„Langweilig“ oder „jung und spritzig“? Jugendliche beurteilen zwei Nachrichtensendungen


Mémoire (de fin d'études), 2006

139 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Tagesschau und die RTL2-News
2.1 Charakteristika der beiden Nachrichtensendungen
2.2 Die Moderatorin und die Sprecherin
2.3 Analyse der gezeigten Sendungen

3 Bezug der Schüler zu Nachrichtensendungen
3.1 Mediennutzung der Jugendlichen
3.2 Informationsquellen der Jugendlichen
3.3 Häufigkeit des Konsums von Tagesschau und RTL2-News
3.4 Interesse an Information und Unterhaltung
3.5 Favorisierte Themen in Nachrichtensendungen

4 Erinnerungsleistung der Schüler
4.1 Erinnerte Beiträge der RTL2-News
4.2 Erinnerte Beiträge der Tagesschau
4.3 Faktoren, die die Erinnerungsleistung beeinflussen

5 Das Urteil der Jugendlichen
5.1 Sendungsbenotung
5.2 Allgemeine Bewertung
5.3 Das Fazit der befragten Schüler

6 Schluss

7 Literaturverzeichnis

Anhangverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

Diese Diplomarbeit stellt eine Befragung von drei neunten Schulklassen aus Hauptschule, Realschule und Gymnasium vor, denen eine Tagesschau und eine RTL2-News desselben Tages gezeigt wurden. Die Schüler sollten versuchen, sich an fünf Nachrichtenbeiträge zu erinnern und eine Bewertung der gesehenen Sendungen abzugeben. Ziel der Arbeit ist es, anhand der Ergebnisse dieser Befragung herauszufinden, welche Nachrichtensendung den Jugendlichen aus welchen Gründen besser gefällt und welche Faktoren die Erinnerungsleistung begünstigen. In dieser Einleitung werden zuerst die Bedeutung von Nachrichten sowie deren Erforschung erklärt. Darauf folgt die Begründung, warum für die Befragung Jugendliche ausgewählt wurden. Zuletzt werden die Befragung sowie der Aufbau der Arbeit genauer vorgestellt.

„Die Nachrichtensendung gilt nach wie vor als wichtigstes Programmangebot des Fernsehens“, resümiert Heinz Bonfadelli in seinem Buch „Medienwirkungsforschung“[1]. Die meisten Zuschauer von Nachrichtensendungen wollen Hintergründe zu politischen Ereignissen erfahren, sich über die aktuellen Ereignisse informieren und ihr fachliches Wissen erweitern.[2] Jeder Bundesbürger ab 14 Jahren hat sich an einem Durchschnittstag im Jahre 2004 66 Minuten lang Informationssendungen angesehen. Davon entfielen 14 Minuten auf Fernsehnachrichten.[3] Damit ist die Nachfrage nach Sendungen dieses Typs nicht nur am größten, sie erhöhte sich auch im Vergleich zu 2003 um weitere drei Minuten.[4] Der Nachrichtenkonsum der Bundesbürger hat seit 1992, wenn auch mit Schwankungen, zugenommen.[5] Bonfadelli zieht daher das Fazit: „Wer fernsieht, hat auch Interesse an Fernsehnachrichten.“[6]

Manfred Muckenhaupt erklärt sich die Beliebtheit von Nachrichtensendungen mit dem hohen Maß an Vollständigkeit, Verständlichkeit und Sachkompetenz, die die Zuschauer den Fernsehnachrichten zusprechen. Weitere Gründe seien die Glaubwürdigkeit, die live-Ausstrahlung sowie die stündliche Aktualisierung der Themen. „Nachrichtensendungen können vom Publikum leichter wahrgenommen werden als die gedruckten Medien, Sehen und Hören ist weniger anstrengend als Lesen.“[7]

In den letzten zwölf Jahren haben sich die Reichweiten fast aller Nachrichtensendungen positiv verändert: Die Tagesschau hat rund eine Million Zuschauer hinzugewonnen, für RTL aktuell fällt mit 560 000 Zuschauern der Zuwachs fast ebenso hoch aus.[8] Nicht nur der Konsum von Fernsehnachrichten ist gestiegen, sondern auch die Nutzung des Fernsehens generell: Nach einer Mediaanalyse der ARD sahen im Jahre 1996 junge Menschen zwischen 14 und 19 Jahren durchschnittlich 146 Minuten am Tag fern, 2004 waren es bereits 170 Minuten.[9]

Die Aufgabe von Nachrichten kann also nur eine verantwortungsvolle sein. „Nachrichten erfüllen eine gesellschaftliche Aufgabe. Sie binden die Zuschauer im Rahmen von Öffentlichkeit in den allgemeinen gesellschaftlichen Konsens ein“, betonen Mikos und Wiedemann.[10] Ludes und Schanze bezeichnen Fernsehnachrichten als „Geschmacksgüter“, „da einige ihrer Qualitäten – vor allem hinsichtlich Unterhaltsamkeit – nach subjektiven Kriterien beurteilt werden. Nachrichten orientieren eben nicht nur, sondern unterhalten auch und motivieren.“[11]

Da die Vermittlung von Information eine entscheidende Rolle spielt, hat sich die Nachrichtenforschung jahrelang mit der Frage des Behaltens von Inhalten beschäftigt. „Dabei stellte sich heraus, dass sich die Zuschauer zwar im Allgemeinen für recht gut informiert halten, tatsächlich aber können sie sich in Befragungen durchschnittlich an nur zwanzig Prozent der Nachrichten erinnern“, schreibt Wingerhoff-Spurk. Noelle-Neumann spricht in diesem Zusammenhang von einer „Wissensillusion“.[12] Insgesamt betrachtet muss die Informationsleistung des Fernsehens als eher gering eingestuft werden: Sowohl Labor- als auch Feldexperimente dokumentieren, dass von den 15 bis 20 Meldungen einer Tageschau kaum mehr als fünf Meldungen, also nur rund 25 Prozent erinnert werten. Mit 25 bis 50 Prozent sind auch Missverständnisse häufig.[13] Daher sollte in der Befragung ein Schwerpunkt auf das Behalten von Nachrichten gelegt werden.

Wegen der großen Bedeutung von Fernsehnachrichten für die Zuschauer hat sich die Forschung immer wieder mit diesem Thema beschäftigt: Einen ersten Forschungshöhepunkt im deutschsprachigen Raum bildete das DFG-Projekt „Nachrichtensprache“ Ende der 1970er Jahre. Neue Entwicklungen bei den Fernsehnachrichten wie Globalisierung und Beschleunigung, Technisierung und zunehmende Kommerzialisierung ließen ab Mitte der 1980er Jahre das Interesse an Fernsehnachrichten neu erwachen. Vor allem ab Mitte der 1970er Jahre wurde nach Möglichkeiten zur Verbesserung der Informationsleistung von TV-Nachrichten gesucht, wobei im Mittelpunkt die Frage stand, wie Lernprozesse optimiert werden können.

Die Auswahl an Fernsehsendern ist groß: „Heute haben die Zuschauer in der Bundesrepublik die Qual der Wahl zwischen einer fast unüberschaubaren Anzahl deutschsprachiger Programme, die Fernsehnachrichten anbieten“, schreibt Manfred Muckenhaupt.[14] Ende 2004 konnten die Zuschauer zwischen 47 Fernsehsendern wählen: Nachrichtensendungen bieten die zwei Hauptprogramme der öffentlich-rechtlichen Sender an. Dazu kommen acht regionale dritte Programme, der deutsch-französische Kulturkanal Arte und der von ARD und ZDF betriebene Ereignis- und Dokumentationskanal Phoenix. Auch sieben nationale privat-kommerzielle Programme bieten Nachrichtensendungen an.

Die beliebteste Nachrichtensendung ist nach einer Studie von Media Perspektiven die Tagesschau mit 9,73 Millionen Zuschauern.[15] Nach einer Repräsentativbefragung von rund 3000 erwachsenen Deutschen ist das Erste der Sender mit der größten Nachrichtenkompetenz. 63 Prozent der Zuschauer schreiben dem Ersten Programm die höchste Nachrichtenkompetenz zu. Das ZDF wurde von 43 Prozent genannt, RTL von 24 Prozent. Das Nachrichtenangebot der Dritten Programme erreicht mit 15 Prozent den vierten Platz, SAT1 und Pro7 liegen mit acht beziehungsweise fünf Prozent weiter hinten.[16] Zu den besonderen Stärken der öffentlich-rechtlichen Nachrichten gehören aus Sicht der Zuschauer eine größere Objektivität und Neutralität.

Für die Befragung dieser Diplomarbeit sollten zwei Fernsehnachrichten ausgewählt werden, die sich offensichtlich unterscheiden. Die Tagesschau kam als Vertreter der öffentlich-rechtlichen Sender in Betracht, da sie die älteste Nachrichtensendung der Bundesrepublik ist und immer noch die größten Zuschauerzahlen aufweist. Als Kontrast boten sich die RTL2-News an; eine relativ junge Nachrichtensendung des privaten Senders RTL2, der sich eher auf das junge Publikum und Unterhaltungsaspekte konzentriert. Der Kontrast zwischen zwei Sendungen, die Information und Unterhaltung unterschiedlich gewichten, ist auch deswegen interessant, da in den Fernsehnachrichten seit 1992 eine zunehmende Boulevardisierung stattfindet: Ereignisse werden konfliktorientierter und aggressionshaltiger dargestellt, die Berichterstattung ist differenzierter, selektiver und dynamischer geworden.[17] Eine Befragung von Nachrichtenjournalisten im Jahre 2001 ergab, dass sich die politische Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Sender angeglichen hätte.[18] Ob und inwieweit die beiden Nachrichtensendungen Ähnlichkeiten aufweisen, wird in Kapitel 2.3 erläutert.

Die Gruppe von 15-jährigen Schülern als Zielgruppe der Befragung ist aus mehreren Gründen interessant. Die meisten Forschungen beschäftigen sich mit der Medienwirkung auf Kinder bis zu zwölf Jahren oder zählen die Jugendlichen ab 14 Jahren zu den Erwachsenen hinzu. Untersucht man jedoch die Meinung von Jugendlichen, kann man Sendungskonzepte für die kommende Generation junger Erwachsener vorausplanen. Jugendliche mit 15 Jahren befinden sich auf dem Weg zum Erwachsensein. Während bei den 12- bis 13-Jährigen und bei einigen 14-Jährigen in Bezug auf Fernsehinformation noch Haltungen und Vorlieben auszumachen sind, die sich auch bei Kindern zeigen, ändert sich dies im weiteren Altersverlauf: „Die kognitiven und evaluativen Fähigkeiten prägen sich bis zum 14. Lebensjahr so weit aus, dass nicht nur abstrakte Zusammenhänge erkannt, sondern diese auch hinsichtlich ihrer sozialen Wertigkeit eingeschätzt werden können“, heißt es in der Studie „Ein bisschen wählen dürfen“ von der Hamburgischen Anstalt für neue Medien (HAM), dem Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) sowie der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) aus dem Jahre 1999.[19] Die Jugendlichen bekommen ein Verständnis für globale Zusammenhänge, sind auf der Suche nach überzeugenden Werten und Normen, Welt- und Menschenbildern. „Die Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen nimmt ihre Umwelt meist besonders intensiv wahr“, sagen die Autoren der Studie.[20] Daher seien diese Jugendlichen äußeren Einflüssen gegenüber offen und nähmen Informationen bereitwillig auf.

Ein besonders wichtiger Träger von Informationen sind für Jugendliche die Medien: In der Studie gaben nahezu alle Jugendlichen an, sich durch die Medien zu informieren. Was die Wichtigkeit angeht, rangieren die Medien an erster Stelle, angeführt vom Fernsehen. Drei Viertel der Jugendlichen informieren sich täglich über das Fernsehen, ein weiteres Fünftel wöchentlich.[21] Nahezu alle untersuchten Jugendlichen bewerten die Nachrichten als bedeutende und wichtige Information. Die meisten erklären, Nachrichten häufig als aktuellen Überblick zu nutzen.[22] Daher bietet sich die Kombination von Schülern in Verbindung mit Nachrichtensendungen an.

Ausgewählt wurden drei neunte Klassen einer Hauptschule, einer Realschule und eines Gymnasiums, um in die Gruppe bildungsspezifische Unterschiede einzubringen. Befragt wurden im Juli 2005 insgesamt 60 Schüler aus Baden-Württemberg, die durchschnittlich 15 Jahre alt waren. 20 Schüler gingen ins Johannes-Kepler-Gymnasium in Reutlingen, 20 in die Schönbein Realschule Metzingen und 20 in die Tübinger Hauptschule Innenstadt. Der Ausländeranteil im Gymnasium betrug zehn Prozent: Fünf Prozent kamen aus Spanien und fünf Prozent aus Italien. Aus der Realschulklasse kam mit fünf Prozent Türken der niedrigste Ausländeranteil. Die meisten nichtdeutschen Muttersprachler gingen in die Hauptschulklasse: Hier betrug der Anteil zwanzig Prozent; darunter fünf Prozent Türken, fünf Prozent Albaner, fünf Prozent Araber und fünf Prozent Eritreer.

Die Jugendlichen wurden schriftlich befragt.[23] Das Zeigen der Sendungen sowie die Befragung nahmen zwei Schulstunden, also eineinhalb Stunden in Anspruch. Im ersten ausgehändigten Fragebogen sollten die 15-Jährigen angeben, wie oft sie welche Nachrichtensendung sehen, über welche Medien sie sich informieren, wie groß ihr Interesse an Unterhaltung und Information ist und welche Themen sie gerne in einer Nachrichtensendung sehen würden. Danach wurden den Schülern die RTL2-News vom 18. Mai 2005 gezeigt. Nun mussten die Schüler anhand einer Liste von Adjektiven angeben, wie interessant, kritisch oder unterhaltsam sie die Sendung fanden. Eine Note von eins bis sechs stellte das Gesamturteil dar. Innerhalb von etwa zehn Minuten sollten sie versuchen, sich an fünf Beiträge der Sendung zu erinnern und den Inhalt in einem Satz zusammenzufassen. Dieselbe Prozedur wurde mit der Tagesschau desselben Tages wiederholt. Abschließend gaben die Schüler in einem kurzen Fazit an, welche Sendung ihnen allgemein sowie in den Bereichen Themen, Information, Unterhaltung und Moderation am besten gefallen hatte. Ziel der Befragung ist es herauszufinden, welche Sendung den Schülern aus welchen Gründen besser gefällt, und welche Faktoren die Erinnerungsleistung beeinflussen.

Die Bearbeitung dieser Ziele erfolgt in vier Kapiteln. Kapitel zwei soll die beiden Nachrichtensendungen anhand ihrer Geschichte und ihrer Eigenschaften vorstellen, außerdem werden die beiden gezeigten Sendungen analysiert. Das dritte Kapitel bietet allgemeine Informationen über die Medieninteressen der Jugendlichen: Es werden ihre Lieblingsnachrichtensendungen vorgestellt, ihre Informationsquellen und welche Themen oder Bereiche (Information und Unterhaltung) sie in Nachrichtensendungen interessieren. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Erinnerungsleistung der Jugendlichen und sucht nach Gründen für richtige oder falsche Angaben. Im fünften Kapitel wird das Urteil der Schüler vorgestellt: Die Charakterisierung der Sendungen erfolgt aus ihrer Sicht. Sowohl bei der Notengebung als auch bei der endgültigen Entscheidung hat sich die Mehrheit für ihre favorisierte Sendung entschieden. In allen Kapiteln des Hauptteils werden die Ergebnisse mit denen anderer Forschungen verglichen. Der Schlussteil fasst nach einer kurzen Charakterisierung der beiden Nachrichtensendungen und der Befragungsgruppe die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick.

2. Die Tagesschau und die RTL2-News

In diesem Kapitel werden die beiden Nachrichtensendungen, die den Schulklassen gezeigt wurden, vorgestellt. Kurzfassungen und vollständige Versionen der Sendungen sind im Anhang zu finden. Informationen zu den Sendern und deren Themenschwerpunkten sollen das Bild der Tagesschau und RTL2-News vervollständigen. Als Charakteristikum der Sendungen wird der Sprecherin der Tagesschau und der Moderatorin der RTL2-News das Unterkapitel 2.2 gewidmet.

2.1 Charakteristika der beiden Nachrichtensendungen

Laut Manfred Muckenhaupt zeigen die unterschiedlichen Erscheinungsbilder den Stil einer Nachrichtensendung und machen sie für die Zuschauer unverwechselbar.[24] Bereits der Beginn der beiden Nachrichtensendungen lässt die unterschiedlichen Formate erahnen: Während die Tagesschau-Musik mit langsamen Akkorden die Nachrichtensendung ankündigt, erklingen bei den RTL2-News hektische Trommelschläge, begleitet von rhythmisch-moderner Musik. Mehrere Bilder kündigen an, was den Zuschauer in den Nachrichten erwartet. Im Tagesschau-Studio dominiert das seriöse Blau; die RTL2-News-Moderatorin ist von dynamischem Rot und Weiß umgeben. Während die RTL2-News sofort mit Bildern in das Geschehen eintauchen, erscheint bei der Tagesschau eine Weltkugel mit dem Schriftzug „tagesschau“.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Das RTL2-News-Studio und das Tagesschau-Studio

Die Tagesschau, gesendet im Ersten und produziert von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, hat als älteste deutsche Nachrichtensendung Tradition. Seit 1952 geht sie um 20 Uhr auf Sendung, blieb zehn Jahre lang Monopolsendung und ist bis heute die erfolgreichste Nachrichtensendung in Deutschland.[25] Mit Korrespondenten in 25 Ländern verfügt sie über zahlreiche eigene Informationsträger.[26]

Das Erste wird von den Zuschauern weit häufiger genutzt als der private Sender RTL2: Nach einer Studie der Media Perspektiven aus dem Jahre 2002 sehen die Deutschen das Erste 27 Minuten am Tag, RTL2 hingegen acht Minuten. Unter neun genannten Sendern[27] hat das Erste mit 14,3 Prozent gleich nach RTL (14,6 Prozent) den höchsten Marktanteil; RTL2 mit 3,7 Prozent nach VOX (3,2 Prozent) den zweitniedrigsten.[28]

Die ARD (Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands) scheint die RTL2-News nicht als Konkurrenz zu sehen oder zu akzeptieren: In ihren Statistiken, veröffentlicht in der Zeitschrift Media Perspektiven, berechnet die ARD die Angaben für private Sender wie Pro7, SAT1 oder RTL, jedoch fast nie für RTL2. Tatsächlich ist das Erste, was die Anzahl der Zuschauer betrifft, RTL2 bei weitem überlegen: Das Erste verfügt über einen Marktanteil von 14 Prozent, RTL2 kommt auf 4,9 Prozent.[29]

Die Einführung des Ersten Programms entsprang der Eigeninitiative der ARD. 1959 wurden die Landesrundfunkanstalten durch sämtliche Bundesländer staatsvertraglich zur Veranstaltung dieses Fernsehprogramms verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht fort, derzeit festgeschrieben im ARD-Staatsvertrag (Rundfunkstaatsvertrag). Dort und in dem 1953 abgeschlossenen und seither mehrfach angepassten Fernsehvertrag der Landesrundfunkanstalten sind die Organisation des Programms und die Pflichtquoten für die Zulieferungen der beteiligten Anstalten geregelt.[30]

Die Tagesschau betont auf ihrer Homepage ihre Seriosität und Kontinuität: „Im Fernsehen gilt die ‚tagesschau’ seit Jahrzehnten als wesentliche Quelle für zuverlässige und aktuelle Information. [...] Umfassende, seriöse Nachrichten– und Informationsvermittlung gehört zu den Kernkompetenzen der ARD: Ob im Fernsehen oder im Hörfunk – die Informationsprogramme des öffentlich-rechtlichen Senderverbundes genießen bei Zuschauern und Hörern, aber auch in Politik, Gesellschaft und der Presse ein hohes Ansehen.“

Die bundesweite Zulassung privater Fernsehanbieter erfolgte 1987, woraus das so genannte „duale System“ von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern einen rechtlichen Rahmen bekam. Der Sender RTL2 ist um einiges jünger als das Erste: Auf seiner Homepage verkündet der Sender, dass RTL2 seit 1993 „on air“ sei und über ein „hoch motiviertes und junges Team von knapp 150 Mitarbeitern“ verfüge. Seine Nachrichtensendung stellt der Sender in zwei Sätzen vor: „Täglich um 20 Uhr berichten die RTL2-News über die aktuellen Ereignisse des Tages. Mit den wichtigsten Themen aus den Bereichen Politik & Gesellschaft, Umwelt & Lifestyle, Musik & Internet.“ Die Themen Wirtschaft und Sport, die bei der Tagesschau immer zu sehen sind, werden nicht genannt. Jürgen Ohls, ehemaliger Redaktionsleiter der RTL2-News, äußerte sich zu den Selektionskriterien von Nachrichtenthemen folgendermaßen: „Mittlerweile sind die Umsätze, die in der Computerspielbranche gemacht werden höher als das, was im Kinobereich stattfindet. Das heißt, es ist ein Eins A–Wirtschaftsfaktor, der da stattfindet. Dem tragen wir Rechnung.“[31] Georg Ruhrmann vermutet, dass die Funktion der RTL2-News offenbar darin bestehe, „eine Art Zusatzangebot aus dem Bereich Prominente, Stars und Human Touch zu erhalten“.[32]

RTL2 positioniert sich klar als Sender für junge Menschen: „Ein junges Team macht ein junges Programm für junge Zuschauer.“ Zudem versucht sich der Sender locker, erfolgsorientiert und innovativ darzustellen: „Im Jahr 2005 setzt RTL2 seine Erfolgsstory mit unkonventionellen Ideen und durch Kompetenz in den Programmbereichen Spielfilme & Serien, News, Wissen & Information, Doku-Soaps & Dokutainment, Musik & Jugendprogramm fort und baut seine Position als innovativster Sender Deutschlands weiter aus. RTL2 vermittelt positives Lebensgefühl, ist spannend, witzig, frech… und macht einfach Spaß! Die Zuschauer können sich über ein Feuerwerk von hochwertigen Programm-Highlights freuen.“[33]

Des Weiteren sagt der Sender über sich, dass er der Sender für Doku-Soaps sei, Service groß schreibe und Musikformate „eine wichtige Programmfarbe“ bei RTL2 sei. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die Doku-Soap „Die Supermamas – Einsatz im Kinderzimmer“, die Musikmarke „The dome“ oder die Service-Doku „Endlich schuldenfrei! – Mit Profis aus den Miesen“. Bei den 14 bis 49-Jährigen konnte RTL2 nach eigenen Angaben seinen Marktanteil nach einem kleinen Rückgang zwischen 2001 und 2002 kontinuierlich steigern und liegt derzeit bei 7,5 Prozent. Die ARD kam bei ihren Hauptnachrichtensendungen im Jahre 2001 auf 1,6 Prozent der Zuschauer zwischen 14 und 19 Jahren; diese Gruppe macht den geringsten Anteil ihrer Zuschauergruppe aus.[34] Die meisten Zuschauer der ARD-Nachrichten, 49 Prozent, sind 60 Jahre und älter. In dieser Altersgruppe schauen nur 6,9 Prozent Nachrichten der RTL2-News. Die größte Gruppe der RTL2-Nutzer beträgt 31,7 Prozent und ist zwischen 30 und 39 Jahre alt.

Der ehemalige „ARD aktuell“ Chefredakteur Dr. Gerhard Fuchs äußerte sich 1992 über die privaten Medien: „Diese Schnick-Schnack-Varianten der privaten Anbieter machen wir nicht mit. Wir wären ja bescheuert, wenn wir es täten. Was ich bei den Privaten häufig sehe, nämlich den Versuch, Boulevard in Nachrichtensendungen hineinzutragen, das würde die Tagesschau wirklich ad absurdum führen. Die Tagesschau ist ja hervorragend positioniert!“[35] Friedrich Nowottny, ehemaliger ARD-Vorsitzender, positioniert die Tagesschau folgendermaßen: „Die Tagesschau ist die komprimierteste Zusammenfassung von Tagesereignissen, die es in Deutschland gibt. Die Heute-Sendung ist länger als die Tagesschau. Die Privaten verplaudern schon mal die Nachrichten. Die Tagesschau ist nach wie vor ein klassisches Informationsprojekt.“[36]

Friedrich Nowottny drückt sich in Bezug auf Unterhaltung in Nachrichtensendungen folgendermaßen aus: „Es kommt nicht darauf an, was die Leute wollen. Es kommt darauf an, welches Ereignis mitteilungswert ist.“[37] Patrick Leclerq, stellvertretender Chefredakteur von ARD aktuell, führt weiter aus: „15 Minuten; alles, was international und national, aber auch durchaus regional wichtig ist. Wenn es Bedeutung für dieses Land und seine Menschen hat, wobei wir bekanntermaßen einen politischen, gesellschaftspolitischen Ansatz haben.“[38]

Was die Tagesschau als „mitteilungswert“ erachtet, zeigt eine Studie aus dem Frühjahr 1992. Sie führt auf, wessen Meinungen in der Tagesschau häufig artikuliert wurden: Es dominieren die Parteien mit 26 Prozent, es folgen die Regierungen mit 17 Prozent und die Gewerkschaften mit elf Prozent. Neun Prozent der Meinungen werden von politischen oder staatlichen Organisationen oder Personen geäußert, sechs Prozent von Unternehmern und Arbeitgebern. Das Schlusslicht bilden Experten oder „einfache Leute“ mit drei Prozent. Karsten Renckstorf mahnt in diesem Zusammenhang an: „Themen sind nicht interessant oder bedeutsam an sich, sie werden dies vielmehr erst dadurch, dass ihnen der Zuschauer Bedeutung zumisst.“[39]

Nach einer Statistik der Zeitschrift Media Perspektiven von 2004 zeigt die Tagesschau in 57 Prozent ihrer Sendezeit Politik, in neun Prozent Sport, in acht Prozent Gesellschaft, Justiz und Wetter und in fünf Prozent Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Alle übrigen Themen liegen unter der fünf-Prozent-Marke. Private Sender wie RTL oder SAT1 behandeln in höchstens 30 Prozent ihrer Sendezeit politische Themen; dafür widmen sie mindestens 13 Prozent ihrer Sendzeit den Themen Human Interest oder Sport. Bei allen Sendern hat jedoch in den letzten Jahren die Konzentration auf politische Themen um mehr als zehn Prozent abgenommen.[40]

„Das private Fernsehen war von Anfang an viel stärker unterhaltungsorientiert als die öffentlich-rechtlichen Sender, es veränderte nahezu alle Programmformen des Mediums in diese Richtung. Infotainment, Docutainment, Confrontainment, Edutainment sind die entsprechenden Schlagworte“, schreibt Winterhoff-Spurk.[41] Konstatiert wird ein Trend zur Boulevardisierung; die Vermischung von Information und Unterhaltung durch ein stärkeres Gewicht der so genannten soft news. Thomas Bruns und Frank Marcinkowski bescheinigen dem Sender RTL2 wenig politische Information: „Die beiden kleineren privaten Sender RTL2 und Pro7 beschränken ihr Angebot an politischer Information auf ‚das Nötigste’, hauptsächlich in Form von Nachrichtensendungen und einigen wenigen politischen Magazinen. Ihr Abstand zu den übrigen untersuchten Sendern präsentiert sich mehr als deutlich. Ihre Programmstruktur unterstreicht damit ihr Selbstverständnis als ‚Unterhaltungssender’.“[42] In einer Rezeptionsstudie aus dem Jahre 2001 gibt die Mehrheit der 315 befragten Zuschauer der RTL2-News an, dass sich für sie die Meldungen über Prominente, Stars oder „Menschen wie du und ich“ als ein wichtiger Grund erweisen, diese Nachrichten zu sehen.[43]

Die Unterschiede zwischen den öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehnachrichten scheinen sich jedoch zu verringern: Laut Ludes und Schanze belegen Analysen, dass „eine Annäherung privater und öffentlich-rechtlicher Sender“ auf der Ebene der dramatisierenden und gewalthaltigen Berichterstattung stattgefunden habe.[44] In diesem Zusammenhang spricht man auch von der „Konvergenzthese“.[45] Dies bestätigen Bruns und Marcinkowski: „Die Privaten haben lernen müssen, dass Attraktivität alleine nicht ausreicht, damit eine Nachrichten- oder politische Informationssendung vom Publikum als solche akzeptiert wird.“ Einige der unterhaltungsorientierten Gestaltungselemente stünden folglich bei den Privaten nicht mehr so sehr im Vordergrund wie noch in den Anfangsjahren.[46] Dennoch hat die Tagesschau den Trend der soft news in den Nachrichtensendungen nicht übernommen. Manfred Muckenhaupt betont: „Bis heute sind in der deutschen Tagesschau bunte Themen (so genannte soft news) verpönt. Politische Nachrichten aus dem In- und Ausland nehmen den größten Teil der Sendung ein, gefolgt von Wirtschaftsnachrichten und Themen aus den Bereichen Wissenschaft, Medizin, Technik, Soziales, Kultur und Zeitgeschichte.“[47] Wegen der Faktenorientierung und der ausgewogenen Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender sprach Schatz zu Beginn der 70er Jahre von „Farblosigkeit“.[48]

2.2 Die Moderatorin und die Sprecherin

Ein weiterer Unterschied zwischen der Tagesschau und den RTL2-News besteht darin, dass die Tagesschau eine Sprecherin und die RTL2-News eine Moderatorin beschäftigen. Die Moderatorin Gabi Bauer und Inge Hermann erklären in ihrem Handbuch für Moderatoren: „In der Sendung Tagesschau präsentieren Profi-Sprecher die Nachrichten. Redakteure formulieren die Meldungen und die Sprecherinnen und Sprecher ‚verlesen’ sie: stimmlich gleich bleibend souverän, deutlich und richtig artikuliert und mit dem angemessenen Sprechausdruck unterlegt.“ Beim Moderator falle ein Versprecher weniger auf als bei einem Sprecher, da er zu den Zuschauern spreche und nicht vorlese.[49] Weder amerikanische, noch französische oder italienische Nachrichtensendungen kennen Nachrichtensprecher. Ihre Moderatoren stellen die Nachrichten weit lebhafter und weniger distanziert vor als ihre deutschen Kollegen.[50] Die Personifizierung in der Nachrichtenpräsentation soll mehr Zuschauerbindung schaffen. In Deutschland setzten sich Nachrichtensendungen, die von einem Moderator vorgestellt werden, erst Ende der 70er Jahre durch.

Moderatoren oder Sprecher prägen Nachrichten entscheidend: Sie geben der Sendung ein Gesicht und personalisieren die Darstellung. Und letztendlich bestimmen sie durch ihre Art der Präsentation über den Charakter der Sendung: Ob sie etwa mit hoher oder tiefer Stimme sprechen, sich lebhaft oder distanziert verhalten und welchen Eindruck sie generell vermitteln - jugendlich, locker, seriös oder ernst. Die Moderatorin Gabi Bauer erklärt in ihrem Handbuch für Moderatoren, dass rund 70 Prozent der Wirkung einer Person über die emotionale Schiene vermittelt werde und nur 30 Prozent über die reine Sachaussage. „Es ist also die Art und Weise, wie jemand auftritt, die beim Zuschauer und Zuhörer unmittelbar wirkt.“[51] Zur Persönlichkeit gehörten die äußere Erscheinung, die Ausstrahlung sowie die Stimme.

Tatsächlich unterscheiden sich Susanne Daubner von der Tagesschau und Sandra Thier von den RTL2-News in vielerlei Hinsicht:

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Abb. 2: Die RTL2-News-Moderatorin und die Tagesschau-Sprecherin

Als erstes fällt der Altersunterschied von fast zwanzig Jahren auf: Die Österreicherin Sandra Thier ist mit 25 Jahren noch eine junge Frau, während Susanne Daubner mit 43 Jahren mehr Lebenserfahrung aufweist. Auch die Aufmachung der beiden Frauen entspricht ihrem Alter: Sandra Thier kleidet sich trotz Blazer eher jugendlich und trägt, falls überhaupt, unauffälligen Modeschmuck. Susanne Daubners Kleidung ist erlesener, der Schmuck erheblich teurer. Susanne Daubner ist stärker geschminkt als Sandra Thier und benutzt für ihr Make-up dunklere Farben. Die hellen Farben von Lippenstift und Kajal von Sandra Thier unterstreichen ihr jugendliches Aussehen. Auf dem Foto wirkt Sandra Thier eher wie ein Model auf der Titelseite eines Jugendmagazins, Susanne Daubners Bild ähnelt einem Bewerbungsfoto. Was das Äußerliche angeht, können sich Jugendliche wahrscheinlich eher mit Sandra Thier identifizieren, weil sie mit ihr mehr gemeinsam haben: Die Kleidung, die Frisur und das jugendliche Äußere. Susanne Daubner merkt man bereits am Aussehen an, dass sie einen seriösen Beruf ausübt, ihren Weg gemacht hat und sich entsprechend edel anzieht.

Was die berufliche Erfahrung angeht, war Sandra Thier als Anchor-Woman beim Privatsender ATV Plus beschäftigt, wo sie die tägliche Nachrichtensendung „ATV Plus Aktuell“ moderierte. Wie Susanne Daubner hat auch sie Radio-Erfahrung. Doch weist Susanne Daubner weit mehr Jahre an Erfahrung auf: Gearbeitet hat Daubner beim Rundfunk der DDR, beim Jugendradio DT 64, beim ORB, SFB, Info-Radio Berlin-Brandenburg und vielen anderen Produktionen für Hörfunk, Film und Fernsehen. Seit 1999 ist Susanne Daubner bei der Tagesschau tätig. Sandra Thier arbeitet seit einem halben Jahr bei den RTL2-News. Bisher hat sie nicht nur als Journalistin gearbeitet: Vor ihrer Fernsehkarriere modelte Sandra Thier für europäische Fashion Shows und absolvierte eine professionelle Ballettausbildung an der Grazer Oper. Im Gegensatz zu Susanne Daubner hat sie keine Sprecherausbildung genossen: Susanne Daubner hingegen legte nach ihrer kaufmännischen Berufsausbildung eine Sprecherausbildung ab und wurde danach vom Rundfunk der DDR als Sprecherin und Moderatorin ausgebildet. Daubners Ausbildung ist im journalistischen Bereich somit fundierter.

Das Auftreten von Daubner und Thier im Fernsehen entspricht dem Konzept der Sender: Die Präsentation von Susanne Daubner ist statischer: Sie sitzt am Tisch und liest die Meldungen vom Blatt ab. Sandra Thier steht im Studio und spricht frei in die Kamera. Daubner artikuliert ruhig mit wenigen Erhebungen, ihre Sprechweise ist stellenweise fast monoton. Ihre dunkle Stimme verstärkt noch den Altersunterschied zu Sandra Thier, deren Stimme jugendlich und hell klingt. Thier betont manche Textstellen stärker, bringt mehr Emotionen hinein und scheint das Publikum direkt anzusprechen, während Daubner Distanz zu Publikum und Text einnimmt. Die Möglichkeit, Textstellen zu betonen oder gleichförmig zu präsentieren, bezeichnen Adelmann, Hasse und Keilbach als „weit reichende editorische Eingriffe“ und Urteile darüber, was bedeutend, wichtig und dramatisch sei, was einen ‚Nachrichtenwert’ habe und was nicht.[52] Sandra Thier macht von dieser Möglichkeit mehr Gebrauch als Susanne Daubner. Diese Verhaltensweise ist natürlich keine Charaktersache, sondern den Anweisungen des Senders zuzuschreiben. RTL2 möchte mitreißen und emotionalisieren, die Tagesschau hingegen betont ihre Objektivität.

Auch wenn bei der Tagesschau die Sprecher inzwischen nicht mehr sitzen, sondern stehen, ist die ARD ist weiterhin vom Sprecherkonzept überzeugt. Die Topmanager der ARD priesen 1992 die Präsentation der Nachrichten durch einen Sprecher als ein entscheidendes Charakteristikum der Tagesschau: “In der Tagesschau wurden Nachrichten seit jeher von einem professionellen Sprecher absolut sachlich und zurückhaltend vorgetragen. Die Strategie sieht auch vor, daran festzuhalten.“ Die nüchterne Präsentation, so der ehemalige Programmdirektor Dietrich Schwarzkopf, sei auch ein „Glaubwürdigkeitsfaktor“.[53] Anderer Meinung ist der Autor Wolfgang Ebner: In Nachrichtensendungen sei das Vorlesen „vergleichsweise weniger adäquat“ als in Radionachrichten, da der Sprecher eher ablenke und keine Verständlichkeitshilfen wie das Zeigen von Bildern biete.[54] Inzwischen hat die Sprechermeldung deutlich an Bedeutung verloren. Georg Ruhrmann und andere Autoren haben berechnet, dass die Sprechernachrichten bei den öffentlich-rechtlichen Sendern über die deutsche Innenpolitik von 59 Prozent im Jahre 1992 auf 32 Prozent im Jahre 2001 zurückgegangen ist.[55] Dies weist auf eine Tendenz zur stärkeren Visualisierung der Nachrichtensendungen hin.

2.3 Analyse der gezeigten Sendungen

Im Folgenden werden die Tagesschau und RTL2-News, die den Schülern bei der Befragung im Juli 2005 präsentiert wurden, verglichen. Die Sendungen wurden am Mittwoch, 18. Mai 2005 um 20 Uhr ausgestrahlt und waren somit den Schülern nicht mehr in Erinnerung. Die Tagesschau dauert mit einer Länge von 15.14 Minuten eine halbe Minute länger als die RTL2-News mit 14.44 Minuten. Der Sendungsaufbau der Tagesschau folgt einem einfachen Muster: Die Sprecherin moderiert meist die Beiträge an, es folgen die jeweiligen Beiträge. Vier von den insgesamt zwölf Beiträgen, also ein Drittel, sind reine Sprechermeldungen – bei den RTL2-News kommen gar keine Sprechermeldungen vor. Nach den Beiträgen folgen in der Tagesschau die Lottozahlen und das Wetter. Manfred Muckenhaupt erklärt: „In der Tagesschau bestimmt die Bedeutsamkeit einer Nachricht (zum Beispiel die politische Tragweite) die Position und meist auch die Länge des Beitrags.“ Aus dem Aufmacher ergebe sich häufig die weitere Reihenfolge der anderen Themen: „Es werden Blöcke mit den Themen, Inland, Ausland Wirtschaft und Sport gebildet. Auf diese Weise entsteht eine nach Wichtigkeit und inhaltlichen Gesichtspunkten definierte Dramaturgie.“[56]

Der Aufbau der RTL2-News ist abwechslungsreicher: Nach der Topmeldung kündigt die Moderatorin einen Beitrag an. Es folgen die „Nachrichten im Überblick“, vier kurze Meldungen und das Wetter. Jeder Teil ist etwa 20 Sekunden lang. Es schließen sich drei „Promi-Meldungen des Tages“ an, wovon jede ebenfalls etwa 20 Sekunden lang ist. Darauf folgen die „Kino-Charts“ mit den Top drei, es wird jeweils acht Sekunden lang ein Filmausschnitt gezeigt. Die Nachrichten enden mit den letzten zwei Beiträgen.

Nicht nur die unterschiedliche Länge der Themen macht die RTL2-News dynamischer. In den RTL2-News wird mehr als doppelt so häufig geschnitten als in der Tagesschau: 179 Mal erfolgt ein Schnitt, bei der Tagesschau 73 Mal. Somit wird bei der Tagessschau durchschnittlich nach sieben Sekunden geschnitten, bei den RTL2-News alle vier Sekunden.

Die RTL2-News und Tagesschau unterscheiden sich auch in der Begrüßung und Verabschiedung: Die RTL2-News beginnen mit einer kleinen Vorschau, was die Zuschauer an Beiträgen erwartet. Dabei werden drei Themen, darunter die Topmeldung, kurz mit Bildern angerissen. Die Tagesschau beschränkt sich auf die förmliche Begrüßung „Hier ist das erste deutsche Fernsehen mit der Tagesschau“, die man aus dem Off hört, woraufhin die Sprecherin die Zuschauer mit „guten Abend meine Damen und Herren“ begrüßt. Bei den RTL2-News fällt die Begrüßung lockerer aus: „Hallo und willkommen bei den RTL2-News.“ Immerhin verzichtet die Moderatorin nicht darauf, sich von den Zuschauern zu verabschieden: „Und Informationen zur Sendung finden sie unter rtl2news.de und damit Ihnen einen schönen Abend.“ Die Sprecherin Susanne Daubner belässt es bei einer reinen Ankündigung auf die Tagesthemen: „Wir melden uns wieder mit den Tagesthemen um 22.30 Uhr. Darin: Schulsterben in Deutschland, der geplante Bildungsnotstand. Und: Ground Zero, Immobilienmogul Thumb mit neuem Konzept für New York.“ Die Begrüßung und Verabschiedung der Tagesschau fällt somit sachlicher und distanzierter aus. Sandra Thier von den RTL2-News hingegen sucht mit lockerem Wortschatz und der direkten Ansprache mehr den Kontakt zu ihren Zuschauern.

Was den Zeitrahmen der einzelnen Teile angeht, ist die Tagesschau flexibel: Die Anmoderationen variieren zwischen 15 und 30 Sekunden, die Beitragslänge zwischen 26 und 98 Sekunden. Allerdings ist ein Filmbeitrag mit mehr als einer Minute Länge normal: Von den acht Filmbeiträgen liegt nur ein einziger unter 60 Sekunden; vier davon sind länger als 80 Sekunden. Kürzer sind die reinen Sprechermeldungen, sie liegen durchschnittlich bei einer halben Minute.[57] Insgesamt ist ein Filmbeitrag dieser Tagesschau durchschnittlich 68 Sekunden lang.

Bei den RTL2-News wird der Zeitrahmen strenger eingehalten: Zwar gibt es verschiedene Beitragsformen mit unterschiedlichen Längen, letztere werden jedoch strikt mit wenigen Sekunden Differenz durchgehalten: Die Länge der einzelnen Nachrichten im Überblick, Promi-Meldungen und Kino-Charts sind nahezu identisch. Die Beitragslänge liegt zwischen 75 und 85 Sekunden, hier ist der Spielraum also weit geringer als bei der Tagesschau. Die Anmoderationen der Beiträge liegen zwischen 21 und 23 Sekunden, sind also nahezu gleich. Während die Tagesschau ihre Dynamik mit unterschiedlich langen Beiträgen erreicht, bieten die RTL2-News kleine „Nachrichten-Häppchen“ sowie längere Beiträge. Die Länge der Beiträge ist außerdem thematisch festzumachen: Wer das System kennt, weiß, dass die Nachrichten im Überblick eher Politik und Wirtschaft betreffen und kurz gehalten werden, ähnlich kurz die Promi-Meldungen. Die restlichen Beiträge bieten mehr Hintergrund und betreffen die Themen Politik, Multimedia, Musik und Kino.

Rechnet man bei der Tagesschau und den RTL2-News jedes Themen-Element als einzelnen Beitrag, liegt die Tagesschau bei einer durchschnittlichen Beitragslänge von 58 Sekunden, die RTL2-News bei 43 Sekunden. Durchschnittlich gesehen behandeln die RTL2-News ein Thema also in kürzerer Zeit. Beachtet man jedoch den jeweiligen Aufbau der Sendung und berechnet bei der Tagesschau die Beitragslänge ohne Sprechermeldungen und bei den RTL2-News die Beitragslänge ohne Nachrichtenüberblick, Promi-News und Kino-Charts, ergibt sich ein anderes Bild: Jetzt liegt die durchschnittliche Beitragslänge der Tagesschau bei 64 Sekunden, bei den RTL2-News bei 1.21 Minuten. Setzen also die RTL2-News einen Schwerpunkt, nehmen sie sich dafür mehr Zeit als die Tagesschau.

Was die Themen betrifft, bieten die RTL2-News ein größeres Spektrum als die Tagesschau: Die Beiträge der Tagessschau behandeln die Themen Politik, Wirtschaft, Sport und Justiz sowie die Lottozahlen und das Wetter. Die RTL2-News hingegen informieren ihr Publikum über Politik, Verbrechen, Multimedia, Spektakuläres (Selbstmordversuch), Prominente, Kino, Musik und Wetter. Der Themenüberblick lässt schnell erkennen, dass die Tagesschau mehr Wert auf die so genannten hard news legt, während die RTL2-News auch soft news behandeln. Obwohl die beiden Sendungen Nachrichten desselben Tages vorstellen, gibt es nur eine einzige Überschneidung, nämlich den Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung. Und dieses politische Thema wurde in den RTL2-News wahrscheinlich hauptsächlich deshalb aufgenommen, weil es so viele Jugendliche, also ihre Zielgruppe, betrifft.

Auffällig sind auch die unterschiedlichen Schwerpunkte, die die Nachrichtensendungen mit ihrer Beitragslänge setzen: Die RTL2-News behandeln politische Themen hauptsächlich in ihrem 100-Sekunden langen Nachrichtenüberblick, damit macht Politik also einen geringen Teil der Sendung aus. Die drei längsten Beiträge betreffen die Themen Kino, Verbrechen (Topmeldung) und Drogenbericht. Die Tagesschau beginnt mit einem wirtschaftlichen Thema, nämlich der Offenlegung der Manager-Gehälter. Es folgen drei politische Themen. Somit ist eindeutig: Solange keine Katastrophen geschehen, liegen politische und wirtschaftliche Themen in der Rangfolge vor anderen Nachrichten. Kürzer behandelt werden in dieser Sendung der Sport und die Demonstration über Schulschließungen. Die RTL2-News enthalten durch die Themen „Entführung von Ayla“ sowie „Bauernaufstand in Brasilia“ Gewalt, während die Tagesschau an diesem Tag keine gewalthaltigen Themen behandelt. Es ist zu vermuten, dass die RTL2-News generell mehr gewalthaltige Themen präsentieren: „Die Privaten bringen mehr und schneller dargebotene gewalthaltige Einstellungen mit höherer Variation in den Kameraeinstellungen als die öffentlich-rechtlichen Sender“[58], schreibt Winterhoff-Spurk. Nach einer Untersuchung von Georg Ruhrmann u.a. stützen sich die privaten Fernsehsender deutlich mehr als die öffentlich-rechtlichen in ihren Beiträgen auf Kontroverse, Aggression, Personalisierung sowie die Darstellung von Emotionen.[59]

Wolfgang Ebner schlägt für die Strukturierung von Nachrichtensendungen vor, Beiträge zu akzentuieren sowie durch Themenblöcke dem Zuschauer Orientierung zu verleihen.[60] Diesen Forderungen kommen beide Sendungen auf ihre Weise nach, wobei die RTL2-News deutlicher akzentuieren, was Themenblöcke und Beitragsschwerpunkte betrifft.

Welche Themen von Bedeutung sind, zeigt sich an der Anzahl von Personen, die bei bestimmten Themen zu Wort kommen. Die Gesamtzahl unterscheidet sich nicht sonderlich: Bei der Tagesschau melden sich 14 Personen zu Wort, bei den RTL2-News 12. Bei jeder Sendung äußern sich zwei Bürger und zwei Journalisten. Der größte Unterschied liegt bei den Themen Politik und Wirtschaft: Hier geben bei der Tagesschau acht Personen Kommentare, bei den RTL2-News drei. Dafür dominieren die RTL2-News mit drei Kommentatoren aus der Film- und Musikszene.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Zuordnung der Personen, die in den beiden Nachrichtensendungen Statements oder Kommentare abgeben

Die Tagesschau unterscheidet sich durch einen größeren Text-Anteil von den RTL2-News: Insgesamt werden bei der Tagesschau 2120 Wörter benutzt, bei den RTL2-News 2050. Lutz Hagen weist darauf hin, dass sich die Anzahl der Wörter „als guter Indikator für die Informationsmenge“ erweise. Deutlicher ist der Unterschied in der Moderation: Susanne Daubner ist in der Tagesschau 5.09 Minuten lang zu sehen, Sandra Thier bei den RTL2-News 2.39 Minuten. Rechnet man diesen Anteil auf die Gesamtzeit der Nachrichten um, macht der Anteil der Moderation bei der Tagesschau mit 34 Prozent ein Drittel aus, bei den RTL2-News sind es nicht einmal ein Fünftel, nämlich 18 Prozent. Das Sprechtempo von Sandra Thier ist mit 2,6 Wörtern pro Sekunde etwas höher als das der Tagesschau-Sprecherin mit 1,8 Wörtern. Bruns und Marcinkowski bemerken in diesem Zusammenhang: „Die Sprechgeschwindigkeit ist ihrerseits abhängig von der Satzlänge, denn knappe Sätze können schneller gesprochen werden, da ihr Inhalt nicht durch das Sprechen strukturiert vorgetragen werden muss.“[61]

Die Tagesschau ist nicht nur wortlastiger, sie bietet auch weniger Bilder: Trotz ihrer insgesamt kürzeren Sendezeit präsentieren die RTL2-News mehr Filmmaterial, nämlich 12.05 Minuten, die Tagesschau 8.43 Minuten. Beide Sendungen zeigen, während die Sprecherin bzw. Moderatorin reden, Bilder mit Untertitel im Hintergrund. Beide benutzten etwa gleich häufig Bilder und Grafiken, ebenso wurde jeweils einmal eine erklärende Grafik gezeigt. In diesem optischen Punkt sind die Unterschiede als sehr gering einzustufen.

Die Unterschiede in der sprachlichen Gestaltung sind nicht mehr so groß wie früher: Die Tagesschau verzichtet inzwischen weitgehend auf Fremdworte, komplizierte Satzstrukturen und Substantivierungen. Dennoch sind im Allgemeinen die Sätze etwas länger und erfordern mehr Aufmerksamkeit zum Verstehen. Die Tagesschau verwendet zum Beispiel des Öfteren das Plusquamperfekt, um dem Zuschauer den Hintergrund einer Nachricht näher zu bringen. Somit nimmt die Nachricht an Komplexität zu. Nicht so die RTL2-News: Das Plusquamperfekt kommt in dieser Nachrichtensendung gar nicht vor. Auch das Perfekt, die klassische Form für den ersten Satz einer Nachricht, ist kaum zu finden. Am häufigsten wird es bei den „Nachrichten im Überblick“ verwendet. Ansonsten scheint zu gelten, dass man zumeist das Präsens verwendet. Damit soll wohl eine zeitliche Nähe zur Nachricht aufgebaut werden. Auch das Futur wird fast immer vom Präsens ersetzt. Für die Vergangenheit wird am häufigsten das Imperfekt benutzt, das meist für die Beschreibung von Zuständen oder der Präsentierung der Vorgeschichte gebraucht wird, etwa über die Sängergruppe Il Divo: „Erst zwei Tage vor den Aufnahmen lernten sie sich überhaupt kennen.“ Die indirekte Rede wird in den RTL2-News im Gegensatz zur Tagesschau fast gar nicht verwendet, und wenn doch, dann mit der wenig eleganten Form „würde“: „Und in den USA, so heißt es, würden heute Millionen von Angestellten die Arbeit schwänzen und heimlich ins Kino schleichen.“

Nicht nur der Gebrauch des Konjunktivs und verschiedener Tempora tritt bei der Tagesschau verstärkt auf. Auch der Wortschatz ist umfangreicher und fachspezifischer, zum Beispiel werden Worte wie „Branchenprimus“ oder „Kapitalismusdebatte“ bei den RTL2-News eher vermieden. Der sachlich-distanzierte Stil der Tagesschau ist „geprägt von der strikten Forderung, Nachricht und Meinung zu trennen. Das war eine der wichtigsten Auflagen der Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg“, erklärt Manfred Muckenhaupt.[62]

Charakteristisch für den Wortschatz der RTL2-News sind die teilweise benutzte Umgangssprache, trendige englische Wörter sowie eine dramatisierende und emotionsgeladene Sprache. Umgangssprachliche Wendungen finden in sich etwa in Form von Füllwörtern, wie einige Zeilen der Sprecherin des Starwars-Beitrags verdeutlichen: „Tja, aber für seine Fans ist der Kanadier eben der galaktische Held schlechthin. Auch wenn er im Film sozusagen auf die schiefe Bahn gerät.“ Ansonsten werden Redewendungen wie „das dicke Geschäft machen“ oder „Pädagogen raufen sich die Haare“ benutzt. Wahrscheinlich um sich jung und cool zu geben, sind Ausdrücke wie „Hype um Starwars“ oder „Game-Dimensionen“ erlaubt.

Neben dieser Benutzung von Sprache neigt RTL2 zum Dramatisieren: Als ob die Meldung eines vermissten und wahrscheinlich missbrauchten kleinen Mädchens nicht schlimm genug wäre, verstärkt die Moderatorin gleich nach der Begrüßung die Emotionen der Zuschauer mit den Worten: „Es ist wohl der Alptraum aller Eltern: Ihr Kind wird auf dem Weg zu Schule gekidnappt.“ Dann erst folgt die eigentliche Nachricht: „Genau das ist gestern früh im sächsischen Zwickau passiert. Ein Mann packte die sechsjährige Ayla und zerrte sie in den Kofferraum seines Wagens.“ Emotional anrührend, aber wenig informativ das Statement des Kriminalhauptkommissars: „Unser größtes Problem bleibt: Es fehlt ein Kind. Ein Kind ist vermisst und wir gehen allen Ansätzen nach, die wir über Ermittlungen, über Zeugenbefragungen erlangen können, um dieses Kind ausfindig zu machen.“ Übertrieben wird auch in den Promi-News: „Kylie Minogues Gesundheitszustand beschäftig die Menschen überall auf der Welt“ ist der Satz, der die Nachricht einleitet, dass Australiens Premierminister in einem Radiointerview seine Anteilnahme für die an Brustkrebs erkrankte Sängerin ausdrückte. Überzogen wirkt auch die Behauptung, Starwars-Schauspieler Hayden Christensen sei von der Begeisterung seiner weiblichen Fans „völlig überwältigt“.

Am fragwürdigsten sind jedoch die Wertungen in den RTL2-News. Dass die Playstation drei „eine runde Sache“ werde oder synthetische Drogen „ein großes Problem“ seien, sind als harmlose Kommentare zu werten. Eher amüsieren als pikieren wird wohl manchen Zuschauer die Bemerkung, dass die Sängergruppe Il Divo ein „geniales Konzept“ verfolge, wie die Moderatorin begeistert ihren Zuschauern erzählt: Die Gruppe hat alte Hits im Opernstil neu interpretiert. Kritischer wird es jedoch bei dem Beitrag über den SPD-Berater Karl Lauterbach, der für drei- bis sechsjährige Kinder die Schulpflicht einführen möchte. Abgesehen davon, dass dieses Thema auf der politischen Bühne kein Thema war – die RTL2-News erlauben sich in diesem Zusammenhang mehrere Kommentare, die nicht in eine Nachrichtensendung gehören. Karl Lauterbach hatte vorgeschlagen, das Geld aus der Eigenheimzulage und Steinkohlesubvention zu nehmen. Diesen Finanzierungsvorschlag nannte die Moderatorin „abenteuerlich“: Die Begründung ist jedoch absurd; der abschließende Satz des Sprechers lautet hierzu: „Aber so ausgereift scheint dieses Finanzkonzept nicht zu sein, sonst würden wohl kaum so viele reguläre Schulstunden ausfallen müssen wie zur Zeit.“

Nach Meinung von Mikos und Wiedemann werden durch die Emotionalität der Rezeption „Identifikationsangebote gemacht und Projektionsflächen offeriert.“[63] Damit sollen sich die Zuschauer näher am Geschehen fühlen und durch die emotionale Berührung gebunden werden. Klaus Schönbach warnt: “Wenn Kommentierung in der Berichterstattung steckt, bekommt der Rezipient eine Realität präsentiert, die nur noch wenig mit der Wirklichkeit zu tun hat.“ ‚Rationale Entscheidungsfindung’ bedürfe möglichst vollständiger Informationen. Synchronisation von Nachricht und Meinung verkürze sie. Durch das Weglassen von Aspekten der Wirklichkeit in die Überbetonung anderer lasse sie dem Rezipienten keine Chance, sich mosaikartig ein Bild der Realität aufzubauen; dadurch werde sie „umso gefährlicher“.[64]

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich die Tagesschau durch die objektive Nachrichten-Präsentation einer Sprecherin und der Abfolge von unterschiedlich langen Beiträgen mit den Schwerpunkten Wirtschaft und Politik definiert. Die RTL2-News präsentieren sich dynamischer und jugendlicher, haben soft news fest in der Sendung integriert und scheuen sich nicht davor Nachrichten zu kommentieren.

[...]


[1] Bonfadelli 2004, 37

[2] Media Perspektiven 4/1980, 249

[3] Media Perspektiven 4/2005, 152

[4] Media Perspektiven 3/2005, 99

[5] Media Perspektiven 4/2005, 187

[6] Bonfadelli 2004, 50

[7] Muckenhaupt 2000, 16

[8] Die zweitgrößte Bedeutung hat die heute-Sendung um 19 Uhr, die sich 4,67 Millionen ansahen. Die meist gesehen Nachrichtensendung der Privatsender war RTL aktuell mit 3,71 Millionen, gefolgt von den SAT.1 News und den Pro7-Nachrichten. Die zweitgrößte Bedeutung hat die heute-Sendung um 19 Uhr, die sich 4,67 Millionen ansahen. Die meist gesehen Nachrichtensendung der Privatsender war RTL aktuell mit 3,71 Millionen, gefolgt von den SAT.1 News und den ProSieben Nachrichten. Quelle: Media Perspektiven 4/2005, 153

[9] www.ard.de, 18.05.2005

[10] Mikos / Wiedemann 2001, 218

[11] Ludes / Schanze 1999, 133

[12] Winterhoff-Spurk 2001, 163

[13] Bonfadelli 2004, 54

[14] Muckenhaupt 2000, 37

[15] Die zweitgrößte Bedeutung hat die heute-Sendung um 19 Uhr, die sich 4,67 Millionen ansahen. Die am häufigsten gesehene Nachrichtensendung der Privatsender war RTL aktuell mit 3,71 Millionen, gefolgt von den SAT.1 News und den Pro7-Nachrichten.

[16] Media Perspektiven 4/2005, 154

[17] Diehlmann et al. 2003, 232-233

[18] Diehlmann et al. 2003, 231

[19] HAM, IZI, SLM 1999, 1

[20] HAM, IZI, SLM 1999, 1

[21] HAM, IZI, SLM 1999, 2

[22] HAM, IZI, SLM 1999, 7

[23] Die Fragbögen befinden sich im Anhang A5 bis A8

[24] Muckenhaupt 2000, 25

[25] Muckenhaupt 2000, 36

[26] Bartel / Ludes 1997, 87

[27] das Erste, ZDF, Dritte, SAT1, Pro7, Kabel 1, RTL, RTL2, VOX

[28] Darschin / Gerhard 2003, 159

[29] Media Perspektiven 3/2005, 97

[30] www.ard.de, 18.05.2005

[31] Diehlmann et al. 2003, 116

[32] Diehlmann et al. 2003, 234

[33] www.rtl2.de, 18.05.2005

[34] Diehlmann et al. 2003, 165

[35] Bartel / Ludes 1997, 90

[36] Bartel / Ludes 1997, 92

[37] Bartel / Ludes 1997, 91

[38] Diehlmann et al. 2003, 118

[39] Media Perspektiven 4/1980, 248

[40] Media Perspektiven 4/2005, 184

[41] Winterhoff-Spurk 2001, 174

[42] Bruns / Marcinkowski 1997, 78

[43] Diehlmann et al. 2003, 170

[44] Ludes / Schanze 1999, 133

[45] Bonfadelli 2004, 47

[46] Bruns / Marcinkowski 1997, 78

[47] Muckenhaupt 2000, 22

[48] Bonfadelli 2004, 46

[49] Bauer et al. 2002, 111

[50] Muckenhaupt 2000, 25

[51] Bauer et al. 2002, 10

[52] Adelmann / Hesse / Keilbach 2001, 353

[53] Bartel / Ludes 1997, 92

[54] Ebner 1986, 42

[55] Diehlmann et al. 2003, 74

[56] Muckenhaupt 2000, 22

[57] Zählt man Wetter und Lotto als Sprechermeldung hinzu, beträgt die Länge 36 Sekunden.

[58] Winterhoff-Spurk 2001, 161

[59] Diehlmann et al. 2003, 82

[60] Ebner 1986, 252

[61] Bruns / Marcinkowski 1997, 235

[62] Muckenhaupt 2000, 28

[63] Mikos / Wiedemann 2001, 217

[64] Schönbach 1977, 161

Fin de l'extrait de 139 pages

Résumé des informations

Titre
„Langweilig“ oder „jung und spritzig“? Jugendliche beurteilen zwei Nachrichtensendungen
Université
University of Tubingen
Note
1,0
Auteur
Année
2006
Pages
139
N° de catalogue
V115640
ISBN (ebook)
9783640176472
ISBN (Livre)
9783640176366
Taille d'un fichier
1079 KB
Langue
allemand
Mots clés
Jugendliche, Nachrichtensendungen, Journalismus, Befragung, Qualität im Journalismus, Medien
Citation du texte
Sonja Breining (Auteur), 2006, „Langweilig“ oder „jung und spritzig“? Jugendliche beurteilen zwei Nachrichtensendungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115640

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