Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen sind nach über 20 Jahren seit Erlass der Entgeltgleicheitsrichtlinie 75/117 EWG im Jahr 1975 durch den Europäischen Gerichtshof noch immer nicht vollkommen eliminiert worden. Das Problem liegt währenddessen nicht mehr nur auf juristischer Seite, sondern auch auf Seiten der Empirie und der Statistik.1 Lohnunterschiede existieren noch immer – sind jedoch nur schwerlich nachzuweisen, wie der Beitrag „Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern in Branchen, Berufen und Betrieben“ von Thomas Hinz und Hermann Gartner aufzeigt. Das Problem nicht erfassbarer bzw. geschätzter Variablen (wie z.B. tatsächliche Arbeitszeit oder das Problem der Beitragsbemessungsgrenze im Hinblick auf genaue Lohnangaben) und deren möglicher Einfluss auf die Gesamtergebnisse werden hierbei nachvollziehbar dargestellt. Doch nicht nur die Enthüllung der Lohnunterschiede stellt eine statistische und empirische Schwierigkeit dar, sondern auch die Verhinderung des Entstehens. Die Ursache von unterschiedlichen Löhnen liegt oftmals erheblich an einer unterschiedlichen Bewertung von Arbeit. 1 Arten von Arbeitsbewertungsverfahren Man unterscheidet derzeit zwischen zwei Arten von Arbeitsbewertungsverfahren: Summarische Bewertungsverfahren betrachten und bewerten den Arbeitsprozess als Ganzes. Es werden vorab bestimmte Kriterien (z.B. Qualifikation) festgelegt, welche jedoch nie getrennt voneinander bewertet werden. Bei den Analytischen Bewertungsverfahren hingegen wird jedes Merkmal einzeln bewertet. Die einzelnen Teilbewertungen bilden zum Schluss den so genannten Arbeitswert. Des Weiteren differenziert man innerhalb dieser Bewertung zwischen der sog. Reihung, bei welcher die jeweiligen Arbeitsplätze ihrer Schwierigkeit nach in eine Reihenfolge gebracht werden (bei summarischen Verfahren; sog. ‚Rangfolgeverfahren’) bzw. die einzelnen Merkmale des Arbeitsplatzes ihrer Anforderung nach geordnet werden ( bei analytischen Verfahren; sog. ‚Rangreihenverfahren’) und der Stufung, bei welcher die Tätigkeiten vorab einer Gehaltsgruppe zugewiesen sind (bei summarischen Verfahren; sog. ‚Katalogverfahren’) bzw. die Merkmale jeweils einzeln zugeordnet werden (bei analytischen Verfahren; sog. ‚Stufenverfahren’).2
1 Vgl. Tondorf/Ranftl (bmfsfj – Leitfaden), 11-16
2 Vgl. Krell/Winter, 6 sowie Ranftl, 41
Inhaltsverzeichnis
- 1 Arten von Arbeitsbewertungsverfahren
- 2 Arbeitsbewertung in Deutschland
- 3 Das System JES
- 4 Die Anwendung des JES in Österreich
- 5 Das System ABAKABA
- 6 Die Anwendung von ABAKABA in Deutschland
- 7 Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Literaturreview untersucht die bestehenden Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen und analysiert die Rolle von Arbeitsbewertungsverfahren bei der Entstehung und Perpetuierung dieser Diskrepanzen. Der Fokus liegt auf der Frage, inwieweit aktuelle Systeme zur Arbeitsbewertung zu einer gerechteren Entlohnung beitragen oder bestehende Ungleichheiten verstärken.
- Arten von Arbeitsbewertungsverfahren (summarisch vs. analytisch)
- Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen in Deutschland und der EU
- Analyse von Arbeitsbewertungssystemen wie JES und ABAKABA
- Bewertung der Effektivität verschiedener Systeme zur Reduzierung von Lohnlücken
- Kritik an bestehenden Systemen und Vorschläge für Verbesserungen
Zusammenfassung der Kapitel
1 Arten von Arbeitsbewertungsverfahren: Dieses Kapitel differenziert zwischen summarischen und analytischen Arbeitsbewertungsverfahren. Summarische Verfahren bewerten den Arbeitsprozess als Ganzes, während analytische Verfahren einzelne Merkmale bewerten. Weiterhin werden Reihungs- und Stufenverfahren unterschieden, wobei erstere Arbeitsplätze nach Schwierigkeit ordnen und letztere Tätigkeiten Gehaltsgruppen zuweisen. Kritisiert werden insbesondere Rangfolge- und Katalogverfahren aufgrund ihres Potenzials zur geschlechtsspezifischen Diskriminierung, da sie typische Frauentätigkeiten oft niedriger einstufen und dabei bestehende soziale Geschlechterrollen reproduzieren. Analytische Verfahren gewinnen daher an Bedeutung, da sie eine objektivere Bewertung ermöglichen.
2 Arbeitsbewertung in Deutschland: Deutschland weist mit 21% Lohnunterschied (ohne Berücksichtigung von Qualifikation und tatsächlicher Arbeitszeit) einen überdurchschnittlichen Wert im EU-Vergleich auf. Die Ursache liegt in den unterschiedlichen Arbeitsbewertungsverfahren, die die Grundlage für Lohnabkommen bilden. In Deutschland werden Löhne überwiegend in Tarifverträgen geregelt, die jedoch oft nicht den Anforderungen der Richtlinie 75/117/EWG entsprechen. Viele Tarifverträge erfüllen die Kriterien der Objektivität, Transparenz, Arbeitsanforderungstreue und Diskriminierungsfreiheit nicht. Sowohl Arbeitgeber als auch Gewerkschaften profitieren von den Bewertungsspielräumen der aktuell angewandten Verfahren, was zu einer mangelnden Reformbereitschaft führt.
3 Das System JES: Das Job Evaluation Scheme (JES) wurde 1995 in England und Wales für Kommunalverwaltungen entwickelt. Es unterteilt Anforderungen in Kenntnisse und Fähigkeiten, emotionale und Belastungsanforderungen sowie Arbeitsbedingungen. Im Gegensatz zu traditionellen Verfahren, die eine festgelegte Rangfolge beruflicher Tätigkeiten verwenden, legt JES Prinzipien zur Gewichtung und Auswertung fest. Die Erfahrungen mit JES zeigen, dass dem Faktor „Kenntnis“ die größte Gewichtung zukommt und eine gleichmäßige Gewichtung aller Verantwortungsfaktoren sinnvoll ist. Das System stellt einen Ansatz dar, der versucht, die bestehenden Probleme der Arbeitsbewertung durch ein transparenteres und gerechteres Verfahren zu adressieren.
Schlüsselwörter
Arbeitsbewertungsverfahren, Lohngleichheit, Gender Pay Gap, Tarifverträge, Richtlinie 75/117/EWG, summarische Verfahren, analytische Verfahren, JES, ABAKABA, Diskriminierung, objektive Bewertung, Entgeltgleichheit.
Häufig gestellte Fragen zum Literaturreview: Arbeitsbewertungsverfahren und Lohngleichheit
Was ist der Gegenstand dieses Literaturreviews?
Dieser Literaturreview untersucht die bestehenden Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen und analysiert die Rolle von Arbeitsbewertungsverfahren bei der Entstehung und Perpetuierung dieser Diskrepanzen. Der Fokus liegt auf der Frage, inwieweit aktuelle Systeme zur Arbeitsbewertung zu einer gerechteren Entlohnung beitragen oder bestehende Ungleichheiten verstärken. Es werden verschiedene Arten von Arbeitsbewertungsverfahren, darunter das JES und ABAKABA, im Detail analysiert.
Welche Arten von Arbeitsbewertungsverfahren werden behandelt?
Der Review differenziert zwischen summarischen und analytischen Verfahren. Summarische Verfahren bewerten den Arbeitsprozess als Ganzes, während analytische Verfahren einzelne Merkmale bewerten. Reihungs- und Stufenverfahren werden ebenfalls unterschieden. Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Verfahren, insbesondere hinsichtlich ihres Potenzials zur geschlechtsspezifischen Diskriminierung, werden diskutiert.
Wie groß ist der Gender Pay Gap in Deutschland und welche Rolle spielen Arbeitsbewertungsverfahren dabei?
Deutschland weist mit 21% Lohnunterschied (ohne Berücksichtigung von Qualifikation und tatsächlicher Arbeitszeit) einen überdurchschnittlichen Wert im EU-Vergleich auf. Die Ursache liegt in den unterschiedlichen Arbeitsbewertungsverfahren, die die Grundlage für Lohnabkommen bilden. Viele Tarifverträge erfüllen die Kriterien der Objektivität, Transparenz, Arbeitsanforderungstreue und Diskriminierungsfreiheit nicht, was zu einer mangelnden Reformbereitschaft führt.
Was ist das Job Evaluation Scheme (JES) und wie funktioniert es?
Das JES wurde 1995 in England und Wales entwickelt. Es unterteilt Anforderungen in Kenntnisse und Fähigkeiten, emotionale und Belastungsanforderungen sowie Arbeitsbedingungen. Im Gegensatz zu traditionellen Verfahren legt JES Prinzipien zur Gewichtung und Auswertung fest. Die Erfahrungen mit JES zeigen, dass dem Faktor „Kenntnis“ die größte Gewichtung zukommt und eine gleichmäßige Gewichtung aller Verantwortungsfaktoren sinnvoll ist.
Was ist ABAKABA und wie wird es angewendet?
Der Review erwähnt ABAKABA als ein weiteres Arbeitsbewertungssystem, dessen Anwendung und Wirksamkeit im Kontext des Gender Pay Gaps untersucht wird. Die Details zur Funktionsweise und Anwendung von ABAKABA sind im Review enthalten, jedoch nicht im Rahmen dieser FAQ zusammengefasst.
Welche Kritikpunkte werden an bestehenden Arbeitsbewertungssystemen geäußert?
Der Review kritisiert insbesondere Rangfolge- und Katalogverfahren aufgrund ihres Potenzials zur geschlechtsspezifischen Diskriminierung, da sie typische Frauentätigkeiten oft niedriger einstufen und dabei bestehende soziale Geschlechterrollen reproduzieren. Viele Tarifverträge erfüllen die Kriterien der Objektivität, Transparenz, Arbeitsanforderungstreue und Diskriminierungsfreiheit nicht.
Welche Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbewertung werden gemacht?
Der Review plädiert für transparentere und gerechtere Verfahren, die die bestehenden Probleme der Arbeitsbewertung adressieren. Analytische Verfahren, wie JES, werden als Ansatz zur objektiveren Bewertung vorgestellt. Konkrete Verbesserungsvorschläge gehen über die im Review genannten Punkte hinaus und werden nicht in dieser FAQ zusammengefasst.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt des Reviews?
Schlüsselwörter sind: Arbeitsbewertungsverfahren, Lohngleichheit, Gender Pay Gap, Tarifverträge, Richtlinie 75/117/EWG, summarische Verfahren, analytische Verfahren, JES, ABAKABA, Diskriminierung, objektive Bewertung, Entgeltgleichheit.
- Citation du texte
- B.A. Dominique Blümke (Auteur), 2006, Gleicher Lohn für gleiche Arbeit - Revolution der Arbeitsbewertungssysteme? , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115682