Die Geschlechterdarstellung in der Sportberichterstattung

Eine empirische Analyse der Tageszeitung "Die Welt"


Diplomarbeit, 2008

119 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

II. ABBILDUNGSVERZEICHNIS

III. TABELLENVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG
1.1 Thematik der Arbeit
1.2 Stand der Forschung
1.3 Wissenschaftliches Erkenntnisinteresse
1.4 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2. VISUELLE KOMMUNIKATION
2.1 Das Bild in der Kommunikationswissenschaft
2.2 Eigenschaften der Bildkommunikation
2.2.1 Vor- und Nachteile bildlicher Kommunikation
2.2.2 Bildfunktionen in den Medien
2.2.3 Text und Bild
2.3 Visuelle Kommunikation in Tageszeitungen
2.4 Entwicklung der Sportfotografie
2.5 Zusammenfassung

3. DIE GESCHLECHTERDARSTELLUNG IN DEN MEDIEN
3.1 Zweigeschlechtlichkeit als soziales Konstrukt
3.2 Soziale Konstruktion von Geschlecht im Sport
3.3 Massenmedien und Geschlecht
3.4 Die Präsentation der Geschlechter in den Medien
3.5 Zusammenfassung

4. DER (TAGES-) ZEITUNGSMARKT IN DEUTSCHLAND
4.1 Geschichtliche Entwicklung
4.1.1 Merkmale von Zeitungen
4.1.2 Sportberichterstattung in Tageszeitungen
4.2 Die Tageszeitung Die Welt
4.2.1 Entwicklungsgeschichte der Welt
4.2.2 Struktur und Auflagenzahlen der Welt
4.2.3 Der Sportteil der Welt
4.3 Zusammenfassung

5. HYPOTHESEN
5.1 Gruppe A: Formale Merkmale
5.2 Gruppe B: Quantitative Geschlechterdarstellung
5.3 Gruppe C: Emotionen
5.4 Gruppe D: Erotisierung
5.5 Gruppe E: Werbung

6. UNTERSUCHUNGSDESIGN
6.1 Auswahl der Untersuchungsmethode
6.1.1 Inhaltsanalyse
6.1.2 Durchführung einer Inhaltsanalyse
6.2 Grundgesamtheit der Einheiten und Untersuchungszeitraum
6.3 Methodisches Vorgehen

7. ERGEBNISDARSTELLUNG

8. HYPOTHESENÜBERPRÜFUNG
8.1 Gruppe A: Formale Merkmale
8.2 Gruppe B: Quantitative Geschlechterdarstellung
8.3 Gruppe C: Emotionen
8.4 Gruppe D: Erotisierung
8.5 Gruppe E: Werbung

9. FAZIT UND AUSBLICK

10. LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG
A Kategoriensystem
B Untersuchungsstichprobe
C Hypotheseauswertungen

I. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

II. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Der Bildbegriff

Abb. 2: Fototechnik „Mitziehen“

Abb. 3: Fototechnik „Einfrieren“ I

Abb. 4: Fototechnik „Einfrieren“ II

Abb. 5: Gesamtzahl der analysierten Bilder

Abb. 6: Bildverteilung pro Jahr

Abb. 7: Anzahl der Bilder auf der Titelseite

Abb. 8: Geschlechterverteilung (in Prozent)

Abb. 9: Geschlechterverteilung (in Prozent pro Jahr)

Abb. 10: Anzahl der Bilder (Ressorts Sport und Politik)

Abb. 11: Bildanzahl pro Seite (Ressorts Sport und Politik)

Abb. 12: Bildgröße in cm² (Ressorts Sport und Politik)

Abb. 13: Verteilung der Geschlechter im Sportressort (gesamt)

Abb. 14: Verteilung der Geschlechter im Sportressort (nach Jahr)

Abb. 15: Bildanteil von Sportlerinnen

Abb. 16: Anzahl dargestellter Emotionen im Sportressort

Abb. 17: Anteil dargestellter Emotionen im Sportressort

Abb. 18: Anteil positiver Emotionen (nach Geschlecht)

Abb. 19: Anteil dargestellter sportlicher Aktion (nach Geschlecht)

Abb. 20: Anzahl dargestellter erotischer Merkmale von Sportlerinnen

Abb. 21: Anteil dargestellter erotischer Merkmale (nach Geschlecht)

Abb. 22: Anteil dargestellter Werbebotschaften im Sportressort

III. Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Darstellung der Irrtumswahrscheinlichkeit

Tab. 2: Spearman-Korrelation im Ressort Sport

Tab. 3: Spearman-Korrelation im Ressort Politik

Tab. 4: Chi-Quadrat-Test zur Darstellung erotischer Merkmale

1. Einleitung

1.1 Thematik der Arbeit

Medien, und im Speziellen Massenmedien, haben in unserer heutigen post- industriellen Gesellschaft einen festen Platz im täglichen Leben und gewinnen stetig an Bedeutung. Jeden Tag werden wir mit Filmen, Zeichnungen, Plakaten, Bildern oder Anzeigen konfrontiert. Wissenschaftler, Künstler oder Journalisten benutzen diese, um gesellschaftliche Zustände und historische Ereignisse in direkter Art und Weise darzustellen (vgl. Wilharm, 1995, S. 19).

War es bis in die späten fünfziger Jahren noch der Hörfunk, der die Medienlandschaft in Deutschland in hohem Maße prägte, so sind es heutzutage vor allem die visuellen Medien, denen eine hohe Relevanz bei der Information und (Meinungs-)Bildung der Gesellschaft zukommt und deren Anteil beständig anwächst. Neben dem Fernsehen als Leitmedium der Massenmedien sind auch die Bilder in Zeitungen und Zeitschriften von großer Bedeutung. Es herrscht in der heutigen Zeit eine wahre Bilderflut, die auf die Rezipienten einströmt. In Fernsehen, Zeitung und Internet können wir uns Fotos und Bildern nicht entziehen. Dem im Laufe der vergangenen Jahrzehnte gestiegenen Medieninteresse und Informationsbedürfnis auf Empfängerseite steht zweifelsohne ein deutlich größeres Angebot auf Kommunikatorseite entgegen. In diesem Zusammenhang weist Schierl darauf hin, dass Rezipienten lediglich einen kleinen Teil dieser zur Verfügung gestellten Informationen aufnehmen können: „Brünne et al. berechneten schon Mitte der achtziger Jahre aus der Differenz zwischen dem medialen Informationsangebot [...] und der Menge, die ein Konsument tatsächlich auswählt und beachtet, eine gesamtgesellschaftliche Informationsüberlastung von über 98%“ (Brünne, Esch

& Ruge, 1987, zitiert nach Schierl, 2001, S. 85).

Obwohl dieser sogenannte „information overload“ maßgeblich durch visuelle Kommunikation gefördert wird, kann ein Informationsangebot durch Bilder besser dargestellt und sichtbar gemacht werden (vgl. Kroeber-Riel, 1996, S. 7). So kommt dem Bild durch sein hohes Aktivierungspotenzial und seine hohe

Kommunikationsgeschwindigkeit eine Rolle als „Eyecatcher“ und „Lead in“ zu, indem es die Aufmerksamkeit des Rezipienten zielgerichteter und direkter lenken kann, als beispielsweise Text (vgl. Schierl & Ludwig, 2007, S. 95). Dementsprechend ist die visuelle Kommunikation, aufgrund ihrer beschriebenen Eigenheiten, dazu prädestiniert, die notwendige Aufmerksamkeitsschwelle des Rezipienten zu überschreiten und somit sein Interesse zu wecken.

Dies trifft vor allem auf die Bildkommunikation in Tageszeitungen zu, mit der sich die vorliegende Arbeit beschäftigt. In den letzten Jahren hat auch in diesem Bereich des Journalismus eine Veränderung hin zur vermehrten Verwendung von Bildern stattgefunden, um die Aufmerksamkeit der Rezipienten auf einen bestimmten Ausschnitt zu lenken. Die Tageszeitungen müssen sich im Wettbewerb mit der inter- und intramediären Konkurrenz behaupten. Diese Arbeit zeigt auf, dass die Bildkommunikation ein probates Mittel dazu darstellt.

Aufgrund der oben angesprochenen hohen Relevanz der Medien hinsichtlich der Meinungsbildung, kommt den Medienmachern eine Mitverantwortlichkeit für die Darstellung gesellschaftlicher Entwicklungen zu. Ein Hauptaugenmerk der folgenden Untersuchungen liegt auf einem Teilbereich dieser Gestaltung von sozialen Werten: der Herstellung von Geschlechterdifferenzen durch eine spezifische Darstellung von Frauen- und Männersport. Oft wird der dem Sportjournalismus nachgesagt, sich durch eine monotone, auf Athleten fokussierte Berichterstattung an der Erhaltung traditioneller Geschlechterstereotype zu beteiligen und Athletinnen als eine Randerscheinung darzustellen.

Durch vielfältige Gründe, wie etwa bessere Produktionsbedingungen, technischer Fortschritt, ökonomische Zwänge oder gesellschaftliche Rahmenbedingungen, lässt sich vermuten, dass sich die Sportbildberichterstattung der Welt im Untersuchungszeitraum von 1955 bis 2005 nachhaltig verändert hat. Inwiefern sich Veränderungen in formaler und inhaltlicher Hinsicht herausgestellt haben, untersucht die vorliegende Arbeit unter besonderer Berücksichtigung der Geschlechterdarstellung in der Sportbildberichterstattung der Welt.

1.2 Stand der Forschung

Bei der Entstehung und Entwicklung von Stereotypen sowie gesellschaftlich relevanten Themen durch Bilder in der Tageszeitung – gerade im Bereich der Darstellung von Geschlecht – kann den Medien eine enorme Verantwortung zugeschrieben werden. Daher muss sich die Forschung auch verstärkt mit dem Bereich der visuellen Kommunikation auseinandersetzen. Die wissenschaftliche Arbeit in diesem „sich dynamisch entwickelnden Forschungsfeld“ (Knieper & Müller, 2001, S. 8) gestaltet sich sehr differenziert und lässt sich aus verschiedenen Perspektiven erkunden. So sind etwa Betrachtungsweisen aus natur-, sozial- oder geisteswissenschaftlicher Sicht denkbar, die den interdisziplinären Charakter des noch jungen Forschungsgebietes verdeutlichen (vgl. Müller, 2003, S. 9). Obwohl sich das Interesse an Medienbotschaften auf Rezipientenseite und das Angebot auf Kommunikatorseite stetig auszuweiten scheinen, wurde der Bildkommunikation in der empirischen Sozial- und Kommunikationsforschung bisher eine eher untergeordnete Rolle beigemessen, was die erst im Jahr 2000 gegründete Fachgruppe Visuelle Kommunikation innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) zeigt (Schierl & Ludwig, 2007, S. 94). Das Anliegen der Fachgruppe ist es, die kommunikationswissenschaftlichen Methoden und Forschungsperspektiven für das Visuelle und dessen kommunikative Besonderheiten zu öffnen (vgl. Knieper & Müller, 2001, S. 7).

Müller (Grundlagen der visuellen Kommunikation, 2003), Knieper und Müller (Kommunikation visuell. Das Bild als Forschungsgegenstand. Grundlagen und Perspektiven, 2001), Sachs-Hombach (Bildwissenschaft zwischen Reflexion und Anwendung, 2005), Kroeber-Riel (Bildkommunikation, 1996) und Doelker (Ein Bild ist mehr als ein Bild, 2002) liefern mit ihren Werken die Basis für eine genaue Eingrenzung des Bildbegriffes und vermitteln die

Grundlagen des Forschungsbereiches der visuellen Kommunikation. Mit Hilfe dieser allgemeinen Gesichtspunkte lässt sich eine einheitliche Betrachtungsweise definieren, so dass sichergestellt werden kann, dass Autor und Leser die Ausführungen und Ergebnisse aus einer identischen Perspektive betrachten.

Als erste und heute immer noch von vielen Autoren zitierte Studie zur Sportberichterstattung in Tageszeitungen ist die Inhaltsanalyse von Binnewies (1975) zu nennen, der neun Tageszeitungen über einen Zeitraum von drei Monaten in seine Untersuchungen einbezog. In seiner Veröffentlichung „Sport und Sportberichterstattung“ resümierte Binnewies, dass die Berichterstattung die Sportrealität nicht adäquat abbilde. Allerdings beschäftigt sich die Studie mit den textlichen Merkmalen der Sportberichterstattung, während Bilder nicht im Vordergrund der Untersuchung stehen. Diese Lücke schließt die vorliegende Arbeit.

Schierl (2001) beleuchtet in seiner Arbeit „Text und Bild in der Werbung“ die beiden grundlegenden Gestaltungsmittel massenmedialer Kommunikation. Einen zentralen Punkt stellt die Darstellung der Funktionen von Text und Bild dar. Vor allem das Wissen um Eigenschaften und Einfluss des Bildes ist für die Untersuchung von großer Relevanz. Zur visuellen Kommunikation im Bereich Sport stellt der von Schierl (2004) herausgegebene Sammelband „Die Visualisierung des Sports in den Medien“ ein Grundlagenwerk dar. In Kapitel 9 geht Scherer mit seinem Beitrag „Die Darstellung von Emotionen in der Sportberichterstattung“ auf den Umgang mit emotionalen Aspekten im Medium Fernsehen, aber auch im Print ein. Die Auswahl von emotionsgeladenen Bildern – vor allem in Bezug auf die Geschlechterdarstellung – ist auch Gegenstand der folgenden Untersuchungen innerhalb dieser Arbeit.

Vor diesem Hintergrund haben ebenso die Beiträge von Zurstiege und Hartmann-Tews und Rulofs in Kapitel 4 bzw. 5, die sich mit der Konstruktion von Geschlecht im Rahmen der visuellen Sportkommunikation beschäftigen, eine große Bedeutung für die Analyse. So soll beispielsweise überprüft werden, ob die dargestellten Zustände der Unterrepräsentation der Frauen in der Sportberichterstattung in gleichem Maße auf den zu untersuchenden Zeitraum in der Tageszeitung Die Welt zutreffen. Hinsichtlich dieser Problematik ist auch die Arbeit „Wir und die anderen...“ von Jens Wernecken zu nennen, die herausstellt, dass „das Bild des Sports in der Tageszeitung [...] ein vorwiegend männliches“ ist (2000, S. 309).1 Diese und andere traditionelle Stereotype, die in verschiedenen Gesellschaftsbereichen und gleichermaßen in der Sportberichterstattung vorzufinden sind, sollen ebenfalls Teil der folgenden Untersuchungen sein.

Die traditionelle Geschlechterordnung im Sport selbst sowie in der Sportberichterstattung wurde erst Anfang der 80er Jahre systematisch in Frage gestellt, wobei hier der Forschungsstand in der deutschsprachigen Literatur zu Grunde gelegt wird. Allgemeine und einführende Beiträge in das Themengebiet stellen das „Handbuch Sport und Geschlecht“ von Hartmann- Tews und Rulofs (2006) sowie „Soziale Konstruktion von Geschlecht im Sport“ von Hartmann-Tews, Gieß-Stüber, Klein, Kleindienst-Cachay und Petry (2003) dar. Beide Werke liefern grundlegende Einsichten zur Geschlechterordnung im Sport aus verschiedenen Forschungsrichtungen und geben einen Überblick über die relevanten Forschungsthemen.

Die erste umfangreiche deutsche Untersuchung zur Darstellung von Sportlerinnen in den Medien war die Studie von Klein (1986). Sie analysierte die Sportteile von vier deutschen Tageszeitungen (Frankfurter Rundschau, Westdeutsche Allgemeine, Bild, Die Welt) des Jahrgangs 1979 und entwickelte als erste eine Codiermöglichkeit für Zeitungsartikel anhand eines Kategoriensystems. Die wesentlichste Erkenntnis von Klein in Bezug auf die vorliegende Arbeit war das extreme Missverhältnis zwischen den Flächenanteilen in der Sportberichterstattung des Frauensport und des Männersports. Durchschnittlich sechs Prozent der Fläche wurden mit Berichten über Sportlerinnen besetzt, wobei Die Welt mit 6,7 Prozent noch den höchsten Frauensportanteil der vier untersuchten Tageszeitungen verzeichnet (vgl. Klein, 1986, S. 113). Da sich seit der Untersuchung Kleins erhebliche

Veränderungen im Sport und seiner Berichterstattung beobachten lassen, können diese Befunde nicht mehr als aktuell bezeichnet werden. Außerdem bezog sich die Studie von Klein sowohl auf die sprachliche als auch auf die bildliche Präsentation von Frauen in der Sportberichterstattung, was beim folgenden Vergleich zwischen den Befunden Kleins und den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit zu berücksichtigen ist.

Am Institut für Geschlechterforschung der Deutschen Sporthochschule Köln wurde 1999/2000 durch Hartmann-Tews und Rulofs an die Studie von Klein angeknüpft. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich von Juni 1999 bis Mai 2000 und das von Klein entwickelte Kategoriensystem wurde nur unwesentlich verändert bzw. aktualisiert, so dass die Ergebnisse der Inhaltsanalysen miteinander vergleichbar blieben. Die Befunde von Hartmann-Tews und Rulofs ergaben einen Flächenanteil der Frauenberichterstattung von zwölf Prozent und damit nur sechs Prozent mehr als 20 Jahre zuvor in der Klein- Studie. Fasst man die Ergebnisse dieser beiden Untersuchungen zusammen, kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Berichterstattung über Sportlerinnen in Tageszeitungen signifikant gestiegen ist. Ob Frauen in der Sportberichterstattung der Welt ebenfalls unterrepräsentiert sind, bleibt an dieser Stelle noch offen.

Die Geschlechterdarstellung in den Medien wurde nach der Veröffentlichung der Studie Kleins zwar immer wieder im Rahmen der sportwissenschaftlichen Frauenforschung behandelt, jedoch blieben umfassende Untersuchungen, außer der Erhebung von Hartmann-Tews und Rulofs, in Deutschland aus. Untersuchungsgegenstand im Beitrag „Konstruktion von Geschlechterdifferenzen in der Sportpresse?“ von Rulofs (2003) ist die Berichterstattung zur Leichtathletik WM 1999. Die Autorin erhob u.a. die tägliche Sportberichterstattung von Text und Bild in sechs deutschen Tageszeitungen und analysierte die Daten sowohl aus quantitativer als auch qualitativer Sicht. Gerade die Umsetzung der Berichterstattung soll auch Bestandteil dieser Untersuchungen sein. So stellt Rulofs beispielsweise heraus, dass Sportler in der bildlichen Präsentation häufiger in Aktion, d.h. bei ihrer Sportausübung, gezeigt werden als Sportlerinnen (vgl. ebd., S. 169). Die

Präsenz von Sportlerinnen und Sportlern in der Werbung untersuchten Bertling und Schaaf (2007) in ihrer Studie „Spitzensportler/innen als Marke“. Auch sie resümieren, dass eine starke Vernachlässigung von Sportlerinnen in der Werbung, im Gegensatz zu ihren Kollegen und zu weiblichen Testimonials aus anderen gesellschaftlichen Teilbereichen, besteht. Diese und weitere Thesen werden im Folgenden im gewählten Untersuchungszeitraum und Printmedium auf ihre Gültigkeit überprüft.

1.3 Wissenschaftliches Erkenntnisinteresse

Der im vorherigen Kapitel aufgezeigte Forschungsstand verdeutlicht, dass verschiedene Untersuchungen und Forschungen zur Sportberichterstattung stattgefunden haben. Vor allem die Studien von Binnewies, Klein, Hartmann- Tews/Rulofs (Klein-Folge-Studie), Rulofs und Wernecken liefern interessante Ergebnisse zur Sportbildberichterstattung, an die sich die folgende Untersuchung anknüpfen lässt. Die in diesen Studien fehlenden eventuellen Veränderungen in einer weiträumigen Zeitspanne sollen durch die vorliegende Arbeit ergänzt werden.

Des Weiteren beschäftigen sich die oben genannten Studien vornehmlich mit textlichen Merkmalen der Sportberichterstattung. Während die Kommunikationsform Text hinsichtlich ihres Aufbaus, Rezeption und Wirkung bereits tiefgründig untersucht wurde, mangelt es im Forschungsgebiet der visuellen Kommunikation in der Sportberichterstattung in Tageszeitungen an wissenschaftlichen Erkenntnissen, die auf Veränderungen des Mediensports eingehen. Mit dem Projekt „Entwicklung der Sportbildberichterstattung in überregionalen Tageszeitungen“ leistet das Institut für Sportpublizistik der Deutschen Sporthochschule in Köln einen Beitrag zur Reduzierung dieses Mangels.

Erkenntnisziel dieser Arbeit ist es darzulegen, welchen Veränderungen und Entwicklungen die Sportbildberichterstattung in den letzten Jahrzehnten allgemein unterlag und welchen Stellenwert die Kommunikatoren explizit der

Darstellung von Sportlerinnen und Sportlern beigemessen haben. Anhand einer inhaltsanalytischen Auswertung und der theoretischen Vorarbeit soll ein Status Quo der Sportbildberichterstattung am Beispiel der Tageszeitung Die Welt angefertigt werden.

1.4 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Hinsichtlich der in der Einleitung skizzierten Problemstellungen der Informationsüberlastung, der medialen Geschlechterdarstellung im Besonderen in der überregionalen Tageszeitung, beschäftigt sich diese Arbeit mit der Veränderung der Sportbildberichterstattung in der Welt. Aus dem Ziel, eine Längsschnittanalyse der letzten 50 Jahre zu dieser Thematik anzufertigen, leitet sich die forschungsleitende Frage ab:

„Wie hat sich die Sportbildberichterstattung der überregionalen Tageszeitung Die Welt zwischen 1955 und 2005 in Bezug auf formale Aspekte und die Darstellung der Geschlechter verändert?“

Zur Spezifizierung des Forschungsgebietes werden aus der zentralen forschungsleitenden Frage weitere Subfragen abgeleitet:

1. Welche neuen formalen Ausprägungen und Tendenzen sind anhand des Bildmaterials zu erkennen?
2. Welchen Stellenwert weisen die Tageszeitungen dem weiblichen Geschlecht allgemein und auch speziell im Sportressort aus quantitativer und qualitativer Sicht zu?
3. Wie werden Sportlerinnen und Sportler hinsichtlich emotionaler und erotischer Aspekte bildlich dargestellt?
4. Werden traditionelle Stereotype in der Sportberichterstattung bekräftigt oder neutral behandelt?

Am Beispiel der Welt soll also ergründet werden, in wie weit sich die Bildberichterstattung in überregionalen Tageszeitungen formal sowie inhaltlich verändert hat. Im Vordergrund der Untersuchungen steht die Bildberichterstattung im Ressort Sport, wenngleich auch die Ressorts Politik, Wirtschaft und Kultur Beachtung in der Untersuchung finden, um Vergleiche zu bestimmten Fragestellungen zwischen den einzelnen Ressorts ziehen zu können.

Zu Beginn dieser Arbeit werden die Grundlagen zum Forschungsgebiet der visuellen Kommunikation dargestellt. Auf die Eigenschaften der Bildkommunikation sowie ihre Vor- und Nachteile wird ebenso eingegangen wie auf den aktuellen Stand der visuellen Kommunikation in Tageszeitungen und die Entwicklung der Sportfotografie. Das nachfolgende Kapitel bietet eine Übersicht zur Darstellung der Geschlechter in den Medien. Nach einer Erläuterung der Thematik der Zweigeschlechtlichkeit und der sozialen Konstruktion von Geschlecht im Sport aus Sicht der Geschlechterforschung, liegt der Fokus dieses Kapitels auf der (bildlichen) Präsentation von Athletinnen und Athleten im Sportressort. Im vierten Kapitel wird der Markt der Tageszeitungen in Deutschland mit seiner geschichtlichen Entwicklung beleuchtet. Die Vorstellung der Tageszeitung Die Welt inklusive ihrer Entwicklungsgeschichte und aktuellen Struktur schließt die theoretische Betrachtung dieser Arbeit ab.

Anschließend folgt im fünften Kapitel eine den Fragestellungen entsprechende Aufstellung und Begründung der Hypothesen, bevor im nachfolgenden Kapitel das Untersuchungsdesign beschrieben wird. Darauf folgend werden die Ergebnisse der Analyse präsentiert, die Hypothesen überprüft und die Resultate interpretiert. Ein Fazit mit einem kurzen Ausblick wird die Arbeit abschließen.

2. Visuelle Kommunikation

Der Begriff „Kommunikation“ wurde ursprünglich durch die Kommunikationswissenschaft geprägt. Im heutigen inflationären Sprachgebrauch vermag aber keine allgemein gültige Definition, die verschiedenen Teilbereiche des Begriffs abzudecken. „Kommunikation ist ein sowohl fach- wie auch alltagssprachlich verwendeter Begriff mit zahlreichen Bedeutungsgehalten“ (Pürer, 2003, S. 58). In den deutschen Sprachgebrauch hat „Kommunikation“ in Bezug auf soziale Kommunikation durch den Begriff Massenkommunikation Einzug gefunden.

Merten versucht in seiner 1977 durchgeführten Analyse, die verschiedenen Arten von Kommunikation zu unterscheiden und nimmt eine hierarchische Differenzierung in subanimalische, animalische, Human- und Massenkommunikation vor (vgl. 1977, S. 94). Einen immer wichtiger werdenden Sektor fügt Pürer dieser Einteilung hinzu, indem er die Systematisierung Mertens um die computervermittelte (Gemeinschafts-) Kommunikation ergänzt (2003, S. 58). Legt man die dargestellte Systematisierung für die untersuchte Sportbildberichterstattung der Welt zugrunde, so fällt diese in den Bereich der (visuellen) Massenkommunikation. Die Massenkommunikation, als grundlegender Forschungsbereich der Kommunikationswissenschaft, befasst sich mit der Informationsübermittlung durch Massenmedien wie etwa Bücher, Zeitungen oder Fernsehen. Innerhalb dieser Medien stellen die Informationsträger „Text“ und „Bild“ eine zentrale Rolle dar (vgl. Knieper, 2005a, S. 56). Für die Kommunikationswissenschaft sind dementsprechend primär massenmedial verbreitete Bilder von Forschungsinteresse. Unter diese fallen auch die in der vorliegenden Arbeit untersuchten Bilder. Durch das Trägermedium Tageszeitung erfüllen sie die Merkmale der medialen Verbreitung, Reproduktion sowie Distribution und können als Medienbilder bezeichnet werden (vgl. Knieper, 2005b, S. 40).

Die visuelle Kommunikation als Teilgebiet der Kommunikationsforschung ist ein noch junger Zweig wissenschaftlicher Forschung, was die erst im Jahr 2000 von der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft

(DGPuK) gegründete Fachgruppe Visuelle Kommunikation verdeutlicht (vgl. Kapitel 1.2). Durch die enorme Anzahl von täglich auf uns einwirkenden visuellen Eindrücken stellt die visuelle Kommunikation zusätzlich ein hochaktuelles Forschungsgebiet dar, wie Schelske deutlich macht:

Für Publizisten in den Massenmedien ist die Epoche der Bilder angebrochen. Das Wissen der Weltgesellschaft wird ihrer Meinung nach zukünftig bildhaft vermittelt sowie gespeichert. Sie sowie einige Wissenschaftler stellen den pictural turn über den linguistic turn, indem sie die erlernte Bild- für wichtiger als die Sprachkompetenz des Individuums einschätzen. (2002, S. 39)

Die Aktualität des Forschungsgebietes unterstreicht auch Fellmann, fügt jedoch den Grund für die Entstehung dieser Relevanz hinzu: „Unter dem Stichwort iconic oder pictural turn ist in den letzten Jahren das Bild ins Zentrum interdisziplinärer Aufmerksamkeit gerückt [...]. Ursache dafür ist die Bilderflut in den Massenmedien, insbesondere natürlich das Fernsehen“ (2005, S. 45). Neben dem visuell geprägten Fernsehen, das heute als Leitmedium gilt, verändert sich die Bildkommunikation in erheblichem Maße durch das Internet.

„Bildfunktionen und Bildeinsatz werden derzeit durch die Prozesse der Digitalisierung und Vernetzung einem Wandel unterzogen [...]. Das Internet bietet neue und weitreichendere Möglichkeiten des Bildeinsatzes und der Bildverwendung [...]“ (Meckel, 2001, S. 27-28). Durch den Bedeutungsgewinn der visuellen Informationsvermittlung sowie der engen Verknüpfung von Bildern und Texten kommt dem Internet im Prozess der Visualisierung eine Rolle als Katalysator zu (vgl. ebd.).

Die visuelle Kommunikation als Forschungsfeld befasst sich vornehmlich mit Phänomenen, die nahezu ausschließlich in Form von Bildern materialisiert werden. Der Bildbegriff ist in diesem Zusammenhang bewusst möglichst weit gefasst (vgl. Müller, 2003, S. 13). Neben Druckgrafiken, Tafelbildern oder Fotografien zählen auch die bewegten Bilder aus Film und Fernsehen dazu, die als audiovisuelle Medien kategorisiert werden. Zusammengefasst werden diese Bildarten unter dem Begriff „materielle Bilder“. Zwar gehören auch

„immaterielle Bilder“ wie etwa Träume, Musik oder sprachliche Metaphern zum Bereich der visuellen Kommunikationswissenschaft. Jedoch ist der Abbildcharakter für den kommunikationswissenschaftlichen Bildbegriff unabdingbar. „Rein immaterielle Bilder, die keine Vergegenständlichung erfahren, sind nicht Teil visueller Kommunikationsforschung“ (ebd., S. 20). Diese Definition impliziert gleichermaßen, dass über die Auswahl als Gegenstand der visuellen Kommunikationsforschung weder ästhetische noch künstlerische Qualität der Bilder entscheidet. Selbst der Entstehung, ob durch Mensch oder Maschine, wird nur eine untergeordnete Rolle zugeteilt.

„Relevant ist lediglich, dass sich Bilder in einer materialisierten Form ausdrücken“ (ebd.). Durch die Festlegung auf das Kriterium der Bildlichkeit und dessen Materialisierung ist die visuelle Kommunikationsforschung weiterhin von der nonverbalen Kommunikation abzugrenzen, die auch auditive Elemente respektive nicht als Bild materialisierte visuelle Eindrücke wie z.B. Gesten mit einbezieht (vgl. ebd., S. 14).

Zu Analysezwecken kann die visuelle Kommunikationsforschung in die drei Ebenen Produktionsanalyse, Produktanalyse und Wirkungsanalyse eingeteilt werden (vgl. ebd.). Während die Produktionsanalyse die Entstehungsbedingungen und Produktionsstrukturen des Bildes untersucht (ist ein einzelner Fotograf oder eine Agentur Produzent? Wie und warum wurde das Bild von der Bildredaktion ausgewählt?), wird das Bild im Rahmen der Produktanalyse als solches begutachtet. Dazu gehört die Bestimmung formaler Kriterien wie etwa Form oder Größe sowie eine detailgenaue Beschreibung des Dargestellten als Motivanalyse. Die Wirkungsanalyse untersucht hingegen die Wahrnehmungen, Wirkungen und Rezeptionsformen von Bildern. Im Mittelpunkt stehen der Adressat und der Rezipient visueller Kommunikation. Es soll der Frage der individuellen Wirkungsweise des Bildes nachgegangen werden (vgl. ebd., S. 17). Idealtypischerweise ist ein Zusammenfügen der genannten drei Analysebereiche notwendig, um schließlich Aussagen über visuelle Kommunikationsinhalte treffen zu können

Um für den zentralen Begriff des Bildes in der vorliegenden Untersuchung ein einheitliches Verständnis zu schaffen, soll dieser im nachfolgenden Kapitel weiter eingegrenzt werden.

2.1 Das Bild in der Kommunikationswissenschaft

„Wenn zwei Menschen dasselbe Bild betrachten, bedeutet das nicht automatisch, dass sie dasselbe sehen. Ebenso wird eine Person ein Klassenfoto zum Zeitpunkt seiner Entstehung anders beurteilen als im Rückblick Jahrzehnte später“ (Müller, 2003, S. 18). In ihrem Beispiel veranschaulicht Müller die Problematik, den Begriff Bild einheitlich zu definieren. Unser Verständnis von Bildlichkeit und Bildern ist sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Hinsicht relativ, denn es ist „in sozialen und kulturellen Praktiken verankert“ (Mitchell, 1990, S. 18, zitiert nach Müller, 2003, S. 18). Die Bedeutungszuweisung hängt von äußeren Faktoren ab, wie etwa Kulturkreis, Präsentationszusammenhang, Vorwissen oder individueller Wahrnehmungssituation. Schmalriede zeigt die Bedeutungsvielfalt aus der Sicht des Produzenten auf, denn „Bilder sind perspektivisch und aspekthaft, soll heißen, dass sie immer nur aus einer bestimmten Perspektive oder unter deinem bestimmten Aspekt gemacht werden“ (2004, S. 19).

Allein im deutschen Sprachraum werden solch unterschiedliche Gegenstände wie beispielsweise Kunstwerke oder Piktogramme unter dem Begriff Bild zusammengefasst. Jedoch ist dieser weit reichende Gebrauch des Begriffs „für die visuelle Kommunikationsforschung zu unpräzise und damit ungeeignet“ (Müller, 2003, S.18). Zur Kategorisierung dieser Vielfalt unterscheidet Mitchell (1990, S. 20, zitiert nach Müller, 2003, S. 18) fünf Bildkategorien:

1. graphische Bilder (Gemälde, Zeichnungen, Fotografien)
2. optische Bilder (Spiegelbilder, Projektionen)
3. perzeptuelle Bilder (Sinnesdaten, Erscheinungen)
4. geistige Bilder (Träume, Ideen)
5. sprachliche Bilder (Metaphern, Beschreibungen)

In der Systematik von Mitchell lassen sich demnach materiell fassbare Bilder von immateriellen, also mentalen Bildern unterscheiden. Einen stärker an der Kommunikationswissenschaft ausgerichteten Standpunkt nimmt dagegen Doelker ein:

Ein Bild ist eine zum Zweck der Betrachtung oder Verständigung hergestellte visuelle Konfiguration. In diese Definition sind die Kriterien der Begrenztheit, der Transferierbarkeit und der Reproduzierbarkeit mit eingeschlossen. Eine optisch anregende Konstellation aus großer Höhe betrachtet ist noch kein Bild; erst die fotografische Aufnahme [...] und die Darbietung vor Betrachtern macht die Konfiguration zum Bild. (2002, S. 187)

Ein Bild muss also produziert respektive materialisiert werden, beispielsweise durch eine Fotografie, und es muss einem Publikum präsentiert werden. Damit bezieht sich seine Definition von Bild auf das Abbild und lässt immaterielle Bilder bzw. Denkbilder außen vor. In der visuellen Kommunikationswissenschaft sind zwar geistige und materielle Bilder im Bildbegriff untrennbar miteinander verbunden, bei einer wissenschaftlichen Untersuchung kann aber der Schwerpunkt nur auf einen der beiden Bildaspekte gelegt werden (vgl. Kapitel 2). Müller unterteilt den Bildbegriff grundlegend in sogenannte mental images (immaterielle Bilder) und material images (materielle Bilder), die sich wiederum nach der Art ihrer Gestaltung, Produktion und Rezeption wie folgt untergliedern lassen (vgl. Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Der Bildbegriff, eigene Darstellung (nach Müller, 2003, S. 22)

In den weiteren Ausführungen der vorliegenden Arbeit wird der Bildbegriff nach Müller verwendet, da die zu untersuchenden Zeitungsfotos der Welt sowohl hergestellt als auch einem Publikum präsentiert wurden. Es handelt sich demnach um materielle Bilder, die in fotografischer Gestalt journalistisch produziert wurden und wissenschaftlich rezipiert werden.

2.2 Eigenschaften der Bildkommunikation

Auf Grundlage des in Kapitel 2.1 zum einheitlichen Verständnis abgegrenzten Bildbegriffs, sollen im Folgenden Eigenschaften der Bildkommunikation herausgearbeitet werden. Vor dem Hintergrund des steigenden Stellenwertes des Bildes innerhalb des Kommunikationsprozesses werden zunächst Vor- und Nachteile der visuellen Kommunikation aufgezeigt. Kapitel 2.2.2 gibt einen Überblick über die Funktionen des Bildes in den Medien, bevor anschließend die besonderen Unterschiede zwischen den beiden Kommunikaten Text und Bild als meistgenutzte Präsentationsarten redaktionellen Inhalts in Tageszeitungen verdeutlicht werden.

2.2.1 Vor- und Nachteile bildlicher Kommunikation

Mit dem Einsatz von Bildern eröffnet sich dem Kommunikator eine Vielzahl von Kommunikationsmöglichkeiten. Im Gegensatz zur Sprache verfügen Bilder über ein hohes semantisches Potenzial. Mit ihnen können detaillierte Angaben über räumliche oder formale Beziehungen gemacht werden. Die Konstellation von Farben, Formen und Anordnungen im Raum lassen sich mit bildlicher Kommunikation deutlich präziser gestalten als mit der Sprache (vgl. Schierl, 2001, S. 222). Durch technische Entwicklungen können zudem Dinge visualisiert werden, die das menschliche Auge eigentlich nicht hätte sehen können. So beschreibt Schmalriede, dass erst mit Hilfe der Fotografie der Beweis erbracht werden konnte, dass ein Pferd während des Galopps nicht zu jedem Zeitpunkt Bodenkontakt hat (vgl. 2004, S. 13). Mittels Standbildern oder kurzen Belichtungszeiten werden dem Betrachter vorher nicht bekannte Einblicke in Geschehnisse gegeben, etwa in die Verformung des Gesichts eines Boxers beim Auftreffen der gegnerischen Boxhandschuhs (vgl. Schierl, 2004, S. 78). Diese visuellen Eindrücke werden vom menschlichen Sinnesapparat anders verarbeitet und deshalb auch auf andere Art und Weise erinnert als Informationen in Textform2. Das Bild verfügt demnach über eine hohe Anschaulichkeit und hinterlässt beim Betrachter „deutlich stärkere Spuren“ als Worte (ebd., S. 79).

Ein weiteres kommunikatives Potenzial des Bildes hinsichtlich der Informationsaufnahme besteht in seiner schnellen Kommunikationsgeschwindigkeit. Bilder können direkt erfasst und gespeichert werden. Sie sind „schnelle Schüsse ins Gehirn“ (Kroeber-Riel, 1996, S. 53). Innerhalb von einer bis zwei Sekunden kann der Rezipient bereits die wichtigsten Informationen und das Thema des Bildes erfassen. In der gleichen Zeitspanne lassen sich für den Leser eines Textes lediglich fünf bis zehn Wörter aufnehmen und somit einen deutlich geringeren Informationsgehalt herausziehen (vgl. ebd.). Einen Grund für die rasche Kommunikationsgeschwindigkeit liefert Schierl: „Bildliche Informationen werden praktisch automatisch ohne größeren gedankliche Anstrengung aufgenommen. [] Dies hängt damit zusammen, dass Bilder mehr holistisch, als eine Einheit erlebt und bei der Informationsverarbeitung in deutlich niedrigerem Maße gedanklich analysiert und kontrolliert werden als sprachliche Mitteilung“ (2001, S. 228). Die Kommunikationsgeschwindigkeit ist für Tageszeitungen somit ein wichtiges Argument für den Einsatz von Bildern, denn das Leitmedium Fernsehen hat beim Rezipienten den Wunsch nach „schnellen Bildern“ enorm verstärkt (vgl. Schierl, 2004, S. 76).

In der massenmedialen Kommunikation kommt dem Bild eine weitere besondere Bedeutung hinsichtlich der Aufmerksamkeitslenkung zu3, indem es beim Betrachter ein hohes Maß an Aufmerksamkeit produziert. Die erhöhte Aktivierung „kann durch die Form (z.B. Farben und Größe) als auch durch die dargestellten Inhalte (z.B. stark emotionale Darstellungen) des Bildes erfolgen. Bilder aktivieren Wertungen und werden wieder in Beziehungen zu anderen Bildern und Primärerlebnissen gesetzt“ (Schierl, 2004, S. 80). Sie fesseln den

Betrachter innerhalb kürzester Zeit und bereiten seine Sinne im Idealfall für eine optimale Rezeption des redaktionellen Inhalts vor, so dass Bilder als

„Lead in“ begriffen werden können (vgl. Schierl & Ludwig, 2007, S. 95). Durch die Verbindung mit bereits Erlebtem, eventuellen Vorkenntnissen oder vorhandenen Einstellungen gelingt es Bildern, Emotionen zu transportieren, etablieren oder zu verstärken und die Stimmung des Rezipienten zu beeinflussen.

Allerdings ist ein Bild ohne Kontext zu einer Botschaft offen und vieldeutig. Ein Bildinhalt kann je nach Darstellungszusammenhang auf äußerst unterschiedliche Weise interpretiert werden. Prinzipiell sagt ein Bild also nichts aus, sondern stellt nur etwas dar. Um verständlich und überprüfbar zu werden, müssen Abbildungen in einen definierten Kontext gesetzt werden (vgl. Schierl, 2004, S.77-78). In dieser Offen- und Vieldeutigkeit liegt somit eine

Schwäche der visuellen Kommunikation, denn sie kann nur begrenzt „auf eine sichtbare, optische Wirklichkeit referieren“ (Schierl & Ludwig, 2007, S. 95).

Neben diesen Vor- und Nachteilen der bildlichen Kommunikation, die einen von mehreren Gründen für die Veränderung der Bildberichterstattung in den Medien darstellen, soll im folgenden Kapitel explizit auf die Funktionen von Bildern in den Medien eingegangen werden.

2.2.2 Bildfunktionen in den Medien

Um im ökonomischen sowie im publizistischen Wettbewerb zu bestehen, ist der Einsatz von Bildkommunikation in der Medienberichterstattung unerlässlich. Der Erfolgsmaßstab im ökonomischen Wettbewerb kann beispielsweise in Gewinn, Auflage, Absatz oder Umsatz ausgedrückt werden. Aktualität, Relevanz oder Originalität sind dagegen Kriterien des publizistischen Wettbewerbs (vgl. Schierl, 2004, S. 80). In diesem Zusammenhang erfüllen Bilder für die Kommunikatoren unterschiedliche Funktionen, die durch technologische Weiterentwicklung und neue Möglichkeiten des Bildeinsatzes stetig erweitert werden. Meckel unterteilt die Funktionen von Bildern in fünf Kategorien (vgl. 2001, S. 26):

1. Informationsfunktion: Bilder liefern zusätzliche oder ergänzende Informationen zum Textteil.
2. Unterhaltungsfunktion: Bilder sorgen für Abwechslung bei der Rezeption und Informationsverarbeitung.
3. Erlebnisfunktion: Bilder vermitteln das Miterleben von Ereignissen besser als Text.
4. Emotionalisierungsfunktion: Bilder drücken Gefühle deutlicher und direkter aus als Text.
5. Interpretationsfunktion: Bilder beeinflussen die Rezeption auf eine bestimmte Art.

Diese qualitativen Aspekte der Bildkommunikation zielen auf einen Zweck ab, der allen Kommunikatoren gemein ist: die Produktion von Aufmerksamkeit. Wie in Kapitel 2.2.1 beschrieben, eignen sich Bilder aufgrund ihrer Eigenschaften der schnellen Kommunikationsgeschwindigkeit und Aktivierung hervorragend dazu, den Konsumenten auf ein Produkt aufmerksam zu machen bzw. zum Kauf eines Titels zu bewegen. Zusätzlich prägen Bilder, etwa durch ein besonders außergewöhnliches oder attraktives Titelblatt, die Beziehung des Nutzers zum Medium und nehmen Einfluss auf die Nutzerbindung, so dass sie ebenso profilbildend sind und als ein Mittel für den Imageaufbau eines Mediums fungieren (vgl. Schierl, 2004, S. 80).

Die Medien sind sich dieser Erkenntnis bewusst und bemüht, die Aufmerksamkeit der Rezipienten mittels neuer und immer weiter entwickelter Strategien und Methoden auf ihr Produkt zu lenken. Dieses Ziel versuchen sie vor allem mit dem verstärkten Einsatz von Bildern zu erreichen4, denn sie sind

„die Aufmerksamkeitsgaranten Nummer eins“ (Meckel, 2001, S. 26).

2.2.3 Text und Bild

Text und Bild, als die beiden Präsentationsmöglichkeiten redaktionellen Inhalts einer Tageszeitung, unterscheiden sich in ihrer Kommunikationsweise grundlegend voneinander. Generell lassen sich Texte als digitaler und Bilder als analoger Code auffassen (vgl. Schierl & Ludwig, 2007, S. 95). Bilder werden demnach direkt wahr- und aufgenommen, ihr analoger Code muss nicht übersetzt werden. Es besteht eine direkte Beziehung zwischen dem Bezeichneten (Signifikandum) und dem Bezeichnenden (Signifikans), das heißt, das Abgebildete und die Abbildung weisen eine erkennbare Ähnlichkeit auf (vgl. Schierl, 2001, S. 214). Textliche Kommunikation dagegen folgt einem digitalen, verschlüsselten Code, was bedeutet, dass sie mit ihren Buchstaben und Worten zunächst durch gesellschaftliche Konventionen geregelt werden muss, um eine Verständigung zu erreichen. Verschiedene Sprachen beispielsweise machen verbale Konversation oft unmöglich, Bilder hingegen werden bei entsprechend definiertem Kontext international verstanden. „Ein sprachlicher Begriff ist immer nur eine Übereinkunft, die [...] in einer allein zufälligen Beziehung zum Objekt steht“ (ebd.).

Doelker unterscheidet Bild und Text anhand der Begriffe konkret und abstrakt. Unter der Konkretheit von Bildern versteht er die drei Qualitäten „stofflich- sinnlich erfahrbar, imitativ (dem Abgebildeten ähnlich) und individuell“ (2002, S. 52). Auch er stellt eine Ähnlichkeit von Signifikans und Signifikandum fest:

„Dank dieser physiognomischen Übereinstimmung des Bezeichnenden mit dem Bezeichneten sind Bilder rascher, unmittelbarer entschlüsselbar“ (ebd.). Bilder zeichnen sich demnach stets durch eine Ähnlichkeit mit ihrer realen Vorlage aus. Und genau diese „Similarität ist das deutlichste Charakteristikum, das sie vom Wort unterscheidet“ (ebd.).

Ein weiterer wichtiger Unterschied bildlicher gegenüber textlicher Kommunikation besteht darin, dass analog codierte Informationen weniger vielseitig und abstrakt sind als digital codierte, denn dem Bild fehlt im Gegensatz zur Sprache die logische Syntax (vgl. Schierl & Ludwig, 2007, S. 94). Neben abstrakten Begriffen, wie etwa „Arbeitslosigkeit“, können auch Negationen, Fragen, Befehle, Konjunktionen, Alternativen, Implikationen und grammatikalische Zeitformen bildlich nicht dargestellt werden (vgl. Schierl, 2001, S. 215).

Aus diesen generellen Differenzen zwischen bildlicher und textlicher Kommunikation wird klar, dass beide Codes jeweils unterschiedliche Aufgaben innerhalb der massenmedial vermittelten Kommunikation übernehmen müssen und sich nur teilweise gegenseitig ergänzen können.

„Bereits die Produktionslogik und die Produktionsstrukturen, ganz zu schweigen von Inhalt und Wirkung, unterscheiden sich von den Strukturen textlicher Kommunikation, wobei sich Bild- und Textkommunikation nicht selten wechselseitig durchdringen oder zumindest überlagern“ (Müller, 2003, S. 14).

2.3 Visuelle Kommunikation in Tageszeitungen

Stellten Bilder bis zu den fünfziger Jahren noch eher eine Randerscheinung und Beiwerk zum Text dar, hat sich ihr Stellenwert – auch in Tageszeitungen – in den folgenden Jahren kontinuierlich gesteigert (vgl. Kap. 4.2). Seit dem Erfolg der Bild Zeitung in den fünfziger Jahren sowie dem Einzug des Fernsehen in den Alltag der Bevölkerung wandelten sich auch die Kriterien für die Auswahl von Bildern in der Tageszeitung. Nicht mehr nur die reine Ergebnisdarstellung stand im Vordergrund, sondern es wurde auf besonders ästhetische und dramaturgisch gut zu verkaufende Bilder großen Wert gelegt. Üblicherweise bestimmen Parameter wie das Thema oder der Auftraggeber die Art der visuellen Berichterstattung, die der Fotograf dann dementsprechend umsetzt. Heutzutage kommt hingegen den Bildredakteuren diese entscheidende Rolle in der Bildauswahl zu, denn sie beurteilen aus der enormen Menge an online zur Verfügung gestellten Bildern nach eigenen Kriterien, die nicht immer mit denen des Fotografen übereinstimmen (vgl. Schmalriede, 2004, S. 16).

Da Bildredakteure, ebenso wie die Tageszeitung selbst, ökonomischen Zwängen unterliegen, suchen sie Bilder vermehrt nach Sensations- und Attraktionsaspekten aus, um eine höhere Aufmerksamkeit für die jeweiligen Seiten oder den zum Bild gehörigen Artikel zu generieren. Diese allzu einseitige Präsentation von Bildern kritisiert Schierl, denn „Bilder könnten deutlich stärker zur Verbesserung der publizistischen Qualität genutzt werden, und komplementär zum Text Informationen anbieten, die über diesen nicht vermittelt werden können [...]“ (2004, S. 85).

Printmedien wollen und müssen sich sowohl von ihren intramediären Konkurrenten als auch vom Rundfunk differenzieren, weshalb sie ihren Rezipienten Bilder anbieten müssen, die das Fernsehen in dieser Art nicht zeigen kann. Statt dieser Chance, einen Mehrwert über die Bilder zu geben, werden diese „häufig nur nach ihren fototechnisch-gestalterischen professionellen Qualität (Schärfe, Farbigkeit, Kontrast, Komposition) ausgewählt“ (ebd., S. 85). Auch wenn diesen Merkmalen eine große

Gewichtung in der visuellen Kommunikation zukommt, müssen laut Schierl aus journalistischer informationsorientierter Sicht ebenso Aspekte wie Informationsgehalt, Komplementarität und Verstehbarkeit stärker in den Fokus genommen werden.

Doelker sieht das entstandene Missverhältnis von Bilderflut und Bildkompetenz in unserer Kulturgeschichte begründet: „Mit der Einführung der Schrift überholte das Wort das Bild, und mit der Erfindung des Buchdrucks ließ die Kultur der Schriftlichkeit das Bild für Jahrhunderte hinter sich“ (2002, S. 16). Heute wird die Gesellschaft aufgrund der rasanten technischen Entwicklung von Bildern förmlich überschwemmt. „Doch während wir mit wortsprachlicher Information umzugehen gewöhnt sind, ist für uns der Gebrauch von Bildern relativ neu“ (ebd.).

Um diesem Missverhältnis und den auf Kommunikatorenseite erheblichen Mangel an „piktoraler Kompetenz“ entgegenzuwirken, gilt es hier, die Ausbildung von Fotografen, Bildredakteuren oder Kameramänner zu verbessern und auszuweiten (vgl. Schierl, 2004, S. 85).

2.4 Entwicklung der Sportfotografie

Durch welche Faktoren – vor allem auch in technischer Hinsicht – die Veränderungen in der visuellen Kommunikation der Sportberichterstattung begünstigt wurden, soll im Folgenden ein kurzer Blick in die Entwicklungsgeschichte der Sportfotografie aufzeigen.

Als wesentlichstes Merkmal sportlicher Aktivität sieht Schmalriede die Bewegung (vgl. 2004, S. 11). Während es zu Beginn des 19. Jahrhunderts für die Kameratechnik noch ein großes Problem darstellte, bewegte Objekte als Bild sichtbar zu machen, war die Technik gegen Ende des Jahrhunderts bereits soweit gereift, erste Schnappschüsse und Momentaufnahmen machen zu können und somit die Grundlage für die heutige Sportfotografie geschaffen. Die 1885 als erste deutsche Sportillustrierte erschienene Sport im Bild als Prototyp der stark aufkommenden Massenpresse bescherte der Sportfotografie einen ersten entscheidenden Aufschwung (vgl. Kap. 4.1.2). Dieses Wachstum wurde ab 1933 in der Zeit des Nationalsozialismus vorläufig gestoppt, indem die Presse systematisch gleichgeschaltet wurde (vgl. Kap. 4.1).

Vor allem durch den technischen Fortschritt erlebten Sportberichterstattung und Sportfotos nach dem Zweiten Weltkrieg einen erneuten Aufschwung und gaben der Sportfotografie einen enormen Schub und Bedeutungszuwachs. Eine entscheidende Veränderung im Zuge dieser technische Entwicklung war die einsetzende Farbfotografie, die jedoch zunächst eher in Illustrierten als in Tageszeitungen vorzufinden war5. In der Folgezeit entstanden außerdem Fototechniken wie etwa das „Mitziehen“ (Abb. 2) zur Isolation von Objekten vor verwischtem Hintergrund und damit Hervorhebung der Dynamik der Bilder und das „Einfrieren“ (Abb. 3 und Abb. 4), um sportliche Szenen aufzudecken, die dem menschlichen Auge eigentlich verwehrt geblieben wären (vgl. Schmalriede, 2004, S. 33).

Abb. 2: Fototechnik „Mitziehen“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: (Quelle: getty)

Abb. 3: Fototechnik „Einfrieren“ I

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: (Quelle: getty)

Abb. 4: Fototechnik „Einfrieren“ II

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: (Quelle: getty)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

5 Am 3. Januar 1968 erschien das erste Farbbild im redaktionellen Teil der Welt (vgl. Kapitel 4.3.1).

Mit dem Erfolg der Bild-Zeitung in den fünfziger Jahren und dem Siegeszug des Fernsehens wandelte sich die inhaltliche Darstellung von Sportfotos von der Ergebnispräsentation zu Kriterien der Ästhetik und Dramaturgie. „Action- oder Livefotografie, in Form aktueller Einzelbilder mit journalistischer Botschaft prägen die Erscheinungsformen der Sportfotografie in den Medien“ (Moritz, 1998, S. 14). Die Tagespresse versuchte mit dieser Methode, sich gegen das Fernsehen und Konkurrenten im intramediären Wettbewerb abzugrenzen und ihr Profil zu schärfen. „Die Essenz einer Szene im entscheidenden Moment den Augenblick zu bündeln, ist ein absolutes Privileg der Fotografie und ihr großer Vorzug gegenüber den bewegten Bildern“ (ebd., S. 17). Auch Schmalriede sieht einen wichtigen Aspekt in dem Gegensatz, Bewegungen in einem statischen Bild festzuhalten (vgl. 2004, S. 26).

Mit der Einführung von Digitalkameras in den neunziger Jahren veränderte sich auch die Arbeit in der Sportfotografie gravierend. Durch die technischen Möglichkeiten entstanden für die Fotografen und Bildredakteure deutliche Verbesserungen in der Qualität und Quantität der aufgenommenen Bilder und in der Übermittlungsgeschwindigkeit durch das digitale Versenden. Heute sind Bilder von Sportveranstaltungen allgegenwärtiger und immanenter Bestandteil der Tagespresse. Nahezu alle großen Tageszeitungen erstellen nach sportreichen Wochenenden bzw. Sportveranstaltungen ausgiebige Bilderreportagen. In ihren Online-Ausgaben sind umfangreiche Diashows zu einzelnen Sportlern, Sportarten oder Veranstaltungen zu bewundern. Durch die beschriebenen Veränderungen und Entwicklungen in der Geschichte der Sportfotografie ist damit zu rechnen, dass sich auch die (Sport-) Bilder der Welt seit Untersuchungsbeginn 1955 entscheidend verändert haben, gerade weil der Bildjournalismus in dieser Phase einen deutlichen Wandel erlebte.

2.5 Zusammenfassung

Die Ausführungen in diesem Kapitel haben gezeigt, dass sich in der modernen Massenkommunikation ein stetig zunehmender Trend zum visuellen Abbilden des Tagesgeschehens beobachten lässt. Einen Hauptgrund dafür stellen die spezifischen Vorteile der Bildkommunikation gegenüber der textlichen Kommunikation dar. Während Text in der Lage ist, Bezug auf Dinge zu nehmen und etwas über sie auszusagen, verfügt das Bild über ein hohes semantisches Potenzial, das es ermöglicht, räumliche Anordnungen wiederzugeben. Die Wahl, ob eine Botschaft textlich oder bildlich präsentiert werden soll, entscheidet der Einzelfall, denn Sprache und Bild können sich aufgrund ihrer gegensätzlichen Kommunikationsmöglichkeiten nicht ersetzen.

Bedeutungsstark beim Einsatz in den Printmedien sind die schnelle Kommunikationsgeschwindigkeit und der hohe Aktivierungsgrad von Bildern. Diese Stärken der Bildkommunikation ermöglichen den Kommunikatoren, sich im Wettbewerb gegen Konkurrenzblätter sowie im intermediären Vergleich zu profilieren. Weitere wesentliche Bedingungen für das Vordringen der Bildkommunikation sind die Verbreitung des Fernsehens und die zunehmende Informationsüberflutung. Durch das Leitmedium Fernsehen sind die westlichen Gesellschaften gewohnt, „schnelle“ Bilder zu rezipieren. In der zunehmenden Informationsüberlastung der modernen Medienwelt verstärkt sich der Druck auf den Rezipienten, sich einen schnellen Überblick über das Angebot zu verschaffen und die Schlüsselinformationen rasch aufnehmen zu müssen. Ein weiterer Grund für den pictural turn (vgl. Kapitel 2) ist in den ständig wachsenden technischen Entwicklungen und damit einhergehenden Verbilligung der Bildproduktion zu sehen, wie sie in Kapitel 2.4 am Beispiel der Sportfotografie dargestellt wurde.

Um im ökonomischen und publizistischen Wettbewerb weiterhin bestehen zu können, gilt es für die Printmedien, sich durch originelle Visualisierungen die Aufmerksamkeit der Rezipienten zu sichern, sich durch exklusive Bebilderungen von der Konkurrenz abzusetzen und dabei möglichst glaubwürdig zu bleiben. Dass sich angesichts dieser Entwicklungen auch bei der Tageszeitung Die Welt eine Veränderung im Einsatz von Bildern, sowohl in der Darstellung als auch im Inhalt, eingestellt hat, ist demnach die logische Konsequenz dieser Ausführungen.

[...]


1 Wernecken untersuchte die Sportberichterstattung von 18 Titeln der Tagespresse mit je 53 bzw. 54 Ausgaben. Gegenstand waren sowohl Texte als auch Bilder.

2 Die Tatsache, dass Bilder besser als Texte erinnert werden können, haben eine ganze Reihe von Studien belegt. Exemplarisch sollen hier die Experimente von Shepard (1967) sowie Standing et al. (1970) genannt werden (vgl. Schierl, 2004, S. 79; Müller, 2003, S. 13).

3 Studien von Garcia (1990) zeigen, dass ein Großteil der Leser über das (farbige) Bild den Einstieg in eine Seite findet. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Text gelesen wird, kann zudem über die Präsentation von Fotos erhöht werden. Überschriften inklusive Foto wurden nach der Studie von rund 72 Prozent der Leser wahrgenommen; Überschriften ohne Bild dagegen nur von 54 Prozent der Leser (vgl. Schierl & Ludwig, 2007, S. 95-96).

4 Als Beispiel nennt Meckel die amerikanische Zeitung USA-Today, deren Strategie es war, Bilder innerhalb eines neuen Layouts in ein übersichtlich gestaltetes Gesamtbild einfließen zu lassen. Vier Jahre nach ihrem ersten Erscheinen 1985 konnte das Blatt 4,8 Millionen Leser verzeichnen (vgl. Meckel, 2001, S. 26).

5 Am 3. Januar 1968 erschien das erste Farbbild im redaktionellen Teil der Welt (vgl. Kapitel 4.3.1).

Ende der Leseprobe aus 119 Seiten

Details

Titel
Die Geschlechterdarstellung in der Sportberichterstattung
Untertitel
Eine empirische Analyse der Tageszeitung "Die Welt"
Hochschule
Deutsche Sporthochschule Köln  (Institut für Sportpublizistik)
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
119
Katalognummer
V115561
ISBN (eBook)
9783640170340
ISBN (Buch)
9783640179725
Dateigröße
1315 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geschlechterdarstellung, Sportberichterstattung, Die Welt, Tageszeitung
Arbeit zitieren
Torsten Adams (Autor:in), 2008, Die Geschlechterdarstellung in der Sportberichterstattung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115561

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