein bahnbrechendes Werk „Metahistory“, das genau diese Zusammenhänge aufzeigen will, 1973 veröffentlichte, beschäftigte er sich außerdem seit langem mit geschichtsphilosophischen und anthropologischen Schriften.[5]

Die zentralen Thesen seiner wissenschaftlichen Arbeit finden sich nicht nur in dem berühmten Werk „Metahistory“, sondern auch in mehreren weiteren Schriften, die danach und zum Teil auch schon davor veröffentlicht wurden. Besonders schlüssig und nachvollziehbar wird Whites Argumentation in dem Essay „Die Fiktion der Darstellung des Faktischen“.[6]

Mit seinem Hauptwerk "Metahistory" trug Hayden White maßgeblich zur Begründung poststrukturalistischer und postmoderner Theorien der Geschichtsschreibung bei, die sich als "linguistic turn" in den Geschichtswissenschaften durchsetzten.[7]

Sich selbst bezeichnet White bis heute als Marxist und Utopist. Auf einer Tagung im westfälischen Halle zitiert er Karl Mannheim mit folgenden Worten: „Utopisch ist ein Sein, das sich mit dem es umgebenden Sein nicht in Deckung befindet“[8] So gesehen hat er mit seinen Schriften diese Vorgaben nachdrücklich erfüllt.

2.1.2 Schriften

Die zentralen und wichtigsten Aspekte seiner Schriften sollen hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit zusammen gefasst werden. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist die sich selbst reflektierende Geschichtswissenschaft, daher ist der Name Metahistory für sein Hauptwerk sehr treffend gewählt, bezeichnet die Vorsilbe Meta doch einen bezeugenden Standpunkt außerhalb des Hauptwortes, in dem Fall also der Geschichte. Grundpostulat seiner Schriften ist die These, dass die Form der Geschichtsschreibung nicht primär kognitiv sondern durch die poetische Weltwahrnehmung bestimmt und ausgedrückt wird.[9] White selbst drückt dies so aus: „dass der sprachliche Modus, in dem die ursprüngliche Beschreibung des Gebietes gestaltet ist, implizit bestimmte Formen der Darstellung und der Erklärung hinsichtlich der Struktur des Gebietes ausschließt und andere stillschweigend sanktioniert.“[10] Für die Darstellung, die einem den „Anschein einer Erklärung“[11] gibt, legt White drei Erklärungsstrategien vor: Die argumentative bzw. formale Strategie, die narrative und die ideologische. Alle drei Strategien sind miteinander verknüpft, so dass sich bestimmte wahrscheinliche, aber nicht zwingende, Kombinationen dieser Strategien ergeben.[12]

Der Unterschied zu literarischen Kunstwerken, die sein Vergleichsparameter sind und ihm die Unterfütterung seiner Erzählstrategien (Tropen) gewährleisten, besteht nur aufgrund eines bestimmten Raum-Zeit-Schematas.[13] Dieses Raum-Zeit-Schemata darf allerdings nicht als eine Unterscheidung im Sinne von wirklich und nicht wirklich verstanden werden. Für alle Arten der Beschreibung der so genannten Wirklichkeit gilt, so die subsummierte Substanz seiner Theorie, dass sie niemals so beschrieben werden können, wie sie ist.

[...]


[1] Castaneda, Carlos: Eine andere Wirklichkeit, Neue Gespräche mit Don Juan, Frankfurt 1973. S.182f

[2] White, Hayden: Metahistory, Die historische Einbildungskraft im 19. Jahrhundert in Europa, Frankfurt 1991. Original: Baltimore + London 1973.

[3] Nicht nur dadurch, sondern auch aufgrund der komplexen Dynamik dieser Thematik gehe ich bewusst das Risiko ein, diese Hausarbeit über die vorgegebene Grenze zu erweitern. Ich tue dies im Besonderen durch die meines Erachtens durch Hayden White erarbeitete Freiheit im historischen Diskurs.

[4] WHO´S WHO: Hayden White. Online-Verbindung: http://www.rasscass.com/templ/te_bio.php?PID=2403&RID=1 [27.02.2006]

[5] Jenkins, Keith: On ´Whats history?´,From Carr and Elton to Rorty and White. London and New York 1995, S.137.

[6] White, Hayden: Die Fiktion der Darstellung des Faktischen, in: ders: Auch Klio dichtet oder die Fiktion des Faktischen. Studien zur Tropologie des historischen Diskurses, Stuttgart 1986, S.145-160.

[7] WHO´S WHO: [27.02.2006]

[8] Müller, Tim B.: Hayden White (28.11.2002). Online-Verbindung: http://fortschritt.dv-kombinat.de/hayden.white.html [26.02.2006}

[9] Daniel, Ute: Clio unter Kulturschock, Zu den aktuellen Debatten in der Geschichtswissenschaft, in GWU 48, 1997, S. 273.

[10] White, Hayden: Die Fiktion der Darstellung des Faktischen, S.152.

[11] White, Hayden: Metahistory, S.10.

[12] ders.: S.48.

[13] White, Hayden: Die Fiktion der Darstellung des Faktischen, S.145.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Hayden White im historiographischen Kontext
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Note
1.0
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V115513
ISBN (eBook)
9783640170159
ISBN (Buch)
9783640172535
Dateigröße
427 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hayden, White, Kontext
Arbeit zitieren
Marco Gerhards (Autor:in), 2005, Hayden White im historiographischen Kontext, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115513

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